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19/05 Menschenrechte;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Klaus Kocher und Mag. Wilfried Bucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sackstraße 36, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 10. Dezember 2004, Zl. FR 834/03, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Aserbaidschan, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 sowie den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie auf insgesamt sechs rechtskräftige Verurteilungen des - nach seinen Angaben am 20. Dezember 1999 eingereisten - Beschwerdeführers. Am 15. Dezember 2000 sei er nach § 164 Abs. 2 StGB zu einer bedingt nachgesehenen - diese bedingte Strafnachsicht sei später widerrufen worden - Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden, am 20. Dezember 2000 nach den §§ 15, 141 Abs. 1 StGB (ohne Zusatzstrafe), am 16. Mai 2002 nach den §§ 83 Abs. 1, 15, 105 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten, am 3. Dezember 2002 nach den §§ 146, 147 Abs. 2, 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, am 13. November 2002 (rechtskräftig am 26. März 2003) nach den §§ 127, 129 Z 2, 229 Abs. 1, 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer Zusatzstrafe von vier Monaten und am 18. Juni 2004 nach den §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen. Die diesen Verurteilungen zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen (insbesondere Betrügereien und Diebstähle, aber auch eine Körperverletzung und eine gefährliche Drohung) listete die belangte Behörde zum Teil konkret auf.
Aus diesen Verurteilungen schloss sie auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG und erstellte für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine negative Zukunftsprognose im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG.
Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - sei ledig und lebe im Bundesgebiet gemeinsam mit seinen Eltern. Er gehe keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Trotz des mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriffs in das Familienleben des Beschwerdeführers erachtete die belangte Behörde diese Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen als dringend geboten. Die für die Integration wesentliche soziale Komponente werde durch die schwerwiegenden Straftaten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt. Die belangte Behörde nahm die Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG zu Lasten des Beschwerdeführers vor und erachtete sich wegen der Unmöglichkeit, diesen zu einem rechtstreuen Verhalten anzuhalten, außer Stande, das ihr eingeräumte Ermessen zu seinen Gunsten auszuüben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) zuwiderläuft (Z 2).
In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, Zl. 99/21/0349).
Die Beschwerde tritt den behördlichen Feststellungen nicht entgegen und bekämpft auch nicht die - zutreffende - behördliche Ansicht, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 (erster und vierter Fall) verwirklicht sei.
Es kann kein Zweifel bestehen, dass angesichts der vielfachen Verstöße des Beschwerdeführers gegen das österreichische Strafrecht sein weiterer Aufenthalt das öffentliche Interesse an der Unterbindung strafbarer Handlungen gefährden würde.
Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, sie habe den Bescheid nicht der Vorschrift des § 58 Abs. 2 AVG entsprechend begründet. Dieser Vorwurf wird zu Unrecht erhoben, sind dem angefochtenen Bescheid doch - wie aus der Wiedergabe ersichtlich ist - die behördlichen Feststellungen und die darauf aufbauende rechtliche Beurteilung zu entnehmen.
Sachverhaltsbezogen macht die Beschwerde geltend, die belangte Behörde habe nicht darauf Bedacht genommen, dass der Beschwerdeführer eine starke Familienbindung in Österreich besitze, er hier seinen Lebensmittelpunkt und seine familiäre Integration habe und fließend Deutsch spreche. Demnach sei er wegen seiner Deutschkenntnisse eine ständige Unterstützung für seine Eltern, welche umgekehrt für dessen Unterhalt sorgen würden.
Die belangte Behörde berücksichtigte ohnedies, dass der Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern lebt und deswegen mit dem Aufenthaltsverbot ein relevanter Eingriff in sein Familienleben verbunden sei.
Auch angesichts der Behauptung, dass der Beschwerdeführer fließend Deutsch spreche und dieser Umstand seinen Eltern zu Gute komme, kann die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass das Aufenthaltsverbot sowohl nach § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten als auch nach § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei. Zum einen ist nämlich der Beschwerdeführer bereits 28 Jahre alt und es gibt keine Anhaltspunkte, dass er nicht (grundsätzlich) selbsterhaltungsfähig sei; er hält sich erst seit Dezember 1999 im Inland auf und ist unbestritten nicht berufstätig. Zum anderen wurde er bereits kurze Zeit nach seiner Einreise straffällig und er verstieß in der Folge mehrfach gegen strafrechtliche Vorschriften zum Schutz der körperlichen Integrität Anderer und fremden Eigentums. Von einer sozialen Integration des Beschwerdeführers im Inland kann in Gesamtbetrachtung der Umstände keine Rede sein.
Es trifft auch der Beschwerdevorwurf nicht zu, dass die belangte Behörde keine Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG vorgenommen hätte; im angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde nicht nur die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die gegenläufigen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich dar, sondern sie wog auch die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes mit den Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie ab. Wie bereits dargelegt, kann das Ergebnis dieser Interessenabwägung in keiner Weise als rechtswidrig gesehen werden. Bei diesem Ergebnis kommt der in der Beschwerde relevierten Bescheidbegründung keine Bedeutung zu, dass der Beschwerdeführer illegal mit Hilfe eines Schleppers in das Bundesgebiet gelangt sei.
Letztlich sind auch keine Umstände ersichtlich, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005210022.X00Im RIS seit
29.04.2005