TE OGH 1958/4/18 3Ob146/58

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Veröffentlicht am 18.04.1958
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Norm

EO §65
Realschätzungsordnung §31 Abs2

Kopf

SZ 31/63

Spruch

Einwendungen im Sinne des § 31 Abs. 2 RealschätzO. sind nicht an die Frist des § 65 EO. gebunden.

Entscheidung vom 18. April 1958, 3 Ob 146/58.

I. Instanz: Bezirksgericht Lambach; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Nach der Aktenlage wurde die Liegenschaft der verpflichteten Parteien am 14. November 1957 in Anwesenheit des Erstverpflichteten geschätzt. Am 9. Dezember 1957 wurde den Verpflichteten der Schätzwert mit E-Formular 211 (Aufforderung zur Vorlage der Versteigerungsbedingungen) bekanntgegeben. Am 24. Dezember 1957 erhoben die Verpflichteten Einwendungen gegen den Schätzwert.

Das Erstgericht wies die Einwendungen der verpflichteten Parteien gegen den Schätzwert als verspätet zurück. Es führte aus, daß Einwendungen gegen den Schätzwert weder durch Gesetz noch Verordnung an eine bestimmte Frist gebunden seien. Die Frist sei daher für den einzelnen Fall vom Gericht zu bestimmen und stelle eine richterliche Frist im Sinne des § 123 ZPO. dar. Eine solche richterliche Frist sei bereits im E-Formular 211 durch die Anmerkung: "Anträge, Erinnerungen und Einwendungen gegen die Beschreibung und Schätzung sollen binnen acht Tagen bei Gericht eingebracht werden" gesetzt. Das Wort "sollen" deute lediglich darauf hin, daß es sich hier um keine gesetzliche, sondern um eine richterliche Frist handle, nicht aber, daß auch nach Ablauf dieser Frist Einwendungen erhoben werden könnten. Selbst wenn aber hierin die Anordnung einer richterlichen Frist nicht erblickt würde, könnten Einwendungen gegen den Schätzwert nur in der Rekursfrist eingebracht werden, weil einmal ein Zeitpunkt eintreten müsse, wo der Schätzwert endgültig festgestellt sei. Das Gericht sei daher an seinen in der Aufforderung zur Vorlage der Versteigerungsbedingungen angegebenen Schätzwert gebunden und könnte höchstens nur mehr offenbare Rechenfehler im Sinne des § 419 ZPO. berichtigen.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf, trug diesem, die Entscheidung über die vorgebrachten Einwendungen gegen den Schätzwert auf und führte aus, durch die Erhebung von Einwendungen werde die erste Schätzwertbestimmung außer Kraft gesetzt und somit eine neue Beschlußfassung unter Berücksichtigung der vorgebrachten Einwände erforderlich. § 31 RealschätzO. schreibe für die Erhebung von Einwendungen gegen den Schätzwert jedoch keine bestimmte Frist vor; es habe vielmehr das Gericht von Fall zu Fall diese Frist festzusetzen. Die im E-Formular 211 als Fußnote vorgedruckte Nachricht "Anträge, Erinnerungen und Einwendungen gegen die Beschreibung und Schätzung sollen binnen acht Tagen beim Gericht angebracht werden" könne mit Rücksicht auf die Verwendung des Wortes "sollen" nicht als eindeutige Festsetzung der Frist für den jeweiligen Fall gewertet werden. Es liege vielmehr im gegenständlichen Fall überhaupt keine Festsetzung der Frist durch das Erstgericht vor, so daß die Einwendungen der verpflichteten Parteien gegen den Schätzwert nicht als verspätet betrachtet werden könnten.

Der Oberste Gerichtshof hielt den Revisionsrekurs der betreibenden Partei für zulässig, in der Sache aber für nicht begrundet.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Da der Beschluß des Rekursgerichtes in Wahrheit als Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung zu werten ist, besteht gegen die Zulässigkeit des Revisionsrekurses kein Bedenken.

Da weder in der Realschätzungsordnung noch in der Exekutionsordnung eine Bestimmung enthalten ist, aus der sich die Befristung des im § 31 Abs. 2 RealschätzO. vorgesehenen Rechtsbehelfes der Erhebung von "Einwendungen gegen den Betrag des Schätzungswertes" unmittelbar ergeben würde, könnte eine solche Befristung nur auf Grund des Ähnlichkeitsschlusses aus der Bestimmung des § 65 EO. abgeleitet werden, welche Auffassung in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. IX 112 vertreten wird. Allein für einen solchen Schluß fehlt es an den erforderlichen Voraussetzungen. Schon aus der Bestimmung des § 31 Abs. 2 RealschätzO. muß geschlossen werden, daß im Falle der Erhebung von Einwendungen in dem abgeforderten Entwurf der Versteigerungsbedingungen dieser Entwurf nicht innerhalb der achttägigen Frist des § 65 EO., sondern innerhalb einer vom Richter zu bestimmenden und daher auch erstreckbaren Frist vorzulegen ist (§ 145 EO.). Aber auch aus § 31 Abs. 1 RealschätzO. im Zusammenhang mit § 163 Abs. 1 EO. ergibt sich, daß dann, wenn eine Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen anberaumt wird, gegen den in der Ladung angegebenen Schätzwert Einwendungen noch bei der Tagsatzung zur Verhandlung über die Versteigerungsbedingungen von sämtlichen Beteiligten erhoben werden können. Es kommt daher im erstgenannten Fall schon nach der klaren Bestimmung des § 31 RealschätzO. zumindest für den betreibenden Gläubiger, im zweiten Fall für alle Beteiligten eine andere als die achttägige Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen den Schätzwert in Betracht. Es fehlt demnach an der für die Zulässigkeit eines Ähnlichkeitsschlusses aus der Bestimmung des § 65 EO. erforderlichen Gleichartigkeit der Fälle. Abgesehen davon, daß die Einwendungen gegen den Schätzwert überhaupt keine Rechtsmittel im technischen Sinne sind, sondern ein an die erste Instanz zu richtender Rechtsbehelf, kann eine gesetzliche Frist, die für die ihr unterworfenen Rechtsmittel ohne Zulassung von Ausnahmen gilt, nicht im Wege eines Ähnlichkeitsschlusses hilfsweise auf einen Rechtsbehelf ausgedehnt werden, der in einzelnen Fällen an andere, und zwar an richterliche Fristen gebunden wäre (JBl. 1932 S. 500). Die in der Entscheidung SZ. IX 112 vertretene gegenteilige Ansicht kann daher nicht aufrechterhalten werden. Der für die gegenteilige Auffassung vielfach angeführten rein praktischen Erwägung, daß in dem der endgültigen Beschlußfassung über den Schätzwert vorausgehenden Verfahren einmal ein Zeitpunkt eintreten müsse, in dem die Versteigerungsgrundlagen endgültig feststehen, da es der Verpflichtete andernfalls jederzeit in der Hand hätte, den Versteigerungstermin durch Bekämpfung des Schätzwertes zu vereiteln, ist entgegenzuhalten, daß dieser Zeitpunkt jedenfalls mit Rechtskraft des die Versteigerungsbedingungen feststellenden Beschlusses, welcher den Beteiligten spätestens gleichzeitig mit dem Versteigerungsedikt bekanntzugeben ist (§ 171 Abs. 5 EO.), eintritt, so daß zumindest eine wiederholte Vereitlung des Versteigerungstermines auch im Falle der Erhebung von Einwendungen gegen den Schätzwert nicht zu besorgen ist.

Anmerkung

Z31063

Schlagworte

Einwendungen gegen den Schätzwert, Frist, Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen den Schätzwert, Realschätzungsordnung, Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen den, Schätzwert, Schätzwert Frist zur Erhebung von Einwendungen, Zwangsversteigerung Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen den, Schätzwert

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1958:0030OB00146.58.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19580418_OGH0002_0030OB00146_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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