TE OGH 1960/7/21 4Ob77/60

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.07.1960
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hohenecker als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schuster und Dr. Gitschthaler sowie die Beisitzer Dr. Leitich und Hala als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Engelbert Sch*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr. Karl Fleischmann, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Firma Rudolf W***** & Co., Volkswagen-Großhändler, ***** vertreten durch Dr. Josef Spiegel, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 91.098,-- S s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 29. Dezember 1959, GZ Cga 14/59-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Feldkirch vom 10. April 1959, GZ Cr 233/57-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.626,15 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das auf Zahlung von 91.098 S s.A. gerichtete Klagebegehren begründet der Kläger damit, dass er als Vertreter für den Verkauf von Volkswagen bei der Beklagten angestellt gewesen und ohne Grund fristlos entlassen worden sei. Er habe der Beklagten erklärt, dass er die Entlassung nur als Kündigung des Dienstverhältnisses für 31. 12. 1955 annehmen könne. Nach dem Dienstvertrag sei das Dienstverhältnis jeweils um ein Jahr für den Fall des Unterbleibens einer Kündigung unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist zum Ablauf des Termins verlängert worden. Da es dem Kläger nicht gelungen sei, anderweitig eine berufliche Tätigkeit auszuüben, sei er berechtigt, von der Beklagten Bezahlung des ihm seit der Entlassung zugestandenen Entgelts zur Gänze zu begehren. Laut Dienstvertrag gebühre ihm ein monatliches Fixum von 1.500 S sowie an Provision 10 % der nach Abzug der Umsatzsteuer verbleibenden Vedienstspanne der Beklagten und eine Prämie von 2 % aller provisionspflichtigen Geschäfte. Ohne gewisse zusätzliche Leistungen der Beklagten habe der Kläger von Jänner bis einschließlich Mai 1957 ein durchschnittliches monatliches, lohnsteuerpflichtiges Einkommen von 15.800 S gehabt; er nehme an, dass auch ab Juni 1957 das Einkommen dieselbe Höhe gehabt hätte. Sein Verdienstentgang für die Zeit vom 7. 6. 1957 bis einschließlich 30. 11. 1957 betrage daher für volle fünf Monate und die 23 Tage des Juni 1957 zusammen 91.098 S. Die Provisionen seien jeweils nach restloser Zahlung des verkauften Wagens fällig gewesen, das Fixum des Klägers monatlich.

Die Beklagte wendet vor allem ein, dass die Entlassung begründet gewesen sei und der Kläger nichts mehr zu fordern habe. Gegen die Klagsforderung mache sie eine Schadenersatzforderung gegen den Kläger aus dem unbefugten Verkauf eines "Porsche" an Dipl.Kfm. Kurt H***** in W***** aufrechnungsweise geltend.

