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10/05 Bezüge Unvereinbarkeit;Norm
ASVG §225 Abs1 Z7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. März 2003, Zl. MA 15-II-R 39/2002, betreffend die Erstattung von Beiträgen in der Pensionsversicherung gemäß § 70 Abs. 4 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers (eines ehemaligen Abgeordneten zum Nationalrat) auf Erstattung von Beiträgen in der Pensionsversicherung gemäß § 70 Abs. 4 ASVG mit der Begründung abgewiesen, dass der Anspruch auf Bezüge bzw. Bezugsfortzahlung mit 30. September 1998 geendet habe und der Antrag auf Erstattung der Beiträge gemäß § 70 Abs. 4 ASVG erst am 11. Juli 2002 (somit nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 70 Abs. 4 ASVG) gestellt worden sei.
Nach der Bestätigung der Parlamentsdirektion vom 14. Juli 1999 sei der Beschwerdeführer mit 30. September 1998 aus dem Nationalrat ausgeschieden. Der Anspruch auf Bezüge bzw. Bezugsfortzahlung habe mit diesem Zeitpunkt geendet. Der Antrag auf Erstattung sei "erst mit Schreiben vom 7. Mai 2002 bzw. mit Schreiben vom 11. Juni 2002 und sohin verspätet gestellt" worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 13 des Bundesbezügegesetzes in der hier anzuwendenden
Stammfassung BGBl. I Nr. 64/1997 lautete:
"Anrechnungsbetrag
§ 13. (1) Endet der Anspruch auf Bezüge oder auf Bezugsfortzahlung nach diesem Bundesgesetz, so hat der Bund an den Pensionsversicherungsträger, der auf Grund der ausgeübten Erwerbstätigkeit zuständig ist oder auf Grund der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit zuständig war, einen Anrechnungsbetrag zu leisten.
(2) War das Organ bis zu dem im Abs. 1 angeführten Zeitpunkt nach keinem anderen Bundesgesetz in der Pensionsversicherung pflichtversichert, so ist der Anrechnungsbetrag an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten zu leisten.
(3) Der Anrechnungsbetrag beträgt 22,8 % der Beitragsgrundlage gemäß § 12 für jeden Monat des Anspruches auf Bezug oder auf Bezugsfortzahlung. Die Sonderzahlungen sind dabei anteilsmäßig zu berücksichtigen.
(4) Der Anrechnungsbetrag ist binnen sechs Monaten nach dem im Abs. 1 angeführten Zeitpunkt zu leisten."
§ 70 ASVG BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 138/1998 lautete:
"Anrechnung für die Höherversicherung bzw. Erstattung von Beiträgen in der Pensionsversicherung
§ 70. (1) Überschreitet in einem Beitragsjahr (§ 242 Abs. 6) bei einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder bei gleichzeitig ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen oder bei versicherungspflichtigen Beschäftigungen und selbständigen Erwerbstätigkeiten in einem Kalenderjahr die Summe aller Beitragsgrundlagen der Pflichtversicherung einschließlich der Sonderzahlungen die Summe der Beträge des 35fachen der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 Abs. 1 für die im Kalenderjahr liegenden Beitragsmonate der Pflichtversicherung, wobei sich deckende Beitragsmonate nur einmal zu zählen sind, so gilt der Beitrag zur Pensionsversicherung, der auf den Überschreitungsbetrag entfällt, wenn nicht nach Abs. 2 Beiträge erstattet wurden, im Rahmen der Bestimmungen des § 77 Abs. 2 als Beitrag zur Höherversicherung; hiebei ist als Beitragssatz jeweils der aus der Summe der Beitragssätze gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 lit. a und § 51a sich ergebende Beitragssatz zur Zeit der Entrichtung heranzuziehen. Beitragsteile, die im Rahmen der Bestimmungen des § 77 Abs. 2 nicht als Beitrag zur Höherversicherung gelten, sind bei Anfall einer Leistung aus den Versicherungsfällen des Alters oder der geminderten Arbeitsfähigkeit aufgewertet mit dem der zeitlichen Lagerung entsprechenden Aufwertungsfaktor (§ 108 Abs. 4) in halber Höhe zu erstatten.
(2) Der (die) Versicherte kann bei sonstigem Ausschluss bis zum Ablauf des dem Beitragsjahr drittfolgenden Kalenderjahres für die im Beitragsjahr fällig gewordenen Beiträge bei einem der beteiligten Versicherungsträger den Antrag stellen, ihm (ihr) den auf den Überschreitungsbetrag (Abs. 1) entfallenden Beitrag oder den gemäß § 77 Abs. 2 zur Höherversicherung nicht anrechenbaren Beitrag zu erstatten, wobei der halbe Beitragssatz nach Abs. 1 anzuwenden ist.
(3) Der nach Abs. 1 oder Abs. 2 zu erstattende Betrag ist dem auszahlenden Versicherungsträger aus dem Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§ 447g) zu ersetzen.
(4) Die Abs. 1 bis 3 sind auf die Fälle eines Anrechnungsbetrages gemäß § 13 des Bundesbezügegesetzes, BGBl. I Nr. 64/1997, mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Antrag gemäß Abs. 2 binnen sechs Monaten nach dem Ende des Anspruches auf Bezüge oder auf Bezugsfortzahlung nach dem Bundesbezügegesetz für den gesamten Zeitraum der Funktionsausübung gemäß § 12 des Bundesbezügegesetzes gestellt werden kann.
(5) Versicherte, die im Rahmen eines pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnisses gegen Entfall der Bezüge beurlaubt sind (Karenzurlaub) und während des Karenzurlaubes eine die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz begründende Erwerbstätigkeit ausüben, können beantragen, dass ihnen die auf Grund dieser Erwerbstätigkeit für nach dem 31. Dezember 1994 liegende Zeiten des Karenzurlaubes, soweit diese für die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit angerechnet werden, entrichteten Beiträge erstattet werden; hiebei ist als Beitragssatz jeweils die Hälfte der Summe der Beitragssätze gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 lit. a und § 51a zur Zeit der Entrichtung heranzuziehen. Der Antrag auf Erstattung ist beim zuständigen Pensionsversicherungsträger zu stellen und bedarf zu seiner Wirksamkeit einer Bestätigung über die Anrechenbarkeit des Karenzurlaubes für die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit. Die Beiträge sind aufgewertet mit dem der zeitlichen Lagerung entsprechenden Aufwertungsfaktor (§ 108 Abs. 4) zu erstatten. Mit der Erstattung der Beiträge erlöschen alle Ansprüche und Berechtigungen aus der Pensionsversicherung, die aus den Versicherungsmonaten erhoben werden können, für die die Beiträge erstattet wurden."
Aus diesen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang ergibt sich folgende für den Beschwerdefall bedeutsame Rechtslage:
§ 70 ASVG regelt für den Bereich der Pensionsversicherung die Folgen des Überschreitens der Höchstbeitragsgrundlage infolge einer Mehrfachversicherung. Eine solche Überschreitung kann sich sowohl durch mehrere parallel laufende versicherungspflichtige Beschäftigungen ergeben, sie kann aber auch dadurch entstehen, dass im Nachhinein Versicherungszeiten z.B. in der Pensionsversicherung nach dem ASVG durch die Übertragung von Ansprüchen aus anderen Systemen zu zeitraumbezogenen Pensionsversicherungszeiten hinzutreten (zur Anwendung dieser Bestimmung auch auf den Fall des Ausscheidens aus einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis vgl. das Erkenntnis 17. Oktober 2001, Zl. 99/08/0086).
Einer der Anwendungsfälle des § 70 Abs. 1 ASVG kann durch das Ausscheiden eines Abgeordneten aus dem Nationalrat und das dadurch bedingte Auslaufen der Bezüge nach dem Bundesbezügegesetz zustande kommen: In einem solchen Fall ist nämlich gemäß § 13 des Bundesbezügegesetzes vom Bund an den zuständigen Pensionsversicherungsträger (hier: die Pensionsversicherungsanstalt) für jeden Monat des Anspruches auf Bezug oder auf Bezugsfortzahlung ein "Anrechnungsbetrag" zu leisten, welcher zur Folge hat, dass diese Zeiten gemäß § 225 Abs. 1 Z. 7 ASVG zu Beitragszeiten in der Pensionsversicherung nach dem ASVG werden.
Soweit die Beitragsgrundlage dieser Beitragszeiten zu einer aus einer anderen versicherungspflichtigen Beschäftigung bereits bestehenden Beitragsgrundlage hinzutritt und mit dieser gemeinsam die Höchstbeitragsgrundlage übersteigt, gilt gemäß § 70 Abs. 1 ASVG zunächst auch hier der Beitrag zur Pensionsversicherung, der auf den Überschreitungsbetrag entfällt, wenn nicht nach Abs. 2 Beiträge erstattet wurden, im Rahmen der Bestimmungen des § 77 Abs. 2 ASVG als Beitrag zur Höherversicherung. Beiträge zur Höherversicherung dürfen aber gemäß § 77 Abs. 2 letzter Satz ASVG jährlich das Sechzigfache der Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 Abs. 1 ASVG (d.h. das Doppelte einer Monatshöchstbeitragsgrundlage) nicht übersteigen. Beiträge, welche diese Grenze überschreiten, sind gemäß § 70 Abs. 1 letzter Satz ASVG spätestens bei Anfall einer Leistung aufgewertet in halber Höhe zu erstatten.
§ 70 Abs. 2 ASVG räumt der versicherten Person aber das Wahlrecht ein, entweder den gesamten auf den Überschreitungsbetrag entfallenden Beitrag oder (schon vor dem Leistungsanfall) auch nur den auf die Höherversicherung nicht anrechenbaren Teil dieses Betrages erstattet zu erhalten. Dieses Recht ist grundsätzlich durch eine Antragstellung binnen drei Jahren nach dem Ende des jeweiligen Beitragszeitraumes geltend zu machen. § 70 Abs. 4 ASVG eröffnet dieses Recht auf Erstattung bzw. auf vorzeitige Erstattung des im Rahmen der Höherversicherung nicht anrechenbaren Betrages auch jenen Versicherten, deren Mehrfachversicherung erst im Nachhinein auf Grund der Leistung eines Anrechnungsbetrages zustande kommt, und zwar für den gesamten Zeitraum, der vom Anrechnungsbetrag umfasst ist, sofern die Antragstellung binnen sechs Monaten ab dem Ende des Bezugsanspruches nach dem Bundesbezügegesetz erfolgt.
Der Beschwerdeführer stützt sich in seiner Beschwerde im Wesentlichen auf die Überlegung, erst (und nur) die Kenntnis von der Höhe der erstattbaren Beträge lasse eine Entscheidung des Versicherten darüber zu, ob ein Erstattungsantrag von ihm gestellt werden solle, weshalb die Frist zu dieser Antragstellung erst "ab Feststellung durch die Pensionsversicherungsanstalt" (ersichtlich aber gemeint: ab der Verständigung des Versicherten von dieser Feststellung) zu laufen beginnen könne.
Der Beschwerdeführer übersieht damit aber, dass die sechsmonatige Frist zur Antragstellung nach dem klaren Wortlaut des § 70 Abs. 4 ASVG nicht mit dem vom Beschwerdeführer genannten Zeitpunkt, sondern schon mit dem Ende des Anspruches auf Bezüge oder auf Bezugsfortzahlung nach dem Bundesbezügegesetz zu laufen beginnt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung trägt der Beschwerdeführer nicht vor; solche sind auch beim Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick darauf nicht entstanden, dass der Versicherte in der Regel sowohl selbst weiß (oder wissen muss), ob nach Leistung des Anrechungsbetrages eine Doppelversicherung vorliegen bzw. ob und etwa in welchem Ausmaß eine Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage dadurch eintreten wird, als auch den Zeitpunkt kennt (oder kennen muss), zu dem seine Bezüge ausgelaufen sind, sodass er auch ohne Weiteres in die Lage versetzt wird, einerseits die erforderliche Beratung einzuholen und sich andererseits zu entscheiden, ob und welcher Antrag gestellt werden soll. Hinzu kommt noch, dass es dem Versicherten auch frei steht, einen einmal gestellten Antrag, z. B. nach entsprechender Information über die Auswirkungen einer Höherversicherung für die künftige Pensionsleistung, auch wieder zurückzuziehen. Es kann also keine Rede davon sein, dass der Gesetzgeber mit dem Zeitpunkt des Auslaufens der Bezüge einen unsachlichen Anknüpfungspunkt für den Fristenlauf gewählt hat.
Der Beschwerdeführer wurde nach der Aktenlage im Übrigen im Zuge der "Systemumstellung" betreffend die Altersversorgung von Abgeordneten zum Nationalrat mit Schreiben der (damaligen) Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 29. Dezember 1997 unter anderem über sein binnen sechs Monaten nach dem Ende des Anspruches auf Bezüge bzw. der Bezugsfortzahlung durch Antrag geltend zu machendes Recht auf Rückzahlung von Beiträgen ausdrücklich informiert. Der Umstand, dass im vorliegenden Fall eine rechtzeitige Antragstellung infolge eines längeren Auslandsaufenthaltes gefolgt von Untersuchungs- und Strafhaft erschwert gewesen sein mag, kann im Falle des Beschwerdeführers zu keiner anderen Beurteilung führen, und zwar weder bei der Auslegung des Gesetzes noch auf verfassungsrechtlicher Ebene.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 ASVG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003080174.X00Im RIS seit
19.04.2005