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E6J;Norm
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Mag. Bernhard Schuller, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 38, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 23. September 2004, Zl. ABK - 544/04, betreffend Getränkesteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer vom Magistrat der Stadt Wien durchgeführten Getränkesteuerrevision betreffend Zeitraum "1/95 - 6/2000" hielt der Prüfer in der mit dem Beschwerdeführer am 11. Juli 2000 aufgenommenen Niederschrift fest:
"(Der Beschwerdeführer) betreibt an oben angeführtem Standort ein Lokal in Form einer Bar, in der unter anderem alkoholhältige
u. alkoholfreie Getränke entgeltlich an Letztverbraucher abgegeben werden.
Wie bereits in der Niederschrift v. 24.5.2000 dargestellt wurden keinerlei Geschäftsaufzeichnungen geführt.
Aus diesem Grund werden die Bemessungsgrundlagen im Wege der Schätzung gemäß § 145 WAO ermittelt.
Als Grundlage für die Schätzung dienen die Art, Lage, Struktur und der Umfang des Betriebes. Sowie die Angaben des Betreibers hinsichtlich Umsätze, Öffnungszeiten und Art der Konsumation."
Die zu entrichtende Getränkesteuer für den Zeitraum "1/95 - 6/00" habe (in der Niederschrift näher aufgeschlüsselt) S 443.328,-- betragen.
Anlässlich einer weiteren Getränkesteuerrevision "7/00 - 12/00" hielt der Prüfer in der mit dem Beschwerdeführer am 6. und 11. März 2003 aufgenommenen Niederschrift fest:
"Anlässlich der heute angesetzten Revision wurden keine Geschäftsaufzeichnungen vorgelegt.
Aus diesem Grund werden die Bemessungsgrundlagen gemäß § 145 WAO im Wege der Schätzung ermittelt."
Der Beschwerdeführer anerkannte das Revisionsergebnis (Getränkesteuer für das Jahr 2000 mit insgesamt 2.105,43 EUR) der Höhe, nicht aber dem Grunde nach.
Mit Bescheid vom 4. April 2003 schrieb der Magistrat der Stadt Wien dem Beschwerdeführer für die Jahre 1995 - 2000 Getränkesteuer in der Höhe von EUR 32.583,00 vor.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, das Getränkesteuergesetz verweise auf den Unternehmerbegriff des UStG. Getränkesteuer könne nur vorgeschrieben werden, wenn der Beschwerdeführer Unternehmer sei. Dies sei aber nicht der Fall. Das Finanzamt habe bereits Anfang der Neunzigerjahre festgestellt, dass die Tätigkeit im Betrieb (in der Folge auch: Weinbar) nicht auf die Erzielung von Einnahmenüberschüssen bzw. Gewinn im Sinne des EStG und des UStG gerichtet gewesen sei. Daher sei sowohl einkommens- als auch umsatzsteuerrechtlich Liebhaberei angenommen worden. In der Weinbar seien jahrelang nur Verluste erzielt worden. Genau dies habe das Finanzamt dazu bewogen, Liebhaberei auch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne festzustellen. Die Weinbar sei nun seit langen Jahren unverändert und in denselben Räumlichkeiten geführt worden. Die Tätigkeit sei nicht auf Dauer auf Einnahmenüberschüsse ausgelegt gewesen. Aus diesem Grunde liege keine Unternehmerstellung im Sinne des UStG vor. Mangels Unternehmereigenschaft könne auch keine Getränkesteuer vorgeschrieben werden. In eventu werde hinsichtlich der für alkoholische Getränke vorgeschriebenen Getränkesteuer in Höhe von EUR 22.143,-- Gemeinschaftsrechtswidrigkeit geltend gemacht. Es treffe zwar zu, dass kein Rechtsbehelf eingebracht worden sei. Dies erkläre sich aber daraus, dass die Abgabenbehörde erstmalig im Jahr 2003 Getränkesteuer vorgeschrieben habe. Wenn aber die Abgabenbehörde acht Jahre später erstmalig Getränkesteuer vorschreibe, dann sei der Telos des EuGH-Urteils eben genau nicht erfüllt. Wenn kein Rechtsbehelf deswegen erhoben worden sei, weil die Abgabenbehörde nicht einmal Getränkesteuer vorgeschrieben habe, so sei zu berücksichtigen, dass nunmehr bekannt sei, dass die Getränkesteuer gemeinschaftsrechtswidrig sei. Ein gemeinschaftsrechtswidriges Gesetz dürfe nicht weiter angewendet werden. Die Vorschreibung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke erweise sich als rechtswidrig. Weiters habe die Abgabenbehörde keine Ermittlungsschritte hinsichtlich der Unternehmereigenschaft durchgeführt und solche Feststellungen fänden sich auch nicht in der Bescheidbegründung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt und änderte den bekämpften Bescheid wie folgt ab:
