TE OGH 1959/3/24 4Ob91/58

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Veröffentlicht am 24.03.1959
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Norm

ABGB §870
Koalitionsgesetz §§1 ff

Kopf

SZ 32/38

Spruch

Nichtigkeit einer anläßlich der Beendigung eines Streiks unter Zwang abgeschlossenen Vereinbarung.

Entscheidung vom 24. März 1959, 4 Ob 91/58.

I. Instanz: Arbeitsgericht Oberwart; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Nach dem Klagevorbringen wurde im Oktober 1955 anläßlich der Beendigung eines Streiks im Betrieb der beklagten Parteien eine Vereinbarung getroffen, wonach die in Beschäftigung gestandenen Arbeiter auch in der Saison 1956 "nach Möglichkeit" wieder beschäftigt werden sollten. Da diese Zusage nicht eingehalten worden sei, begehrten die Kläger den Ersatz des Schadens in der Höhe des entgangenen Entgelts für zunächst drei Wochen.

Die Beklagten wendeten ein, daß die Vereinbarung nur dahin gegangen sei, die notwendigen Arbeitskräfte aus dem vorjährigen Belegschaftsstand "nach Möglichkeit" wieder einzustellen. Die Kläger hätten sich bei Saisonbeginn im Jahr 1956 zur Arbeit nicht gemeldet; außerdem sei die Vereinbarung vom 21. Oktober 1955 rechtsunwirksam, weil der öffentliche Verwalter, der diese Vereinbarung einging, hiezu nicht ermächtigt gewesen und der Vergleich nach § 870 ABGB. nichtig sei, weil er unter Zwang zustandegekommen sei.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil das Klagebegehren als dem Gründe nach nicht zu Recht bestehend. Es ging davon aus, daß das Werk durch die streikenden Arbeiter am 12. Oktober 1955, besetzt worden sei, die dadurch entstandene Zwangslage noch am Tag der Vereinbarung bestanden habe und die Vereinbarung nur abgeschlossen worden sei, um diese Zwangslage zu beendigen und die beklagten Parteien vor einem beträchtlichen Schaden zu bewahren.

