Norm
ABGB §43Kopf
SZ 31/38
Spruch
Der einmal verlorene Adelstitel kann durch den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft oder durch die Unterstellung unter das deutsche Personalstatut nicht wieder aufleben.
Entscheidung vom 5. März 1958, 6 Ob 38/58.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Amt der Wiener Landesregierung beantragte im Familienbuch des Standesamtes Wien-Landstraße die Beischreibung des Randvermerkes:
"Der Familienname des Ehegatten lautet richtig K., nicht Ritter von K." ... Der Ehemann habe während des Bestandes der Österr.-Ung. Monarchie den Familiennamen Ritter von K. geführt. Er sei aber bis zum Ende 1939 tschechoslowakischer Staatsbürger gewesen. Er habe daher den Adel verloren und sei auch als deutscher Staatsangehöriger und nunmehriger Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland zur Führung des Adels nicht berechtigt. Die Ehegattin des Georg Ritter von K., Renata (Bertha Margaretha) von K., geb. H., beantragte mit ausdrücklichem Einverständnis ihres Ehemannes unter Hinweis auf dessen deutsche Staatsangehörigkeit die Berichtigung des Geburtseintrages im Geburtenbuch des Standesamtes Wien Innere Stadt-Mariahilf, betreffend den am 22. Oktober 1941 geborenen ehelichen Sohn Alexander Georg Stefan durch Beifügung der Bezeichnung "Ritter von" zum eingetragenen Familiennamen K.
Das Erstgericht gab dem Antrag der Wiener Landesregierung statt und wies den Antrag der Renata von K. ab.
Dem dagegen erhobenen Rekurs des Georg Ritter von K. gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Antrag des Amtes der Wiener Landesregierung abgewiesen und in Stattgebung des Antrages der Renata von K. im Geburtenbuch des Standesamtes Wien Innere Stadt-Mariahilf die Beischreibung des folgenden Randvermerkes angeordnet wurde: "Der Name der Mutter heißt richtig Renata Bertha Margaretha von K., der Name des Vaters richtig Georg Adolf Zdenko Ritter von K., so daß das am 22. Oktober 1941 geborene Kind den Namen Alexander Georg Stefan von K. zu führen hat". Das Rekursgericht ging dabei von der Auffassung aus, es sei richtig, daß Georg Ritter von K. als tschechoslowakischer Staatsbürger zufolge der in der tschechoslowakischen Republik geltenden gesetzlichen Bestimmungen bis zu seiner Einbürgerung in das Deutsche Reich seine Adelsbezeichnungen nicht führen durfte. Doch sei dieser Teil seines Namens nicht erloschen. Mit Rücksicht auf seine deutsche Staatsangehörigkeit, die auf Grund der Staatsangehörigkeitsausweise vom 18. September 1939 und vom 28. Mai 1957 feststehe, gelte die Adelsbezeichnung gemäß den Bestimmungen der Weimarer Verfassung als Bestandteil des Namens. Die Eintragung im Heiratsregister sei daher zu Recht mit Anführung der Adelsbezeichnung, die Weglassung derselben aber zu Unrecht erfolgt.
Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der am 12. August 1904 in Wien geborene Georg Ritter von K. hat, wie unbekämpft ist und überdies aus seinem vorgelegten Geburts- und Taufschein hervorgeht, bei Inkrafttreten des tschechoslowakischen Gesetzes vom 10. Dezember 1918, mit welchem der Adel aufgehoben wurde, das Adelszeichen "Ritter von" geführt. Er war in der Folge tschechoslowakischer Staatsbürger und ist den Bestimmungen dieses Gesetzes unterlegen. Wie aus dem vorgelegten Staatsangehörigkeitsausweis vom 18. September 1939 hervorgeht, hat er auf Grund der Verordnung vom 20. April 1939, DRGBl. I S. 815, die deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit) erworben. Er ist nunmehr, wie auf Grund der Staatsangehörigkeitsurkunde - Heimatschein - Staatsangehörigkeitsausweis vom 28. Mai 1957 feststeht, Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland. Dadurch jedoch ist nicht etwa der Adel wieder aufgelebt. So hebt der Runderlaß des Reichsprotektors Böhmen-Mähren vom 20. September 1940, Nr. 1/3 B 1408, ausdrücklich hervor, daß "Volksdeutsche, die durch den Anschluß der Alpen- und Donaugaue, des Sudetenlandes und des Protektorates Reichsdeutsche geworden sind", noch dem Verbot der Adelsführung unterlagen. Es wurden lediglich die Strafbestimmungen wegen Führung solcher Adelsbezeichnungen außer Kraft gesetzt. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit infolge der Gebietsänderung des deutschen Reiches in den Jahren 1938 und 1939 hatte nicht die Anwendbarkeit des Art. 109 III der Weimarer Verfassung zur Folge (Raape, Internationales Privatrecht, 4. Aufl. S. 609 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wohl wird nach Art. 109 III der Weimarer Verfassung der Adel als Bestandteil des Namens weitergeführt. Doch ist diese Bestimmung nur auf deutsche Staatsangehörige anwendbar. Eine Einbürgerung in Deutschland ist auf den bisherigen Namen ohne Einfluß. Dadurch wird das Recht auf Führung der Adelsbezeichnung nicht zurückgewonnen (Raape a. a. O.). Der einmal verlorene Adelstitel kann durch den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft oder durch die Unterstellung unter das deutsche Personalstatut nicht wieder aufleben ("Das Standesamt" 1957 S. 10).
Anmerkung
Z31038Schlagworte
Adelstitel, kein Wiederaufleben nach Verlust, Namensführung, kein Wiederaufleben eines verlorenen Adelstitels, Verlust eines Adelstitels, kein Wiederaufleben, Wiederaufleben, kein - eines Adelstitels nach VerlustEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1958:0060OB00038.58.0305.000Dokumentnummer
JJT_19580305_OGH0002_0060OB00038_5800000_000