TE OGH 1959/6/24 2Ob208/59

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Veröffentlicht am 24.06.1959
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Norm

ABGB §726
Außerstreitgesetz §73
Außerstreitgesetz §121

Kopf

SZ 32/82

Spruch

Der Zustand der ruhenden Erbschaft dauert in Ansehung der Rechte des Erblassers als Untervermieters gegenüber seinem Untermieter fort, wenn diese Rechte bei der jure crediti-Einantwortung nicht berücksichtigt worden sind. Die Legitimation des Vermächtnisnehmers zur Aufkündigung des zwischen dem Erblasser und dem Dritten eingegangenen Mietverhältnisses ist nur unter den Voraussetzungen des § 726 ABGB. sowie des § 121 Abs. 2 AußStrG. gegeben.

Entscheidung vom 24. Juni 1959, 2 Ob 208/59.

I.Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Das Erstgericht hob die wegen dringenden Eigenbedarfes vorgenommene Aufkündigung des von der Beklagten im ersten Stock des Hauses in K., F.-Platz Nr. 6, gemieteten Zimmers auf.

Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht nicht Folge; es erklärte die Revision für zulässig. Gertrude B. sei Hauptmieterin zweier Räume im ersten Stock des bezeichneten Hauses gewesen und habe das nunmehr aufgekundigte Zimmer der Beklagten untervermietet. Gertrude B. sei am 30. November 1957 verstorben. Der Kläger leite seine Rechte aus dem Vermächtnis der Erblasserin vom 10. Mai 1957 ab; die Erblasserin habe damals letztwillig verfügt, daß ihre Mietrechte im genannten Hause auf den Kläger übergehen sollten. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 17. Juni 1958 sei die Verlassenschaft nach Gertrude B. an deren Bruder Dr. Max B. auf Abschlag seiner Forderung an bezahlten Beerdigungskosten an Zahlungs Statt überlassen worden. Die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 10. Mai 1957 sei kundgemacht, hinsichtlich des erwähnten Legates über die Mietrechte vom Abhandlungsgericht aber keine Verfügung getroffen worden. Die von der Erblasserin gemieteten Räume seien dem Kläger nicht übergeben worden. Wenn nun der Kläger der Beklagten das Untermietverhältnis nach § 19 Abs. 2 Z. 12 MietG. wegen Eigenbedarfes aufkundige, dann könne er sich zu seiner Legitimation nur auf das Vermächtnis der Erblasserin vom 10. Mai 1957 beziehen; den Erwerb des diesbezüglichen Rechtes aber habe der Kläger nicht nachgewiesen. Die rechtliche Stellung des Legatars in bezug auf die vermachte Sache sei keine andere als die eines Nachlaßgläubigers. Selbst der Erbe dürfe Verlassenschaftssachen nicht eigenmächtig in Besitz nehmen, umso weniger der Legatar; der Legatar könne die ihm zugedachte Sache ohne den Erben bzw. ohne Gericht nicht in Besitz nehmen. Das bloße Vermächtnis könne den Kläger zur Einbringung der Kündigung nicht berechtigen. Der Kläger hätte den Erwerb des Vermächtnisses durch eine gerichtliche Ermächtigung nach § 72 AußStrG. nachweisen müssen. Da der Kläger nicht nachgewiesen habe, daß er in die Hauptmietrechte der Erblasserin eingetreten sei und eine Übertragung ihrer Mietrechte auf den Kläger nicht stattgefunden habe, sei die Aufhebung der Aufkündigung durch das Erstgericht zu Recht erfolgt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Revisionswerber vertritt die Ansicht, daß er "im Wege des Vermächtnisses" die Mietrechte erworben habe, ohne daß dabei die Art der Verlassenschaftserledigung eine Rolle spiele und ohne daß weitere Schritte des Verlassenschaftsgerichtes notwendig gewesen wären. Demgemäß seien Feststellungsmängel gegeben, weil geprüft werden müsse, ob die Voraussetzungen des geltend gemachten Kündigungsgrundes nach § 19 Abs. 2 Z. 12 MietG. vorlägen.