Im Berufungsverfahren stellten die Beklagten den Zwischenantrag auf Feststellung, daß die Kläger zufolge Nichtigkeit der abgeschlossenen Vereinbarung kein Recht auf Wiederbeschäftigung hätten.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß dem Zwischenfeststellungsantrag stattgegeben und das Klagebegehren abgewiesen wurde, und zwar hinsichtlich der Kläger Nr. 1 bis 21; hinsichtlich der Klägerin Elise W. (Klägerin Nr. 22) wurde das Ersturteil aufgehoben und die Sache zur ergänzenden Verhandlung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Untergerichte trafen folgende Feststellungen: Zwei Arbeiter waren wegen Verletzung ihrer Dienstpflichten gekundigt worden. Aus diesem Gründe entstand am 10. Oktober 1955 ein Streik eines Teiles der Arbeiterschaft. Am 10. und 11. Oktober 1955 konnten die verbliebenen Arbeitswilligen sowie Ersatzarbeiter den Brennbetrieb im Ziegelofen aufrechterhalten. Die streikenden Arbeiter blieben außerhalb des Werksgeländes. Am 12. Oktober 1955 wurden vor dem Werk Reden gehalten, in denen die Arbeiter aufgefordert wurden, sich nicht ihre Arbeitsplätze wegnehmen zu lassen. Darauf drangen die Streikenden in das Werk ein, bedrohten die Arbeitswilligen mit Latten und Ziegelbrocken und besetzten das Werk, so daß die Arbeit vollständig zum Erliegen kam. Der Verwalter des Ziegelwerks, der die Streikenden zurückhalten wollte, wurde beschimpft und bedroht, so daß er sich in das Büro zurückziehen mußte. Die Arbeitswilligen wurden von den Streikenden ultimativ aufgefordert, das Werk zu verlassen. Sie mußten wegen der für sie bedrohlichen Situation weichen. Ein Lastwagenchauffeur, der für einen Kunden Ziegel holen wollte, wurde nicht auf das Werksgelände gelassen und mußte unverrichteter Dinge wegfahren. Es kam dann der Kunde selbst mit dem Lastwagen und lud die Ziegel auf. Dabei wurde er beschimpft und bedroht, ebenso die Arbeiter, die ihm beim Aufladen halfen. Ein tätlicher Angriff auf das Lastauto unterblieb offenbar nur, weil zu dieser Zeit die Gendarmerie eintraf. Der Kunde unterließ es unter dem Druck dieser Verhältnisse, noch weitere Ziegel aus dem Werk zu holen. Er kam noch mehrere Male zum Werk, mußte jedoch feststellen, daß es verschlossen und von den streikenden Arbeitern besetzt war. Die Besetzung durch die Streikenden dauerte Tag und Nacht bis zum 21. Oktober 1955. Die Situation änderte sich in keiner Weise. Die Werksleitung wendete sich an die Behörden unter Hinweis darauf, daß ihr die Verfügung über das Werk entzogen worden und deshalb das Einschreiten der Behörde notwendig sei. Die Streikenden drohten mit dem Zuzug von Arbeitern aus anderen Betrieben. Das Brennfeuer mußte gelöscht werden (was einen Schaden von 22.000 bis 24.000 S verursachte). Zur Bewachung der Feuerstelle mußte die Ortsfeuerwehr herangezogen werden, weil von den Streikenden nicht einmal Sicherungsarbeiten beim Ofen erlaubt wurden. Unter dem Druck dieser Verhältnisse kam es zu Verhandlungen mit dem Verwalter des Werkes, die zum Abschluß der Vereinbarung vom 21. Oktober 1955 führten. Es wurde vereinbart, die Angelegenheit der Kündigung der beiden Arbeiter D. (die zum Streik geführt hatte) und der Arbeiterin W. der Entscheidung des Einigungsamtes und des Arbeitsgerichtes zu überlassen. Die inzwischen weiter erfolgten Kündigungen von Arbeitern wurden zurückgenommen und gleichzeitig die Kündigung aller Arbeiter, die zur Aufrechterhaltung des Betriebes aus saisonbedingten Gründen nicht mehr notwendig waren, ausgesprochen, weil die Saison zu Ende war. Für die nächste Saison, 1956, wurde die Wiedereinstellung der Arbeiter aus dem letzten Belegstand "nach Möglichkeit" zugesagt. Die Zusage erfolgte unter der Voraussetzung, daß der Betrieb sofort wieder aufgenommen werde. Der Verwalter, der den Vergleich schloß, war dabei der Überzeugung, daß er nur durch diese Erklärung die Freigabe des Werkes erreichen konnte, was zur Abwendung eines weiteren Schadens unbedingt notwendig war. Am Bahnhof standen Waggons mit Kohle, die nicht abgeladen und versorgt werden konnten, im Schuppen lagerten 300.000 bis 400.000 Grünziegel, die gebrannt werden mußten, wenn sie nicht verderben sollten.

Aus diesen Feststellungen folgerten die Untergerichte, daß die Einwendung der beklagten Partei, sie sei nur durch Zwang zum Abschluß des Vergleiches veranlaßt worden, stichhältig sei. Der Vergleich wäre zumindest nicht in dieser Form zustandegekommen, wenn er nicht den Beklagten durch ungerechte und gegrundete Furcht, nämlich die rechtswidrige Besetzung des Werkes und den Entzug der Verfügungsgewalt, abgepreßt worden wäre. Die Beklagten seien zum Abschluß des Vergleiches gezwungen gewesen, um die Verfügung über ihr Eigentum wiederzuerlangen. Die Untergerichte stellten auch fest, daß sämtliche Arbeiter von der durch den Streik geschaffenen Zwangslage Kenntnis hatten, so daß die Rechtsfolgen auch gegen die Kläger K. und P. eintraten, die sich im Gegensatz zu den übrigen an der Besetzung des Werkes nicht beteiligt hatten.

In Ansehung der Klägerin W. wurde die Berufung insofern für gerechtfertigt angesehen, als diese mit den Beklagten eine inhaltlich gleiche Vereinbarung vor dem Einigungsamt geschlossen und ihren Anspruch auf diese Vereinbarung gestützt hatte. Diesbezüglich seien ergänzende Beweisaufnahmen notwendig, so daß das Urteil in diesem Umfang aufgehoben werden mußte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger zu 1. bis 21. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Zunächst bestreiten die Kläger in ihrer Rechtsrüge die Kausalität zwischen dem ausgeübten Zwang und dem Abschluß der Vereinbarung, weil die Beklagten aus anderen Gründen den Vergleich abgeschlossen haben sollen. Solche Erwägungen scheitern aber an den von den Untergerichten getroffenen Feststellungen, an die das Revisionsgericht gebunden ist. Es wurde ausdrücklich festgestellt, daß sich der öffentliche Verwalter nur wegen der im Werk herrschenden widerrechtlichen Zustände zum Abschluß des Vergleiches bereit erklärte.

Unrichtig ist auch der Hinweis, daß die Kausalität deshalb nicht gegeben sei, weil nicht festgestellt wurde, daß die Streikbrecher auch noch am 21. Oktober 1955 an der Aufnahme der Arbeit gehindert worden sind. Wenn auch eine solche Hinderung in den ersten Tagen des Streiks stattgefunden habe, so sei doch nicht festgestellt, daß die Streikbrecher nicht später die Arbeit hätten wieder aufnehmen können bzw. warum sie dies nicht getan haben.

Auch diese Erwägungen finden in den Feststellungen keine Deckung. Das Erstgericht hat ausführlich dargelegt, daß die Bedrohung der Arbeitswilligen noch am 21. Oktober 1955 bestand. Im übrigen grunden sich die Feststellungen über den ausgeübten Zwang nicht allein auf die gegen die Arbeitswilligen gerichteten Handlungen, sondern auf die gesamte durch die Besetzung des Werkes gegebene Situation, die als solche eine rechtswidrige Beschränkung der Verfügungsgewalt der Werksleitung darstellte. Auch der Hinweis, daß in den Vergleich drei Arbeiter nicht eingeschlossen wurden und die Herausnahme gerade der als Anführer angesehenen Arbeiter aus dem Vergleich als Indiz für die damals bestandene Willensfreiheit der beklagten Partei angesehen werden müsse, ist eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung. Das gleiche gilt für die Revisionsausführung, daß der später beim Einigungsamt mit der Klägerin W. abgeschlossene Vergleich inhaltlich gleich gelautet habe, obwohl zu dieser Zeit kein Zwang mehr ausgeübt worden sei, woraus sich der Rückschluß ergebe, daß der Zwang auch für den ursprünglichen Vergleichsabschluß nicht kausal gewesen sei. Auch diese Erwägungen berühren die Tatsachenfeststellungen der Untergerichte und können daher in der Revisionsinstanz nicht mehr aufgegriffen werden.

Ein Anerkenntnis der Gültigkeit der Vereinbarung nach Aufhebung des Zwanges erblicken die Kläger in der Tatsache, daß die übrigen Punkte der Vereinbarung von beiden Seiten erfüllt wurden. Die Kläger erhielten ihren restlichen Lohn bis zum Ende der Kündigungsfrist und zogen ihre Anfechtung beim Einigungsamt zurück. Nun kann aber in der teilweisen Erfüllung eines erzwungenen Vergleiches allein noch nicht ein Anerkenntnis der Gültigkeit des gesamten Vertrages erblickt werden, wenn nicht besondere Umstände im einzelnen Fall dieser Teilerfüllung eine derartige Bedeutung zukommen lassen. Das Berufungsgericht hat schon darauf verwiesen, daß die Teilerfüllung unmittelbar im Anschluß an die Besetzung des Werkes erfolgte und für den Fall der Nichterfüllung etwa mit einer sofortigen Wiederbesetzung gerechnet werden mußte, so daß ein Anerkenntnis in der Lohnzahlung allein nicht erblickt werden kann. Es ist dabei nicht notwendig, daß zur Zeit der Lohnzahlung der Zwang noch bestanden hat. Es genügt vielmehr der Hinweis auf die eben beendete Gefahr, daß in dieser Zahlung allein noch kein Anerkenntnis der Gültigkeit der Vereinbarung erblickt werden kann. Dies kann auch schon deshalb nicht geschehen, weil die Kläger den Anspruch auf diese Lohnzahlung mit Rücksicht auf den Termin der ausgesprochenen Kündigung auch unabhängig von der Vereinbarung gehabt haben. Die Lohnzahlung kann daher nicht nur als Erfüllung der Vereinbarung angesehen werden.

Auf Treu und Glauben können sich die Kläger mit Rücksicht auf das rechtswidrige Verhalten im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung nicht berufen. Daß sie selbst die Vereinbarung erfüllt haben, indem sie die Kündigungsanfechtung beim Einigungsamt zurückzogen, hat in diesem Zusammenhang ebenfalls keine Bedeutung. Daraus könnte höchstens ein Anspruch nach § 877 ABGB. abgeleitet werden, der aber nach der Sachlage, wie noch auszuführen sein wird, ebenfalls nicht gegeben ist.

Die Kläger meinen der Anfechtung der Vereinbarung wegen Zwanges auch mit der Einrede der Arglist begegnen zu können. Dadurch, daß die Kläger in Erfüllung der Vereinbarung ihre Anfechtung beim Einigungsamt zurückgezogen hätten, seien die Beklagten besser gestellt worden, als ihrer Rechtsstellung vor Abschluß der Vereinbarung entsprach. Das Berufungsgericht meint hiezu, daß den Feststellungen nicht zu entnehmen sei, daß die Kläger unabhängig von dem unter Zwang zustandegekommenen Vergleich ein ihren Klagsansprüchen gleichartiges Recht gegen die Beklagten erworben haben. Die Revision führt dazu aus, daß das Verfahren in diesem Punkt mangelhaft geblieben sei, weil in dem Schriftsatz vom 10. Februar 1958 und der darauffolgenden Verhandlung Beweise angeboten worden seien. Es sei gerade deshalb zum Streik gekommen, weil ein Teil der Kläger aus Gründen gekundigt worden sei, die das Betriebsrätegesetz verpöne, und es sei deshalb das Einigungsamt angerufen worden. Die Kündigungen wären durch das Einigungsamt für ungültig erklärt worden und die Kläger hätten weiter beschäftigt werden müssen.

Nun ergibt sich aus dem angegebenen Schriftsatz nur, daß die Kläger schon damals die Einrede der Arglist mit der gleichen Begründung erhoben haben. Das Beweisanerbieten in diesem Schriftsatz konnte sich dagegen nur auf das übrige Vorbringen in diesem Schriftsatz beziehen, weil die Tatsachen, in denen die Kläger die Arglist erblickten, zum Teil unbestritten waren, zum Teil aus dem angeschlossenen Akt des Einigungsamtes entnommen werden konnten. Von einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens kann daher in diesem Zusammenhang keine Rede sein.

Aber auch die Einrede der Arglist widerlegt sich aus dem eigenen Vorbringen der Kläger, aus dem sich ergibt, daß im Zeitpunkt der abgeschlossenen Vereinbarung im Werk bereits Saisonschluß war. Die Beklagten konnten daher zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall kundigen. Eine Anfechtung nach § 25 BRG. der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Kündigungen hätte den Klägern keinen Erfolg bringen können. Es ist aber auch nicht richtig, daß die Kläger ihrerseits den Vertrag erfüllt haben. Aus der Vereinbarung vom 21. Oktober 1955 ergibt sich keine Verpflichtung der Kläger zur Rückziehung ihrer Anfechtung. Mit dem Vergleich haben vielmehr die beklagten Parteien die Kündigungen zurückgezogen und damit der Anfechtung den Boden entzogen, so daß das einigungsamtliche Verfahren einzustellen war, ohne daß es der Erklärung auf Rückziehung der Anfechtungen bedurfte, ja einer solchen Erklärung überhaupt rechtliche Bedeutung zukam. Diese Erklärung brachte den Beklagten daher keinerlei Vorteile. Ein solcher Vorteil wäre aber die Voraussetzung für eine erfolgreiche Einrede der Arglist, ebenso wie für einen Anspruch nach § 877 ABGB. Das einzige, was die Beklagten durch die Vereinbarung erreichten, war die Beendigung des rechtswidrigen Zustandes. Nur deshalb haben sie sich nach den Feststellungen zu dem Vergleich verstanden und deshalb ist der Vergleich auch wegen des ausgeübten ungerechten Zwanges nichtig.

Auch die Anrufung des sogenannten Gleichbehandlungsgrundsatzes kann den Klägern keinen Erfolg bringen. Einen allgemeinen Rechtsatz, der eine solche Gleichbehandlung ausspricht, gibt es nicht. Es wurde lediglich in einigen Entscheidungen erwogen, ob es den guten Sitten widerspricht, wenn ein Dienstnehmer ohne ersichtlichen Grund anders behandelt wird als alle übrigen (vgl. 4 Ob 34/53; Soz. I D S. 51; ArbSlg. 5993). Die Kläger erblicken die Verletzung des Gleichheitsprinzips und ihre Benachteiligung darin, daß die Klägerin W. ein Wiedereinstellungsrecht in einem einigungsamtlichen Vergleich zugesichert erhielt. Grundsätzlich könnte von einer Sittenwidrigkeit aber nur dann gesprochen werden, wenn ein einzelner oder einzelne Dienstnehmer schlechter behandelt werden als die Mehrheit der übrigen, nicht aber umgekehrt, wenn die bessere Behandlung, die einem einzelnen widerfährt, nicht auf alle ausgedehnt wird.

