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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde des C Verein in W, vertreten durch EXAMINA Revisions-, Treuhand- und Beratungsgesellschaft m.b.H. in 1030 Wien, Hainburger Straße 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat III, vom 19. Dezember 2000, Zlen. RV/286-11/09/95, RV/023-11/09/98 und RV/312-11/09/98, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1992 bis 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei ist ein Verein. Die mit "Zweck und Tätigkeiten" überschriebene Bestimmung des § 2 der Vereinssatzung hat folgenden Wortlaut:
"Zweck des Vereines ist es, durch apostolische Werke eine Neuevangelisierung zu betreiben. Der Zweck des Vereines besteht in der Organisation, Durchführung und Auswertung von Kongressen, Wallfahrten, Seminaren und apostolischen Projekten, die sich im Wesentlichen mit dem Thema Jugend und Familie befassen, der Herausgabe von Print- und audiovisuellen Medien, sowie der Mitgliedschaft an Organisationen mit gleichem oder ähnlichem Aufgabenkreis. Seine Tätigkeit ist nicht auf Gewinn ausgerichtet. Die Mittel zur Erreichung dieses Zweckes werden durch Spenden, Beiträge, Subventionen, Einnahmen aus Veranstaltungen, Mitgliedsbeiträgen, sowie dem Verkauf der oben angeführten Medien aufgebracht."
In der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1992 wurden vom Beschwerdeführer Umsätze im Ausmaß von S 2,166.410,45 erklärt und hievon Umsätze im Ausmaß von 2,158.738,38 als steuerfrei bezeichnet. An Vorsteuern wurde ein Betrag von S 183.018,-- geltend gemacht, was abzüglich bereits durchgeführter Gutschriften im Ausmaß von S 150.903,-- eine restliche Gutschrift von S 32.115,-
- zur Folge gehabt hätte.
Mit Schreiben vom 12. Juli 1993 hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, dass nach Prüfung des Jahresabschlusses 1992 und der Umsatzsteuererklärung 1992 ein unentbehrlicher Hilfsbetrieb vorliege. Gemäß näher angeführten Erlässen des Bundesministeriums für Finanzen seien unentbehrliche Hilfsbetriebe eines gemeinnützigen Vereines als nichtunternehmerische Tätigkeit zu beurteilen. Diese "Liebhabereivermutung" sei, wie im Erlass ausgeführt werde, widerlegbar, wobei der Verein nachzuweisen habe, dass eine Körperschaft öffentlichen Rechts die (nur) aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben entstehenden Verluste im Wesentlichen durch Subventionen abdecke. Diese Subventionen müssten allerdings den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben als Betriebseinnahmen zuzurechnen sein und es müsse sich aus der Subventionszusage auch ergeben, dass die Subvention nicht nur zur allgemeine Förderung des Zwecks des Vereines, sondern zur Förderung des konkreten Betriebes gewährt worden sei. Sollte der Beschwerdeführer "eine derartige Beweisführung beabsichtigen", dann wären entsprechende Dokumente vorzulegen.
In Beantwortung dieses Vorhalts wurde vom Beschwerdeführer ein mit einem näher genannten Fonds geführter Schriftverkehr vorgelegt. Darunter findet sich ein Schreiben des Fonds an den beschwerdeführenden Verein vom 15. Dezember 1991 in welchem Folgendes zu lesen ist:
"Vereinbarungsgemäß werden Sie die Betreuung des internationalen Projektes 'Licht und Leben' - Neuevangelisation von Jugend und Familie in Österreich - übernehmen. Hiefür wurde für das Jahr 92 und die folgenden Jahre bis auf weiteres mit der Stiftung 'Zeugnis der Liebe Gottes', Holland, eine Subventionsvereinbarung seitens des Fonds geschlossen, wobei die Aufgabe des Fonds lediglich die Weiterleitung der von obiger Stiftung zu zahlenden Subventionen an Ihren Verein ist. Sie werden im Laufe der folgenden Jahre bis auf weiteres in jeweils unregelmäßigen Abständen nach Bedarf die vereinbarten Subventionen erhalten."
