Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Ersten Präsidenten Dr. Heller als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Liedermann, Dr. Lachout, Dr. Berger und Dr. Überreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Karl B*****, Arzt in *****, vertreten durch Dr. Walter Muhry, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Theodora N*****, wohnhaft gewesen in *****, vertreten durch den Nachlasskurator Antonie H*****, Rentnerin, ebendort, diese vertreten durch den Armenanwalt Dr. Hans Weitzer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 15. Jänner 1960, GZ 2 R 10/60-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 13. Oktober 1959, GZ 6 C 188/59-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zur Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 292,28 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 403,53 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei kündigte als Hauseigentümer mit der am 16. 9. 1959 eingebrachten gerichtlichen Aufkündigung der Verlassenschaft nach der am 6. 7. 1959 verstorbenen Theodora N*****, vertreten durch den gerichtlich bestellten Verlassenschaftskurator Antonie H*****, die im Hause G*****, W*****gasse 6, Parterre rechts gelegene Dreizimmerwohnung samt Nebenräumen für den 31. 10. 1959 gerichtlich auf und beantragte gleichzeitig, der Gegenseite aufzutragen, den Bestandgegenstand zur angeführten Zeit um 12 Uhr mittags bei Exekution zu übergeben oder gegen die Aufkündigung Einwendungen anzubringen. Als Kündigungsgrund wurde § 19 Abs 2 Z 11 MietG geltend gemacht und ausgeführt, dass die Wohnung der Verstorbenen nur von der mit ihr nicht verwandten Nachlasskuratorin und Untermieterin Antonie H***** bewohnt werde.
Die von der Nachlasskuratorin rechtzeitig erhobenen Einwendungen lauten nur dahin, dass sie das gesamte Vorbringen in der Aufkündigung bestreite.
Bei der mündlichen Streitverhandlung wurde außer Streit gestellt, dass seit dem Tode der Theodora N***** die Wohnung lediglich von Antonie H***** bewohnt wird, dass diese nicht mit Theodora N***** verwandt, kein Wahlkind der Verstorbenen und keine Schwester der Verstorbenen ist, dass sie die Untermieterin der Verstorbenen war und dass sie als Erbin nach Theodora N***** testamentarisch eingesetzt ist.
Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für wirksam, weil nach dem unbestrittenen Parteivorbringen der Kündigungsgrund des § 19 Abs 2 Z 11 MietG gegeben sei.
Das Berufungsgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Klagebegehren auf Räumung der Wohnung ab. Der Termin 31. 10. 1959, 12 Uhr mittags, sei nach § 560 Abs 2 lit d ZPO verfrüht. Die klagende Partei habe damit zum Ausdruck gebracht, dass sie zum 31. 10. 1959 kündigen wolle. Die beklagte Partei habe in ihren Einwendungen das gesamte Vorbringen in der Aufkündigung und damit auch die von der klagenden Partei, wenn auch nicht ausdrücklich, so schlüssig behauptete Rechtzeitigkeit der Aufkündigung bestritten. Eine Berichtigung des Räumungstermines könne nur dann erfolgen, wenn er auf einen Zeitpunkt nach der gesetzlich möglichen Beendigung des Rechtsverhältnisses verlegt worden ist.
Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, in Abänderung des angefochtenen Urteils die Aufkündigung für wirksam zu erklären oder unter Urteilsaufhebung die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die beklagte Partei beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist begründet.
Der Oberste Gerichtshof hält an seiner Rechtsprechung fest, dass gemäß § 562 ZPO alle Einwendungen gegen eine Aufkündigung, die sich nicht auf das Mietengesetz (§ 21 MietG) stützen, bei sonstigem Ausschluss rechtzeitig in der gesetzlichen Einwendungsfrist des § 562 ZPO konkretisiert werden müssen (MietSlg Nr 2569 und die dort zitierten Entscheidungen). Ebenso hält der Oberste Gerichtshof an der in den Entscheidungen SZ XV 134, ZBl 1937 Nr 308, 1938 Nr 13, EvBl 1952 Nr 360 zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht fest, dass ein in der Aufkündigung unrichtig angegebener Räumungstermin ausdrücklich in den Einwendungen bemängelt werden muss und dass in einem solchen Falle im Urteil auf den richtigen Räumungstermin zu erkennen ist. Die in der Entscheidung SZ XXI 13 vertretene Rechtsmeinung, es könnten in dieser Hinsicht Einwendungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz vorgebracht werden, ist vereinzelt geblieben.
Der von der klagenden Partei in der Aufkündigung genannte Räumungstermin entsprach zwar nicht dem erklärten Ende des Bestandverhältnisses. Während § 573 ZPO nach seinem ausdrücklichen Wortlaut die Räumungstermine für den Fall eines Urteils über eine mit Einwendungen bekämpfte Aufkündigung festsetzt, fällt der gemäß § 562 ZPO in der Aufkündigung zu beantragende Räumungstermin mit dem Zeitpunkt des Endes des Bestandverhältnisses zusammen (Sperl S 563). Dieser Zeitpunkt bestimmt sich materiellrechtlich nach § 903 ABGB, Satz 2, mit dem Ablauf des letzten Tages des Bestandverhältnisses, wobei die Ausführung der Räumung nicht zur Unzeit erfolgen darf (Gschnitzer in Klang2, IV, 346 ff zu § 903 ABGB). Die beklagte Partei hat den Mangel des unrichtigen Räumungstermines in ihren Einwendungen nicht ausdrücklich geltend gemacht, so dass darauf nach richtiger Rechtsansicht nicht mehr einzugehen ist.
Da im Sinn der oben zitierten Rechtsprechung auch dann, wenn ein unrichtiger Räumungstermin in den Einwendungen gegen die Aufkündigung gerügt wird, dieser im Urteil bloß zu berichtigen wäre, kann schon aus diesem Grund keine wesentliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens durch Verletzung der Anleitungspflicht bei den durch den Richter aufgenommenen Einwendungen der beklagten Partei vorliegen, wie in der Berufung ausgeführt wurde.
Auch auf den in der Berufung und in der Revisionsbeantwortung der beklagten Partei, im Übrigen ohne entsprechende Konkretisierung, geltend gemachten Mangel der aktiven Klagslegitimation war deshalb nicht einzugehen, weil dieser Mangel nicht schon in den Einwendungen geltend gemacht wurde.
Im Übrigen steht in tatsächlicher Hinsicht im Sinn der obigen Darstellung außer Streit, dass für einen Kündigungsschutz nach § 19 Abs 2 Z 11 MietG, abgesehen vom Tode des bisherigen Hauptmieters, alle tatsächlichen Voraussetzungen fehlen.
Es war daher ohne Eingehen auf die übrigen Revisionsausführungen der Revision Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Urteiles das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E76679 3Ob68.60European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1960:0030OB00068.6.0322.000Dokumentnummer
JJT_19600322_OGH0002_0030OB00068_6000000_000