Das Arbeitsgericht hat mit Zwischenurteil den Klagsanspruch als zu Recht bestehend festgestellt. Die Beklagte habe als Entlassungsgrund den unberechtigten Handel mit dem Porsche-Wagen und die Bemühungen des Klägers um die Errichtung der Volkswagenstation in Bregenz geltend gemacht. Den Vorfall mit dem Porsche-Wagen im Mai 1957 habe die Beklagte zum Anlass der Kündigung am 31. Mai 1957 genommen. Sie könne diesen Umstand daher nicht nachträglich als Entlassungsgrund geltend machen. Nach dem Anstellungsvertrag bilde es einen Entlassungsgrund, wenn der Verkäufer einen wesentlichen Punkt des Vertrages verletzt. Die Beklagte behaupte, dass der Kläger durch seine Bemühungen, im eigenen Namen eine Verkaufsstelle in Bregenz zu errichten, die ihm durch § 11 des Anstellungsvertrages auferlegte Pflicht, die Interessen der Firma in jeder Beziehung zu fördern, verletzt habe. Nach diesem Vertragspunkt habe aber der Kläger nicht nur die Interessen der Beklagten, sondern in erster und zweiter Linie die Interessen des Volkswagenwerkes und der Firma Porsche in jeder Beziehung zu fördern gehabt. Es sei nun das größte Interesse der Firma Porsche, in Bregenz sobald als möglich eine Verkaufsstelle und Werkstätte zu errichten. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die Beklagte eine solche Verkaufsstelle errichten wolle. Er selbst habe Interesse gehabt, an dieser Verkaufsstelle in irgendwelcher Form beteiligt zu werden. In den Schreiben vom 3. und 5. Mai 1957 habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass ihm das gute Verhältnis zur Beklagten sehr viel wert sei; er wünsche, dass die Firma Porsche mit ihm und der Beklagten die Verhandlungen gemeinsam führe, und er die Art und Weise seiner Beteiligung ganz der Firma Porsche überlasse. Mit dem Bestreben, eine Volkswagen-Werkstätte in Bregenz sofort zu errichten, habe der Kläger die Interessen des Volkswagenwerkes und der Firma Porsche gefördert. Die Interessen der Beklagten seien dadurch nicht benachteiligt worden, weil von Anfang an die gemeinsame Führung der Verhandlungen beabsichtigt gewesen sei. Die Beklagte hätte möglicherweise dann einen gewissen Schaden gehabt, wenn der Kläger die Verkaufsstelle auf den eigenen Namen bekommen hätte, jedoch wäre dies erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses eingetreten. Im vorliegenden Falle habe der Kläger bei Errichtung der Verkaufsstelle weiterhin die Interessen des Volkswagenwerkes, der Firma Porsche und je nach Ausgang der Verhandlungen auch jene der Beklagten gefördert. Der Kläger habe die Bemühungen zu seiner Besserstellung in einer Form durchgeführt, die ihn des Vertrauens seines Dienstgebers nicht unwürdig erscheinen ließen. Wenn er gegenüber der Firma Porsche erwähnte, dass viele Leute mit der Beklagten nicht ganz einverstanden sind, so habe er damit weniger die Beklagte angreifen oder herabwürdigen als sein eigenes Anbot günstiger erscheinen lassen wollen. Solche Äußerungen reichten als Grund für eine Entlassung nicht aus. Äußerungen des Klägers nach der Entlassung könnten überhaupt nicht zur Beurteilung der Berechtigung fristloser Entlassung herangezogen werden. Zur fristlosen Entlassung habe daher kein Grund vorgelegen.

Das Berufungsgericht änderte nach Neudurchführung der Verhandlung infolge Berufung der beklagten Partei das erstgerichtliche Urteil in der Weise ab, dass es den Klagsanspruch als dem Grunde nach nicht zu Recht bestehend erkannte und für den Fall der Rechtskraft dieses Spruches das Klagebegehren abwies. Es würdigte die vorliegenden Beweise gleich dem Erstgericht dahin, dass der Kläger im Angstelltenverhältnis zur Beklagten stand, nach § 7 des Dienstvertrages auch die Interessen des Volkswagenwerkes und der Firma Porsche in jeder Beziehung zu fördern hatte, die Beklagte schon im Jahre 1956 an den Kläger mit der Bitte herantrat, sich in Bregenz um ein geeignetes Grundstück zur Errichtung einer Service-Station für sie umzusehen, der Kläger sich aber dann unabhängig von der Beklagten bemühte, ein Grundstück für die Errichtung einer Service-Station in Bregenz zu erwerben und den Plan der Firma Porsche, eine Kundendienstwerkstätte in Bregenz zu errichten, im eigenen Namen auszuführen, und schließlich, dass die Beklagte von diesen Bestrebungen des Klägers erstmals bei einer Aussprache in Salzburg am 4. 6. 1957 erfuhr und daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 6. 6. 1957 entließ.