Des Weiteren befindet sich in dem vom beschwerdeführenden Verein vorgelegten Schriftverkehr eine Reihe von Schreiben des Fonds an den beschwerdeführenden Verein mit der jeweiligen "Bestätigung" der Überweisung verschiedener Beträge zu verschiedenen Daten für die Betreuung und Durchführung des im Schreiben vom 15. Dezember 1991 erwähnten Projekts.
Mit Bescheid vom 7. Juli 1994 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 1992 mit einer Gutschrift von S 6.923,-- an Stelle der bisherigen Gutschrift von S 150.903,-- fest, woraus sich eine Nachforderung in Höhe von S 143.980,-- ergab. Begründet wurde dies vom Finanzamt damit, dass in den steuerbaren Umsätzen auch unecht befreite Umsätze enthalten seien, was zur Folge habe, dass die erklärte Vorsteuer um S 176.094,73 zu kürzen gewesen sei.
In seiner dagegen erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung einer Umsatzsteuergutschrift in Höhe von S 183.018,-- mit der Begründung, dass es sich bei den irrtümlich als unecht steuerbefreit ausgewiesenen Erträgen in Wahrheit um nicht steuerbare Erträge aus Subventionen gehandelt habe, weshalb die geltend gemachte Vorsteuer im gesamten Betrag zustehe. Angeschlossen war der Berufung eine berichtigte Umsatzsteuererklärung des beschwerdeführenden Vereines für das Jahr 1992, in welcher Umsätze für das Jahr 1992 lediglich im Ausmaß von S 7.276,07 erklärt und die Vorsteuern wie bisher geltend gemacht wurden.
Mit Datum vom 30. Dezember 1994 ergingen an den beschwerdeführenden Verein über Umsatzsteuer für das Jahr 1992 zwei Erledigungen. Die erste dieser Erledigungen ist als "Berufungsvorentscheidung gem. § 276 BAO" überschrieben und lautet wie folgt:
"Auf Grund der Berufung vom 1994 08 11 gegen den Bescheid vom 1994 07 07 über die Umsatzsteuer für 1992 wird entschieden:
Der Bescheid wird aufgehoben.
Bisher war vorgeschrieben
- 6.923,00 S
Die bisher in Anspruch genommene Gutschrift wird auf dem Abgabenkonto belastet und ist bis zu der aus der Lastschriftanzeige ersichtlichen Zahlungsfrist zu entrichten."
Die zweite der Erledigungen vom 30. Dezember 1994 ist mit "Bescheid" überschrieben und lautet:
"Die Umsatzsteuer wird für das Jahr 1992 gem. § 21
(7) UStG 72 nicht festgesetzt.
Gesamtbetrag der Entgelte
0,00
Begründung:
Die (zusätzliche) Begründung zu diesem Bescheid geht Ihnen
gesondert zu."
In einem ebenfalls mit dem 30. Dezember 1994 datierten Begründungstext wird auf den "Bescheid (Berufungsvorentscheidung) betreffend Umsatzsteuer 1992 vom 30. Dezember 1994" verwiesen und ausgeführt, dass sich beim Beschwerdeführer das Bild der Tätigkeit eines unentbehrlichen Hilfsbetriebes eines gemeinnützigen Vereines ergebe, der auf Dauer keine Gewinne bzw. Einnahmenüberschüsse erwarten lasse, sodass Unternehmereigenschaft nicht vorliege "(Liebhaberei, § 2 Abs. 5 UStG 1972)". Eine Widerlegung der Liebhabereivermutung durch die schon im Vorhalt vom 12. Juni 1993 dargestellten "Sondervoraussetzungen für gemeinnützige Vereine" habe nicht erbracht werden können. Die Abdeckung der Verluste sei nicht durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts erfolgt und die Subvention sei nur zur allgemeinen Förderung des Vereines gewährt worden (Evangelisierung).
Der beschwerdeführende Verein beantragte die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte vor, dass die Stiftung "Zeugnis der Liebe Gottes" eine gemeinnützige Körperschaft in Holland sei, welche nicht die entstandenen Verluste abgedeckt, sondern gezielt Zuschüsse zu speziellen Projekten geleistet habe. Für ganz spezielle Projekte und nicht bloß zur allgemeinen Evangelisierung seien die Subventionen geleistet worden. Die vorgelegten Bestätigungsschreiben hätten das Projekt "Licht und Leben - Neuevangelisation von Jugend und Familie" betroffen, welches nicht die allgemeine Tätigkeit des Vereines darstelle, sondern nur ein Vorhaben unter mehreren gebildet habe. Im Rahmen dieses speziellen Projektes seien etwa der Druck eines Buches und dessen Vertrieb sowie auch die Organisation von Tagungen zu subventionieren gewesen.
Mit Bescheiden vom 27. Mai 1997 sprach das Finanzamt aus, dass Umsatzsteuer für das Jahr 1993 vorläufig nicht festgesetzt werde, während die Umsatzsteuer für die Jahre 1994 und 1995 vorläufig jeweils mit dem Betrag von S 0,-- festgesetzt wurde. Begründet wurde dies vom Finanzamt unter Hinweis auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung hinsichtlich Umsatzsteuer 1992.
Der beschwerdeführende Verein erhob gegen diese Bescheide Berufung unter Hinweis auf sein Berufungsvorbringen betreffend Umsatzsteuer 1992 und legte in Beantwortung eines Vorhalts ein Schreiben des seinerzeitigen Verantwortlichen der holländischen Stiftung an den beschwerdeführenden Verein vom 12. August 1997 vor, in welchem ausgeführt wird, dass die holländische Stiftung für näher bezeichnete Tätigkeiten und Projekte, welche alle zur Unterstützung des Vereinszweckes des beschwerdeführenden Vereines gedient hätten, regelmäßig Subventionen in unterschiedlicher Höhe geleistet habe.
Auch die Umsatzsteuer für das Jahr 1996 wurde vom Finanzamt vorläufig mit dem Betrag von S 0,-- festgesetzt und dies unter Hinweis auf die Berufungsvorentscheidung zur Umsatzsteuer 1992 begründet, wogegen der beschwerdeführende Verein ebenso Berufung unter Hinweis auf den Inhalt seiner bereits erhobenen Berufungen überreichte.
In einer Eingabe vom 14. Juli 1998 wurde das Zusammenwirken zwischen der holländischen Stiftung, dem Fonds und dem beschwerdeführenden Verein näher dargestellt. Die formlose Art der Förderung des Projektes "Licht und Leben" habe das Fehlen schriftlicher Vereinbarungen zur Folge gehabt, weil das Vertrauensverhältnis zwischen dem (holländischen) Stifter und dem Funktionär des Vereines als Basis gedient habe. Verschiedentlich seien von der holländischen Stiftung auch Zahlungen für in Österreich eingesetzte Materialien, die in den USA hergestellt worden seien, von Holland aus unmittelbar beim amerikanischen Hersteller beglichen worden. Die im Schreiben des Stifters angeführten Projekte seien als Teilbereiche des Gesamtprojektes der Neuevangelisation von Jugend und Familie zu verstehen, woraus sich auch ableite, dass die Tätigkeiten des beschwerdeführenden Vereines insgesamt einen unentbehrlichen Hilfsbetrieb im Sinne des § 45 Abs. 2 BAO darstellten. Angesichts der Zweckwidmung für die Projekte stellten die Subventionen im Übrigen betriebliche Einnahmen dar. Eine schriftliche Vereinbarung zwischen der holländischen Stiftung und dem österreichischen Fonds bestehe nicht. Das Projekt "Licht und Leben - Neuevangelisation von Jugend und Familie" weise Zuflüsse von S 2,158.738,38 im Jahr 1992, von S 3,222.563,72 im Jahr 1993, von S 2,220.921,60 im Jahr 1994 und von S 806.048,29 im Jahr 1995 auf. Das Erfordernis einer Aufteilung der Einnahmen zwischen den einzelnen Projekten und einem allfälligen allgemeinen Tätigkeitsbereich des Vereines bestehe nicht, zumal der Tätigkeitsbereich auf die unmittelbare Zweckverwirklichung ausgerichtet sei. Eine den einzelnen Untergliederungen des Projektes zugeordnete Vorsteuerermittlung wäre grundsätzlich möglich, aber mit erheblichem Arbeitseinsatz verbunden und würde zur Gesamtbeurteilung nichts beitragen.
Mit dem angefochtenen Bescheid traf die belangte Behörde über die Berufungen gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1992 bis 1996 ihre Entscheidung mit folgendem Spruch:
"Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid betreffend Umsatzsteuer 1992 wird ersatzlos aufgehoben.
Der Bescheid mit dem die Umsatzsteuer 1993 gem. § 21 Abs 7 UStG iVm. § 200 Abs 4 BAO vorläufig nicht festgesetzt wurde, wird gemäß § 200 Abs 2 BAO für endgültig erklärt.
Die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 1994 bis 1996 werden gemäß § 200 Abs 2 BAO für endgültig erklärt."
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und des Inhaltes der Bestimmungen des § 2 Abs. 1 UStG 1972 und 1994, des § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 und 1994 sowie des § 45 Abs. 1 und 2 BAO aus, dass im vorliegenden Fall strittig sei, ob die im Rahmen eines unentbehrlichen Hilfsbetriebes im Sinne des § 45 Abs. 2 BAO ausgeübte Tätigkeit des beschwerdeführenden Vereines "infolge der Liebhabereivermutung" unter die Regelung des § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG falle, oder ob "die Vermutung der Liebhaberei dadurch widerlegt" werde, dass die holländische Stiftung auf Basis einer mündlichen, schriftlich nicht festgehaltenen Subventionsvereinbarung im Wege des Fonds dem beschwerdeführenden Verein Subventionen "zur Abdeckung der Verluste" gewährt habe. Bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, könne in der Regel davon ausgegangen werden, heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides sodann weiter, dass die im Rahmen von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nach § 45 Abs. 2 BAO, so genannten unentbehrlichen Hilfsbetrieben, ausgeübten Tätigkeiten unter die Regelung des § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 und 1994 und somit in den nichtunternehmerischen Bereich der Körperschaft fielen. Die Vermutung, dass es sich bei diesen Tätigkeiten um nichtunternehmerische Tätigkeiten im Sinne der zitierten Rechtsvorschriften handle, sei jedoch widerlegbar, wobei diese Vermutung insbesondere dadurch widerlegt werden könne, dass die Körperschaft für diesen unentbehrlichen Hilfsbetrieb nachweise, dass eine Körperschaft öffentlichen Rechts die Verluste, die bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben entstehen, im Wesentlichen durch Subventionen abdecke. Dies habe allerdings zur Voraussetzung, dass die Subventionen dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als Betriebseinnahmen zuzurechnen seien. Aus der Subventionszusage müsse ersichtlich sein, dass die Subventionen nicht nur zur allgemeinen Förderung des Zwecks der Körperschaft gewährt, sondern für den konkreten Betrieb eingeräumt würden, sodass Subventionen nur zur allgemeinen Förderung des Zweckes des Vereines für die Widerlegung der Liebhabereivermutung nicht geeignet seien. Da im vorliegenden Fall für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des beschwerdeführenden Vereines in den Jahren "1992 bis 1995" nicht nachgewiesen sei, dass eine Körperschaft öffentlichen Rechts die Verluste aus dem Projekt "Licht und Leben - Neuevangelisation der Jugend" sowie aus anderen Projekten übernehme, könne die "Vermutung der Liebhaberei" für den unentbehrlichen Hilfsbetrieb nicht widerlegt werden. Mangels Existenz einer schriftlichen Vereinbarung sei auch der Zweck der von der holländischen Stiftung erhaltenen Subventionen nicht ausreichend dokumentiert worden, sodass die Gewährung der Subventionen für einen bestimmten Betriebszweck nicht feststellbar sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.
Zur Erinnerung an dieses Verfassungsgebot gibt der Beschwerdefall deswegen Anlass, weil die Abgabenbehörden beider Instanzen die Rechtsfrage des Beschwerdefalles erkennbar ausschließlich nach den Vorgaben einschlägiger Erlässe des Bundesministeriums für Finanzen beantwortet haben, wie dies auch aus den Ausführungen der Begründung des angefochtenen Bescheides über die "Vermutung der Liebhaberei" und die "Anforderungen an deren Widerlegung" entnommen werden muss. Soweit die belangte Behörde ihre aus dem Erlasswesen geschöpfte Rechtsanschauung durch Zitate aus dem Schrifttum zu untermauern versucht, kann dies schon deswegen nicht überzeugen, weil sich die angesprochenen Schrifttumsstellen ihrerseits ja nur in der unreflektierten Wiedergabe der Erlassmeinungen erschöpfen (Kohler/Quantschnigg/Wiesner, Die Besteuerung der Vereine9, 379 (aktualisierte Fundstelle), Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 2 Tz 502a, sowie Zorn, Liebhaberei in Rechtsprechung und Verwaltungspraxis, ÖStZ 1989/22, 261 ff, 277). Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift ihre die Erlassmeinungen wiedergebenden Zitate als "herrschende Lehrmeinungen" apostrophiert und sie noch um den Hinweis auf Ruppe, UStG 19942, § 2 Tz 270 ff, ergänzt, muss ihr denn doch vor Augen geführt werden, dass der in der Gegenschrift zuletzt genannte Autor, a.a.O., Tz 271, mit unübersehbarer Deutlichkeit kritisiert, dass eine Rechtsgrundlage für die referierten Meinungen des Erlasses nicht ersichtlich sei (siehe hiezu auch Doralt/Ruppe, Steuerrecht7, 409).
Da Erlässe im Grunde des Art. 18 Abs. 1 B-VG keine für den Verwaltungsgerichtshof maßgebende Rechtsquelle darstellen, findet sich der Verwaltungsgerichtshof nicht dazu veranlasst, die im Beschwerdefall eingeschlagene Vorgangsweise der Abgabenbehörden auf ihre Übereinstimmung mit den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Erlassmeinungen zu überprüfen. Dass der Spruch des angefochtenen Bescheides mit der für den Verwaltungsgerichtshof allein maßgebenden Rechtslage nach den Bestimmungen der anzuwendenden Umsatzsteuergesetze und der Liebhabereiverordnung in Einklang zu bringen wäre, ist allerdings nicht zu erkennen.
Nach § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 (und 1994) gilt nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt.
Im Umfang seines Abspruches über Umsatzsteuer für das Jahr 1992 gründet sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon darauf, dass die belangte Behörde sich - anders als das Finanzamt in seinen Erledigungen vom 30. Dezember 1994 - auf die Behebung des erstinstanzlichen Umsatzsteuerbescheides vom 7. Juli 1994 beschränkte, ohne die für das Jahr 1992 erstattete Umsatzsteuererklärung des beschwerdeführenden Vereines im Spruch des Berufungsbescheides der nach § 289 BAO gebotenen Erledigung zuzuführen. Diese Vorgangsweise wäre wegen ihres Verstoßes gegen § 289 BAO selbst dann rechtswidrig gewesen, wenn die behördliche Beurteilung geteilt werden könnte, die Tätigkeit des beschwerdeführenden Vereines sei als Liebhaberei im Sinne des § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 nicht als gewerblich oder beruflich anzusehen.
Der nach § 8 Abs. 1 Z. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über das Vorliegen von Einkünften, über die Annahme einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit und über die Erlassung vorläufiger Bescheide (Liebhabereiverordnung), BGBl. 1993/33, bei der Umsatzsteuer ab dem 1. Jänner 1993 anzuwendende Abschnitt II dieser Verordnung enthält allein deren § 6 und regelt in dieser Vorschrift, dass Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen kann.
Nach der in § 6 der Liebhabereiverordnung verwiesenen Vorschrift ihres § 1 Abs. 2 ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen
1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (z.B. Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter, Wirtschaftsgüter, die der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses dienen) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder
2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind.
Da auf die wiedergegebene Vorschrift des § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung in ihrem § 6 verwiesen wird, ist sie im Beschwerdefall ungeachtet des Umstandes anzuwenden, dass § 5 der Liebhabereiverordnung anordnet, dass der erste Abschnitt der Verordnung auf Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO dienen (Z. 3), nicht anzuwenden ist.
Dass in den Streitjahren ein Sachverhalt vorgelegen wäre, mit welchem die Tatbestandsvoraussetzung des § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung verwirklicht wurde, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden und wurde von der belangten Behörde erkennbar auch gar nicht angenommen. Die aus dem Erlasswesen stammenden Rechtsvorstellungen, in deren Umsetzung die belangte Behörde dem beschwerdeführenden Verein die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft abgesprochen hat, entbehren der normativen Grundlage.
Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 9. März 2005
Schlagworte
Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2001130062.X00Im RIS seit
06.04.2005Zuletzt aktualisiert am
21.05.2013