Norm
Markenschutzgesetz 1953 §9Kopf
SZ 31/83
Spruch
Das in der Tschechoslowakei im wesentlichen entschädigungslos nationalisierte Unternehmen L. & C. Hardtmuth, Budweis, ist nicht rechtmäßiger Inhaber des Unternehmens, mit dem die für die Firma KOH-I-NOOR L. & C. Hardtmuth registrierten österreichischen Bild- und Wortmarken verbunden sind.
Die Entscheidung des Gerichtes über das Eigentum an einem markenberechtigten Unternehmen bindet das Patentamt in einem Markenrechtsverfahren, in dem der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens eine Vorfrage bildet.
Wer eine Marke für sich in Anspruch nimmt, kann nicht mit Klage vom Gegner die Zurücknahme seines beim Patentamt gestellten Antrages auf Eintragung der Marke begehren.
Entscheidung vom 2. Juni 1958, 1 Ob 241/58.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die klagende Partei, die in Paris befindliche Firma KOH-I-NOOR L. & C. Hardtmuth, begehrt gegenüber dem in Budweis befindlichen National- Unternehmen KOH-I-NOOR, Tuzkarna L. & C. Hardtmuth, die Feststellung, daß die beklagte Partei bezüglich verschiedener österreichischer Wort- und Bildmarken, die am 13. März 1938 für die Firma KOH-I-NOOR L. & C. Hardtmuth in Budweis bei der Handelskammer in Wien registriert waren, nicht rechtmäßige Inhaberin des markenberechtigten Unternehmens sei. Sie verlangt außerdem, die beklagte Partei habe beim Österreichischen Patentamt den von ihr gemäß § 6 Marken-ÜG. 1953 gestellten Antrag auf Eintragung der angeführten Marken in das Markenregister zurückzuziehen. Die Klägerin führte zur Begründung ihrer beiden Begehren aus, daß sie Rechtsnachfolgerin der in Budweis registrieten offenen Handelsgesellschaft KOH-I-NOOR L. & C. Hardtmuth sei, für die im Markenregister der Handelskammer Wien am 13. März 1938 die im Spruch bezeichneten Wort- und Bildmarken eingetragen gewesen seien. Auf Grund des Dekretes des tschechoslowakischen Staatspräsidenten vom 27. Oktober 1945, Slg. 100, sei das Unternehmen der genannten Firma mit dem Bescheid des tschechoslowakischen Handelsministeriums vom 24. Oktober 1945 allerdings nationalisiert und das Vermögen entschädigungslos auf ein neu errichtetes Nationalunternehmen, die beklagte Partei, übertragen worden. Außerhalb des Gebietes der Tschechoslowakei sei die beklagte Partei also nicht als Rechtsnachfolgerin der offenen Handelsgesellschaft anzuerkennen, weil deren Gesellschafter als deutsche Staatsbürger behandelt und von jeder Entschädigung ausgeschlossen worden seien. Diese hätten am 1. April 1950 beschlossen, den Sitz der Gesellschaft von Budweis nach Paris zu verlegen und die offene Handelsgesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach französischem Recht - die Klägerin - umzuwandeln. Die österreichischen Marken unterlägen nicht den Konfiskationsmaßnahmen der Tschechoslowakei. Da beide Parteien beim Österreichischen Patentamt Eintragungsanträge nach § 6 MarkenÜG. 1953 gestellt hätten und die Entscheidung der privatrechtlichen Frage, welche der beiden Parteien Inhaberin des markenberechtigten Unternehmens sei, für das Patentamt präjudizielle Bedeutung habe, besitze die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß die Beklagte nicht die rechtmäßige Inhaberin des markenberechtigten Unternehmens sei. Der Beklagten fehle auch das Recht, ihrerseits einen Eintragungsantrag nach § 6 Marken-ÜG. 1953 zu stellen.
