Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Zweiten Präsidenten Dr. Fellner als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gitschthaler, Dr. Stanzl, Dr. Zierer und Dr. Bachofner als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien
1.) Albert Sch*****, Elektroinstallateur, 2.) Hilde Sch*****, Geschäftsfrau, beide in ***** beide vertreten durch Dr. Max Villgrattner, Rechtsanwalt in Wien I., wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien I., wegen 22.513 S 99 g s.A. infolge Revision und Revisionsrekurses (Rekurses) der erstklagenden Partei gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungs- und Rekursgerichtes vom 27. November 1959, GZ 2 R 563/59-10, womit infolge Berufung der klagenden Parteien die Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Oktober 1959, GZ 38 Cg 20/59-5, bestätigt wurde, in nicht öffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Aus Anlass der Revision werden das Urteil des Berufungsgerichts und jenes des Erstgerichtes (Punkt 3 des erstgerichtlichen Spruchs) in ihrem Spruch zur Hauptsache im Verhältnis zwischen dem Erstkläger und der beklagten Partei als nichtig aufgehoben und die Klage insoweit zurückgewiesen.
Das als Rekurs bezeichnete Rechtsmittel des Erstklägers wird im Umfang der Bestätigung durch das Rekursgericht zurückgewiesen, im Übrigen wird ihm nicht Folge gegeben.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreites werden im Verhältnis zwischen dem Erstkläger und der beklagten Partei gegenseitig aufgehoben.
Text
Begründung:
Der Erstkläger hat an die Finanzprokuratur folgendes Aufforderungsschreiben gerichtet:
"Im Exekutionsverfahren gegen mich und meine Frau, Hilde Sch*****, wurde im Laufe der Jahre 1955 und 1956 eine große Anzahl von Exekutionen vollzogen. Das bezügliche Pfändungsprotokoll des Bezirksgerichtes Floridsdorf war unter 8 E 5808/55 anhängig. Über mein Vermögen wurde am 21. 5. 1956 zu Sa 33/56 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien das Ausgleichsverfahren eröffnet und mit Beschluss dieses Gerichtes vom 23. 5. 1956 durch den Ausgleichskommissär um die Einstellung des anhängigen Verwertungsverfahrens ersucht, soweit die Pfandrechte innerhalb von sechzig Tagen vor Eröffnung des Ausgleiches erworben wurden. Ferner wurde mit Beschluss vom 9. 8. 1956 das Versteigerungsverfahren zu 8 E 3789/56 und 8 E 3834/56 gemäß § 200 (3) EO eingestellt und am selben Tage auch zu 8 E 3214/56 gemäß §§ 200, 282 EO. Trotzdem wurde am 10. 8. 1956 eine Versteigerung durchgeführt, wobei Fahrnisse mit einem Einkaufspreis von 38.584 S 35 g um einen Erlös von 8.898,-- S verkauft wurden. Das Bezirksgericht Floridsdorf als Exekutionsgericht hatte von der Eröffnung des Ausgleichs rechtzeitig Kenntnis, überdies war ein Teil der Forderungen, wie schon oben dargestellt, durch Einstellung des Verfahrens nicht mehr als verkaufsbetreibend zu beachten.
Mir wurde zwar später der Versteigerungserlös ausgefolgt, doch habe ich durch das Vorgehen des Gerichtes einen Schaden von mindestens 29.586 S 55 g erlitten.
Ich fordere daher die Republik Österreich zur Anerkennung des Ersatzanspruches bezüglich dieses Betrages auf, wobei ich bemerke, dass ich mir die Geltendmachung weiterer Ansprüche, insbesondere aus dem Grunde, dass ich durch die Versteigerung meine gesamte Handlungsware verloren habe und mein Geschäft nicht offen halten konnte, sowie, dass der Verkaufspreis der bestimmten Waren 50.416 S 40 g betrug, vorbehalte."
