Norm
ABGB §920Kopf
SZ 31/75
Spruch
Voraussetzungen des Deckungskaufes.
Berechnung des konkreten und abstrakten Schadens.
Entscheidung vom 7. Mai 1958, 1 Ob 122/58.
I. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Am 30. Juni 1956 kaufte die Klägerin von beiden Beklagten 250 fm Schwarzkieferngrubenholz, waggonverladen G., um 360 S je fm. Vereinbarungsgemäß leistete die Klägerin am 7. Juli 1956 30.000 S als Anzahlung. Die Beklagten sollten im Sommer und Herbst 1956 bis längstens 30. September 1956 das Holz im Walde der Erstbeklagten in G. schlägern und der Klägerin bis längstens 30. Oktober 1956 liefern. Kommerzialrat Anton St. von der klagenden Partei war bekannt, daß für den Besitz der Erstbeklagten ein Schlägerungsverbot bestand. Er ließ sich aber vom Bestehen einer Verpflichtung zur Durchforstung überzeugen und verwies den Zweitbeklagten, der auch als Machthaber seiner Gattin auftrat, auf die strikte Einhaltung der Vereinbarung bei sonstiger Haftbarmachung für Schäden. In der Folge begannen die Beklagten nicht mit der Arbeit. Als dies die Klägerin im Juli 1956 erfuhr, sandte sie dem Erstbeklagten einen Eilbrief mit u. a. folgendem Wortlaut: "In Ihrem Interesse legen wir Ihnen nahe, die Schlägerung raschest ins Laufen zu bringen. Sollten tatsächlich Schwierigkeiten bestehen, so steht es Ihnen frei, bis 1. August den Vertrag zu stornieren und uns die a conto-Zahlung bis 10. August 1956 rückzuerstatten. Wir wollen nur noch bemerken, daß wir uns alle Wege, die in dieser Angelegenheit beschritten werden müssen, vorbehalten. Es wird daher in Ihrem eigensten Interesse liegen, raschest reinen Tisch zu machen." Im Sommer 1956 sprach Kommerzialrat Anton St. mit seinem Sohn bei den Beklagten vor und machte, da sie noch immer nicht schlägerten, den Vorschlag, die 30.000 S zurückzuzahlen oder bis Ende Oktober zu liefern. Der Zweitbeklagte sagte Lieferung zu; von Schadenersatz war damals nicht die Rede. Wieder schlägerten die Beklagten nicht, angeblich weil sie keine Arbeiter finden konnten. Am 29. Oktober 1956 verlangte Anton St. die Fertigung eines Wechsels zur Sicherung des allfälligen Rückzahlungsanspruches von 30.000 S. Von einer Auflösung des Kaufvertrages war nicht die Rede, vielmehr vermittelte die Klägerin den Beklagten eine Arbeitspartie, die Anfang November 1956 Schlägerungsarbeiten begann. Über Auftrag des Zweitbeklagten schlägerten sie aber nicht Grubenholz für die Klägerin, sondern Blochholz, für das die Beklagten kein Schlägerungsrecht besaßen. Die Folge davon war ein generelles Schlägerungs- und Durchforstungsverbot der Bezirksforstinspektion, welches die Beklagten rechtskräftig werden ließen. Nach Einstellung der Schlägerung verwies die Klägerin in ihrem Schreiben vom 19. November 1956 an die Beklagten darauf, daß sie im Besitze eines am 1. Dezember 1956 fällig werdenden Akzeptes sei. Die Klägerin ersuchte ferner, dafür Sorge zu tragen, daß entweder die im Schlußbrief festgehaltene Holzmenge am 1. Dezember 1956 übergeben werde oder die ordnungsmäßige Einlösung des Akzeptes erfolge. Sollte dies nicht der Fall sein, werde der Wechsel am Fälligkeitstage protestiert werden und hätten die Beklagten die Folgen und Kosten, die aus dieser Situation entstunden, sich selbst zuzuschreiben. In der Folge schloß die Erstbeklagte am 25. November 1956 einen Vorvertrag über den Verkauf des Waldgrundstückes ab. Die Beklagten erzählten dem Käufer vom Holzgeschäft mit der Klägerin und auch davon, daß die Klägerin ihnen ein Wahlrecht auf Lieferung oder Rückzahlung des a conto-Betrages eingeräumt habe. Der Zweitbeklagte erklärte dem Kaufinteressenten schon am 25. November 1956, daß die Beklagten nicht erfüllen, sondern die 30.000 S zurückzahlen wollten, ohne jedoch der Klägerin hievon Mitteilung zu machen. Mit Schreiben vom 26. November 1956 teilte die Klägerin den Beklagten mit, daß sie den Wechsel bei der Volksbank W. zahlbar gestellt habe und daher am 1. Dezember 1956 dort die Einlösung vorzunehmen sei. Es stehe den Beklagten frei, am 1. Dezember 1956 die schlußbriefmäßige Holzmenge zu übergeben oder die Einlösung des Akzeptes vorzunehmen. Nach Abfertigung dieses Schreibens erklärte der Firmeninhaber der klagenden Partei, Kommerzialrat Anton St., dem Zeugen N., daß bei Einräumung dieses Wahlrechtes keineswegs auf Schadenersatz wegen Nichtlieferung verzichtet werde. Vorsorglicherweise teilte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 29. November 1956 noch mit, daß sie auf den Verdienstentgang nicht verzichte und die Beklagten hiefür voll und ganz aufkommen müßten. Bei einer 10%igen Verdienstspanne von 50 S per fm betrage dieser für 250 fm 12.000 S. Die Beklagten beantworteten keines der Schreiben. Den Wechsel versah die Klägerin vereinbarungswidrig mit einer Zahlstellenklausel und indossierte ihn noch vor Fälligkeit an die Volksbank W. Diese präsentierte ihn weder am 1. Dezember 1956 noch an den folgenden Werktagen den Beklagten in Gl., sondern protestierte ihn am 4. Dezember 1956 bei der angeführten Zahlstelle. Die Beklagten überwiesen am 5. Dezember 1956 den Betrag von 30.000 S an die Volksbank W. Wegen der nichtgezahlten Zinsen brachte die Volksbank zu Cg 66/57 des Kreisgerichtes Wiener Neustadt gegen die Beklagten die Wechselklage ein. Erst nach Zahlung des Betrages von 30.000 S war es für die Klägerin klar, daß die Beklagten nicht mehr den im Schlußbrief festgehaltenen Vertrag erfüllen wollten, sondern vom Vertrag zurücktraten. Das klagsgegenständliche Geschäft betraf Holz, das voraussichtlich nach Ungarn exportiert werden sollte. Da sich aber im Holzgeschäft ständig Umdispositionen ergeben, wäre es denkbar gewesen, daß das Holz nach Italien oder Deutschland exportiert worden wäre, da die Klägerin auch mit diesen Ländern ständig Exportgeschäfte tätigte. Das abgeschlossene Geschäft war für die Klägerin günstig, weil der Kaufpreis verhältnismäßig niedrig war und die Beklagten das Holz waggonverladen G. zu liefern hatten. Im Ungarngeschäft erzielte die Klägerin per fm 449 S 71 g. Dazu hätte sie eine Ausfuhrvergütung von 4.83% erhalten, zusammen also 471 S 43 g pro fm. Allerdings hätte die Klägerin das Holz bis zur Staatsgrenze stellen müssen. Das Holz hätte sich dann für die Klägerin wie folgt erstellt:
Preis Waggonverladen G. ...................................... 300
S, Einkauf- und Übernahmsspesen .................................
20 S, Bahnfracht mit Nebenspesen bis L. ............................
45 S, ------ Einkaufspreis Staatsgrenze L.
................................ 365 S.
Die Differenz zum erzielten Kaufpreis mit Ungarn macht daher 106 S 43 g pro fm aus. Die klagende Partei berechnet ihren Schaden mit 166 S mal 250 fm, d. s. 26.500 S. Da die klagende Partei zur Deckung ihrer Verpflichtungen laufend Holz dieser Art und Güte benötigt, war sie gezwungen, Deckungskäufe vorzunehmen, die aber ungünstigere Bedingungen als im Falle des Einkaufes bei den Beklagten ergaben. Für den Deckungskauf von 100 fm Kieferngrubenholz bei Z. ergibt sich ein Einstandspreis Staatsgrenze von 400 S, für den Deckungskauf von 150 fm Schwarzkieferngrubenholz bei der Gemeinde W., Revier A., ein Einstandspreis Staatsgrenze von 412 S, so daß sich der konkret berechnete Schaden auf 10.550 S stellt. Das Holz der Beklagten war beim Einkauf für eine Lieferung nach Ungarn im Ausmaß von 1000 fm vorgesehen. Auch bei Lieferung in ein anderes Land wäre der berechnete Schaden der gleiche geblieben, weil das Holz der Beklagten relativ günstig erworben werden konnte. Das ursprünglich für Ungarn vorgesehene Kontingent wurde infolge Kürzung durch den Bundesholzwirtschaftsrat am 22. Februar 1957 auf 740 fm herabgesetzt, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin ihre Deckungskäufe bereits vorgenommen hatte.
Die klagende Partei begehrte nach der schließlich ausgedehnten Klage die Verurteilung der beklagten Parteien zur Zahlung von 26.500 S samt 4% Zinsen aus 12.500 S vom 21. Jänner 1957 bis 31. Mai 1957 und aus 26.500 S ab 1. Juni 1957, weil sie infolge Nichterfüllung des Holzschlusses vom 30. Juni 1956 einen Schaden in dieser Höhe durch entgangenen Gewinn gehabt habe. Werde diese Schadensberechnung nicht anerkannt, so ergebe sich auf jeden Fall ein Schaden von 12.800 S, weil die klagende Partei gezwungen gewesen sei, Deckungskäufe unter ungünstigeren Bedingungen als jenen im Schlußbrief mit den Beklagten vorzunehmen.
Die beklagten Parteien wendeten ein, daß die klagende Partei ihnen mit Schreiben vom 19. November 1956 und 29. November 1956 das Wahlrecht eingeräumt habe, entweder bis zum 1. Dezember 1956 zu erfüllen oder das Angeld von 30.000 S bis zum gleichen Tage zurückzuzahlen, ohne daß ein Schadenersatz begehrt worden wäre. Durch die Rückzahlung des Betrages von 30.000 S hätten die Beklagten ihr Wahlrecht ausgeübt, so daß der klagenden Partei kein weiterer Anspruch zustehe.
Das Erstgericht hat im Sinne des ausgedehnten Klagebegehrens erkannt und die oben wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen getroffen. Rechtlich ist das Erstgericht der Ansicht, daß gemäß § 921 ABGB. der Rücktritt vom Vertrage den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt lasse, was nicht nur für das gesetzlich ausgeübte Rücktrittsrecht, sondern auch für den vereinbarten Rücktritt gelte, bei dem auf Schadenersatz nicht ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet werde. Ein solcher Verzicht sei nicht behauptet worden und auch aus dem Verfahren nicht hervorgekommen. Die klagende Partei habe bereits bei Kaufabschluß ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß sie bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung oder Nichterfüllung Ersatzansprüche stellen werde. Obwohl die Beklagten die Schlägerung selbst übernommen hätten, hätten sie mit der Schlägerung nicht begonnen. Das Verwerfliche des Verhaltens der Beklagten komme deutlich darin zum Ausdruck, daß die klagende Partei den Beklagten zur klagsgegenständlichen Schlägerung eine Arbeitspartie zur Verfügung gestellt habe und der Zweitbeklagte entgegen der Abmachung und sogar gegen ein bestehendes behördliches Schlägerungsverbot die Arbeiterpartie Blochholz habe schlägern lassen, welches er dann an die Firma F. geliefert habe. Dieses Verhalten habe schließlich dazu geführt, daß jede Schlägerung behördlich verboten worden sei, welches bescheidmäßig erlassene Verbot die Beklagten übrigens hätten in Rechtskraft erwachsen lassen. Damit sei das grob fahrlässige, wenn nicht dolose Verhalten der Beklagten eindeutig erwiesen. Während die klagende Partei im ersten Schreiben in nicht gerade glücklicher Form zum Ausdruck habe bringen wollen, die Beklagten wegen der Nichtlieferung für alle Folgen und Kosten haftbar zu machen, habe sie mit dem eingeschriebenen Eilbrief vom 29. November 1956 ihren Vorbehalt betreffend Schadenersatz ganz bestimmt mitgeteilt, und zwar zu einem Zeitpunkt, bevor sich die Beklagten der klagenden Partei über die beiden Schreiben erklärt hätten. Der von den Beklagten schließlich vorgenommene Rücktritt sei nach Auffassung des Erstgerichtes kein vereinbarter im Sinne der beiden Anbote, weil diese Anbote gemäß § 862 ABGB. bereits erloschen gewesen seien. Infolge des durch auffallende Sorglosigkeit zugefügten Schadens hätten die Beklagten volle Genugtuung zu leisten, also auch entgangenen Gewinn, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten gewesen sei. Dieser Schaden sei in dem vom Sachverständigen ermittelten Differenzbetrag von 106 S pro fm gelegen, da die klagende Partei die vorgenommenen Deckungskäufe bei Z. und der Gemeinde W. auch bei ordnungsgemäßer Lieferung durch die Beklagten vorgenommen hätte, zumal sie ständig Schwierigkeiten in der Holzbeschaffung habe und daher jede sich bietende Möglichkeit zum Holzkaufe ausnütze.
Infolge der Berufung der beklagten Parteien änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil teilweise dahin ab, daß es die beklagten Parteien nur schuldig erkannte, der klagenden Partei den Betrag von 10.550 S samt 4% Zinsen hievon ab 21. Jänner 1957 binnen 14 Tagen zu zahlen, das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 15.950 S samt 4% Zinsen aus 1950 S vom 21. Jänner 1957 bis zum 31. Mai 1957 und aus 15.950 S ab 1. Juni 1957 sowie auf Auferlegung der Zahlung zur ungeteilten Hand dagegen abwies, weiter die Prozeßkosten erster Instanz und die Kosten des Berufungsverfahrens gegeneinander aufhob.
Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen mit Ausnahme jener, daß die klagende Partei die Einkäufe bei Z. und der Gemeinde IV. auch vorgenommen hätte, wenn die Beklagten geliefert hätten. Bezüglich der Deckungskäufe müsse die Klägerin, so führt das Berufungsgericht aus, ihr eigenes, nicht widerrufenes und mit keinem Beweismittel im Widerspruch stehendes Vorbringen, daß sie nämlich die Deckungskäufe nicht vorgenommen hätte, wenn die Beklagten geliefert hätten, gegen sich gelten lassen. Die Klägerin bezeichne die Art ihrer Schadensberechnung als eine abstrakte; tatsächlich handle es sich dabei aber nicht um eine abstrakte Schadensberechnung, da Markt- oder Börsenpreise nicht zum Vergleich gelangten. Sowohl die klagende Partei wie das Erstgericht hätten den Schaden konkret berechnet, nämlich von dem von der klagenden Partei im Ungarngeschäft tatsächlich erzielten Preis zuzüglich Ausfuhrvergütung den Kaufpreis und die notwendigen Spesen abgezogen. Wegen Verringerung des Schadens durch Vornahme von Deckungskäufen bestehe aber der konkrete Schaden tatsächlich nur in der Differenz der Kaufpreise samt Kosten aus den Deckungskäufen einerseits sowie dem Kaufpreis zuzüglich der Kosten, die dazugekommen wären, andererseits. Diese Differenz habe das Erstgericht unangefochten mit 10.550 S berechnet, und nur dieser Betrag sei zuzusprechen. Hinsichtlich der grundsätzlichen Berechtigung der klagenden Partei, Schadenersatz von den Beklagten zu fordern, schließe sich das Berufungsgericht den Gründen des Erstgerichtes an. Das Verschulden der Beklagten liege schon vor dem Schreiben der Klägerin vom 19. November 1956, ihr rechtswidriges Verhalten schon in der Nichteinhaltung des vertragsmäßigen Liefertermines. Die Erwähnung des 1. Dezember 1956 im Schreiben vom 19. November 1956 sei nicht etwa die Vereinbarung einer neuen Lieferfrist, sondern die Gewährung einer Nachfrist, die der Nichteinhaltung der ursprünglichen Lieferfrist die Rechtswidrigkeit nicht nehme. Im Schreiben vom 29. November 1956 betone die Klägerin ausdrücklich ihre Schadenersatzforderung. Die Nichterfüllung zur vereinbarten Zeit ergebe sich entgegen der Behauptung der Beklagten in ihrer Berufung ohne weiteres aus den erstgerichtlichen Feststellungen. Die Nachfrist brauche nicht gesetzt, sie müsse nur tatsächlich gewährt werden. Die Berufung der Beklagten sei nur insofern im Recht, als sie für den Schadenersatz nicht zur ungeteilten Hand gegenüber der klagenden Partei hafteten. Dagegen bestehe entgegen der Behauptung der Beklagten kein Widerspruch im klägerischen Vorbringen, die Deckungskäufe nur wegen Nichtlieferung der Beklagten getätigt zu haben, und der Angabe des Anton St. bei seiner Vernehmung als Partei, jede beliebige Holzmenge verkaufen zu können. Wenn man auch jede beliebige Holzmenge verkaufen könne, so sage dies noch lange nicht, daß man jede beliebige Holzmenge auch kaufe oder kaufen könne.
Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen beiden Teile nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
I. Zur Revision der beklagten Parteien:
Die Revisionswerber meinen, daß sich die rechtliche Beurteilung des Falles auf die Frage konzentriere, ob es sich bei der von den Beklagten angenommenen Bereitstellung einer Arbeitspartie durch die klagende Partei zur Vornahme der Schlägerung um Gewährung einer Nachfrist im Sinne des § 918 ABGB. gehandelt habe oder nicht. Die Frage sei zu verneinen, weil in der konsensmäßigen Fristverlängerung keine Nachfristerteilung liege. Die Gewährung einer Nachfrist durch den Gläubiger im Sinne des § 918 ABGB. stelle sich als einseitiges Rechtsgeschäft dar. Die klagende Partei habe anläßlich der Verlängerung der Lieferfrist nicht die Erklärung abgegeben, daß mit dem ergebnislosen Ablauf dieser Frist ihr Rücktritt vom Vertrag anzunehmen sei, der Tatbestand des § 918 ABGB. erfordere aber die Abgabe einer solchen Erklärung. Daraus ergebe sich, daß die klagende Partei frühestens nach dem 1. Dezember 1956 die Einräumung einer Nachfrist gemäß § 918 ABGB. hätte erklären können. Das Berufungsgericht subsumiere zu Unrecht die Fristverlängerung unter § 918 ABGB. Innerhalb der vertragsmäßigen Frist habe es die klagende Partei den Beklagten freigestellt, entweder zu liefern oder zurückzutreten, und damit den Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Beklagten hätten auf die Briefe vom 19. und 29. November 1956 antworten müssen, sei unvertretbar, weil kein vernünftiger Grund vorliege, das Stillschweigen der Beklagten zu dem Entgegenkommen der klagenden Partei anders als im Sinne der Auffassung der Beklagten auszulegen. Da die durch Vereinbarung verlängerte Lieferfrist keine Nachholfrist im Sinne des § 918 ABGB. gewesen sei, lägen auch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen des § 921 ABGB. vor.
Obigen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils eine bestimmte Verlängerung der ursprünglichen, von den Beklagten nicht eingehaltenen Lieferfrist nicht ausgemacht war, die Beklagten die von der klagenden Partei bereitgestellte Arbeitspartie in krasser Mißachtung der erteilten Weisungen nicht zu dem zugesagten Zweck, sondern zur Durchführung verbotener Schlägerungen einsetzten, dadurch ein generelles Schlägerungsverbot der zuständigen Behörde auslösten, auf die in der zweiten Hälfte des November 1956 an sie gerichteten Schreiben zunächst überhaupt nicht reagierten, vielmehr erst einige Tage nach dem letzten Schreiben vom 29. November 1956, in welchem ihnen deutlich mit Schadenersatzansprüchen gedroht wurde, und nichtsdestoweniger die Anzahlung von 30.000 S, allerdings ohne Zinsen, zurückerstatteten. Sie haben danach nicht gegen die ihnen erteilte Nachfrist zur Erfüllung des Holzgeschäftes vom 30. Juni 1956 wegen deren etwa unangemessener Kürze protestiert, sondern dadurch, daß sie überhaupt keine Anstalten zur Erfüllung machten, ja die Anzahlung von 30.000 S an den Käufer zurückgehen ließen, unmißverständlich zu erkennen gegeben, daß sie den Holzschluß nicht mehr erfüllen wollten. Die Annahme der Untergerichte, daß das Verhalten der Beklagten bereits an vorsätzlichen, böswilligen Vertragsbruch grenze, ist durch die Tatsachenfeststellungen der Untergerichte vollauf gedeckt und wird von den Revisionswerbern auch gar nicht bekämpft. Damit sind aber auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 921 ABGB. vollauf gegeben, d. h. der klagenden Partei steht der Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung Verursachten Schadens zu.
Völlig verfehlt ist die Ansicht der Revisionswerber, daß das Berufungsgericht trotz seiner richtigen Erkenntnis mangelnder Solidarhaftung der Beklagten das Urteil dennoch unrichtig gefaßt habe, dieses vielmehr hätte lauten müssen, daß die Erstbeklagte und der Zweitbeklagte schuldig seien, der klagenden Partei je 5257 S zu zahlen. Mit der Auslassung der Worte "zur ungeteilten Hand" im Spruch ist dem Standpunkt der Revisionswerber bereits Rechnung getragen, weil damit der klagenden Partei schon nicht mehr das Recht zusteht, nach Belieben von einem der Beklagten den ganzen Betrag zu verlangen. Der Spruch ist demnach weder rechtswidrig noch unbestimmt noch ein untauglicher Exekutionstitel.
II. Zur Revision der klagenden Partei:
Der Rechtsrüge ist insoweit zuzustimmen, daß der durch den Verkäufer geschädigte Käufer zwischen abstrakter und konkreter Schadensberechnung wählen kann und der Begriff des Marktpreises nicht zu eng aufgefaßt werden darf, dieser vielmehr dem Begriff des gemeinen Wertes (Verkäuflichkeitswert) gleichkommt. Mit diesem Zugeständnis ändert sich aber nichts am Ergebnis des Berufungsurteiles, weil der geschäftliche Verkehr, was die Revisionswerberin anscheinend übersieht, unter der Herrschaft von Treu und Glauben steht, daher auch der vertragstreue Teil gegenüber seinem im Verzug befindlichen Gegner mit der durch die Umstände gebotenen Sorgfalt verfahren muß. Verstößt er gegen diese Pflicht, so zieht er sich den Vorwurf mitwirkenden Verschuldens zu. Besondere Umstände, die zum Deckungskauf zwingen, liegen vor, wenn ein besonders hoher Schaden durch Abschluß eines Deckungskaufes gemildert werden kann oder wenn die Verhältnisse dringend darauf hinweisen, einer Ausdehnung des Schadens vorzubeugen (Gschnitzer in Klang 2. Aufl. IV 485 zu § 920 ABGB.; Ehrenzweig 1. Aufl. II/1 S.
272). Im gegenwärtigen Fall stellt das angefochtene Urteil in
Übereinstimmung mit der Aktenlage fest, daß die Klägerin
ausdrücklich vorbrachte, sie hätte die Deckungskäufe bei Z. und der
Gemeinde W. zu diesen Preisen, zu diesen Mengen und zu diesen
Zeitpunkten nicht getätigt, wenn nicht die Lieferung der Beklagten
ausgefallen wäre. Hätten also die Beklagten geliefert, wären die
Deckungskäufe unterblieben. Da dieses Vorbringen nie widerrufen
wurde, und zwar auch nicht in der Parteiaussage des Anton St., hat
es das Berufungsgericht der Ermittlung des Klagsanspruches mit Recht zugrunde gelegt. Wenn die Folge der sonst nicht getätigten Deckungskäufe eine Minderung des der Klägerin durch die Nichterfüllung der Lieferverpflichtung der Beklagten zugefügten Schadens war, so gebührt der klagenden Partei nur der Ersatz dieses Schadens und nicht mehr. Die auch bei Ausführung der Rechtsrüge aufgestellte Behauptung, das Erstgericht habe richtigerweise festgestellt, daß die Käufe bei Z. und der Gemeinde W. auch ohne Ausfall der Lieferung der Beklagten erfolgt wären, es sich also nicht um Deckungskäufe zur Deckung des Ausfalls der Lieferung der Beklagten gehandelt habe, ist bereits als aktenwidrig gekennzeichnet worden. Auch die weitere Ausführung der Revision, daß jede praktisch und wirtschaftlich tragbare, zur Verfügung stehende Holzmenge von der klagenden Partei gekauft werden könne, verdient keine Beachtung, weil sie im Widerspruch zur Feststellung des angefochtenen Urteils steht.
Anmerkung
Z31075Schlagworte
Abstrakter Schaden, Deckungskauf, Deckungskauf Voraussetzungen, Eindeckungspflicht, Voraussetzungen, Konkreter Schaden, Deckungskauf, Schadenersatz Deckungskauf, konkreter und abstrakter SchadenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1958:0010OB00122.58.0507.000Dokumentnummer
JJT_19580507_OGH0002_0010OB00122_5800000_000