Das Berufungsgericht ist der Rechtsansicht, dass dieser Sachverhalt vom Erstgericht unrichtig rechtlich beurteilt worden sei. Im Gegensatz zur Begründung des Erstgerichtes sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger Angestellter der Beklagten und nicht des Volkswagenwerkes oder der Firma Porsche war. Der Kläger allein habe der Beklagten bei sonstiger Rechtsfolge der Entlassung nach § 27 AngG treu zu sein gehabt. Die Bemühungen des Klägers, im eigenen Namen eine Volkswagen-Service-Station in Bregenz zu führen, den Gebietsschutz für den politischen Bezirk Bregenz zu erhalten, und zwar gegenüber dem Gebietsschutz der Beklagten auf das ganze Bundesland Vorarlberg, was notwendig auch eine wirtschaftliche Benachteiligung der Beklagten zur Folge hätte haben müssen, seien unzweifelhaft Untreue gegen die Beklagte auch dann, wenn sie die Interessen des Volkswagenwerkes oder der Firma Porsche gefördert hätten. Die Bemühungen des Klägers bedeuteten nichts anderes als die Ausschaltung der geschäftlichen Tätigkeit der Beklagten aus dem politischen Bezirk Bregenz. Das Erstgericht beurteile das Verhalten des Klägers zu sehr unter dem Gesichtspunkt der Interessen der Firma Porsche und des Volkswagenwerkes. Richtigerweise aber habe die Beurteilung des klägerischen Verhaltens nur in Rücksicht auf die Beklagte als Dienstgeberin zu geschehen. Untreue liege vor, wenn das Verhalten des Dienstnehmers bewusst gegen die Interessen des Dienstgebers gerichtet sei. Die verspätete Geltendmachung des Entlassungsgrundes habe sich im Urteil des Erstgerichtes nur auf den unbefugten Handel mit einem Porsche-Wagen bezogen, welcher Umstand aber von der Beklagten nach ihrem eigenen Standpunkt nicht als Entlassungsgrund angeführt worden sei.

Das Urteil des Berufungsgerichtes bekämpft die klagende Partei seinem ganzen Inhalt nach wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit Revision, in der sie den Antrag stellt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannt werde, in eventu das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet.