In ihrer Klage behaupten die Kläger im Wesentlichen Folgendes:
Zu 8 E 4033/56 des Bezirksgerichtes Floridsdorf habe Hermann B*****, zu 8 E 3662/56 die Wiener Gebietskrankenkasse und zu 8 E 3110/56 Wilhelm B***** gegen sie Fahrnisexekution geführt. Am 27. 7. 1956 sei die Exekution für Wilhelm B***** durch Anschlusspfändung vollzogen worden. Obwohl ein Verkauf zugunsten des Wilhelm B***** nicht angeordnet und die zwingende Frist des § 273 EO noch offen gewesen sei, habe das die Versteigerung am 10. 8. 1956 vornehmende Vollstreckungsorgan mit der Versteigerung nicht eingehalten, als nach Zuschlag der Postzahlen bis 169 für die Gläubiger Hermann B***** und Wiener Gebietskrankenkasse volle Deckung erzielt war, sondern das Versteigerungsverfahren fortgesetzt, bis auch die Postzahlen 170 bis 265 zugeschlagen gewesen seien. Dieser Zuschlag der Postzahlen 170 bis 265 sei rechtswidrig gewesen. Durch die ungerechtfertigte Versteigerung sei ein Schaden von 26.295 S 99 g entstanden, den die Kläger von der beklagten Partei ersetzt verlangen.
Die beklagte Partei beantragt Abweisung dieses Begehrens. Bei der mündlichen Verhandlung bringen die Kläger noch vor, das Edikt vom 12. 6. 1956, mit welchem die Versteigerung für 10. 8. 1956 anberaumt worden sei, sei ihnen nicht zugestellt worden. Außerdem sei der betreibende Gläubiger B***** im Versteigerungsedikt nicht genannt gewesen. Auch sei dem Verpflichteten aus Anlass der Pfändung vom 27.
7. und 31. 7. 1956 vom Vollstreckungsorgan nicht bekanntgegeben worden, dass auch wegen dieser Forderung am 10. 8. 1956 ein Verkauf erfolgen werde.
Die beklagte Partei macht geltend, dass die Behauptung, das Versteigerungsedikt sei dem Kläger nicht zugestellt worden, im Aufforderungssschreiben nicht angeführt, daher diesbezüglich der Rechtsweg unzulässig sei. Ferner wendet sie Unzulässigkeit des Rechtsweges bezüglich des Anspruches der Zweitklägerin ein, weil das Aufforderungsschreiben lediglich vom Erstkläger ergangen sei. Schließlich schränkten die klagenden Parteien ihr Begehren um einen Betrag von 3.782,-- S ein, das ist jener Betrag, den sie aus der Versteigerung der Postzahlen 170 bis 265 tatsächlich erhalten haben, so dass das Klagebegehren nunmehr auf 22.513 S 99 g samt Anhang lautet.
Das Erstgericht wies 1.) die Klage der Zweitklägerin zurück, 2.) die Klage des Erstklägers insoweit zurück, als er durch ein Vorbringen in der mündlichen Streitverhandlung vom 28. 9. 1959 sein Schadenersatzbegehren auch damit begründet hat, dass das Versteigerungsedikt vom 12. 6. 1956, mit welchem die Versteigerung vom 10. 8. 1956 angeordnet worden ist, ihm nicht zugestellt worden sei; 3.) das Klagebegehren auf Zahlung von 22.513 S 99 g samt Nebengebühren ab. Es stellte im Wesentlichen fest:
Zur Zahl 8 E 308/56 des Bezirksgerichtes Floridsdorf liefen gegen die beiden Kläger Exekutionen. Ein Versteigerungstermin ist mit Beschluss vom 12. 6. 1956 für 10. 8. 1956 angesetzt worden. Verkaufsbetreibend gegen den Erstkläger waren damals zur Zahl 8 E 4033/56 des Bezirksgerichtes Floridsdorf Hermann B***** und zur Zahl 8 E 3662/56 des Bezirksgerichtes Floridsdorf die Wiener Gebietskrankenkasse. Am 16. 4. 1956 hat das Bezirksgericht Floridsdorf zur Zahl 8 E 3110/56 einem weiteren Gläubiger Wilhelm B***** die Fahrnisexekution bewilligt, die schließlich am 27. 7. und 31. 7. 1956 vollzogen worden ist. Am 31. 7. 1956 ist dem Verpflichteten Albert Sch***** die Exekutionsbewilligung zu eigenen Handen zugestellt worden. Das Versteigerungsedikt ist den beiden Klägern am 29. 6. 1958 durch Hinterlegung zugestellt worden. Im Zeitpunkt der mit 10. 8. 1956 angesetzten Versteigerung waren also betreibende Gläubiger Hermann B*****, die Gebietskrankenkasse und Wilhelm B*****. Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass das Aufforderungsschreiben nicht erkennen lasse, ob der Erstkläger auch für die Zweitklägerin Ansprüche stelle. Hinsichtlich ihrer sei daher der Rechtsweg unzulässig. Dies sei auch hinsichtlich des Erstklägers der Fall, soweit er seinen Anspruch darauf stütze, dass ihm das Versteigerungsedikt nicht zugestellt worden sei, weil dieser Sachverhalt im Aufforderungsschreiben nicht vorgetragen werde. Soweit der Kläger ein Verschulden eines Organs darin erblicke, dass die dreiwöchige Frist des § 273 EO nicht eingehalten worden sei, sei seine Rechtsansicht, wie das Judikat 152 ergebe, unrichtig. Soweit behauptet werde, im Edikt sei der betreibende Gläubiger Wilhelm B***** nicht genannt worden, so treffe dies natürlich zu, denn in dem am 12. 6. 1956 erlassenen Edikt könne ein betreibender Gläubiger, zu dessen Gunsten die Anschlusspfändung erst im Juli 1956 erfolgt sei, nicht genannt werden. Die Erlassung eines neuerlichen Ediktes sei aber nicht erforderlich gewesen.
Die erstgerichtliche Entscheidung bekämpften die Kläger mit Berufung. Das Berufungsgericht fasste sein Rechtsmittel als Berufung und Rekurs auf und entschied darüber wie folgt:
I. Beschluss: a) Soweit sich das von den klagenden Parteien, und zwar vom Erstkläger gegen die Zurückweisung der Klage der Zweitklägerin und
von der Zweitklägerin gegen die Zurückweisung der Klage des Erstklägers (Punkt 1 und 2 des in diesem Belange unrichtig als Urteil bezeichneten Beschlusses des Erstgerichtes) erhobene, unrichtig als Berufung statt richtig als Rekurs bezeichnete Rechtsmittel richtet, wird es zurückgewiesen.
b) Soweit die Zweitklägerin gegen die zu Pkt 1 des erstinstanzlichen Urteiles (richtig Beschlusses) erfolgte Zurückweisung ihrer Klage Berufung, richtig Rekurs, erhebt, wird ihrem Rekurs nicht Folge gegeben.
c) Soweit sich das vom Erstkläger gegen die Zurückweisung seiner Klage (Punkt 2 des unrichtig als Urteil bezeichneten Beschlusses) erhobene, unrichtig als Berufung statt richtig als Rekurs bezeichnete Rechtsmittel richtet, wird ihm nicht Folge gegeben und der angefochtene Punkt 2 der erstinstanzlichen Entscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass er zu lauten hat:
"2.) Soweit der Erstkläger durch ein Vorbringen in der mündlichen Streitverhandlung vom 28. 9. 1959 sein Schadenersatzbegehren auch damit begründet hat, dass das Versteigerungsedikt vom 12. 6. 1956, mit welchem die Versteigerung vom 10. 8. 1956 angeordnet worden ist, ihm nicht zugestellt worden sei, und dass er von der am 27. 7. 1956 erfolgten Anschlusspfändung zugunsten des Wilhelm B***** nicht verständigt worden sei, wird auch diesbezüglich die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen."
d) Die von der Zweitklägerin gegen die Abweisung der Klage des Erstklägers (Punkt 3 der erstrichterlichen Entscheidung) gerichtete Berufung wird unter Hinweis auf Punkt 1 der erstinstanzlichen Entscheidung und Punkt I a dieses Beschlusses des Rechtsmittelgerichtes gleichfalls zurückgewiesen;
II. Urteil. Soweit sich die Berufung des Erstklägers Albert Sch***** im Übrigen gegen die Abweisung seines Klagebegehrens (Punkt 3 der erstgerichtlichen Entscheidung) richtet, wird ihr nicht Folge gegeben.
Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Berufungsgericht im Wesentlichen aus:
Das Klagebegehren des Erstklägers sei insoweit, als es sich auch darauf stützte, dass der Erstkläger in Unkenntnis der am 27. 7. 1956 erfolgten Anschlusspfändung gewesen sei, zurückzuweisen gewesen, weil dieser in der Verhandlung vom 28. 9. 1959 geltend gemachte Umstand im Aufforderungsschreiben als Grund des Amtshaftungsanspruches nicht geltend gemacht worden sei (§ 8 AHG). Wenn auch das Erstgericht diese Klagsbehauptung, auf die auch in der Berufung Bezug genommen werde, übergangen habe, so sei die Entscheidung hierüber vom Rechtsmittelgericht nachzuholen, weil es sich um eine in jeder Lage des Verfahrens auch von Amts wegen zu berücksichtigende Unzulässigkeit des Rechtsweges handle.
