Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lenk als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Meyer-Jodas, Dr. Hammer, Dr. Lassmann und Dr. Nedjela als Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Republik Österreich (Eisenbahnverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I., Rosenbursenstraße 1, wider die Gegnerin der gefährdeten Partei Theresia *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Erlassung des Verbotes der Liegenschaftsveräußerung und Liegenschaftsbelastung infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 2. Juni 1960, GZ 3 R 285/60-7, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 5. Mai 1960, GZ 8 C 615/60-4, abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass sich das angeordnete Sicherungsmittel des Veräußerungs- und Belastungsverbotes lediglich auf die in EZ 7 des Grundbuches KG eben vorgetragene Parzelle Nr 348/1 zu erstrecken hat.
Ein Zuspruch von Rekurskosten findet nicht statt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht hat über Antrag der gefährdeten Partei zur Sicherung ihres Anspruches gegen die Antragsgegnerin auf Vertragszuhaltung, den die gefährdete Partei auf Grund der „Vorvereinbarung" vom 28. April 1959 behauptet, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung die Veräußerung und Belastung ihrer Liegenschaft EZ 7 KG Eben verboten. Zur Begründung führte das Erstgericht aus, durch die vorerwähnte Vereinbarung sei ausreichend bescheinigt, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Grundstücke Nr. 348/1 und 369/1 der EZ 7 KG Eben zum Kaufpreise von S 40 pro Quadratmeter bei einem ungefähren Gesamtausmaß von 7.000 bis 8.000 m2 lastenfrei verkauft habe, wobei diese Vereinbarung vom 28. 4. 1959 vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesministerium für Finanzen geschlossen wurde. Durch das vorgelegte Schreiben des Vertreters der Antragsgegnerin vom 17. 3. 1960, Beil ./B, sei weiter bescheinigt, dass die Antragsgegnerin diese Kaufvereinbarung nicht mehr als für sie verbindlich anerkenne, weil seit Abschluss derselben mehr als ein Jahr verstrichen sei und der Antragstellerin nach ihrer eigenen Mitteilung die Geldmittel noch nicht zur Verfügung stünden. Es sei daher zu besorgen, dass die Durchsetzung des Anspruches der Antragstellerin vereitelt oder doch erschwert werden würde (§ 381 Z 1 EO). Es seien sohin alle Voraussetzungen für die Anordnung des beantragten Sicherungsmittels gemäß § 382 Z 6 EO gegeben, ohne dass diese von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen wäre. Dem dagegen seitens der Antragsgegnerin erhobenen Rekurs wurde Folge gegen und in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses der Antrag der gefährdeten Partei auf Erlassung der vorerwähnten einstweiligen Verfügung abgewiesen. Nach dem Inhalt der Vorvereinbarung vom 28. 4. 1959 sei diese vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesministerium für Finanzen geschlossen worden. Diese Zustimmung sei im Antrag der gefährdeten Partei nicht nachgewiesen oder bescheinigt. Mangels dieser Vertragsvoraussetzung habe der Vertreter der Antragsgegner mit Schreiben vom 17. 3. 1960, Beil ./B, den Rücktritt von der vorvertraglichen Bindung erklärt. Es sei daher schon die Voraussetzung des Vorhandenseins eines durch einstweilige Verfügung zu sichernden Anspruches nicht gegeben. Ferner sei ein Kaufvertrag noch gar nicht zustande gekommen, weil der Vorbehalt der Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen der endgültigen Abrede noch entgegenstehe. Es liege daher nur ein Vorvertrag nach § 936 ABGB vor, sodass der Abschluss des Kaufvertrages selbst noch gar nicht bescheinigt sei. Bei der Erklärung der Antragsgegnerin, sich frei verfügungsberechtigt zu halten, könne der Anspruch des Käufers auch aus diesem Grunde durch ein Veräußerungsverbot nicht gesichert werden. Das Erstgericht habe aber auch ohne jede Bescheinigung einer objektiven Gefährdung dem Antrag stattgegeben. Aus dem Schreiben des Vertreters der Antragsgegnerin vom 17. 3. 1960 gehe die von der Antragstellerin behauptete Verkaufsabsicht nicht hervor, weil die Antragsgegnerin nur bemerke, sie halte sich nun für frei verfügungsberechtigt. Wiewohl die gefährdete Partei im Antrag behauptet habe, dass die Antragsgegnerin schon mit dritten Personen Kaufunterhandlungen aufgenommen habe, worüber als Bescheinigungsmittel die Vernehmung des Bundesbahnzentralinspektors Franz P***** angeboten worden sei, habe das Erstgericht diese Glaubhaftmachung der Gefährdung vernachlässigt. Durch die im Schreiben vom 17. 3. 1960 enthaltene vorerwähnte Erklärung allein seien jedoch konkrete Anhaltspunkte für eine objektive Gefährdung in Richtung der Gefahr einer Veräußerung und Belastung nicht zu gewinnen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt werde, in eventu die Beschlüsse der beiden Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Beschlussfassung nach Ergänzung des Verfahrens aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist begründet.
Hinsichtlich der Frage der Anspruchsbescheinigung geht das Rekursgericht bei seiner Entscheidung von rechtsirrigen Voraussetzungen aus. Bei Beschlussfassung über die ohne Vernehmung der Gegnerin der gefährdeten Partei bewilligte einstweilige Verfügung war lediglich zu prüfen, ob die den Antrag begründenden Tatsachen, und zwar Anspruch und Gefährdung, als hinreichend bescheinigt anzusehen sind (§ 389 Abs 1 EO). Beide Bescheinigungen sind als erbracht anzusehen.
Aus der vorgelegten Vertragsurkunde Beil ./A ergibt sich, dass die Hauptpunkte eines Kaufvertrages über die Parzellen 348/1 und 369/1 der KG Eben (nunmehr vereinigt in der Parzelle 348/1) in der Vereinbarung enthalten sind. Weiters ist aus Punkt 5 der Vereinbarung ersichtlich, dass über den abgeschlossenen Vertrag noch die Errichtung einer förmlichen, verbücherungsfähigen Urkunde in Aussicht genommen wird, die das vorliegende Konzept ersetzen soll. Schließlich ergibt sich aus dem ersten Absatz der „Vorvereinbarung", dass der Vertrag vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesministerium für Finanzen abgeschlossen wurde. Es liegt sohin ein von beiden Vertragsteilen gefertigter Aufsatz (Punktation) über die Hauptpunkte eines bereits geschlossenen, allerdings in seiner Wirkung von einer aufschiebenden Bedingung abhängig gemachten Kaufvertrages vor, der die Parteien nicht nur wie der Vorvertrag zum Abschluss eines endgültigen Vertrages, sondern unmittelbar zu seiner Erfüllung verbindet, ohne dass die Zeit der Errichtung des vorgesehenen förmlichen Vertrages bestimmt sein muss (§ 885 ABGB). Da der Vertrag vorbehaltlich der Genehmigung des Bundesministerium für Finanzen geschlossen wurde, hat die Antragstellerin als Liegenschaftskäuferin jedenfalls einen bedingten Anspruch erworben. Die Parteien sind daher auch während der noch schwebenden Suspensivbedingung an den Vertrag gebunden und haben alles zu unterlassen, was die Erfüllung des Vertrages vereiteln könnte. Gemäß § 378 Abs 2 EO wird die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung dadurch nicht ausgeschlossen, dass der Anspruch ein bedingter oder betagter ist. Die Erfüllung des Vertrages kann daher auch bis zur Erteilung der Zustimmung seitens des Bundesministerium für Finanzen durch einstweilige Verfügung gesichert werden, wenn die Voraussetzungen für eine solche im Übrigen gegeben sind. Die Divergenz hinsichtlich der Bezeichnung der veräußerten Grundstücke nach dem Grundbuchstand (S 1 des Aktes) und der Vertragsurkunde erscheint hinreichend damit aufgeklärt, dass die Parzelle Nr 369/1 bereits mit der Parzelle 348/1 vereinigt wurde und daher unter der früheren Bezeichnung im Gutsbestand der EZ 7 KG Eben nicht mehr aufscheint. Der Umstand, dass die gleichfalls zum Gutsbestand der EZ 7 KG Eben gehörige Parzelle Nr 644/2 in der Vertragsurkunde nicht aufscheint, wurde bereits im Spruche dieser Entscheidung berücksichtigt. Hiebei war davon auszugehen, dass für das gerichtliche Verbot der Veräußerung, Belastung der Verpfändung von Liegenschaften (§ 382 Z 6 EO) das Gesetz keine dem § 13 GBG ähnliche Beschränkung enthält. Sie hier allgemein sinngemäß anzuwenden, besteht schon deswegen kein Bedürfnis, weil sie nicht wie die Eintragung eines Pfandrechtes als für die Dauer wirkend gedacht ist (1 Ob 76/57).