1.) Zur Darstellung der Verfahrensrüge führt der Revisionswerber aus, das Berufungsgericht habe in der Berufungsverhandlung vom 15. 9. 1959 den Beschluss auf teilweise Wiederholung der vom Erstgericht aufgenommenen Beweise und zwar durch Vernehmung des Zeugen Ing. K***** gefasst. Eine solche Vernehmung habe nicht stattgefunden, der Zeuge sei vielmehr nur vor dem Bezirksgericht Salzburg im erstinstanzlichen Verfahren gehört worden. Der Zeuge habe damals über den für die Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache wesentlichen Punkt, wann die Beklagte Kenntnis von den Bemühungen des Klägers bei der "Porsche Konstruktionen K.G." um die Errichtung einer VW-Service-Station und einer Verkaufsstelle in Bregenz erlangt hatte, keine bestimmten Angaben gemacht. Aus den von der Beklagten gelegten Abschriften der Schreiben des Ing. K***** vom 8. Mai und 26. Juni 1957 ergebe sich, dass die "Porsche Konstruktionen K.G." die Beklagte vom klägerischen Vorhaben in Kenntnis setzen und den Kläger nach den Eröffnungsfeierlichkeiten des Porsche-Hofes Salzburg vorerst zu einer gemeinsamen Besprechung nach Salzburg einladen werde. In diesen Schreiben sei weiters darauf hingewiesen, dass für die "Porsche Konstruktionen K.G." nach wie vor größtes Interesse an der Errichtung einer entsprechenden Kundendienstwerkstätte in Bregenz so rasch als möglich bestehe. Im Schreiben vom 26. Juni 1957 gebe die genannte Gesellschaft dem Kläger bekannt, dass ihre Forderung, eine der Stadt Bregenz und der VW-Organisation entsprechende Kundendienstwerkstätte auf schnellstem Wege im Stadtgebiete Bregenz ohne Mitbeteiligung der Beklagten namhaft zu machen, bestehen bleibe und es dem Großhändler für Vorarlberg zur Aufgabe gemacht worden sei, eine Kundendienstwerkstätte vorzuschlagen, widrigens der Generalimporteur sich selbst einen geeigneten Partner suche. Durch eine neuerliche Vernehmung des Zeugen Dipl.Ing. K***** wäre es möglich gewesen, die in den vorerwähnten Schreiben niedergelegten Absichten auf Errichtung einer Volkswagen-Service-Station und einer Verkaufsstelle in Bregenz klarzulegen. Die Firma "Porsche Konstruktionen K.G." Salzburg habe schon im Jahre 1956 verlangt, dass auch im Bezirk Bregenz eine eigene Verkaufsstelle errichtet werde, während im politischen Bezirk Feldkirch die Beklagte als Großhändler für Vorarlberg die Verkaufsstelle betreibe. Volkswagen-Service-Stationen hätten im Jahre 1957 in Vorarlberg in Bludenz, Feldkirch, Dornbirn, Bregenz und Bezau bestanden, jedoch sei die Service-Station in Bregenz zu klein gewesen, sodass eben die Errichtung einer großen Station mit Verkaufsstelle geplant worden sei. Aus einer Befragung des Zeugen Ing. K***** hätte sich weiters ergeben, dass sämtliche Verkaufsstellen der Volkswagenerzeugnisse diese nur durch den mit ihr zuständigen Großhändler beziehen könnten und die Auslieferung sowie Fakturierung dieser Erzeugnisse allein vom Großhändler vorgenommen werde. Dieser erhalte daher für alle in seinem Gebiet abgesetzten Volkswagenerzeugnisse die ihm zustehende Handelsspanne. Der Gebietsschutz des Großhändlers bleibe in seinem Bundeslande auch bei Errichtung einer Verkaufsstelle in einem politischen Bezirk des Bundeslandes bestehen und erhielten lediglich die Verkaufsstellen gegenüber dem Großhändler in dem Bezirk, in welchem diese Verkaufsstellen errichtet sind, einen Gebietsschutz. Über Drängen der "Porsche Konstruktionen K.G." sei mit 1. 1. 1958 eine selbständige Verkaufsstelle für VW-Erzeugnisse in Bregenz errichtet und dieser Verkaufsstelle auch der Gebietsschutz gegenüber der Beklagten für Bregenz zugesichert worden. Aus dieser Verkaufsstelle in Bregenz sei mit 1. 1. 1960 ein selbständiger VW-Händler geworden. Diese Umstände hätten auch durch die in Aussicht genommene Vernehmung der Parteien klargestellt werden können. Der Revisionswerber erblicke daher in der unterbliebenen ergänzenden Vernehmung des Zeugen Dipl. Ing. K***** und der Streitteile als Parteien eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, durch die eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache verhindert worden sei. Die Prüfung der Aktenlage ergibt keine Mängel des Berufungsverfahrens. Eine Beweiswiederholung derart, dass Zeugen, die im erstinstanzlichen Verfahren vernommen wurden, das Berufungsgericht nochmals anzuhören hat, ist nur in den Fällen vorgesehen, in denen das Berufungsgericht diese Art Beweiswiederholung erforderlich erachtet oder eine der Parteien Einsprache gegen die Verlesung von Protokollen erhebt. Ist dies nicht der Fall, so können die Protokolle über die aufgenommenen Beweise verlesen werden (§ 25 Abs. 1 Z. 3 ArbGerG.). Bei dieser abgeschwächten Form der Beweiswiederholung (einspruchsloser Verlesung der erstinstanzlichen Protokolle) ist sogar die Umwürdigung der Beweisergebnisse zulässig (6. 4. 1954, Arb. 5959 u.a.). Gegen die Verlesung der Aussage des Zeugen Dipl.Ing. Ernst K***** in der Berufungsverhandlung hat keine der Parteien Einspruch erhoben und der Kläger entgegen seiner Behauptung in der Revision auch keine ergänzende Vernehmung des genannten Zeugen oder eine Vernehmung der Parteien über den Aufbau der Volkswagenvertriebsorganisation, die Handelsspannen, Aufteilung der Provisionen, die Absichten der Firma Porsche Kunstruktionen K.G. beantragt. Was aber die Frage anlangt, wann die Beklagte von den Machenschaften des Klägers zur Errichtung einer Volkswagenwerkstätte und Volkswagenverkaufsstelle in Bregenz erfuhr, hat bereits das erstinstanzliche Verfahren hinreichend Klärung geschaffen. Zur Klärung dieser Frage war keine Parteienvernehmung erforderlich, weil diese als subsidiäres Beweismittel bloß bei ungenügendem Beweisergebnis zulässig ist, nicht aber dazu bestimmt, einen durch andere Beweismittel bereits erlangten Beweis zu widerlegen (25. 9. 1935, Rsp. 1936 Nr. 15 u.a.). Der Beweis durch Parteienvernehmung kann daher abgelehnt werden, wenn das Gericht das Gegenteil der durch diese Vernehmung zu erweisenden Tatsachen für wahr annimmt (23. 3. 1915, ZBl. 1915 Nr. 274). Ausgenommen die ohnedies geklärte Frage des Zeitpunktes der Kenntniserlangung der Beklagten von den Bemühungen des Klägers hinter ihrem Rücken bei der Porsche Konstruktionen K.G. sind die sonstigen von der Revision noch zur Klärung des Sachverhalts als wünschenswert angesehenen Beweisthemen überhaupt von keiner streitentscheidenden Bedeutung, so dass auf sie auch dann nicht einzugehen gewesen wäre, wenn sie schon im Berufungsverfahren vorgetragen worden wären.