Was die Revision unter dem Stichwort "Willensfreiheit" zusammenfaßt, ist nur eine neuerliche Bekämpfung der Annahme, daß die Beklagten unter Zwang gehandelt haben. Es genügt daher diesbezüglich, auf die hiezu bereits erörterten Umstände hinzuweisen. Die Behauptung, daß es den Beklagten bei der Vereinbarung nur darum gegangen sei, das Einigungsamtsverfahren wegen der entstehenden Nachzahlungsfolgen zu vermeiden, widerlegt sich aus den bereits angestellten Erwägungen. Daß aber das Einigungsamtsverfahren bei zwei Dienstnehmern noch weitergeführt wurde und bei dem einen (D.) insofern für diesen mit Erfolg endete, als das Dienstverhältnis vergleichsweise erst per 31. Dezember 1955 gelöst wurde, berechtigt nicht zu dem Schluß, daß dies auch bei den Klägern möglich gewesen wäre. Daß D. nicht ebenfalls zum Saisonschluß neuerlich gekundigt worden ist, sondern die ursprünglich angefochtene Kündigung aufrechterhalten wurde, mag andere Gründe gehabt haben. Jedenfalls kann daraus für die Rechtslage der Kläger nichts gewonnen werden. Erwiesenermaßen hat der Verwalter angesichts der rechtswidrigen Besetzung des Werkes angenommen, daß eine Beendigung dieses Zustandes und damit die Möglichkeit, die Beklagten vor weiterem Schaden zu bewahren, nur durch Abschluß des Vergleiches erreicht werden konnte. Diese Annahme war nach der Sachlage begrundet.

Es kann daher auch nicht eingewendet werden, daß in Zukunft jede Vereinbarung zur Beendigung eines Streiks als unter Zwang geschlossen angesehen werden müßte und damit jede friedliche Beendigung unmöglich gemacht würde. Es braucht in diesem Fall auf das Wesen und die Erlaubtheit eines Streiks nicht eingegangen zu werden. Der Oberste Gerichtshof hat jeweils nur den gegebenen Sachverhalt zu prüfen. Unter einem Streik kann jedenfalls nur die tatsächliche Arbeitsniederlegung verstanden werden. Der hier festgestellte Tatbestand hingegen hat mit der Arbeitsniederlegung der Streikenden nichts zu tun. Es handelt sich um unerlaubte Eingriffe in das Eigentumsrecht, um die Behinderung und Bedrohung von Personen und um absichtliche Schadenszufügungen. Solche Handlungen bleiben auch dann rechtswidrig, wenn sie im Gefolge eines Streiks gesetzt worden sind. Nach den Feststellungen lag der Zwang zum Abschluß des Vergleiches nicht in der Arbeitsniederlegung infolge des Streiks und den damit verbundenen Folgen. Das ergibt sich schon daraus, daß die Saison zu Ende war und die Arbeiter unabhängig vom Streik deshalb gekundigt werden mußten. Die Zwangslage entstand ausschließlich durch die rechtswidrige Besetzung des Werkes und die gewaltsame Verhinderung notwendiger Arbeiten. Nur um diese zu beenden, wurde gemäß den Feststellungen der Vergleich geschlossen.

Die Rüge, daß das Berufungsurteil im Spruch über den Zwischenfeststellungsantrag auf einer aktenwidrigen Behauptung. Der Zwischenfeststellungsantrag vom 8. April 1957 ging ausdrücklich auf Feststellung, daß für die beklagten Parteien infolge Nichtigkeit des Vergleiches Verpflichtung zur Wiedereinstellung der Kläger bestehe. Das gleiche besagt der Urteilsspruch. Das rechtliche Interesse der Beklagten war gegeben, weil die Kläger schon in der Klage darauf hinwiesen, daß sie nur einen Teil ihrer Ansprüche vorläufig geltend machten. Über die Bedeutung hier nicht abgesprochen werden, weil diesbezüglich ein Aufhebungsbeschluß ohne Rechtskraftvorbehalt vorliegt.

Anmerkung

Z32038

Schlagworte

Zwang Nichtigkeit eines Vergleiches bei Beendigung eines Streiks

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0040OB00091.58.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19590324_OGH0002_0040OB00091_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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