TE OGH 1960/1/20 1Ob13/60

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Veröffentlicht am 20.01.1960
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Zweiten Präsidenten Dr. Fellner als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schuster, Dr. Gitschthaler, Dr. Stanzl und Dr. Bachofner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karoline L*****, Private, *****, vertreten durch Dr. Erwin Walter, Rechtsanwalt, Linz, Graben 30, wider die beklagte Partei Maria D*****, Bäckermeistersgattin, *****, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt, Linz, Stockhofstraße 2, wegen Feststellung der Ungiltigkeit eines Vertrages s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 21. Oktober 1959, GZ 2 R 368/59-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 24. Juni 1959, GZ 1 Cg 130/59-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 867 S 69 g bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Von der Klägerin wurde ursprünglich das Begehren gestellt, der von ihrem jetzt wegen Geistesschwäche voll entmündigten Vater Ferdinand K***** am 11. 1. 1951 mit der Beklagten geschlossene Kaufvertrag über zwei Liegenschaftshälften sei ungültig und die Beklagte sei schuldig, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Kaufpreises von 40.000 S einzuwilligen, dass das Eigentumsrecht des Ferdinand K***** wieder einverleibt werde. Die Klägerin begründete ihre Klage damit, dass ihr Vater beim Abschluss des Vertrages nicht mehr zurechnungsfähig gewesen sei und durch die Verschleuderung der Liegenschaftshälften ihn Erb- und Pflichtteilsansprüche beim Tode des Vaters vermindert werden würden. Das Erstgericht wies die Klage ohne Aufnahme von Beweisen ab. Die Nichtigkeit eines von anderen Personen geschlossenen Vertrages könne, so führt das Erstgericht aus, durch einen Dritten nur dann geltend gemacht werden, wenn die nichtige Rechtshandlung in die Rechtssphäre des Dritten eingreifen würde. Solange der Vater der Klägerin lebe, treffe dies auf die Klägerin nicht zu, da ihr Erb- und Pflichtteilsansprüche nicht zustünden. Nur der Kurator des jetzt voll entmündigten Ferdinand K***** hätte nach der Meinung des Erstgerichtes die Klage einbringen können. Der Klägerin gehe mangels der behaupteten Rechte auch das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung ab.

Infolge Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Einwilligung in die Eigentumseinverleibung rechtskräftig geworden.

Gegen den restlichen Teil des Berufungsurteils (Begehren, der Kaufvertrag sei ungültig) richtet sich die Revision der Klägerin, worin die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht werden und der Revisionsantrag gestellt wird, die Urteile der Untergerichte aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unbegründet.

Nach dem noch strittigen Begehren der Klägerin soll festgestellt werden, dass der zwischen Ferdinand K***** und der Beklagten am 11. 1. 1951 geschlossene Kaufvertrag wegen des Mangels der Geschäftsfähigkeit des Ferdinand K***** ungültig sei. Das nach § 228 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung liegt nach ihrer Behauptung darin, dass ihre zukünftigen Erb- und Pflichtteilsansprüche nach ihrem Vater Ferdinand K***** durch den Kaufvertrag in Mitleidenschaft gezogen werden würden. Ein in Zukunft möglicherweise entstehendes Recht der Klägerin begründet aber noch kein rechtliches Interesse, an der jetzt vorzunehmenden Feststellung, dass der von Ferdinand K***** mit der Beklagten abgeschlossene Kaufvertrag ungültig sei. Abgesehen davon, dass der Erbfall noch nicht eingetreten ist, steht der Klägerin auch eine sichere Anwartschaft nicht zu, da nicht feststeht, ob sie den Erbfall erleben wird. Es kann aber auch nicht vorausbestimmt werden, wie sich die Erbfolge und das Noterbrecht der Klägerin überhaupt gestalten wird. Der von der Klägerin behauptete Notstand im Beweis der Unzurechnungsfähigkeit des Ferdinand K*****, wenn dieser einmal gestorben sein wird, ersetzt das vom Gesetz geforderte rechtliche Interesse nicht. Auch in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 15. 4. 1909, GlUNF 4586, war die als notwendig angesehene Sicherung von Beweisen nicht die einzige Grundlage des Feststellungsinteresses, sondern es trat die Tatsache hinzu, dass die festzustellende Rechtsbeziehung nur ein bestehendes Vertragsverhältnis der Streitteile betraf.

Da ein rechtliches Interesse der Klägerin an der verlangten Feststellung nicht gegeben ist, war die Klage - wie die Untergerichte richtig erkannt haben - ohne Aufnahme von Beweisen abzuweisen. Da somit die Revisionsgründe nicht vorliegen, musste der Revision der Erfolg versagt werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E75216 1Ob13.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0010OB00013.6.0120.000

Dokumentnummer

JJT_19600120_OGH0002_0010OB00013_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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