Die Verfahrensrüge erweist sich demnach als gänzlich unstichhältig.

2.) In den Ausführungen zur Darstellung der Rechtsrüge wendet sich die Revision gegen die Feststellung des angefochtenen Urteils, dass die Bemühungen des Klägers auf die Ausschaltung der Beklagten bei Errichtung einer Volkswagenreparaturwerkstätte und einer VW-Verkaufsstelle in Bregenz gerichtet gewesen seien. In Wirklichkeit habe die Beklagte gar nicht aus dem politischen Bezirk Bregenz "ausgebootet" werden können, weil sie nach wie vor auch im Bezirk Bregenz als Großhändler an der Handelsspanne für die in diesem Bezirk verkauften Volkswagenerzeugnisse beteiligt gewesen wäre. Durch die mit 1. 1. 1958 errichtete selbständige Verkaufsstelle im Bezirk Bregenz sei nun die Revisionswerberin in der gleichen Situation, als wenn der Kläger diese Verkaufsstelle von der Firma Porsche Konstruktionen K.G. erhalten hätte. Daraus ergebe sich, dass durch seine Bemühung bei der genannten Firma auf Errichtung einer VW-Service-Station und einer Verkaufsstelle in Bregenz ab 1. 1. 1958, also nach Beendigung seines durch Kündigung zum 31. 12. 1957 auflösbaren Dienstverhältnisses bei der Beklagten eine Verletzung der Treuepflicht des Klägers gegenüber seiner Dienstgeberin nicht begangen worden sein könne, daher auch kein Entlassungsgrund nach § 27 AngG. vorliege. Es könne ihm als Angestellten des Volkswagengroßhändlers nicht nachteilig angelastet werden, dass er sich nach Beendigung seines Dienstverhältnisses um eine selbständige Tätigkeit bemüht habe. Bei Annahme der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes würde es dem Angestellten verwehrt sein, sich während des bestehenden Dienstverhältnisses um einen anderen Posten nach ordnungsmäßiger Aufkündigung des Dienstverhältnisses oder um die Erlangung eines selbständigen Gewerbes zu bewerben. Dabei sei noch zu berücksichtigen, dass der Kläger keineswegs in leitender Stellung bei der Beklagten tätig gewesen sei. Diese habe schon längst vor der Kündigung und Entlassung Kenntnis von der Absicht des Klägers gehabt, die Stellung bei ihr aufzugeben und anderwärts zu verbessern. Jedenfalls habe die Beklagte im Bestreben des Klägers um Verbesserung der Volkswagen-Organisation, deren Interessen er lt. Dienstvertrag in erster Linie zu fördern gehabt habe, keine Vertrauensunwürdigkeit oder Verletzung der Treuepflicht erblicken können.

Bei diesen Ausführungen übersieht der Revisionswerber das Wesentliche der Feststellungen und Annahmen des angefochtenen Urteils. Der Kläger hatte von der Beklagten den Auftrag, sich um ein passendes Grundstück in Bregenz für die Beklagte, seine Dienstgeberin, zwecks Errichtung einer Volkswagen-Servicestation und Volkswagenverkaufsstelle als Filialbetrieb des Beklagten-Unternehmens in Dornbirn umzusehen. Statt diesem Auftrag nachzukommen, wandte er sich im März 1957 an die Firma Porsche Konstruktionen K.G. in Salzburg wegen selbständiger Errichtung der geplanten Verkaufsstelle. Im Schreiben vom 5. 3. 1957, Beilage ./B, an die Firma Porsche Konstruktionen K.G. ist davon die Rede, dass das Grundstück durch einen Gesellschafter beigestellt werde, er und offenbar sein Gesellschafter sich zur Übernahme eines Festauftrages von cirka zweihundert Volkswagen verpflichten würden.

Es heißt dann weiter wörtlich: "Eine so große Investition ist nur möglich, wenn auch ein entsprechender Gewinn erzielt wird, daher wäre mit dem Bau die unbedingte Zusage der Händlerberechtigung mit Gebietsschutz ... notwendig ...". Damit allein schon wird die Behauptung des Revisionswerbers, dass er die Beklagte nicht ausschalten wollte, widerlegt; denn, so fragt mit Recht die Revisionsgegnerin, hätte er die Absicht gehabt, mit Beteiligung der Beklagten das Unternehmen aufzuziehen, wäre die Beistellung des Grundstücks durch einen Dritten ebenso unnotwendig gewesen wie das Anbot zur Übernahme eines Festauftrages und die Sorge um die Händlerberechtigung, da die Beklagte diese Berechtigung ohnedies besaß. Die Revisionsgegnerin hält in ihrer Revisionsbeantwortung dem Kläger auch zu Recht weitere Stellen seiner Korrespondenz mit der Firma Porsche Konstruktionen K.G. vor, so etwa die, in der er sich besorgt äußert, er könnte in eine sehr unangenehme Lage kommen, die wahrscheinlich sein Ausscheiden aus der Volkswagenorganisation bedeuten würde, wenn die Firma Porsche Konstruktionen K.G. trotz seines Angebots einen Volkswagenfilialbetrieb durch den Großhändler dulden würde, und die Nachschrift, inhaltlich deren die Firma W***** vom Angebot des Klägers nicht in Kenntnis gesetzt wurde. In dem Schreiben des Klägers vom 5. 5. 1957, Beilage ./C, gibt der Kläger zu, sein Partner befürchte mit Recht, dass er ein Doppelspiel betreibe, hält es aber nichtsdestoweniger für angebracht, die Beklagte bei der Firma Porsche Konstruktionen K.G. durch ganz eindeutige Bemerkungen herabzusetzen. Erst als er erfuhr, dass es der Beklagten ohne sein Zutun gelungen war, ein Grundstück in Bregenz zu erwerben, trat er der Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit der Beklagten näher, gab jedoch seine Hoffnung nicht auf, dass die Firma Porsche Konstruktionen K.G. die Verhandlungen so führen werde, dass die Beklagte keine Filiale ohne Beteiligung mit dem Kläger als Geschäftsführer eröffnen dürfe. Nicht mit Unrecht weist schließlich die Revisionsgegnerin in der Revisionsbeantwortung darauf hin, dass der Kläger im Schreiben vom 9. 6. 1957, Beilage ./G, d.i. nach bereits geschehener Entlassung, vollends jede Maske fallen ließ und seine wahre Gesinnung gegenüber der Beklagten in unverhüllter Form zum Ausdruck brachte.

