TE OGH 1960/2/3 1Ob28/60

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Veröffentlicht am 03.02.1960
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Zweiten Präsidenten Dr. Fellner als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schuster, Dr. Gitschthaler, Dr. Stanzl und Dr. Zierer als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien Alfred und Pauline D*****, Hauseigentümer, *****, vertreten durch Dr. Hans Frieders, Rechtsanwalt, Wien I, Oppolzergasse 4, wider die beklagten Parteien 1) Anton P*****, Angestellter, 2) Anna R*****, Haushalt, beide *****, vertreten durch Dr. Wladimir Sekyra, Rechtsanwalt, Wien-Liesing, Franz-Parschegasse 1, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 17. November 1959, GZ 45 R 482/59-7, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 18. September 1959, GZ C 751/59-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Beklagten die mit 429 S 27 g bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies die auf § 1118 ABGB gestützte Klage auf Räumung der von den Beklagten im Hause der Kläger in Wien-Mauer, Silvester-Früchtelgasse 14, gemieteten Wohnung No. 3 ab. Die Kläger seien als Rechtsnachfolger der früheren Hauseigentümerin Amalie W***** in den mit den Beklagten geschlossenen Mietvertrag eingetreten. Nach dessen Punkt 12. sollten die Beklagten über den vereinbarten monatlichen Mietzins von 130 S hinaus "keinerlei Zahlungsverpflichtung an die Vermieterin, also auch nicht für eventuelle Hausreparaturen", haben. Mit Rücksicht darauf seien die Kläger nicht berechtigt, von den Beklagten den mit der Entscheidung des Bezirksgerichtes Liesing vom 10. 7. 1959, Msch 12/59-4, auf 8,94 S pro Friedenskrone erhöhten Hauptmietzins zu verlangen und die Weigerung der Beklagten zur Grundlage einer Räumungsklage nach § 1118 ABGB zu machen. Überdies seien die Voraussetzungen dieser gesetzlichen Vorschrift auch im Übrigen nicht gegeben. Infolge Berufung der Kläger bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Durch eine Vereinbarung der Mieter mit den Vermietern könne - so führt das Berufungsgericht aus - die Zahlung eines nach § 7 MG erhöhten Mietzinses schon zu einem Zeitpunkt ausgeschlossen werden, in dem die Voraussetzungen eines Antrages nach § 7 MG noch nicht vorlägen. Der Wortlaut des § 13 MG spreche nicht dagegen. Zwangscharakter komme dieser gesetzlichen Vorschrift nicht zu. Der Punkt 12. des Mietvertrages enthalte jedenfalls einen Verzicht auf Zahlung eines erhöhten Mietzinses aus dem Grunde der Durchführung von Instandsetzungsarbeiten. Dieser Verzicht habe wirksam vereinbart werden können, weil er nicht gegen zwingendes Recht verstoße. Der Umstand, dass die Beklagten im Verfahren nach § 7 MG ihr vertragliches Recht nicht geltend gemacht hätten, sei ohne Bedeutung, weil solche Einwendungen nach der Judikatur dem streitigen Verfahren vorbehalten zu bleiben hätten. Eine ausdrückliche Zustimmungserklärung der Beklagten, die bei der Verhandlung vom 10. 7. 1959, Msch 12/59-3, gar nicht anwesend gewesen seien, liege nicht vor. Die Kläger seien als Rechtsnachfolger der Amalie W*****, mit der die Beklagten den Mietvertrag geschlossen hätten, an dessen Bestimmungen gebunden. Sie hätten eine Beschränkung der Rechtsnachfolge, etwa im Sinne des § 1102 ABGB, nicht eingewendet. Die Frage, ob die übrigen Voraussetzungen des § 1118 ABGB vorlägen, brauche nicht geprüft zu werden.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes, das den Wert des Streitgegenstandes mit mehr als 10.000 S angenommen hat, richtet sich die Revision der Kläger, worin die Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht werden und der Revisionsantrag gestellt wird, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der Klage stattgegeben werde. Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unbegründet.

Die Kläger halten die Feststellung des Berufungsgerichtes, der Mietvertrag sei im Jahre 1954 geschlossen worden, für aktenwidrig. Der Vertrag sei nämlich nicht datiert. Aus dem Vertrag ergibt sich indessen, dass er ab 1. 7. 1954 wirksam sein sollte. Aus dieser Textierung schloss das Berufungsgericht durchaus nicht aktenwidrig, dass der Abschluss im Jahre 1954 vor sich gegangen sei. Diese Schlussfolgerung ist zutreffend, weil nicht angenommen werden kann, dass ein normaler Mietvertrag erhebliche Zeit vor dessen Wirksamwerden zustandekommt.

Die Rechtsansicht der Kläger, auf die Einhebung eines nach § 7 MG erhöhten Mietzinses könne erst zu einem Zeitpunkt wirksam verzichtet werden, in dem zumindest die drohende Gefahr von Instandhaltungsarbeiten bestehe, ist nicht zu billigen. Instandsetzungsarbeiten an einem Wohnhaus sind nämlich laufend erforderlich und können daher zu jeder Zeit als unvermeidlich vorausgesehen werden. Wenn auch zur Zeit, als der Mietvertrag im Jahre 1954 zustandekam, noch nicht die konkrete Notwendigkeit bestanden hat, Instandsetzungen vorzunehmen, musste sich die damalige Hauseigentümerin Amalie W***** darüber im klaren sein, dass in absehbarer Zeit solche Arbeiten erforderlich sein würden. Wenn sie dessen ungeachtet auf die Teilnahme der Beklagten an der Bezahlung späterer Hausreparaturen verzichtet hat - dass der Mietvertrag gesetzwidrig und daher ungiltig wäre, ist von den Parteien in erster Instanz nicht behauptet worden - müssen sie und ihre Rechtsnachfolger diesen Verzicht gegen sich gelten lassen. Die Bestimmung des § 13 MG, nach dem der auf Grund des § 7 MG erhöhte Zins vom Mieter auch dann zu bezahlen ist, wenn der Mietzins für eine längere Zeit bindend vereinbart worden ist, spricht nicht dagegen. § 13 MG ist nämlich nur auf die Fälle zugeschnitten, in denen die Höhe des Mietzinses bindend fixiert worden ist, nicht aber auf den darüber hinausgehenden Fall anzuwenden, dass zudem auf die etwaige Zahlungspflicht des Mieters nach § 7 MG und damit auch auf die Anwendung des § 13 MG selbst verzichtet worden ist. Dass die angeführte gesetzliche Bestimmung nachgiebiges Recht enthält, hat der Oberste Gerichtshof in seinen Entscheidungen vom 9. 9. 1953, MietSlg 3085 (30), und vom 21. 1. 1959, 6 Ob 337, 338/58, ausgesprochen. Von einer unbilligen Härte für die Vermieter kann nicht gesprochen werden, weil die Voreigentümerin Amalie W***** sachliche Gründe für die Abgabe ihres Verzichtes gehabt haben muss. Dass die Klägerin als Rechtsnachfolger in den Mietvertrag mit den Beklagten eingetreten sind, bestreiten sie in der Revisionsschrift nicht.

Die Behauptung der Kläger, auch die Beklagten seien bei der Mietverhandlung vom 10. 7. 1959, Msch 12/59-3, durch Rosa K***** vertreten gewesen und hätten der Erhöhung zugestimmt, ist eine unzulässige Neuerung. Aus dem Akt Msch 12/59 geht die Richtigkeit dieser Behauptung keineswegs hervor.

Es ergibt sich, dass die geltend gemachten Revisionsgründe nicht vorliegen und die Untergerichte die Klage mit Recht abgewiesen haben. Der Revision musste daher der Erfolg versagt werden. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E75231 1Ob28.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0010OB00028.6.0203.000

Dokumentnummer

JJT_19600203_OGH0002_0010OB00028_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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