TE OGH 1959/2/4 5Ob2/59

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Veröffentlicht am 04.02.1959
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Norm

ABGB §1098
Mietengesetz §18

Kopf

SZ 32/17

Spruch

Der Vermieter kann für die Duldung der Errichtung einer den persönlichen Bedürfnissen des Mieters dienenden Fernsehantenne ein Entgelt dann nicht verlangen, wenn die Antenne nicht so außergewöhnlicher Art ist, daß sie die Erscheinung des Hauses wesentlich beeinträchtigt oder eine Gefährdung der Sicherheit zur Folge hat.

Entscheidung vom 4. Februar 1959, 5 Ob 2/59.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Erstgericht bestimmte das für die weitergehende Benützung des Hauses F.-Straße 27 durch Anbringung einer Fernsehantenne vom Antragsgegner zu leistende Entgelt mit monatlich 50 S. Es stellt fest, daß der Antragsgegner eine Fernsehantenne von den unter dem Dachboden gelegenen Räumen unter Durchstoßung der Geschoßdecke auf den Dachboden, von dort entlang der Holzkonstruktion des Daches zur Dachhaut verlegen und die Antenne selbst unter Durchstoßung der Dachhaut an den Holzteilen des Daches befestigen ließ, und gelangte auf Grund der Aussage des im Vorverfahren 6 C 909/57 des Bezirksgerichtes Döbling vernommenen Sachverständigen zu dem Ergebnis, daß ein Betrag von monatlich 50 S das ortsübliche Entgelt für die Anbringung einer derartigen Antenne darstelle.

Das Rekursgericht hob die erstrichterliche Entscheidung auf. Es nahm den Standpunkt ein, daß auch die im Verfahren 6 C 909/57 aufgenommenen Beweise die erfolgte Durchstoßung der Dachhaut nicht ergeben hätten und es für die Entscheidung von Bedeutung sei, ob der Antragsgegner den Teil des Dachbodens, an dem die Antenne angebracht sei, allein benütze, weil die Anbringung von Fernsehantennen in den Räumen und Nebenräumen, die auf Grund des Mietvertrages vom Mieter ausschließlich benützt werden könnten, nicht die Zuerkennung einer Entschädigung nach § 18 Abs. 4 MietG. rechtfertige.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und wies in Abänderung der Entscheidung der zweiten Instanz den Antrag der Vermieterin auf Zuerkennung einer Entschädigung ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der gegen die Aufhebung von der Antragstellerin erhobene Revisionsrekurs ist begrundet, wenn auch nicht im Sinne der Ausführungen dieses Rekurses.

Ob der Antragsgegner für die Errichtung der Fernsehantenne nur den von ihm gemieteten Teil des Dachbodens benützt hat, ob er aus diesem Grund zur Zahlung einer Entschädigung nicht verpflichtet ist und welche Entschädigung allenfalls als angemessen zu bezeichnen ist, wäre nur dann für die Entscheidung von Bedeutung, wenn die Frage, ob überhaupt für die Benützung des Daches durch die Anbringung einer dem persönlichen Bedürfnis des Mieters dienenden Fernsehantenne üblicher Größe dem Vermieter etwas zu zahlen ist, zu bejahen wäre. Die Entscheidung hierüber hängt von der Beurteilung der grundsätzlichen Frage ab, ob dem Vermieter das Recht zusteht, eine Entschädigung für die Benützung von Teilen seines Hauses zu verlangen, die infolge Errichtung einer Anlage zur Ermöglichung zeitgemäßer Wohnkultur erfolgt, wie bei der im § 18 Abs. 2 MietG. beispielsweise aufgezählten Einführung von Licht- und Kraftleitungen, von Gas, Wasser und Telephon. Diese Frage wurde in der Judikatur der Rekursgerichte verschieden beantwortet. Sie wurde teils bejaht (MietSlg. 11.751, 11.754, 11.756), wobei die Bemerkung des Ausschußberichtes zu § 18 Abs. 4 MietG., daß natürlich keine Entschädigung für Einleitungen der im § 18 Abs. 2 MietG. bezeichneten Art zu leisten sei, dahin ausgelegt wurde, daß zwar keine Entschädigung für die Gestattung der Einleitung, wohl aber für die Inanspruchnahme der nicht vermieteten Teile des Hauses zu leisten sei (MietSlg. 11.752, 11.753); teils wurde die Frage verneint (MietSlg. 11.758, 4.553). Neuerdings wurde (MietSlg. 5.758) unter dem Einfluß der durch die Mietengesetznovelle 1951 bewirkten Neufassung des § 6 Abs. 1 MietG. die Anwendbarkeit des § 18 Abs. 4 MietG. auf jene Fälle eingeschränkt, bei denen es sich um keine Verbesserung des Mietgegenstandes handelt.