Der Versuch des Revisionswerbers, die Beklagte gegen deren ausdrücklichen Willen von der Errichtung einer Volkswagenwerkstätte in Bregenz auszuschließen, sodann der Versuch, die Firma Porsche Konstruktionen K.G. als Druckmittel gegen die Beklagte bei Verhandlungen in der Weise zu benützen, dass die Beklagte mit ihm zusammen als Geschäftsführer eine solche Verkaufsstelle in Bregenz eröffne und betreibe, die nicht zu verkennende Herabsetzung der Beklagten in der Behandlung von Kunden stellen ganz ohne Zweifel Akte der Treulosigkeit dar, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen ließen (§ 27 Z. 1 AngG.). Das Verhalten des Klägers fällt in seine Dienstzeit bei der Beklagten und hat keinen Zusammenhang mit einer Verbesserung seiner Existenz nach einer allfälligen Auflösung des Dienstverhältnisses zur Beklagten. Der Kläger hat nicht nur den Auftrag seiner Dienstgeberin ignoriert, sondern diesem Auftrag hinter dem Rücken der Dienstgeberin geradezu entgegengehandelt. Er fühlte sich offenbar durch seine von ihm behaupteten großen Verkaufserfolge so stark, dass er selbst die Gefahr eines Konfliktes mit der Beklagten zu riskieren glaubte. Die Behauptung, nur eine untergeordnete Stelle bei der Beklagten gehabt zu haben, nimmt sich angesichts der Hinweise des Klägers auf seine überaus erfolgreiche Tätigkeit als Verkäufer in Diensten der Beklagten betont unsachlich aus. Richtig ist wohl, dass der Kläger laut Dienstvertrag die Interessen des Volkswagenwerkes, der Firma Porsche Konstruktionen K.G. sowie der Beklagten in jeder Beziehung zu fördern hatte, ebenso richtig ist aber auch, dass er sich ausdrücklich verpflichtete, alle bisherigen und kommenden Weisungen hinsichtlich des Verkaufes und Kundendienstes zu befolgen, und innerhalb der Firma dem Verkaufsleiter verantwortlich war. Es heißt doch diese Stelle des Vertrages absichtlich missverstehen, wenn der Revisionswerber mit Berufung auf sie sein Verhalten gegen die Beklagte zu rechtfertigen sucht. Der Kläger kann nicht bestreiten, dass sein Dienstgeber die Beklagte und nur diese war. Eine Förderung der Interessen des Volkswagenwerkes oder der Firma Porsche Konstruktionen K.G., die sich offensichtlich zum Nachteil der Interessen der Beklagten auswirkt oder eine Nichtbefolgung der Weisungen der Beklagten bedeutet, lässt sich mit § 7 des Dienstvertrages unmöglich rechtfertigen. Eine sinnvolle Auslegung der bezüglichen Vertragsbestimmung darf das Treueverhältnis des Dienstnehmers zum Dienstgeber niemals außer Acht lassen. Dass die Beklagte durch das Vorgehen des Klägers geschädigt werden musste und die Entlassung rechtzeitig nach Kenntniserlangung vom wahren Sachverhalt durch die Beklagte vorgenommen wurde, hat das angefochtene Urteil gleichfalls irrtumsfrei erkannt. Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher der Begründung des angefochtenen Urteils an, vermag also in dieser eine irrige rechtliche Beurteilung der Sache nicht zu erkennen. Der Revision musste bei der gegebenen Sach- und Rechtslage ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E76815 4Ob77.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0040OB00077.6.0721.000

Dokumentnummer

JJT_19600721_OGH0002_0040OB00077_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten