Norm
Bundesstraßengesetz §12Kopf
SZ 33/21
Spruch
Unzulässigkeit des Rechtsweges für den Schadenersatzanspruch bei Bannlegung eines Waldes zum Zweck der Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen.
Entscheidung vom 24. Februar 1960, 6 Ob 41/60.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Das Erstgericht hat die vorliegende Klage, mit welcher der Kläger gegen die Republik Österreich Schadenersatzansprüche von insgesamt 39.335 S 50 g s. A. wegen Entganges an Holzschlägerung, Harzeinnahmen u. dgl. zufolge einer von der Bezirkshauptmannschaft W. zugunsten der Bundesstraßenverwaltung mit rechtskräftigem Bescheid verfügten Bannlegung zweier Waldgrundstücke des Klägers geltend macht, auf Einrede der Beklagten wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen.
Das Rekursgericht änderte dahin ab, daß die Einrede verworfen wurde.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beklagten Folge und änderte dahin ab, daß er den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederherstellte, daß das vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben wurde.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Bestimmung des § 1338 ABGB., welcher nur für das Recht zum Schadenersatz gemäß §§ 1293 ff. ABGB. Geltung zuerkannt werden kann, vermag im vorliegenden Fall schon im Hinblick auf die rechtliche Natur des geltend gemachten Anspruches die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes im ordentlichen Rechtsweg nicht zu begrunden. Da die Bannlegung eines Waldes (§ 19 ForstG.) zu Zwecken der Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen gemäß § 12 BStG. 1948 einen rechtmäßigen Enteignungsakt darstellt, kann nur Art. 13 VEG., BGBl. Nr. 277/1925, herangezogen werden wonach, sofern die Gesetze Enteignungen zulassen und nichts anderes anordnen, für das bei der Durchführung der Enteignung und bei der Festsetzung der Entschädigung zu beobachtende Verfahren sinngemäß die Bestimmungen des Gesetzes vom 18. Februar 1878, RGBl. Nr. 30, betreffend die Enteignung zum Zwecke der Herstellung und des Betriebes von Eisenbahnen (wiederverlautbart als "Eisenbahnenteignungsgesetz 1954" durch Kundmachung BGBl. Nr. 71/1954) Anwendung zu finden haben. Nun lassen die Bestimmungen der §§ 12 und 13 BStG. 1948 für die Wiederherstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen aus Verkehrsrücksichten auch die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung und Aufhebung von dinglichen Rechten an Liegenschaften im Wege der Enteignung, und zwar mit Ausnahme der ohne Anspruch auf Entschädigung vorzunehmenden Auslichtung oder Bewirtschaftung nach einer bestimmten Betriebsweise von angrenzenden Waldgrundstücken in einer Breite von 4 m (§ 19 leg. cit.), gegen Schadloshaltung zu, doch enthalten die Bestimmungen des § 15 leg. cit. über das Enteignungsverfahren keine Abweichung von der nach Art. 13 VEG. in Enteignungsangelegenheiten subsidiär anzuwendenden Norm des zu beobachtenden Verfahrens bei Ermittlung der Entschädigung. So bestimmt § 15 Abs. 5 BStG. 1948 in gleicher Weise, daß für das gerichtliche Verfahren zur Ermittlung der Entschädigung die Bestimmungen des Gesetzes vom 18. Februar 1878, RGBl. Nr. 30, in der geltenden Fassung sinngemäß Anwendung zu finden haben. Mangels Zustandekommens eines zulässigen Übereinkommens über die Entschädigung ist daher zur Festsetzung derselben das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel die Enteignung zu vollziehen ist, wobei das Gericht alle für die Feststellung der Entschädigung maßgebenden Verhältnisse nach den Grundsätzen des Verfahrens außer Streitsachen an Ort und Stelle unter Zuziehung eines oder zweier Sachverständiger zu erheben hat (§§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 2, 24 Abs. 1 EisenbahnenteignungsG.). Selbst wenn in der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W. vom 20. Mai 1958 erfolgten Verweisung der Parteien bezüglich ihrer Entschädigungsansprüche auf den Zivilrechtsweg eine Verweisung an das Gericht im ordentlichen Rechtsweg zu erblicken wäre, wäre diese Verweisung für das Gericht in keiner Weise bindend. Da über die Ansprüche der klagenden Partei das Gericht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden hat, vermag auch die von der Verwaltungsbehörde erfolgte Verweisung der Parteien auf den Zivilrechtsweg einen negativen Kompetenzkonflikt zwischen Gericht und Verwaltungsbehörde, über den gemäß Art. 138 B-VG. der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden hätte, nicht auszulösen. Daß die Bezirkshauptmannschaft und nicht der gemäß § 1 BStG. 1948 zuständige Landeshauptmann den Bescheid erlassen hat, obwohl die Maßnahmen, wie sich aus der Begründung des Bescheides eindeutig ergibt, aus Gründen der Sicherung des Verkehrs auf einer Bundesstraße verfügt wurden, steht der Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Bundesstraßengesetzes nicht entgegen. Die Anrufung des Gerichtes im ordentlichen Rechtsweg erscheint daher unzulässig, so daß das Erstgericht im Hinblick darauf, daß das Gesetz die Unzulässigkeit des streitigen Verfahrens den übrigen Formen der Unzulässigkeit des Rechtsweges gleichstellt (§§ 239 Abs. 3, 240 Abs. 3, 261, 471, 477 Abs. 1 Z. 6, 478, 494, 503 Z. 1. 514 Abs. 2 ZPO, § 2 Abs. 2 Z. 1 AußStrG.), im Ergebnis zutreffend die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen hat. Es war daher der erstgerichtliche Beschluß mit der im Spruch ersichtlichen Maßgabe wiederherzustellen.
Anmerkung
Z33021Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1960:0060OB00041.6.0224.000Dokumentnummer
JJT_19600224_OGH0002_0060OB00041_6000000_000