Der scheinbare Widerspruch, der zwischen § 18 Abs. 4 in Verbindung mit § 18 Abs. 2 MietG. einerseits und dem Ausschußbericht zu § 18 Abs. 4 MietG. sowie der Neufassung des § 6 Abs. 1 MietG. andererseits besteht, läßt sich bei der Gesetzesanwendung leicht aufklären, wenn in Betracht gezogen wird, welche Rechte dem Mieter schon auf Grund der Bestimmungen des ABGB. vor Erlassung des Mietengesetzes zustanden. Danach hatte gemäß § 1098 ABGB. der Bestandnehmer das Recht, das Bestandobjekt dem Vertrag gemäß durch die bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu benützen. Was als "dem Vertrage gemäß" anzusehen war, richtete sich nach der jeweiligen Verkehrssitte (Klang 2. Aufl. V 54). Danach konnte auch schon vor Erlassung des Mietengesetzes dem Mieter die Einleitung von elektrischem Licht, Gas und Telefon und die Einführung anderer, einer zeitgemäßen Wohnkultur dienender Anlagen nicht verweigert werden, soweit dies ohne Schädigung der Interessen des Vermieters möglich war. War der Mieter aber "dem Vertrage gemäß" zu einer solchen Einleitung berechtigt, dann war er, sofern er den durch die Neuerrichtung, etwa durch das Aufreißen der Mauern, gestörten früheren Zustand des Hauses wiederherstellte, zu einer gesonderten Geldleistung für die Neueinführung nicht verpflichtet, weil ja durch die Zahlung des Mietzinses die gesamte "dem Vertrage gemäß" erfolgte Benützung des - Mietgegenstandes abgegolten war. Es ist nun auszuschließen, daß das zum Schutze der Mieter erlassene Mietengesetz oder die Änderung des § 18 MietG., die offenkundig den Zweck verfolgte, die Ausnützung solcher Anlässe zur Erlangung von Mehrleistungen des Mieters hintanzuhalten (Klang in JBl. 1929 S. 319), den Rechtszustand zum Schaden der Mieter verschlechtern sollten. Eine solche Verschlechterung läßt sich auch aus einer rein grammatikalischen Interpretation des § 18 MietG. nicht ableiten. Eine solche ergibt nämlich, daß diese Gesetzesstelle zwei Gruppen von Änderungen erfaßt, 1. solche, die der Übung des Verkehrs entsprechen, 2. solche, die einem wichtigen Interesse des Mieters dienen. Für die erste Gruppe läßt sich auch aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 4 MietG. eine Entschädigungspflicht des Mieters nicht folgern, weil eine Inanspruchnahme von Teilen des Hauses, die zur Durchführung von einer zeitgemäßen Wohnkultur dienenden Verbesserungen notwendig ist, eine Benützung "auf Grund der Miete" bedeutet, die nach § 18 Abs. 4 MietG. einer Entschädigungspflicht nicht unterliegt. Hier handelt es sich um Einleitungen der im § 18 Abs. 2 MietG. bezeichneten Art, für die keine Entschädigung zu leisten ist (Ausschußbericht zu § 18 Abs. 4 MietG.). Andere Änderungen dagegen, die zwar wichtigen Interessen des Mieters dienen, wie z. B. den Zwecken eines in der Wohnung betriebenen Unternehmens (MietSlg. 5758), die aber der Mieter nicht schon auf Grund des Mietvertrages, auch wenn dieser nach der Verkehrssitte ausgelegt wird, vornehmen darf, unterliegen der Entschädigungspflicht des § 18 Abs. 4 MietG.

In diese Gesetzesauslegung fügt sich zwanglos der neugefaßte Wortlaut des § 6 Abs. 1 MietG. ein. Handelt es sich um Verbesserungen, die nach der Verkehrssitte der Mieter vornehmen darf, dann ist der Vermieter zur Vornahme solcher Verbesserungen sogar verpflichtet, wenn die Hauptmietzinse dafür Deckung bieten und es sich um eine der gemeinsamen Benützung des Hauses dienende Anlage oder um eine der im Abs. 1 Z. 3 b angeführten Anlagen handelt. In diesem Fall darf der Vermieter auch für die Bereitstellung des für die Anlage erforderlichen Teiles des Hauses keinen höheren Zins verlangen; das ist an sich selbstverständlich, folgt aber überdies aus der Bestimmung des § 5 MietG.

Wenn man diese Grundsätze auf den Fall der Inanspruchnahme des Daches für die Errichtung einer Fernsehantenne anwendet, kommt man zu dem Ergebnis, daß der Hauseigentümer dafür ein gesondertes Entgelt jedenfalls dann nicht verlangen kann, wenn er nach § 18 Abs. 1 MietG. überhaupt zur Duldung der Aufstellung einer solchen Antenne verpflichtet ist, also die Antenne nicht so außergewöhnlicher Art ist, daß sie etwa die Erscheinung des Hauses wesentlich beeinträchtigt oder eine Gefährdung der Sicherheit zur Folge hat, und wenn überdies die Antenne nur einer der Verkehrssitte entsprechenden modernen Art des Wohnens, also einer zeitgemäßen Wohnkultur dienen soll. Für die Bereitstellung eines Teiles des Daches für eine solche Anlage kann der Vermieter keine Entschädigung verlangen.

Da im vorliegenden Fall nur eine Anlage, die dem persönlichen Bedürfnis des Antragsgegners dienen soll, vorliegt und gar nicht behauptet wurde, daß die Antragstellerin etwa wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, einer Gefahr für die Sicherheit oder aus anderen wichtigen Gründen der in § 18 Abs. 1 MietG. angeführten Art die Errichtung einer solchen Anlage zu dulden nicht verpflichtet ist, folgt daraus, daß die Antragstellerin für die Benützung des Daches durch diese Anlage selbst dann nichts verlangen dürfte, wenn ihre Behauptung richtig wäre, daß die Dachhaut durchstoßen und Teile des Daches, die der Antragsgegner nicht ohnehin mitgemietet hatte, verwendet wurden.

Anmerkung

Z32017

Schlagworte

Dach, Fernsehantenne, kein Entgelt für die Anbringung durch den Mieter, Entgelt für die Anbringung einer Fernsehantenne, Fernsehantenne, kein Entgelt für die Anbringung durch den Mieter, Mietvertrag kein Entgelt für die Anbringung einer Fernsehantenne

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0050OB00002.59.0204.000

Dokumentnummer

JJT_19590204_OGH0002_0050OB00002_5900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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