TE OGH 1959/10/14 5Ob259/58

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.10.1959
beobachten
merken

Norm

Außerstreitgesetz §6
Kraftloserklärungsgesetz 1951 §12
Prokuraturgesetz §1
ZPO §93

Kopf

SZ 32/123

Spruch

Der Beschluß, mit dem Obligationen der Republik Österreich für kraftlos erklärt werden, ist der Finanzprokuratur zuzustellen. Die Zustellung an die Staatsschuldenbuchhaltung reicht nicht aus.

Entscheidung vom 14. Oktober 1959, 5 Ob 259/58.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Auf Antrag des Max S. hat das Erstgericht mit Beschluß vom 27. September 1951 vier Stück Obligationen der 7%igen Internationalen Bundesanleihe der Republik Österreich vom Jahre 1930 (Schweizer Teilausgabe) zu einem Nominale von je 1000 sfrs. mit den Nummern 2185 sowie 23.566 bis 23.568 samt Goupons ab 1. Jänner 1937 für kraftlos erklärt. Dieser Beschluß wurde u. a. zwar der Staatsschuldenbuchhaltung, nicht aber der Finanzprokuratur zugestellt. Am 20. November 1951 wurde er für rechtskräftig erklärt. Mit Eingabe vom 30. Dezember 1955 begehrte die Finanzprokuratur die Zustellung einer Beschlußausfertigung und erhob nach deren Erhalt rechtzeitig Rekurs.

Das Rekursgericht gab diesem Rekurs Folge, hob den erstgerichtlichen Beschluß in dem angefochtenen Punkt auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragstellers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 12 Abs. 3 KraftloserklärungsG. 1951 ist der Beschluß, mit dem die Urkunde für kraftlos erklärt wird, den Beteiligten zuzustellen, zu welchen bei Wertpapieren der Bundesanleihe zweifellos die Republik Österreich gehört. Nun hat der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung SZ. XXV 262 ausgesprochen, daß gemäß § 1 Abs. 2 ProkG. die Finanzprokuratur ausschließlich zur Vertretung der Republik Österreich vor den Gerichten befugt ist und die Gerichte, bei denen eine Klage gegen die Republik Österreich oder einen anderen im § 2 Abs. 1 ProkG. genannten Rechtsträger überreicht wird, so vorzugehen haben, als ob ihr eine Vollmacht der beklagten Partei an die Finanzprokuratur angeschlossen wäre. Gemäß § 93 Abs. 1 ZPO. haben in einem solchen Falle alle diesen Rechtsstreit betreffenden Zustellungen bei sonstiger Wirkungslosigkeit an den namhaft gemachten Bevollmächtigten zu geschehen. Daher dürfen Klagen gegen die Republik Österreich weder dieser selbst noch der für die Sache zuständigen Dienststelle, sondern nur der Finanzprokuratur zugestellt werden.

Da gemäß § 6 AußStrG. im Außerstreitverfahren für Zustellungen dieselben Bestimmungen gelten wie im Streitverfahren, greifen die in der vorzitierten Entscheidung für das Streitverfahren angestellten Erwägungen auch für im Außerstreitverfahren zu behandelnde Anträge Platz, dies umso mehr, als gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 ProkG. die Finanzprokuratur die im § 2 aufgezählten Rechtsträger "als Parteien oder sonst Beteiligte vor allen Gerichten ..." zu vertreten hat, welche Formulierung sowohl das streitige wie auch das außerstreitige Verfahren umfaßt.

Der Einwand im Revisionsrekurs, die Rechtslage habe sich durch die in der Zivilprozeßnovelle 1955, BGBl. Nr. 282, vorgenommene Neufassung des § 105 ZPO. geändert, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 105 ZPO. wurde lediglich stilistisch, nicht aber inhaltlich geändert. Sowohl auf Grund des Vorbehaltes: "wenn im Einzelfalle nichts anderes angeordnet wird" als auch auf Grund der Bestimmung:

"an den Beamten oder Bediensteten ... der zur Empfangnahme des Schriftstückes bestellt ist" kann man nur zu dem Ergebnis gelangen, daß zufolge des Prokuraturgesetzes Zustellungen an die Republik Österreich oder an deren Dienststellen nur an die Finanzprokuratur erfolgen dürfen. In den Vorbehalt des § 1 Abs. 2 ProkG., daß die Vertretungsbefugnis der Finanzprokuratur nur insoweit eine ausschließliche ist, als nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist, fällt nicht die Bestimmung des § 105 ZPO., weil dies der Anordnung der ausschließlichen Vertretungsbefugnis fast ihren ganzen Inhalt nehmen würde. Überdies stellt das Prokuraturgesetz die spezielle Norm dar.

Mit Recht hat das Rekursgericht auch die Meinung des Rekurswerbers abgelehnt, eine Sanierung des Zustellungsmangels sei nach § 108 ZPO. eingetreten, da der erstgerichtliche Beschluß der Finanzprokuratur schon früher in die Hand gekommen sei (SZ. XXIII 70, 174, 264). Nach dem Akteninhalt, und zwar sowohl nach dem Zustellungsantrag als auch nach der Stellungnahme des Rekurswerbers, hat die Finanzprokuratur im Zuge des gegen die Republik Österreich angestrengten Prozesses wegen Neuausfertigung von Obligationen vom Kraftloserklärungsbeschlusse erfahren. Hiedurch wurde der mangelhafte Zustellvorgang nicht saniert, da die Finanzprokuratur nicht alle Unterlagen, die ihr von einer Bundesdienststelle in einem anderen Zusammenhang übermittelt werden, dahin überprüfen kann, ob ihre Übermittlung nicht vielleicht als eine in einem anderen Verfahren den Lauf einer Rechtsmittelfrist auslösende Zustellung anzusehen ist.

Die Unrichtigkeit der Ansicht des Rekurswerbers, die Ausschließlichkeit der Vertretungsbefugnis der Finanzprokuratur bedeute nur, daß die Vertretung der Republik Österreich durch Anwälte und andere Prozeßbevollmächtigte ausgeschlossen sei, ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 ProkG., wonach die Prokuratur auch Rechtsanwälte und, soweit kein Anwaltszwang besteht, Organe einer anderen öffentlichen Dienststelle mit ihrer Vertretung betrauen kann.

Die Zustellung an die Staatsschuldenbuchhaltung vermochte somit die Zustellung an die Finanzprokuratur nicht zu ersetzen. Der erstgerichtliche Beschluß war daher vor der Zustellung an die Finanzprokuratur an die Republik Österreich nicht zugestellt und also nicht wirksam (GlUNF. 4523, 3579, EvBl. 1948 Nr. 163).

Daß vielleicht auch in anderen Fällen keine Zustellung an die Finanzprokuratur erfolgte, steht im Rahmen dieses Rekurses nicht zur Erörterung. Das Rekursgericht ist daher mit Recht auf den Rekurs der Finanzprokuratur eingegangen.

Anmerkung

Z32123

Schlagworte

Amortisation von Bundes-Obligationen, Zustellung an die Finanzprokuratur, Bundesanleihe, Kraftloserklärung, Zustellung an die Finanzprokuratur, Finanzprokuratur, Zustellung der Beschlüsse über die Kraftloserklärung, von Bundes-Obligationen, Kraftloserklärung von Bundes-Obligationen, Zustellung an die, Finanzprokuratur, Obligationen des Bundes, Kraftloserklärung, Zustellung an die, Finanzprokuratur, Schuldverschreibungen des Bundes, Kraftloserklärung, Zustellung an die, Finanzprokuratur, Staatsschuldenbuchhaltung, Kraftloserklärung von Bundes- Obligationen„ Zustellung an die Finanzprokuratur, Zustellung an die Finanzprokuratur, Kraftloserklärung von, Bundes-Obligationen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1959:0050OB00259.58.1014.000

Dokumentnummer

JJT_19591014_OGH0002_0050OB00259_5800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten