TE OGH 1959/1/20 4Ob324/58

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.01.1959
beobachten
merken

Norm

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2

Kopf

SZ 32/7

Spruch

Die Bezeichnung "Diätsalz" für ein Salz mit unvermindertem Gehalt an Natrium und Chlor verstößt gegen § 2 UWG.

Entscheidung vom 20. Jänner 1959, 4 Ob 324/58.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Beide Streitteile erzeugen und verkaufen Salz; sie stehen somit untereinander im Wettbewerb.

Ihr Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die Bezeichnung des von ihr zu verkaufenden Salzes als "Diätsalz" zu unterlassen, und ihr weiteres Begehren auf Zuspruch der Befugnis, das Urteil binnen einem Monat auf Kosten der beklagten Partei in den Zeitungen "Neues Österreich" und "Ring-Rund, Erste Straßenbahnillustrierte" je einmal zu veröffentlichen, stützte die klagende Partei auf folgendes Vorbringen:

Die Beklagte bezeichne ihr Produkt, genannt "Bad Ischler Gesundheitssalz", als "Diätsalz". Dies geschehe in geschäftlichen Verkehr auf Ankündigungen, in Inseraten u. dgl. Die jeder Grundlage entbehrende Bezeichnung "Diätsalz" erwecke unrichtige Vorstellungen von den Eigenschaften des Salzes. Unter Diät verstehe man die zweckmäßige Ernährung des Menschen, besonders des kranken Menschen, überhaupt die Krankenkost. Das Salz der Beklagten habe überhaupt keine Eigenschaft, die die Bezeichnung Diätsalz rechtfertigen könnte, und sei daher eine grobe Täuschung des Publikums. Außerdem gebe es gewisse Kranke, z. B. an Bluthochdruck Leidende, die kein Natrium oder kein Chlor, daher eben kein Kochsalz essen dürften, weshalb es üblich sei, unter Diätsalz ein solches zu verstehen, das kein Kochsalz (Steinsalz), also kein Natrium und (oder) Chlor, enthalte. Das Salz der Beklagten bestehe zum allergrößten Teil aus nichts anderem als aus Kochsalz und sei für jene Kranken genau so schädlich wie jedes andere Kochsalz. Seine Bezeichnung als "Diätsalz" bedeute nicht nur eine schwere Täuschung, sondern für solche Kranke geradezu eine Gesundheitsgefährdung.

Demgegenüber wendete die Beklagte ein, daß sie ihr "Bad Ischler Gesundheitssalz" vollkommen zu Recht als "Diätsalz" bezeichne. Die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Wien sage in ihrem Gutachten vom 25. September 1956 wörtlich folgendes: "Das Produkt ist kein Heilmittel, sondern reiht sich ein in die Gruppe der diätetischen Lebensmittel". Damit sei die Berechtigung zur Bezeichnung des "Bad Ischler Gesundheitssalzes" als "Diätsalz" gegeben. Das Vorbringen der Klägerin baue auf der Ansicht auf, das Käuferpublikum sei geistig beschränkt; denn derjenige, der kein NaCl vertrage und dies wisse, werde das ihm zuträgliche Salz erkennen und das ihm unzuträgliche ablehnen. Kochsalz selbst sei ein lebensnotwendiger Bestandteil und ein Produkt, das neben dem Kochsalz noch Zusätze enthalte, die als Ergänzung dienen können, ohne daß damit eine ausgesprochene Heilabsicht verbunden sei; es könne als "Diätetikum" bezeichnet werden.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Seinen Feststellungen zufolge versteht man unter Diät eine Abweichung von der üblichen Ernährungsweise, sei es, daß die Kost in Ansehung ihrer Menge, ihrer Zusammensetzung oder ihrer physikalischen Beschaffenheit verändert wird. Durch Diät können verschiedene Stoffwechselkrankheiten gebessert und geheilt werden. Hiezu ist aber eine ärztliche Feststellung der eingetretenen Schädigung und eine Verordnung der entsprechenden Ernährungstherapie durch Einhalten einer bestimmten Diät notwendig. Unter Diätsalz ist ein Salz zu verstehen, bei dem zum Unterschied vom Koch- und Speisesalz der Gehalt an Natrium oder Chlorionen um 30% bis 50% vermindert und durch andere, diätfördernde Salze ersetzt ist. Ein bestimmter Verminderungsprozentsatz ist nirgends festgesetzt. Auch die Bestimmungen des Österreichischen Lebensmittelbuches (Codex alimentarius Austriacus), 3. Aufl. Blatt A 7, über den Begriff "diätetische Lebensmittel" stimmen mit den gutächtlichen Darlegungen überein. Das Diätsalz ist ein vom Kochsalz insofern hergeleitetes Salz, als dessen Gehalt an Natriumchlorid = Kochsalz vermindert und durch andere Salze ersetzt wird. Bei den Diätsalzen ist der Schutz vor Natriumchlorid gleichsam entscheidend, beim "Bad Ischler Gesundheitssalz" aber der Gehalt an Natriumchlorid im vollen Umfang vorhanden. Das "Bad Ischler Gesundheitssalz" enthält nämlich nur Beimischungen sogenannter Spurenelemente, wie sie mit der normalen Ernährung dem Körper zugeführt werden. Dieses Salz weist keine, wie es dem Wesen des Diätsalzes entsprechen würde, teilweise Verminderung des Kochsalzgehaltes auf.

