TE OGH 1958/9/17 5Ob152/58

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Veröffentlicht am 17.09.1958
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Norm

AO §23 Z1
KO §52

Kopf

SZ 31/110

Spruch

Zeitpunkt der Fälligkeit bei der Umsatz- und Gewerbesteuer und deren Rangordnung im Konkurs.

Entscheidung vom 17. September 1958, 5 Ob 152/58.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger hat zu den beiden beim Handelsgericht Wien unter S 21/56 gemeinsam geführten Konkursen der Firma S. & Co. und des persönlich haftenden Gesellschafters Ing. Hans Joachim O. eine Forderung von 11.328 S 24 g samt Nebengebühren, zusammen im Betrage von 12.142 S 03 g, in der zweiten Klasse der Konkursgläubiger angemeldet; sie wurde vom Masseverwalter der Höhe nach mit 11.886 S 90 g in der dritten Klasse der Konkursgläubiger anerkannt, dagegen hinsichtlich des begehrten Ranges in der zweiten Klasse und des Mehrbetrages von 255 S 13 g bestritten. Der Kläger hat binnen der ihm vom Konkurskommissär erteilten Frist rechtzeitig die Liquidierungsklage erhoben. Nach dem derzeitigen Stande des Verfahrens ist nur mehr über den Anspruch des Klägers auf Feststellung seiner Forderung von 11.886 S 90 g in der zweiten Klasse der Konkursgläubiger zu entscheiden.

Beide Untergerichte haben in diesem Punkte gemäß dem Klagebegehren erkannt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Untergerichte haben übereinstimmend festgestellt, daß der Kläger vom 1. März 1950 bis 1. Juli 1951 Gesellschafter der Firma Franz H. KG., G., gewesen sei, deren Name später auf S. & Co. KG., G., abgeändert wurde. Ing. Hans Joachim O. sei persönlich haftender Gesellschafter der Firma gewesen. Dem Gerichte liegt eine von der Franz H. KG. am 26. Juni 1952 erstattete Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1951 vor, in der sie die Umsatzsteuer mit 22.707 S 56 g berechnet. Mit dem der steuerpflichtigen Gesellschaft am 8. Mai 1953 zugestellten Steuerbescheid des Finanzamtes vom 7. Mai 1953 wurden ihr die Umsatzsteuer für das Jahr 1951 in der einbekannten Höhe von 22.707 S 56 g und die Gewerbesteuer samt Gewerbesteuerzuschlägen in der Höhe von 15.228 S 84 g (zusammen 37.936 S 40 g) vorgeschrieben.

Am 4. März 1954 erging der berichtigte Haftungsbescheid des

Finanzamtes, mit dem der Kläger aufgefordert wurde, als ehemaliger

persönlich haftender Gesellschafter gemäß § 4 Abs. 2

AbgabeneinhebungsG. und § 113 AO. die Umsatzsteuer für das erste

Halbjahr 1951 im Betrage von

...................................................  9.407 S 42 g

und die halbe Gewerbesteuer für das Jahr 1951 im Betrage von

............................................ 7.614 S 42 g, ---------

----- zusammen .............................................. 17.021

S 84 g, binnen eines Monates bei Exekution an das Finanzamt

einzuzahlen. Die Untergerichte stellten fest, daß der Kläger diesen

Betrag am 6. April 1954 an das Finanzamt eingezahlt und die

Gemeinschuldner sich mit einem vor dem Oberlandesgericht Graz am 16.

September 1955 abgeschlossenen Vergleich verpflichtet haben, dem Kläger davon einen Teilbetrag von 11.347 S 88 g samt 5% Zinsen seit 6. April 1954 binnen drei Monaten zu ersetzen. Am 16. April 1956 sei über das Vermögen der Gemeinschuldner der Konkurs eröffnet worden. Das Berufungsgericht war der Meinung, daß es sich um Steuern handle, die nicht früher als drei Jahre vor der Konkurseröffnung fällig gewesen seien und daher gemäß § 52 KO. in die zweite Klasse gehörten, so daß der Kläger, der diese Steuerschuld für die Gemeinschuldner gezahlt habe, gemäß § 54 Abs. 2 KO. den gleichen Rang beanspruchen könne.

Dieser Rechtsansicht kann nicht beigetreten werden. Bei der Umsatzsteuer entsteht die Steuerschuld nach § 3 Abs. 5 Z. 4 lit. a und b des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Oktober 1934, RGBl. I S. 925, mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes (§ 13 Abs. 1 und 2 UStG.), in dem die Entgelte vereinnahmt wurden oder in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt wurden. An die Stelle des Voranmeldungszeitraumes ist mit dem Wegfall der Voranmeldung der Zeitraum getreten, für den die Vorauszahlung zu leisten ist. In Übereinstimmung mit § 13 Abs. 2 letzter Satz UStG. bestimmt § 3 des Gesetzes vom 8. Mai 1945 über die Anwendbarkeit der Vorschriften über die öffentlichen Abgaben, StGBl. 1945 Nr. 17, daß die Vorauszahlungen auf die Umsatzsteuer vom Monat April 1945 angefangen von allen Steuerpflichtigen spätestens am zehnten Tage nach Ablauf eines jeden Kalendermonates zu entrichten sind. Der Zeitpunkt der Erlassung des Steuerbescheides und dessen Zustellung ist daher bei der Umsatzsteuer für die Fälligkeit belanglos. Die Umsatzsteuer ist vielmehr vom Steuerpflichtigen selbst zu ermitteln und dementsprechend abzuführen. Wird eine Vorauszahlung zur Umsatzsteuer nicht oder unrichtig entrichtet, so liegt darin bereits ein Steuervergehen, das je nach den inneren Vorgängen, die dazu geführt haben, als Steuerhinterziehung, Steuergefährdung oder Steuerordnungswidrigkeit zu werten ist (Fritsch, Die Besteuerung in Gewerbe, Handel und Industrie, S. 52 ff.). Die Umsatzsteuer für das erste Halbjahr 1951, um die es sich hier handelt, war daher bereits am zehnten Tage nach dem Ablauf eines jeden Kalendermonates dieses Halbjahres mit den entsprechenden Teilbeträgen fällig.

Ähnlich verhält es sich mit der Gewerbesteuer. Diese entsteht nach § 3 Z. 3 SteueranpassungsG. mit dem Beginne des Rechnungsjahres (Kalenderjahres). Auch sie ist durch Vorauszahlungen abzustatten, die am 10. Februar, 10. Mai, 10. August und 10. November fällig sind (§ 22 GewStG.). Als Grundlage für die Vorauszahlungen gilt die letzte Vorschreibung, doch kann nach oben wie nach unten eine Anpassung an die Verhältnisse des laufenden Jahres erfolgen. Nach der erfolgten Veranlagung wird dann ein allfälliges Zuwenig nachgefordert, ein Zuviel zurückerstattet (Fritsch a. a. O. S. 176). Auch bei der Gewerbesteuer hat daher der Steuerbescheid mit der Fälligkeit nichts zu tun. Schon das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Bestimmung des § 52 KO. nicht so ausgelegt werden kann, daß es dadurch dem Finanzamt möglich wäre, sich durch Säumigkeit in der Prüfung und Feststellung der Steuerforderung ein Vorrecht gegenüber den Gläubigern in der dritten Klasse zu verschaffen. Auch bei einer Nachbesteuerung ist die Fälligkeit, auf jene Zeitpunkte zu beziehen, zu denen die Vorauszahlungen fällig waren. Damit ist auch die Rechtsansicht des Revisionsgegners widerlegt, daß die Steuerschuldner erstmalig mit dem Steuerbescheid Kenntnis von der Höhe ihrer Steuerschuld erhielten und daher für die Fälligkeit der Zeitpunkt der Erlassung des (Abschluß-) Steuerbescheides maßgebend sei, denn bei der Umsatzsteuer hat der Steuerpflichtige seine Steuerschuld allmonatlich selbst zu berechnen und bei der Gewerbesteuer gilt die Vorschreibung des Vorjahres als vorläufige Grundlage. Dem Steuerpflichtigen ist daher seine Steuerschuld bereits bei der Fälligkeit der Vorauszahlungen bekannt. Daraus ergibt sich, daß die strittigen Steuerforderungen, die infolge Zahlung durch den Kläger gemäß § 1358 ABGB. auf diesen übergingen, gemäß § 52 KO. nicht in die zweite Klasse der Konkursforderungen fallen, weil sie bereits früher als drei Jahre vor der Konkurseröffnung (16. April 1956) fällig geworden waren.

Anmerkung

Z31110

Schlagworte

Ausgleichsverfahren Rangordnung der Umsatz- und Gewerbesteuer, Fälligkeit der Umsatz- und Gewerbesteuer, Rangordnung im Konkurs, Gewerbesteuer, Fälligkeit, Rangordnung im Konkurs, Konkursverfahren Rangordnung der Umsatz- und Gewerbesteuer, Rangordnung im Konkurs, Umsatz- und Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Fälligkeit, Rangordnung im Konkurs

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1958:0050OB00152.58.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19580917_OGH0002_0050OB00152_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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