Die im § 381 Z 1 EO geforderte objektive Gefährdung muss aber schon durch die im Schreiben des Vertreters der Antragstellerin vom 17. 3. 1960, Beil ./B, enthaltene Erklärung, dass die Antragsgegnerin die Vereinbarung vom 28. 4. 1959 nicht mehr als verbindlich anerkenne, als hinreichend bescheinigt angesehen werden. Die Veränderung des bestehenden Zustandes im Sinne des § 381 Z 1 EO, die eine Vereitelung oder erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung mit sich bringen würde, muss nicht schon begonnen haben. Es genügt, wenn eine solche Vereitelung oder erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung nur droht. Bereits in seiner Entscheidung vom 11. 3. 1913, GlUNF 7187, hat der OGH ausgesprochen, dass als Bescheinigung der Gefahr der Veräußerung die schriftliche Mitteilung genügt, sich an das Offert nicht für gebunden zu erachten, daher frei verfügungsberechtigt zu sein. Von dieser Auffassung, die auch auf den vorliegenden gleichgelagerten Fall und zwar sinngemäß auch betreffend die Gefahr einer Belastung der Vertragsliegenschaft zutrifft, abzugehen, besteht kein Anlass. Ob in diesem Schreiben vom 17. 3. 1960, Beil ./B, aber eine allenfalls berechtigte Rücktrittserklärung (§ 920 ABGB) zu erblicken wäre, bleibt der Prüfung im nicht kontradiktorischen Verfahren mangels Erhebung eines Widerspruches (§ 397 EO) entzogen, da hiezu seitens der Antragsgegnerin behauptet werden müsste, dass die Antragstellerin den Eintritt der Bedingung in einer dem Sinn des Vertrages entsprechenden Frist schuldhafterweise vereitelt hätte. Da sohin sowohl der Anspruch als auch die Gefährdung als hinreichend bescheinigt anzusehen sind, war in Stattgebung des Revisionsrekurses der Beschluss des Erstgerichtes mit der im Spruch ersichtlichen Maßgabe wiederherzustellen.
Ein Zuspruch von Rekurskosten hatte mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 393 Abs 1 EO nicht stattzufinden. Insoweit die Antragsgegnerin in ihrem Rekurs gegen den erstrichterlichen Beschluss die Erlassung des Verbotes in Ansehung des Grundstückes 644/2 Weg mit Recht bekämpft hat, konnten ihr keine Kosten zugesprochen werden. Da bezüglich des Wertes dieses Grundstückes jede Angabe fehlt, geschweige eine Bescheinigung vorgelegt wurde (§§ 54 Abs 1 ZPO, 78, 402 EO).
Anmerkung
E77120 6Ob263.60European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1960:0060OB00263.6.0713.000Dokumentnummer
JJT_19600713_OGH0002_0060OB00263_6000000_000