Nun ist davon auszugehen, daß das Abhandlungsgericht bestimmt bezeichnete Aktiven des Nachlasses der Gertrude B. (darin sind die Mietrechte der Erblasserin an den eingangs genannten Räumen nicht inbegriffen) dem Bruder der Erblasserin Dr. Max B. auf Abschlag seiner Forderung an bezahlten Begräbnis- und Grabstättenkosten im Betrag von insgesamt 2485 S an Zahlung statt überlassen hat. Auf die Mietrechte der Verlassenschaft, deren Übergang der Kläger auf seine Person im Gründe des Vermächtnisses vom 10. Mai 1957 behauptet, hat diese jure crediti-Einantwortung keinen Einfluß gehabt, hinsichtlich der erwähnten Mietrechte dauert vielmehr der Zustand der ruhenden Erbschaft fort (vgl. Ehrenzweig 2. Aufl. II/2 S. 523 Anm. 31). Bereits aus diesen Erwägungen ist es zu billigen, wenn die Untergerichte den - von der Gekundigten in den Einwendungen geltend gemachten - Mangel der Aktivlegitimation des Klägers angenommen haben: Der Vorinstanz kann allerdings darin nicht beigepflichtet werden, wenn sie die Entscheidung darauf abgestellt hat, daß der Kläger nicht im Sinne des § 72 Abs. 2 AußStrG. vom Abhandlungsgericht ermächtigt worden sei, die in den Nachlaß gehörigen Mietrechte geltend zu machen. Denn eine Ermächtigung dieser Art ersetzt nicht die Einantwortung des Nachlasses und bewirkt deshalb auch nicht den Übergang der Nachlaßrechte auf den Ermächtigten; sie bedeutet vielmehr nur die Erteilung des prozessualen Rechtes, den Nachlaß im Prozeß zu vertreten und für ihn Rechte geltend zu machen (vgl. SZ. XXV 97). Eine derartige Ermächtigung hätte also für den Kläger keinerlei Bedeutung, weil sich der von ihm geltend gemachte Eigenbedarf am untervermieteten Objekt nur auf seine Person bzw. seine Angehörigen bezieht, nicht aber auf die Verlassenschaft nach Gertrude B. Den Revisionsausführungen in bezug auf den Hinweis des Berufungsgerichtes auf die Bestimmungen des § 72 Abs. 2 AußStrG. kann also in diesem Sinn Berechtigung nicht abgesprochen werden, womit aber für den Standpunkt des Revisionswerbers nichts gewonnen ist. Entscheidend ist, daß schon nach dem Vorbringen des Klägers ein Übergang der Hauptmietrechte der Gertrude B. auf den Kläger derzeit nicht ersichtlich ist, so daß der Kläger nicht mit Erfolg gegen die Beklagte als Untermieterin mit Aufkündigung vorgehen kann. Der Hinweis der Revision auf SZ. VII 259 greift schon deshalb nicht durch, weil im Falle dieser Entscheidung die Legatarin (Vermächtnis der Wohnung samt Einrichtung) im Besitz der Wohnung samt Einrichtung war, während vorliegendenfalls die von Gertrude B. gemieteten Räume dem Kläger nicht übergeben worden sind. Die Frage, ob in den Fällen, in welchen kraft gesetzlicher Bestimmung eine Verlassenschaftsabhandlung unterbleibt, die zur Erbschaft Berufenen auch ohne Einantwortung die Erbschaft erwerben, hat der Oberste Gerichtshof schon in SZ. XIX 22 verneint, und er hält an dieser Ansicht fest. Die Legitimation des Klägers als Vermächtnisnehmers zur Aufkündigung des zwischen der Erblasserin und der Beklagten eingegangenen Untermietverhältnisses wäre im Sinne der letztbezogenen Entscheidung nur unter den Voraussetzungen des § 726 ABGB. sowie des § 121 Abs. 2 AußStrG. zu bejahen.

Anmerkung

Z32082

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0020OB00208.59.0624.000

Dokumentnummer

JJT_19590624_OGH0002_0020OB00208_5900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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