Die beklagte Partei brachte demgegenüber vor, daß die Klägerin nicht die Rechtsnachfolgerin der offenen Handelsgesellschaft sei. Diese sei nämlich, nachdem ihr Vermögen auf das Nationalunternehmen, die beklagte Partei, übertragen worden sei, infolge der Verstaatlichung am 27. Oktober 1945 erloschen. Ihr Sitz habe daher im Jahre 1950 nicht mehr nach Paris verlegt werden können, abgesehen davon, daß zur Verlegung des Sitzes eine tschechoslowakische Genehmigung erforderlich gewesen wäre. Wenngleich die Gesellschafter der Budweiser offenen Handelsgesellschaft entschädigungslos enteignet worden seien, habe diese Konfiskation auch in Österreich Wirksamkeit, weil es sich um die bloße Beschlagnahme Deutschen Eigentums handle, wie sie auch in Österreich vorgenommen worden sei und von der Republik Österreich im Staatsvertrag des Jahres 1955 als rechtswirksam anerkannt werde. Der Klägerin fehle auch jedes rechtliche Interesse an der Feststellung, daß die beklagte Partei nicht Inhaberin des markenberechtigten Unternehmens sei. Das Österreichische Patentamt habe nämlich selbständig über zivilrechtliche Vorfragen zu entscheiden, und es fehle daher an der Präjudizialität für das dortige Verfahren. Was das zweite Klagebegehren betreffe, sei es unzulässig. Denn niemand könne gezwungen werden, von der Antragstellung bei einer anderen Behörde abzusehen. Schließlich hätten die ehemaligen Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft der Verwendung der in Frage stehenden Marken durch die beklagte Partei dadurch zugestimmt, daß sie in den Jahren 1945 bis 1949 ihre Wiener Firma durch die Beklagte hätten beliefern lassen. Die beklagte Partei stellte auch den Zwischenantrag auf Feststellung, daß sie berechtigt sei, die Marken für die von ihr hergestellten Waren auch im Ausland zu verwenden, und daß die klagende Partei nicht Rechtsnachfolgerin der gewesenen offenen Handelsgesellschaft KOH-I-NOOR Bleistiftfabrik L. & C. Hardtmuth in Budweis und in bezug auf die in der Klage angeführten Marken nicht "Inhaber der markenberechtigten Unternehmung" sei, welche berechtigt wäre, nach § 8 Abs. 1 Marken-ÜG. 1953 einen Antrag auf Eintragung nach § 6 Abs. 1 Marken-ÜG. 1953 zu stellen.
Das Erstgericht wies beide Klagebegehren und den von der Beklagten gestellten Zwischenantrag auf Feststellung ab. Durch das Dekret des tschechoslowakischen Staatspräsidenten vom 24. Oktober 1945, Slg. 100, sei das Unternehmen der offenen Handelsgesellschaft Firma KOH-I-NOOR Bleistiftfabrik L. & C. Hardtmuth in Budweis verstaatlicht, es sei die Firma des heute geklagten Nationalunternehmens errichtet und ihr gleichzeitig das der offenen Handelsgesellschaft gehörige Vermögen übertragen worden. Im Handelsregister Budweis sei die offene Handelsgesellschaft am 29. Jänner 1952 mit Wirkung vom 27. Oktober 1945 gelöscht worden. Wenngleich die zu einem Zwölftel beteiligte öffentliche Gesellschafterin Maria Anna die R. vom tschechoslowakischen Staat entschädigt worden sei, handle es sich doch um eine entschädigungslose Konfiskation, da die übrigen Gesellschafter nichts bekommen hätten. Diese Konfiskation widerspreche dem inländischen orde public und habe daher in Österreich keine Wirkung. Die offene Handelsgesellschaft sei trotz der Löschung im Handelsregister nicht untergegangen, und die früheren Inhaber des Unternehmens hätten ihre Rechte an den im Inland registrierten Marken nicht verloren. Die Beklagte sei daher nicht die Inhaberin des markenberechtigten Unternehmens. Die Gesamtheit der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft habe dann am 3. Mai 1950 deren Sitz von Budweis nach Paris verlegt, gleichzeitig die Gesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt und in sie alles verbliebene Gesellschaftsvermögen, darunter auch die Marken, eingebracht. Die Frage der Rechtskontinuität zwischen der offenen Handelsgesellschaft und der Klägerin müsse im Sinne ihrer Identität bejaht werden. Es erübrige sich dann, die behauptete Rechtsnachfolge zu prüfen. Werde sie aber verneint, sei die Klägerin jedenfalls die Rechtsnachfolgerin der offenen Handelsgesellschaft, weil in sie alles verbliebene Vermögen der offenen Handelsgesellschaft eingebracht worden sei. Die Erörterung könne aber auf sich beruhen, weil das Feststellungsbegehren trotzdem abgewiesen werden müsse. Die Feststellung habe nämlich entgegen der Rechtsmeinung der Klägerin für das Patentamt keine präjudizielle Bedeutung, da das Patentamt bei der Entscheidung über die von den Parteien gestellten Anträge nach § 6 Marken-ÜG. 1953 selbständig zu entscheiden habe. Was das zweite Klagebegehren (Zurücknahme des von der Beklagten nach § 6 Marken-ÜG. 1953 gestellten Antrages) betreffe, könne auch ihm nicht Folge gegeben werden, weil es niemandem verwehrt werden könne, sich an eine Behörde zu wenden, außer es bestunden in dieser Richtung obligatorische Verpflichtungen. Die von der Beklagten eingebrachten Zwischenfeststellungsanträge hätten nach der Meinung des Erstgerichtes gleichfalls abgewiesen werden müssen, weil die festzustellenden Rechtsbeziehungen der Präjudizialität entbehrten bzw. nur eine dem Klagebegehren entgegengesetzte Feststellung getroffen werden solle.
Die Abweisung der Zwischenfeststellungsanträge wurde nicht angefochten. Infolge Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Es behandelte die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges und bejahte sie mit Rücksicht darauf, daß der Oberste Gerichtshof mit dem Beschluß vom 4. Mai 1955, 3 Nd 98/55, das Handelsgericht Wien nach § 28 JN. als dasjenige inländische Gericht bestimmt hatte, das für die Streitsache als örtlich zuständig zu gelten habe. Damit sei vom Obersten Gerichtshof ausgesprochen worden, daß die inländische Gerichtsbarkeit für den vorliegenden Rechtsstreit gegeben sei. In der Sache selbst billigte das Berufungsgericht die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die vom tschechoslowakischen Staat angeordnete Konfiskation außerhalb des Hoheitsgebietes dieses Staates keine Rechtswirkungen erzeuge, und zwar auch dann nicht, wenn die Gesellschafterin Maria Anna de R. eine angemessene Entschädigung für ihren Zwölftelanteil erhalten habe, denn die Gesellschaft selbst habe keine Entschädigung erhalten. Der Verlust der Betriebsstätte in der Tschechoslowakei habe für den österreichischen Rechtsbereich den Untergang der Gesellschaft oder des gesellschaftlichen Unternehmens nicht bewirkt, da die Gesellschaft außerhalb der Tschechoslowakei Vermögen besessen habe, das eine Unternehmensgrundlage habe bilden können, und die Gesellschafter die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses beabsichtigt hätten. Die durch die Enteignung erzwungene Sitzverlegung der Gesellschaft ins Ausland habe nicht das Erlöschen der bisherigen Gesellschaft, sondern nur deren Anpassung an das Recht des Staates bedeutet, in dessen Bereich sich der Sitz der Gesellschaft nunmehr befinde. Daran ändere auch nichts der Umstand, daß die societe en nom collectif (offene Handelsgesellschaft) nach französischem Recht als juristische Person anzusehen sei. Nach französischem Recht (Art. 41 des Gesetzes vom 7. März 1925) könne nämlich eine solche Gesellschaft in eine societe a responsabilite limitee (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) umgewandelt werden. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes seien auch sämtliche Vermögensrechte der offenen Handelsgesellschaft und deren Gesellschafter auf die Klägerin übertragen worden. Da die in Frage stehenden Markenrechte trotz der entschädigungslosen Enteignung des Betriebes für den österreichischen Bereich nicht erloschen seien, hätten - wie das Berufungsgericht annimmt - die offene Handelsgesellschaft und ihre Gesellschafter als Subjekte der Markenrechte diese auf die Klägerin übertragen können. Die Klägerin sei daher das rechtmäßige Subjekt der Markenrechte. Da beide Parteien ein Recht an demselben Gegenstand in Anspruch nähmen, dem grundsätzlich die Ausschließlichkeit zukomme, könne an der Legitimation der Klägerin nicht gezweifelt werden. Beim Feststellungsbegehren handle es sich um eine für das Verfahren vor dem Patentamt und dessen Entscheidung wesentliche Vorfrage. Zum Unterschied vom § 26 Patent-ÜG. enthalte das Markenschutz-Überleitungsgesetz 1953 keine Bestimmung, daß die Beteiligten in Streitfällen auf den Rechtsweg verwiesen werden könnten. Erst durch das Gesetz vom 12. Februar 1958, BGBl. Nr. 30, sei dem § 18 Marken-ÜG. 1953 die zwingende Vorschrift der Verweisung der Parteien auf den Rechtsweg, falls eine zivilrechtliche Vorfrage zu lösen sei, als zweiter Absatz angefügt worden. Solange das Patentamt die Beteiligten nicht auf den Rechtsweg verwiesen habe und verweisen habe können, sei eine Entscheidung des ordentlichen Gerichtes über eine zivilrechtliche Vorfrage für das Patentamt von keiner maßgebenden Bedeutung gewesen. Deshalb habe vor der Novellierung des § 18 Marken-ÜG. 1953, somit beim Schluß der Verhandlung erster Instanz (15. Jänner 1957), für die Klägerin kein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Inhaberschaft am markenberechtigten Unternehmen bestanden. Das Leistungsbegehren sei gleichfalls nicht begrundet, weil eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten, an das Patentamt keinen Antrag nach § 6 Marken-ÜG. 1953 zu richten, nicht einmal behauptet worden sei. Es stehe jedermann frei, sein vermeintliches Recht vor der durch die Gesetze bestimmten Behörde geltend zu machen (§ 19 ABGB.).
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei teilweise Folge, erkannte das Feststellungsbegehren als berechtigt und bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes, soweit es das Begehren auf Zurücknahme des Eintragungsantrages abgewiesen hatte.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Im vorliegenden Rechtsstreit soll klargestellt werden, welche der beiden Parteien die rechtmäßige Inhaberin des Unternehmens ist, mit dem nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien die im Spruch bezeichneten Markenrechte verbunden sind (§ 9 MSchG. 1953). Daher soll festgestellt werden, daß die Beklagte nicht die Inhaberin dieses Unternehmens sei, und wegen der ausschließlichen Rechte der Klägerin ausgesprochen werden, daß die Beklagte ihren an das Patentamt nach § 6 Marken-ÜG. 1953 gestellten Antrag, die Marken für sie einzutragen, zurückziehen müsse. Beide Begehren zielen darauf, im Inland Wirkungen hervorzurufen. Sie beziehen sich - wenn auch in weiterer rechtlicher Folge - auf Rechte, für die im Inland ein Register besteht (vgl. etwa § 12 Abs. 2 TodErklG. 1950: "ein Gegenstand, für den von einer österreichischen Behörde ein zur Eintragung des Berechtigten bestimmtes Buch oder Register geführt wird"). In einem solchen Fall ist grundsätzlich anzunehmen, daß zur Entscheidung eine inländische Behörde berufen ist. Es handelt sich da nämlich um Rechtswirkungen auf inländische Einrichtungen, auf die einer ausländischen Behörde der Einfluß verwehrt sein muß.