Aus obigen Feststellungen müsse das Erstgericht rechtlich folgern, daß gegebenenfalls die Verwendung der Bezeichnung "Diätsalz" wahrheitswidrig und im Sinne des § 2 UWG. zur Irreführung geeignet sei; denn der Durchschnittskäufer werde sich angesichts der Bezeichnung "Diätsalz" etwas anderes als gewöhnliches Kochsalz vorstellen. Die Bezeichnung "Diät", insbesondere in Verbindung mit der Benennung des Salzes als "Gesundheitssalz", verleite ihn zur Annahme, daß es tatsächlich diätfördernd sei. Es liege demnach eine wahrheitswidrige Anpreisung im Sinne des § 2 UWG. vor.

Das Berufungsgericht bestätigte mit seinem Urteil unter Abweisung der Berufung der Beklagten das Urteil erster Instanz und stellte zugleich fest, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteigt. Es legte die Feststellungen des Erstgerichtes auch seinem Urteile zugrunde und führte zur Berufung im wesentlichen aus:

Die Beklagte wende sich mit dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens dagegen, daß das Erstgericht keinen zweiten Sachverständigen vernommen habe. Die Rüge sei unbegrundet, weil der Sachverständige Prof. Dr. B. seine Darlegungen über die Zusammensetzung des bestrittenen Salzes und dessen Wirkung auf die Gesundheit umfassend und erschöpfend, aber auch sein Gutachten über den Begriff des Diätsalzes schlüssig und überzeugend begrundet habe. Es stehe auch nicht im Widerspruch mit der gutächtlichen Äußerung der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Wien vom 25. September 1956, auf die sich die Beklagte berufe. Die Bundesanstalt prüfe den Reinheitsgrad der Beimengungen und deren Wirkung auf die Gesundheit. Zur letzteren Frage vertrete sie die Ansicht, daß die Gefahr einer Gesundheitsstörung durch die Beimengungen eintreten könnte. Die in der gutächtlichen Äußerung ausgesprochene Ansicht, das Produkt der Beklagten reihe sich in die Gruppe der "diätetischen" Lebensmittel ein, diene in der Hauptsache nur der Abgrenzung gegenüber Heilmitteln. Für den Rechtsstreit sei allein entscheidend die Vorstellung, die im Publikum durch die Bezeichnung "Diätsalz" hervorgerufen werde. Gegen das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. bestunden keine Bedenken, so daß das Erstgericht von der Einholung des Gutachtens eines zweiten Sachverständigen habe absehen können.

