Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Elsigan als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Liedermann, Dr. Köhler, Dr. Pichler und Dr. Höltzel als Richter in der Firmensache K*****gesellschaft, offene Handelsgesellschaft Dr. W***** & Co, infolge Revisionsrekurses 1.) der K*****, offene Handelsgesellschaft Dr. W***** & Co, *****, 2.) des Dr. Wilfried W*****, Schweiz, 3.) der Maria W*****, sämtliche vertreten durch Dr. Wolfgang Albert, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 21. Dezember 1959, GZ 4 R 217/59-18, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 11. November 1959, GZ 7 HRA 16467-15, abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien ist unter 7 HRA 15647 die Zweigniederlassung Wien der im Handelsregister des Landes- als Handelsgerichtes Klagenfurt unter 3 HRA 347 eingetragenen Firma A***** Kreditorengesellschaft, offene Handelsgesellschaft Dr. W***** & Co, eingetragen.
Die Gesellschafter Dr. Wilfried W***** und Maria W***** meldeten die Verselbstständigung der Zweigniederlassung Wien an und beantragten die Änderung des Firmenwortlautes dieser Firma in "K*****gesellschaft, offene Handelsgesellschaft Dr. W***** & Co". Das Erstgericht behandelte die angemeldete Umwandlung der Zweigniederlassung in eine selbstständige Niederlassung als Anmeldung einer neuen offenen Handelsgesellschaft unter gleichzeitiger Aufhebung der Zweigniederlassung und verfügte im Übrigen die Eintragung des Firmenwortlautes gemäß dem Antrag. Es erachtete die Bezeichnung "K*****gesellschaft" im Firmenwortlaut für zulässig und dem Gesetz entsprechend, weil sie insofern auf den Betriebsgegenstand Bezug nehme, als es sich um eine Gesellschaft für Kaufleute (Kreditoren) zur außergerichtlichen Hereinbringung ihrer Forderungen handle.
Infolge Rekurses der Kammer der gewerblichen Wirtschaft in Wien lehnte das Rekursgericht in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses die Eintragung der Firma K*****gesellschaft, offene Handelsgesellschaft Dr. W***** & Co ab. Der Zusatz "K*****gesellschaft", worunter nach dem allgemeine Sprachgebrauch nur eine Gesellschaft von Kaufleuten verstanden werden könne, die sich zur rascheren Durchsetzung ihrer Forderungen zusammengeschlossen haben, sei geeignet, eine Täuschung über die Art des Geschäftsgegenstandes und die Verhältnisse der Gesellschafter herbeizuführen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter, der nach der geschilderten Sachlage zwar zulässig, jedoch nicht begründet ist. Der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht, es seien im vorliegenden Fall die Bestimmungen des § 22 HGB sinngemäß anzuwenden, kann nicht gefolgt werden. Denn diese Bestimmung, die dem Erwerber eines Handelsgeschäftes des Fortführung einer bisherigen Firma unter der Voraussetzung gestattet, dass der bisherige Geschäftsinhaber oder seine Erben ausdrücklich in die Fortführung willigen, setzt den Vollübergang eines Unternehmens voraus, das heißt, dass das Unternehmen von einem anderen als dem bisherigen Inhaber erworben wird (RG-Räte-Kommentar zum HGB2 S 258). § 22 HGB bedeutet eine Durchbrechung des Grundsatzes der Firmenwahrheit; als Ausnahmebestimmung muss er einschränkend ausgelegt werden. Nach dem Parteiwillen sollen im vorliegenden Fall die Gesellschafter des Klagenfurter Unternehmens auch Gesellschafter der zu verselbstständigenden Wiener Zweigniederlassung sein. Nun können aber Handelsgesellschaften nur eine Hauptniederlassung haben; wollen sie mehrere errichten, dann müssen dieselben Personen mehrere Handelsgesellschaften errichten (aaO S 335). Ungeachtet des Umstandes, dass sich an der Art des Geschäftsbetriebes in der zur Hauptniederlassung werdenden Zweigniederlassung nichts ändert, handelt es sich rechtlich dennoch um die Eröffnung eines neuen Handelsgewerbes und bei der von der OHG anzunehmenden Firma um eine ursprüngliche. Für diese gilt aber außer § 19 HGB auch die Vorschrift des § 18 Abs 2 HGB, und zwar in dem Sinn, dass nicht nur täuschende Zusätze zum Firmenkern unzulässig sind, sondern auch eine irreführende Gestaltung des Firmenkerns selbst von dem Verbot betroffen wird (aaO, S 239, 246). Der Hinweis auf den dreizehnjährigen Bestand des Klagenfurter Unternehmens und den zweijährigen Bestand der Wiener Zweigniederlassung ändert bei dieser Sachlage nichts an dem Recht und der Pflicht des Gerichtes, die Zulässigkeit der begehrten Firmeneintragung zu prüfen. Wenn die Revisionsrekurswerber geltend machen, dass die Kammer der gewerblichen Wirtschaft in Wien selbst nicht imstande gewesen sei, Fälle einer Verwechslung der hier in Rede stehenden Firma mit dem Kreditschutzverband von 1870 oder anderen Gläubigerschutzverbänden darzutun, so ist ihnen zu erwidern, dass es darauf, ob Irreführungen tatsächlich vorgekommen sind, nicht ankommt, sondern dass eine Firma schon dann unzulässig ist, wenn sie rein objektiv, nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zur Täuschung geeignet ist (aaO, S 239). Dies hat aber das Rekursgericht zutreffend bejaht und der Oberste Gerichtshof vermag in dieser Ansicht auch unter Bedachtnahme auf die Ausführungen im Revisionsrekurs einen Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Es mag dahingestellt bleiben, ob das Wort "K*****gesellschaft" zum Firmenkern gehört oder ob es sich hiebei um einen Zusatz zu diesem handelt. Als Gesellschaft bezeichnet man üblicherweise die Vereinigung einer meist größeren Gruppe von Menschen mit der Verpflichtung, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in bestimmter Weise zu fördern. Es unterliegt daher keinem Zweifel, dass unter einer Kreditorengesellschaft nach allgemeinem Sprachgebrauch nur eine Gesellschaft von Kreditoren und nicht eine solche für Kreditoren verstanden wird. Dass die Revisionsrekurswerber selbst diesem Wort die letztere Bedeutung beimessen, ist ohne Belang. Entscheidend ist lediglich, ob nach außenhin ein irriger Eindruck über den Gegenstand des Unternehmens und über die Verhältnisse der Gesellschafter entstehen kann. Das trifft aber hier zu. Denn weder der Fachmann noch der Laie wird hinter der Bezeichnung "Kreditorengesellschaft ein Inkassobüro vermuten.
Anmerkung
E75708 2Ob35.60European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1960:0020OB00035.6.0219.000Dokumentnummer
JJT_19600219_OGH0002_0020OB00035_6000000_000