Der Prozeß handelt von der privatrechtlichen Verfügungsmacht von Gesellschaften über ein Unternehmen, also den Inbegriff von Sachen und Rechten, und von der Feststellung der Inhaberschaft an diesem Unternehmen, ferner vom begehrten Ausschluß der beklagten Partei von einem Recht, das sich aus der Inhaberschaft ergibt. Der Gegenstand des Rechtsstreites ist somit eine bürgerliche Rechtssache im Sinne des § 1 JN., über welche die Gerichte zu entscheiden haben. Es ist daher die inländische Gerichtsbarkeit gegeben, wie dies vom Obersten Gerichtshof schon angenommen worden ist, als er im Vorprozeß des Handelsgerichtes Wien die gleichartige Klage wegen Mangels einer örtlichen Zuständigkeit zurückgewiesen (GR. 1955 S. 28) und am 4. Mai 1955 zu 3 Nd 98/55 gemäß § 28 JN. das Handelsgericht Wien zur Entscheidung des vorliegenden Prozesses bestimmt hat. Nach dieser Gesetzesstelle setzt ja die Bestimmung voraus, daß für die bürgerliche Rechtssache die inländische Gerichtsbarkeit begrundet ist.
Was das Feststellungsbegehren anlangt, haben die Untergerichte angenommen, daß der Klägerin das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung, wer rechtmäßiger Inhaber des Unternehmens ist, fehle. Denn - so wurde gesagt - der Gegenstand des Rechtsstreites betreffe zwar eine Vorfrage für die Entscheidung des Patentamtes über die von den Parteien nach § 6 Marken-ÜG. 1953 gestellten Eintragungsanträge, das Patentamt brauche sich aber um die allfällige gerichtliche Entscheidung nicht zu kümmern und habe die Vorfrage selbständig zu lösen. Diese Argumentation ist unrichtig. Den Untergerichten ist zwar beizustimmen, daß der Gegenstand dieses Rechtsstreites eine Vorfrage für die markenrechtliche Entscheidung des Patentamtes ist. Nach § 9 Abs. 1 MSchG. 1953 klebt ja das Markenrecht an dem Unternehmen, für das die Marke bestimmt ist, erlischt mit ihm und geht im Fall des Besitzwechsels an den neuen Besitzer über. Das vom Patentamt zu prüfende Schicksal der Markenrechte hängt daher maßgebend vom Schicksal des Unternehmens, also davon ab, wem das Unternehmen gehört. Stellt sich heraus, daß eine bestimmte Person Inhaberin des Unternehmens ist, muß das Patentamt diese Person als legitimiert ansehen, einen Eintragungsantrag nach § 6 Marken-ÜG. 1953 zu stellen, und sich bei seinem weiteren Verfahren auf die Prüfung beschränken, ob die Marken für das Unternehmen bestimmt sind, ob sie mit dem alten Rang eingetragen werden können u. dgl. Wie jede Behörde war auch das Patentamt bis zu der Novellierung des § 18 Marken-ÜG. 1953 (Bundesgesetz vom 12. Februar 1958, BGBl. Nr. 30) befugt, zivilrechtliche Vorfragen im eigenen Wirkungskreis zu lösen und seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Die Tragweite dieser Novelle wird aber vom Berufungsgericht falsch beurteilt. Wie sich aus der Regierungsvorlage und dem Bericht des Handelsausschusses, Nr. 380 und Nr. 394 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, VIII. GP., ergibt, war Anlaß für die Novellierung der Umstand, daß die Lösung zivilrechtlicher Vorfragen für das Patentamt oft nur schwer möglich war. Aus diesem Grund sollte mit einer dem § 26 Patent-ÜG. nachgebildeten Bestimmung dem Patentamt auch in Markenschutzsachen die Möglichkeit gegeben und darüber hinaus sogar die Pflicht auferlegt werden, wegen einer zivilrechtlichen Vorfrage die Beteiligten unter Festsetzung der Parteirollen auf den Rechtsweg zu verweisen. Im übrigen ist auch der § 26 Patent-ÜG. durch das Gesetz vom gleichen Tag, BGBl. Nr. 29/1958, in diesem Sinne verschärft worden.