Wenn die Beklagte meine, daß sie der Vorwurf wahrheitswidriger Bezeichnung des Salzes als "Diätsalzes" zu Unrecht treffe, weil sie auf Grund der gutächtlichen Äußerung der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Wien, des Gutachtens des Prof. Dr. V. und des Codex alimentarius zu dieser Bezeichnung berechtigt sei, so müsse ihr entgegengehalten werden, daß der Codex alimentarius nicht mehr als eine Sammlung von Sachverständigengutachten sei (Erlaß des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 25. November 1953, Zl. V-157.540-Lm/53) und auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. B. unbekämpft feststehe, daß bei dem Produkt der Beklagten durch die Beimengung der Spurenelemente die Wirkung des Natriums und des Chlors nicht vermindert werde. Der Durchschnittskäufer werde in erster Linie bei dem als "Diätsalz" bezeichneten Koch- und Speisesalz erwarten, daß die möglicherweise für den menschlichen Körper schädlichen Wirkungen eines gewöhnlichen Koch- und Speisesalzes ausgeschaltet oder doch weitgehend eingeschränkt seien oder durch dieses Produkt der Gesundheitszustand des menschlichen Organismus besonders gefördert werde, was für das Produkt der Beklagten aber nicht zutreffe. Nach dem Lebensmittelbuch (Abschnitt A 7) verstehe man unter diätetischen Lebensmitteln Lebensmittel verschiedenster Art, die für besondere Ernährungszwecke geeignet seien und sich von gewöhnlichen Lebensmitteln ähnlicher Art unterscheiden, wobei aber der Grundcharakter der jeweiligen Lebensmittelgruppe, der sie entstammten, mehr oder weniger erhalten bleibe. Der Unterschied zwischen diätetischen Lebensmitteln und gewöhnlichen Lebensmitteln ähnlicher Art könne in ihrer Zusammensetzung, in ihrem kalorischen Wert, ihrem Wirkstoffgehalt und dgl. bestehen. Zu den diätetischen Lebensmitteln gehörten . a. Ersatzpräparate für in bestimmten Fällen diätetisch unzweckmäßige Nahrungsbestandteile, wie etwa für Kochsalz und andere Speisewürzen sogenannte Nähr- und Diätsalze. Das "Bad Ischler Gesundheitssalz" sei kein Muster eines Diätsalzes im letzterwähnten Sinn, weil eben das Natriumchlorid praktisch nicht durch einen anderen Nährstoff ersetzt sei. Dem Lebensmittelbuch sei aber auch nicht zu entnehmen, daß die erwähnten Spurenelemente in der Vorstellung der Verbraucher dem "Bad Ischler Gesundheitssalz" den Charakter eines Diätsalzes gäben. Für den Durchschnittskäufer werde mit der Bezeichnung "Diätsalz" der Anschein eines besonders günstigen Anbots hervorgerufen, das aber der vom Durchschnittskäufer der Bezeichnung "Diätsalz" beigelegten Bedeutung nicht entspreche (§ 2 UWG.). Das Publikum werde durch die Bezeichnung "Diätsalz" über die gesundheitliche Wirkung des Salzes der Beklagten in Irrtum geführt, dessen Ausnützung im Geschäftsverkehr auch einen Verstoß gegen § 1 UWG. darstelle.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wird von den Feststellungen der Unterinstanzen ausgegangen, die sich auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. grunden, so ist das angefochtene Urteil rechtlich fehlerfrei, d. h. die Bezeichnung des "Bad Ischler Gesundheitssalzes" als "Diätsalz" stellt mit Rücksicht auf den unverminderten Gehalt von Natrium und Chlor nebst Beimengung von bloßen Spurenelementen eine grobe Täuschung des Durchschnittskäufers, die Erweckung des Anscheines eines besonders günstigen Anbots und damit auch eine Irreführung des Käuferpublikums dar, so daß das Gesetz gleichermaßen in den §§ 1 und 2 UWG. verletzt erscheint. Wenn die Revision darauf verweist, daß im Zusammenhang mit neuzeitlicher Ernährung so viele Schlagworte verwendet würden, daß das Käuferpublikum dagegen schon abgestumpft sei und daher etwa die Bezeichnung "Diätsalz" beim Publikum gar nicht mehr die Werbewirkung habe, die von der Gegenseite behauptet und vom Sachverständigen bestätigt werde, daß ferner so viel von Vitaminen, Diätkuren, von Hollywood-Diät, von Bircher-Müsli usw. gesprochen werde, daß das Publikum diese Dinge schon sehr gelassen aufnehme, so daß weder vom Anschein eines besonders günstigen Anbots noch von einer Eignung zur Irreführung mit Recht gesprochen werden könne, so ist ihr mit der Revisionsbeantwortung entgegenzuhalten, daß all die Dinge, die mit der Lebensführung zusammenhängen, vom Publikum sehr ernst genommen werden, wozu als Beweis jede Tageszeitung und andere periodische Druckschrift dienen kann, die einen nicht geringen Teil ihrer Spalten den Fragen der Gesundheits- und Körperpflege, der neuzeitlichen Ernährung usw. widmen. Letzten Endes richten sich die Ausführungen zur Darstellung der Rechtsrüge, ohne daß sie es gewollt hat, gegen die beklagte Partei selbst, weil man sich fragen muß, warum sie sich mit aller Heftigkeit gegen das Begehren auf Unterlassung der Bezeichnung "Diätsalz" wehrt, wenn solche Bezeichnungen heutzutage nicht mehr, wie sie meint, ernst genommen werden.

Anmerkung

Z32007

Schlagworte

Anpreisung, wahrheitswidrige, "Diätsalz", "Diätsalz", wahrheitswidrige Anpreisung, Unlauterer Wettbewerb, wahrheitswidrige Anpreisung, "Diätsalz", Wahrheitswidrige Anpreisung, "Diätsalz", Wettbewerb unlauterer, wahrheitswidrige Anpreisung, "Diätsalz"

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0040OB00324.58.0120.000

Dokumentnummer

JJT_19590120_OGH0002_0040OB00324_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten