Norm
Lohnpfändungsgesetz §10 Abs2Kopf
SZ 33/38
Spruch
Über Bestand und Höhe der gepfändeten fingierten Forderung nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. kann mit bindender Wirkung für den Drittschuldner nur im Wege der Drittschuldnerklage entschieden werden.
Entscheidung vom 29. März 1960, 3 Ob 516/59.
I. Instanz: Bezirksgericht Gmunden; II. Instanz: Kreisgericht Wels.
Text
Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 5680 S 66 g s. A. mit Beschluß vom 17. Juli 1956 die Exekution durch Pfändung und mit Beschluß vom 31. August 1956 die Überweisung der dem Verpflichteten unter Anwendung des § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. als zustehend angesehenen Lohnforderung gegen seine Ehefrau Theresia M. mit der Maßgabe, daß ihm ein monatlicher Barlohn von 100 S freizubleiben habe.
Die betreibende Partei beantragte am 7. Februar 1959, als angemessene Vergütung für die vom Verpflichteten der Drittschuldnerin geleisteten Arbeiten einen Barlohn von 800 S nebst freier Station, zusammen mindestens 1400 S monatlich, festzusetzen und den durch die Exekution erfaßbaren und monatlich an die betreibende Partei abzuführenden Betrag mit 300 S festzustellen.
Das Erstgericht setzte nach Durchführung von Erhebungen mit Beschluß vom 11. Juni 1959 als angemessene Vergütung für die vom Verpflichteten der Drittschuldnerin geleisteten Arbeiten einen Barlohn von 420 S und als Wert der gewährten freien Verpflegung und Unterkunft 300 S, zusammen 720 S, monatlich fest und wies das Mehrbegehren der betreibenden Partei ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten teilweise Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß im Verhältnis zwischen der betreibenden Partei und der Drittschuldnerin Theresia M. für die vom Verpflichteten auf dem Hof der Drittschuldnerin geleisteten Arbeiten als angemessene Vergütung ein Barlohn von monatlich 350 S nebst freier Unterkunft und Verpflegung im Wert von monatlich 400 S als geschuldet gelte. Das Mehrbegehren auf Festsetzung der (monatlichen) Vergütung mit 800 S in bar und freier Station, somit mit insgesamt wenigstens 1400 S, und auf Feststellung des durch die Exekution erfaßbaren und monatlich an die betreibende Partei abzuführenden Betrages von mindestens 300 S wurde abgewiesen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Verpflichteten Folge und wies den Antrag ab.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Entscheidung hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob die von der betreibenden Partei begehrte Feststellung im Exekutionsverfahren getroffen werden darf. Dies muß verneint werden.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z. 3 EO. hat der Antrag auf Exekutionsbewilligung die Bezeichnung der anzuwendenden Exekutionsmittel und bei Exekution auf das Vermögen die Bezeichnung der Vermögensteile, auf welche Exekution geführt werden soll, zu enthalten.
Nach § 3 Abs. 2 EO. ist über den Antrag auf Bewilligung der Exekution, sofern nicht etwas anderes angeordnet ist, ohne vorhergehende mündliche Verhandlung und ohne Einvernehmung des Gegners Beschluß zu fassen.
Besteht das Exekutionsobjekt in einer Forderung, sei es auf eine einmalige Leistung oder auf wiederholte Leistungen in Form des Arbeitseinkommens, so hat der betreibende Gläubiger in seinem Antrag auf Exekutionsbewilligung jene Angaben zu machen, die eine Identifizierung der Forderung und bei Pfändung von Arbeitseinkommen die Anwendung der Bestimmungen über die freibleibenden Beträge ermöglichen; dagegen hat weder der betreibende Gläubiger im Antrag auf Exekutionsbewilligung zu behaupten und zu bescheinigen, ob die gepfändete Forderung zu Recht besteht, noch hat das Bewilligungsgericht solche Angaben zu überprüfen (vgl. Neumann - Lichtblau, Kommentar zur EO., 3. Aufl. II S. 920; Heller - Trenkwalder, Die österreichische EO. in ihrer praktischen Anwendung,
3. Aufl. S. 1094). In der Entscheidung RiZ. 1937 S. 302 wird in dieser Richtung ausgeführt: "Bei der Bewilligung der Exekution ist der Exekutionstitel und die beantragte Exekutionsart zu prüfen. In die Prüfung der Frage, ob die begehrte Exekution auch zu einem Erfolg führen wird, insbesondere ob die behauptete Forderung, deren Pfändung begehrt wird, überhaupt oder doch in einer die Exekutionsbeschränkung übersteigenden Höhe besteht, hat sich das zur Exekutionsbewilligung berufene Gericht nicht einzulassen." Eine Überprüfung des Bestehens und der Höhe der gepfändeten Forderung, sei es vor Bewilligung der Exekution oder im Zuge des Exekutionsverfahrens auf besonderen Antrag des betreibenden Gläubigers, kommt aber auch deshalb nicht in Frage, weil an einem solchen Erhebungsverfahren im Exekutionsverfahren nur der betreibende Gläubiger und der Verpflichtete beteiligt wären und ein Beschluß über Bestand oder Höhe der gepfändeten Forderung im Exekutionsverfahren für den Drittschuldner nicht bindend sein könnte; der Drittschuldner kann sich an diesem Verfahren nicht beteiligen und könnte auch nicht gegen seinen Willen einem solchen Verfahren zugezogen werden.