Was die Zurückweisung der Klage des Erstklägers betreffe, soweit er vorbringe, dass ihm das Versteigerungsedikt nicht zugestellt worden sei, werde dagegen vom Kläger nichts vorgebracht. Diese Entscheidung sei auch richtig.
Die Sachentscheidung des Erstgerichts sei zu billigen. Das Urteil des Berufungsgerichts bekämpft der Erstkläger aus den Gründen des § 503 Z 2 und 4 ZPO mit Revision. Er beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung der Klage abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zurückzuverweisen. Gegen den Beschluss des Zweitgerichts wendet sich der Erstkläger mit Rekurs (Revisionsrekurs).
Dabei bekämpft der Erstkläger offensichtlich nur die ihn betreffenden Teile der Entscheidung.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision muss zur Aufhebung der Sachentscheidungen der Untergerichte und zur Zurückweisung der Klage führen; das als Rekurs bezeichnete Rechtsmittel des Erstklägers ist im Umfang der Bestätigung durch das Rekursgericht zurückzuweisen, im Übrigen ist es nicht begründet.
Gemäß § 8 AHG hat der Geschädigte zunächst den Rechtsträger, gegen den er den Ersatzanspruch geltend machen will, zur Anerkennung des Ersatzanspruchs schriftlich aufzufordern.
Aus dem oben wörtlich wiedergegebenen Aufforderungsschreiben ergibt sich, dass der Erstkläger seinen Ersatzanspruch auf zwei Umstände stützte, nämlich auf die Durchführung der Versteigerung trotz des anhängigen Ausgleichsverfahrens und trotz der vorliegenden Einstellungen des Verwertungsverfahrens.
In der Klage wird der Ersatzanspruch daraus abgeleitet, dass der Verkauf zugunsten des B***** gar nicht angeordnet gewesen und dass die zwingende Frist des § 273 EO nicht eingehalten worden sei. Bei der mündlichen Verhandlung vom 28. 9. 1959 haben dann die Kläger noch weitere Umstände zur Begründung des Klagebegehrens herangezogen, nämlich, dass das Edikt vom 12. 6. 1956, mit welchem die Versteigerung für 10. 8. 1956 anberaumt worden sei, nicht zugestellt worden sei. Außerdem sei der betreibende Gläubiger B***** im Versteigerungsedikt nicht genannt gewesen. Auch sei dem Verpflichteten aus Anlass der Pfändung vom 27. 7. und 31. 7. 1956 vom Vollstreckungsbeamten nicht bekanntgegeben worden, dass auch wegen dieser Forderung am 10. 8. 1956 ein Verkauf erfolgen werde. Diese in der Klage und in der Streitverhandlung erhobenen Ansprüche sind mit den im Aufforderungsschreiben bezeichneten Ansprüchen nicht mehr wesensgleich. Ein Schadenersatzanspruch entsteht regelmäßig dadurch, dass der Beschädiger den Schaden schuldhaft und rechtswidrig durch sein Verhalten verursacht hat. Dabei individualisiert in erster Linie das Verhalten des Beschädigers den Schadenersatzanspruch. Aus verschiedenen konkreten Verhaltensweisen entstehen verschiedene Schadenersatzansprüche. Wieweit Verhaltensweisen noch als identisch angesehen werden können, ist eine Gradfrage. Kann Nämlichkeit der Verhaltensweisen nicht mehr angenommen werden, so liegen verschiedene Schadenersatzansprüche und damit verschiedene Klagegründe vor. Bei der Entscheidung, ob im Aufforderungsschreiben und im Prozess derselbe oder verschiedene Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, darf weder kleinlich noch allzu großzügig vorgegangen werden. Letzteres verbietet der Zweck des § 8 AHG. Durch ihn soll der Rechtsträger in die Lage versetzt werden, zunächst im eigenen Bereich die Stichhältigkeit des Anspruches zu prüfen. Wenn nun in einem formellen und weitwendigen Verfahren, wie es gerade das Exekutionsverfahren sein kann, irgendein bestimmtes rechtswidriges Verhalten behauptet wird, so kann dies dem Rechtsträger nicht Anlass geben, das ganze breite Verfahren daraufhin zu durchforschen, ob nicht vielleicht ein anderes rechtswidriges Verhalten unterlaufen ist, das Anlass zu einem Amtshaftungsanspruch geben könnte. Solches ist nicht der Sinn des § 8 AHG und auch nicht des Amtshaftungsgesetzes überhaupt. Dieses soll dem Beschädigten Ersatz für ein bestimmtes rechtswidriges Verhalten bieten. Nicht aber soll ihm die Möglichkeit eröffnet werden, durch eine mehr minder willkürliche Behauptung von Verstößen die gerichtliche Untersuchung weitwendiger Verfahren in ihrer ganzen Breite darauf hin, ob nicht vielleicht von ihm dann erst in der Klage und im Verfahren behauptete Verstöße vorliegen, zu erzwingen. Im Ergebnis ähnliche Gedankengänge sind bereits in der Entscheidung vom 4. 11. 1959, 1 Ob 323/59 zum Ausdruck gebracht worden.
Im vorliegenden Fall ist die Grenze, innerhalb der noch Identität des im Aufforderungsschreiben behaupteten schädigenden Verhaltens und der dann im Prozess vorgetragenen Verhaltensweisen angenommen werden könnte, überschritten. Im Aufforderungsschreiben ist behauptet, dass wegen des Ausgleichsverfahrens und wegen der Einstellungen des Verwertungsverfahrens nicht hätte versteigert werden dürfen. Damit ist ein ganz bestimmtes Verhalten der Organe der beklagten Partei, nämlich dass sie trotz des Ausgleichsverfahrens und der Einstellungen die Versteigerung rechtswidrig durchgeführt hätten, als Schadensursache bezeichnet. Um ein ganz anderes Verhalten handelt es sich, wenn dann in der Verhandlung behauptet wurde, das Versteigerungsedikt sei nicht zugestellt worden, der betreibende Gläubiger B***** sei im Versteigerungsedikt nicht genannt und dem Verpflichteten sei bei den Pfändungen vom 27. und 31. 7. nicht bekanntgegeben worden, dass auch wegen der Forderung des B***** die Versteigerung am 10. 8. 1956 stattfinden werde. Damit sind Verhaltensweisen ganz verschiedener Organe zu ganz verschiedenen Zeiten behauptet, die überhaupt nur mehr dadurch in Zusammenhang stehen, dass sie im Zuge der gegen den Erstkläger anhängigen Exekutionsverfahren stattgefunden haben sollen. Die Untergerichte haben daher mit Recht eine sachliche Entscheidung über den auf diese Umstände gestützten Amtshaftungsanspruch abgelehnt. Nichts anderes kann aber für den in der Klage erhobenen Anspruch gelten. Auch die Behauptung, das rechtswidrige Verhalten liege darin, dass ein Verkauf zugunsten des B***** nicht angeordnet gewesen und dass die zwingende Frist des § 273 EO verletzt worden sei, hat mit dem im Aufforderungsschreiben behaupteten schädigenden Verhalten nichts zu tun. Dass das Klagevorbringen durch das Aufforderungsschreiben immerhin noch gedeckt sei, weil in diesem ausdrücklich ausgeführt sei, dass ein Teil der Forderungen im Zeitpunkt der Versteigerung nicht mehr als verkaufsbetreibend zu betrachten gewesen sei, trifft entgegen der Meinung des Erstgerichts nicht zu. Im Aufforderungsschreiben wird nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Teil der Forderungen, wie schon oben dargestellt, durch Einstellung des Verwertungsverfahrens nicht mehr als verkaufsbetreibend zu beachten gewesen sei. Damit ist aber auf andere Forderungen und gerade nicht auf die Forderung des B***** verwiesen. Die bisherigen Ausführungen ergeben, dass die Untergerichte mit Recht eine sachliche Entscheidung über die in der Verhandlung behaupteten Schadenersatzansprüche abgelehnt haben. Der Rekurs (Revisionsrekurs) des Klägers muss daher erfolglos bleiben. Folgerichtiger Weise kann auch über die in der Klage selbst erhobenen Amtshaftungsansprüche nicht sachlich entschieden werden, weil in der Klage andere Ansprüche als im Aufforderungsschreiben geltend gemacht werden. Dies hat im Verhältnis zwischen der allein revisionswerbenden erstklagenden Partei und der beklagten Partei die Aufhebung der untergerichtlichen Urteile aus Anlass der Revision und die Zurückweisung der Klage zur Folge.
Der Ausspruch über die Verfahrenskosten beruht auf § 51 Abs 3 ZPO.
Anmerkung
E75242 1Ob45.60European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1960:0010OB00045.6.0323.000Dokumentnummer
JJT_19600323_OGH0002_0010OB00045_6000000_000