Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Deutsch als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lenk, Dr. Meyer-Jodas, Dr. Hammer und Dr. Nedjela als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ludmilla S*****, vertreten durch Dr. Josef Schuster, Rechtsanwalt in Voitsberg, wider die beklagte Partei Kurt G*****, vertreten durch Dr. Herbert Tax, Rechtsanwalt in Köflach, wegen 1.290 S 70 g s. N. infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 3. Juni 1960, GZ 3 R 329/60-10, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 13. April 1960, GZ 3 C 103/60-7, abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurse wird nicht Folge gegeben.
Der Rechtsmittelwerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei begehrt im vorliegenden Rechtsstreit die Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung des Betrages von 1.290,70 S samt Nebengebühren. Zur Begründung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes hat sie sich darauf berufen, dass der Beklagte in Köflach-Pichling seinen ordentlichen Wohnsitz habe und sein Aufenthalt im Auslande nur der Arbeitssuche diene und vorübergehend sei. Auch habe der Beklagte verschiedene ihm gehörige Fahrnisse in Köflach-Pichling. Die beklagte Partei erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes. Hierüber wurde vom Erstgericht abgesondert verhandelt und mittels Beschluss die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen. Das Schöffengericht stellte fest, dass sich der Beklagte schon seit Juni 1959 ununterbrochen in der Schweiz befinde und dort seiner Arbeit nachgehe; es sei im Sinne des § 66 Abs 1 JN anzunehmen, dass der Beklagte seinen bleibenden Aufenthalt in der Schweiz genommen und seinen Wohnsitz in Köflach-Pichling aufgegeben habe. Auch die Bestimmung des § 99 JN könne nicht zur Anwendung gelangen, weil der Beklagte sämtliche Fahrnisse in die Schweiz mitgenommen habe. Die Tatsache, dass sich eine elektrische Küchenuhr und zwei Nachtkästchenlampen noch in der ehemaligen Wohnung des Beklagten bei seiner Mutter befänden, sei zur Begründung eines Vermögensgerichtsstandes nach § 99 JN nicht ausreichend. Das Rekursgericht änderte über Rekurs der klagenden Partei den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit zurückwies und dem Erstgericht auftrug, unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund das gesetzliche Verfahren über die Klage fortzusetzen. Das Erstgericht sei zwar nicht auf Grund des allgemeinen Gerichtsstandes des Beklagten zur Entscheidung über die vorliegende Klage örtlich zuständig, weil nach den vorliegenden Feststellungen mit Klarheit erkennbar sei, dass es sich um einen Daueraufenthalt des Beklagten in der Schweiz zu Erwerbszwecken unter Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes handle. Doch sei der Gerichtsstand des Vermögens gemäß § 99 JN gegeben. Auf den Wert des Vermögens, insbesondere auf dessen Verhältnis zum Streitwert, komme es nicht an. Es müssten daher die dem Beklagten gehörigen und bei seiner Mutter in Pichling vorhandenen Fahrnisse, nämlich eine elektrische Küchenuhr und zwei Nachtkastellampen als Vermögen im Sinne des § 99 JN angesehen werden. Der Beklagte bekämpft mit dem vorliegenden Revisionsrekurs den Beschluss des Rekursgerichtes.
Der Revisionsrekurs ist unbegründet.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschluss des Rekursgerichtes wird zwar „zur Gänze" angefochten, doch richtet sich nach dem Inhalt des Rechtsmittels die Anfechtung lediglich gegen die Bejahung des Vermögensgerichtsstandes gemäß § 99 JN. Auch könnte sich der Beklagte durch die, im Übrigen mit der Besprechung (JBl 1955 S 407, 3 Ob 132/58 ua) in Einklang stehende, seinem Standpunkt Rechnung tragende Auslegung des § 66 JN durch das Rekursgericht und die Annahme eines mangelnden Wohnsitzes des Beklagten im Inland nicht für beschwert erachten. Soweit aber die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung des § 99 JN bekämpft wird, setzt sich der Revisionsrekurs über die nunmehr ständige Rechtsprechung hinweg, wonach auch ein geringfügiger Betrag, der in keinem Verhältnis zum Streitwert steht, ein Vermögen im Sinne des § 99 JN ist (1 Ob 392/57 = SZ XXX 43, 3 Ob 39/55 = JBl 1955 S 363, siehe auch Stagel-Michlmayr, ZPO zu § 99 Punkt D Z 3). Wenn der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 1 Ob 392/57 = SZ XXX 43 einen Betrag von bloß 42,45 S ungeachtet des Umstandes, dass dort der Streitwert 31.542,56 S betragen hat, ausdrücklich als ein Vermögen im Sinne des § 99 JN befunden hat, besteht kein Anlass, die hier in Betracht kommenden Fahrnisse, die jedenfalls einen höheren Wert als 42,45 S repräsentieren nicht als Vermögen im Sinne des § 99 JN anzusehen.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.
Anmerkung
E82090 6Ob259.60European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1960:0060OB00259.6.0704.000Dokumentnummer
JJT_19600704_OGH0002_0060OB00259_6000000_000