§ 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. fingiert in dem dort vorgesehenen Fall den Anspruch des Verpflichteten gegen den Drittschuldner. Diese Bestimmung ist materiell-rechtlicher Art. Auch in diesem Fall ist es, wie bei jeder Forderungspfändung, dem Exekutionsgericht verwehrt, über Bestand und Höhe des - fingierten - Anspruches zu entscheiden. Auch hier wäre eine Entscheidung im Exekutionsverfahren bedeutungslos, weil sie den Drittschuldner nicht binden kann. Hätte der Gesetzgeber gewollt, daß über die Höhe des nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. fingierten Arbeitseinkommens bereits im Exekutionsverfahren mit Wirkung zwischen den Parteien und dem Drittschuldner entschieden werden kann, so hätte dies ausdrücklich bestimmt werden müssen. Dem steht auch die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Satz 2 EO. nicht entgegen, da sich diese Bestimmung nur auf nach der Exekutionsordnung mögliche Fälle, nicht aber auch auf die zum Beispiel nach dem Unterhaltsschutzgesetz oder nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. vorgesehene Pfändungsmöglichkeit eines fingierten Arbeitseinkommens bezieht. Über Bestand und Höhe der gepfändeten Forderung und daher auch der fingierten Forderung nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. kann mit bindender Wirkung für den Drittschuldner nur im Wege der Drittschuldnerklage zwischen dem Überweisungsgläubiger und dem Drittschuldner entschieden werden. Gleicher Ansicht ist neben anderen auch Stein - Jonas, Kommentar zur DZPO., 17. Aufl. II S. 7 ff. zu § 850 h II. Dort wird ausgeführt:
"Das Vollstreckungsgericht pfändet und überweist den angeblichen Vergütungsanspruch. Mit der Frage des Bestandes und der Höhe des Anspruches hat es sich nicht zu befassen. Wohl aber kann es, je nachdem, ob der Gläubiger ein gewöhnlicher oder ein privilegierter ist, den von der Pfändung nicht erfaßten Teil nach Maßgabe des § 850c oder des § 850d bestimmen. Über den Anspruch hat das Prozeßgericht wie sonst auf die Klage des Pfändungs- oder Überweisungsgläubigers gegen den Drittschuldner zu befinden." Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. XXIII 369 steht mit den vorstehenden Ausführungen insofern im Widerspruch, als hilfsweise darauf hingewiesen wird, § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. enthalte keine ausdrückliche Bestimmung, von welchem Gericht die Vergütung zu bemessen sei; es könne jedenfalls auch dem Exekutionsgericht nicht verwehrt sein, die Höhe des Anspruches des Verpflichteten gegen den Drittschuldner festzusetzen, wenn auch das Prozeßgericht im Drittschuldnerprozeß an diese Feststellungen nur bei Richtigkeit der Behauptungen im Exekutionsantrag über die Beschäftigung des Verpflichteten gebunden sei. Diese Auffassung kann deshalb nicht aufrechterhalten werden, weil es einen bedingt wirksamen Beschluß im Exekutionsverfahren nicht geben kann und weil die Entscheidung im Exekutionsverfahren gegen den Drittschuldner bedeutungslos sein muß.
Die Entscheidung JBl. 1936 S. 411 betrifft einen anderen Fall; die dort behandelte Festsetzung des hereinzubringenden Betrages im Exekutionsverfahren auf Grund eines Bruchteilstitels ist im Sinne der §§ 7, 10a Abs. 2 EO. begrundet, bindet nur den betreibenden Gläubiger und den Verpflichteten und ist ausdrücklich vom Gesetzgeber in das Exekutionsverfahren verwiesen; sie hat nichts mit der Frage der gepfändeten Forderung (des Exekutionsobjektes) und ebensowenig mit der Verpflichtung des Drittschuldners zu tun.
Würde auf Grund eines Bruchteilstitels nach § 10a EO. das fingierte Einkommen des Verpflichteten nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. gepfändet, so hätte die Errechnung der hereinzubringenden Forderung auf Grund des Bruchteilstitels gemäß § 10a Abs. 2 EO. für die Frage des Bestehens des Exekutionsobjektes keine Bedeutung; vielmehr müßte auch hier letztere Frage im Wege der Drittschuldnerklage mit dem Drittschuldner als Prozeßpartei gelöst werden, während der Drittschuldner im Verfahren nach § 10a Abs. 2 EO. überhaupt nicht Partei ist. Gegenstand des Verfahrens zwischen dem betreibenden Gläubiger und dem Verpflichteten nach § 10a Abs. 2 EO. ist die Errechnung der hereinzubringenden Forderung, Gegenstand des Verfahrens nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. dagegen die Feststellung des Bestehens und der Höhe des Exekutionsobjektes (des gepfändeten, fingierten Einkommens) zwischen Überweisungsgläubiger und Drittschuldner mit Wirkung gegen den Drittschuldner als Partei.
Anmerkung
Z33038Schlagworte
Bevorrechtung der Postgebühren im Konkurs- und Ausgleichsverfahren, Drittschuldnerklage, Feststellung der gepfändeten fingierten Forderung, nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG., Fingierte Forderung nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG., Feststellung, Pfändung einer fingierten Lohnforderung, DrittschuldnerklageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1960:0030OB00516.59.0329.000Dokumentnummer
JJT_19600329_OGH0002_0030OB00516_5900000_000