Gleichviel, ob in einem Gesetz die Pflicht einer Behörde, Vorfragen eines anderen Zuständigkeitsgebietes selbständig zu lösen, oder das Recht dieser Behörde, die Parteien wegen der Vorfrage auf den Rechtsweg zu verweisen, oder die Pflicht dazu festgesetzt ist, ist die Behörde vermöge der staatlichen Einheit von Justiz und Verwaltung doch immer an eine Entscheidung des Gerichtes gebunden, in der die Vorfrage als zivilrechtliche Hauptsache des Rechtsstreites entschieden worden ist. Diese Bindung besteht entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes auch dann, wenn die Behörde verpflichtet ist, die Vorfrage - wenn auch ohne Rechtskraftwirkung - im eigenen Wirkungsbereich zu lösen. Wird nämlich noch während der Anhängigkeit des Verwaltungsverfahrens die gerichtliche Entscheidung über den Gegenstand der Vorfrage gefällt, tritt die Bindung ein, und die Behörde könnte sich demgegenüber nicht auf ihr Recht berufen, die Vorfrage selbst zu beantworten (so auch schon Abel, System des österreichischen Markenrechtes, S. 331). Die Rechtskraft der Entscheidung über die Vorfrage als Hauptsache des Rechtsstreites hat auf alle Fälle das Übergewicht über die in keiner Weise bindende, der Rechtskraft entbehrende und daher auch für eine gleichartige Sache zwischen den Beteiligten nicht grundlegende Vorfragenlösung.
Der von der Klägerin beabsichtigte Zweck der Feststellung liegt darin, dem Patentamt die Lösung der Vorfrage nicht nur für den jetzt anhängigen, eines der mehreren Markenrechte betreffenden Rechtsfall, sondern auch für die Entscheidung über die weiteren Eintragungsanträge der Parteien an die Hand zu geben, damit eine für alle beim Patentamt anhängigen Sachen gleichartige Entscheidung über die Antragslegitimation der Parteien gewährleistet ist. Darin liegt ein ausreichendes rechtliches Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung, daß die beklagte Partei nicht die rechtmäßige Inhaberin des markenberechtigten Unternehmens ist. Im übrigen muß das rechtliche Interesse der Klägerin schon deshalb bejaht werden, weil sie für die Zukunft ihr Verhältnis zur Beklagten regeln will, um nicht wegen des Eigentums am Unternehmen in weitere Streitigkeiten verwickelt zu werden.
In der Sache selbst kann nicht zweifelhaft sein, daß die vom tschechoslowakischen Staat vorgenommene Enteignung der offenen Handelsgesellschaft einer Konfiskation unter Diskriminierung der Gesellschafter wegen ihres deutschen Volkstums gleichkommt und daher nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes den zwingenden inländischen Rechtsgrundsätzen der Gleichheit vor dem Gesetz und des Schutzes des Eigentums, somit dem inländischen ordre public, widerspricht. Auch wenn einer der Gesellschafterinnen, Maria Anna de R., für ihren Zwölftelanteil Entschädigung geleistet wurde, müßte eine Konfiskation angenommen werden, weil ein Zwölftel der gebührenden Entschädigungssumme nur einen unbedeutenden Bruchteil des gesamten Wertes darstellt und die Tatsache der Benachteiligung der übrigen Gesellschafter bestehen bleibt.
Der Einwand der Beklagten, Österreich habe im Staatsvertrag mit den alliierten Mächten vom 15. Mai 1955, BGBl. Nr. 152, die Potsdamer Beschlüsse der Alliierten über die Beschlagnahme des Deutschen Eigentums im Ausland anerkannt und daher auch die Enteignung der deutschen Staatsbürger der Tschechoslowakei zur Kenntnis genommen, ist in doppelter Richtung unzutreffend. Einerseits betrifft der Staatsvertrag in seinem in Frage kommenden Art. 22 nur die deutschen Vermögenswerte in Österreich, nicht aber auch jene in anderen Ländern. Österreich hat die Beschlagnahme des Deutschen Eigentums in Österreich zwar anerkannt, durch eine Abmachung mit der Deutschen Bundesrepublik aber auch diese Enteignung auf eine für die Betroffenen tragbare vertragliche Basis gestellt. Andererseits könnte es sich nach dem eigenen Standpunkt der tschechoslowakischen Republik hinsichtlich des ununterbrochenen Weiterbestehens ihres Staatswesens bei ihren Staatsbürgern deutscher Zunge nicht um deutsche Staatsbürger und daher auch nicht um Deutsches Eigentum handeln.
Die Untergerichte sind im Recht, wenn sie trotz der Löschung im Handelsregister den Weiterbestand der offenen Handelsgesellschaft (vgl. auch PatBl. 1958 S. 160 GR. 1958 S. 67) und die Unwirksamkeit der Konfiskationsmaßnahmen in Österreich annehmen. Es mag sein, wie die Beklagte vorgebracht hat, daß tschechoslowakische Gesellschaften nur mit staatlicher Genehmigung ins Ausland verlegt werden dürfen. Vom tschechoslowakischen Standpunkt aus hätte aber eine solche Genehmigung überhaupt nicht erteilt werden können, weil die zu verlegende Gesellschaft für den Bereich der Tschechoslowakei nicht mehr besteht. Derartige Gesellschaften können nur im Ausland, so auch in Österreich, als bestehend angesehen werden und haben sich durch ihre auf Grund der österreichischen Vorbehaltsklausel, also einer ausländischen Rechtsnorm, bewirkte Verlagerung des Einflusses einer tschechoslowakischen Ordnungsvorschrift entzogen.
Es bedarf keiner Untersuchung, ob die offene Handelsgesellschaft trotz ihrer Sitzverlegung nach Paris und ihrer Umwandlung in eine dem französischen Recht unterliegende Gesellschaft mit beschränkter Haftung ihre Identität bewahrt hat. Darüber haben sich die Urteile des Brüsseler Handelsgerichtes vom 10. August 1955, No. 11.020-1, und des Turiner Gerichtes vom 7. Oktober 1955, No. 3464/1952 R. G., weitgehend ausgelassen. Wie das Erstgericht richtig erkannt hat, kommt es nämlich dann, wenn die Identität verneint wird, darauf an, ob die Klägerin als neue Gesellschaft zumindest die Rechtsnachfolgerin der außerhalb der Tschechoslowakei zunächst weiterbestehenden offenen Handelsgesellschaft ist. Auch in diesem Fall müßte die Klägerin als berechtigte Inhaberin des Unternehmens angesehen werden, die zur Umschreibung der Markenrechte auf sie nach § 20 Abs. 1 MSchG. 1953 berechtigt wäre. Denn hiefür wäre nach dieser Gesetzesstelle nur der Beweis der Erwerbung des betreffenden Unternehmens erforderlich. Diesen Beweis hat die Klägerin erbracht. Das Erstgericht hat nämlich festgestellt, daß in die neue Gesellschaft das gesamte außerhalb der tschechoslowakischen Republik vorhandene Vermögen der offenen Handelsgesellschaft eingebracht worden ist. Daß es sich bei diesem Vermögen um einen für ein Unternehmen ausreichenden Komplex von Sachen und Rechten gehandelt hat, ergibt sich aus den Feststellungen der Untergerichte, wonach die offene Handelsgesellschaft außerhalb der Tschechoslowakei einen Filialbetrieb in Wien, Liegenschaftsbesitz in Paris, Markenrechte usw. besessen hat. Dadurch, daß dieses Vermögen in die klagende Partei eingebracht worden ist, ist sie Rechtsnachfolgerin eines Unternehmens geworden, zu dem nach § 9 MSchG. 1953 die Markenrechte gehörten.
Die Beklagte hat noch geltend gemacht, daß die Klägerin auf ihre allfälligen Rechte konkludent verzichtet habe, weil sie in den Jahren nach dem Krieg Erzeugnisse der Beklagten mit den jetzt trittigen Marken bezogen habe. Indessen konnte die Beklagte wegen der damaligen ungeklärten Lage der Hardtmuth-Niederlassungen aus dem Verhalten der auswärtigen Filialen, besonders der Wiener Zweigniederlassung, nur schließen, daß die Gesellschafter, solange sie wegen der schlechten Nachkriegsverhältnisse noch nicht selber erzeugten, dem Markengebrauch der Beklagten im Inland nicht entgegentreten würden. Für die später zu erwartende Zeit der selbständigen Produktion durch die Klägerin mußte die Beklagte mit der unvermeidlichen Auseinandersetzung wegen der Marken rechnen (vgl. auch die zuletzt angeführte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes).
Was hingegen das zweite Klagebegehren betrifft, scheint dem Obersten Gerichtshof ebenso wie den Untergerichten keine Handhabe gegeben zu sein, der Beklagten aufzutragen, ihren beim Patentamt nach § 6 Marken-ÜG. 1953 gestellten antrag zurückzunehmen. Zwar wird dieses Begehren auf die ausschließliche Inhaberschaft der Klägerin am Unternehmen gestützt und ist daher eine Anwendung der zivilrechtlichen Eigentumsfreiheitsklage. Allein die Klägerin übersieht, daß ihr Begehren nicht unmittelbar auf dem von ihr behaupteten ausschließlichen Eigentum am Unternehmen, sondern auf der weiteren Überlegung beruht, daß mit dem Unternehmen Markenrechte verbunden sind, die nach § 6 Marken-ÜG. 1953 neu eingetragen werden können. Wenn der beklagten Partei die Zurücknahme ihres Antrages aufgetragen würde, läge darin ein Eingriff in die Befugnisse des Patentamtes, das die Markenrechtsfragen - wenn auch auf der Grundlage der zivilrechtlichen Vorfrage, wer Inhaber des Unternehmens ist - selbständig zu beurteilen und sich schlüssig zu werden hat, ob dem Antrag nach § 6 Marken-ÜG. 1953 stattzugeben ist. Im übrigen könnte die Ausschließlichkeit des Eigentums an einem Unternehmen keinesfalls dazu führen, daß einem Dritten untersagt oder aufgetragen wird, über die das Eigentum am Unternehmen betreffenden Rechte bei der zuständigen Behörde Anträge einzubringen oder schon eingebrachte zurückzunehmen. Wenn freilich einer der Beteiligten dem anderen gegenüber die zivilrechtliche Verpflichtung übernommen hätte, eine Markenrechtsübertragung zu ermöglichen, müßte, wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung PatBl. 1956 S. 177 ausgeführt hat, auch ein zivilrechtlicher Anspruch angenommen werden, einen beim Patentamt eingebrachten Antrag zurückzuziehen. Wie die Untergerichte richtig erkannt haben, kann das zweite Urteilsbegehren nicht als schlüssig begrundet angesehen und muß daher abgewiesen werden.
Das rechtliche Ergebnis der angestellten Erwägungen ist, daß die Beklagte nicht als rechtmäßige Inhaberin des in Frage stehenden Unternehmens anzusehen ist und daß daher dem Feststellungsbegehren, an dem die Klägerin rechtlich interessiert ist, stattgegeben werden muß. Das zweite Begehren hingegen ist unbegrundet.
Anmerkung
Z31083Schlagworte
Bindung des Patentamtes an eine gerichtliche Vorfragenentscheidung, Hardtmuth, Markenrechte eines in der CSR. nationalisierten Unternehmens, Koh-I-Noor, Markenrechte eines in der CSR. nationalisierten Unternehmens, Markenrechte eines in der CSR. nationalisierten Unternehmens (Hardtmuth, - Koh-I-Noor), Nationalisierung in der CSR., Markenrechte im Ausland (Hardtmuth), Patentamt, kein Klagerecht auf Zurücknahme eines Antrages, Bindung an, eine gerichtliche Vorfragenentscheidung, Tschechoslowakei, Nationalisierung eines Unternehmens, Markenrechte im, Ausland (Hardtmuth), Vorfragenentscheidung durch das Gericht, Bindung des Patentamtes, Zurücknahme eines Antrages beim Patentamt, kein KlagerechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1958:0010OB00241.58.0602.000Dokumentnummer
JJT_19580602_OGH0002_0010OB00241_5800000_000