"Jahr
Bemessungsgrundlage
alkoholische Getränke
(Steuersatz 10 %)
Bemessungsgrundlage
alkoholfreie Getränke
(Steuersatz 5 %)
Bemessungsgrundlage
Speiseeis
(Steuersatz 10 %)
Steuer-
betrag
1997
43.560,00
34.800,00
6.096,00
1998
43.560,00
34.800,00
6.096,00
1999
43.560,00
34.800,00
6.096,00
2000
3.630,00
34.800,00
2.103,00
Alle Beträge in Euro
Summe
20.391,00"
In der Begründung heißt es, es stehe unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer vor dem 9. März 2000 auch nach dem weiten Verständnis des Begriffes "Rechtsbehelf" keinen entsprechenden Verfahrensschritt gesetzt habe. Er habe vor diesem Zeitpunkt weder eine Nullerklärung abgegeben, noch einen Rückerstattungsantrag gestellt oder sonst einen tauglichen Schritt zur Durchsetzung diesbezüglicher Rechte gesetzt. Daran könne auch der Umstand, dass die Getränkesteuerprüfung erst nach dem 9. März 2000 stattgefunden habe bzw. der bekämpfte Bescheid erst nach diesem Zeitpunkt erlassen worden sei, nichts ändern. Die Vorschreibung der vor dem 9. März 2000 fälligen Getränkesteuer für alkoholische Getränke sei daher auch vor dem Hintergrund des zitierten EuGH-Urteiles zulässig.
Der Betrieb des Beschwerdeführers sei als Liebhabereibetrieb eingestuft worden und es sei keine Getränkesteuerpflicht gegeben gewesen. Der Beschwerdeführer habe nicht davon ausgehen können, dass trotz dieser Einstufung durch das Finanzamt und der Akzeptanz durch den Magistrat der Stadt Wien, dieser Status auch in Zukunft zutreffen müsse. Vor allem dann nicht, wenn eine Änderung der Unternehmensführung vorgenommen worden sei. Diese Änderung sei im Rahmen der jüngsten Betriebsprüfung des Finanzamtes rückwirkend festgestellt und dem Betrieb der Status der Liebhaberei aberkannt worden. Da die Änderung der Betriebsführung lt. Feststellung des Finanzamtes ab dem Jahr 1997 stattgefunden habe, sei der Bemessungszeitraum auf die Jahre 1997 bis 2000 einzuschränken gewesen.
In dem mit den Verwaltungsakten vorgelegten Betriebsprüfungsbericht des Finanzamtes für den 9., 18. und 19. Bez. vom 3. Dezember 2002 betreffend Umsatzsteuer 1997 - 2001 und Einkommensteuer 1997 - 2000 heißt es unter anderem:
"Im Rahmen der Vor- Bp wurde durch die Amtsbetriebsprüfung des Finanzamtes für den 9., 18. und 19. Bezirk die (Weinbar) ab dem Jahr 1989 als Liebhabereibetrieb eingestuft. Die (Weinbar) wurde zum damaligen Zeitpunkt in der Rechtsform einer Ges.m.b.H & Co KG geführt. Im Jahr 1990 wurde der Betrieb an die
... Ges.m.b.H verkauft. Per 1.11.1993 wurde diese Ges.m.b.H.
liquidiert, wobei das Inventar vom Heurigenbetrieb ... gekauft
wurde und die Bankverbindlichkeiten (vom Beschwerdeführer) ins Privatvermögen übernommen wurden. Ab diesem Zeitpunkt führte (der Beschwerdeführer) die Bar als Einzelunternehmer.
Im Prüfungsverfahren konnte festgestellt werden, dass sich die Weinbar zu einem Jugendtreff mit Clubbings geändert hat. Die Änderung der Bewirtschaftung (geänderte Betriebsführung, Gästefrequenz und bauliche Maßnahmen) sowie auch die Rechtsformänderung lassen den zwingenden Schluss zu, dass ab dem 1.1.1997 keine Liebhaberei mehr anzunehmen ist und Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen."
In den Jahren 1997 - 2001 wurden nach den Feststellungen der genannten Betriebsprüfung des Finanzamtes vom Beschwerdeführer mit der Weinbar jährlich Erlöse von ca. 2,5 bis 3 Mio. S erwirtschaftet.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es weiters, Gegenstand dieses Verfahrens sei nicht die Erledigung eines Rückzahlungsantrages. Über diesen habe die Abgabenbehörde erster Instanz zu entscheiden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung der Getränkesteuer verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass ein als Liebhaberei qualifizierter Verkauf von Getränken nicht der Getränkesteuer unterliegt.
Nach den im Beschwerdeverfahren unbestritten gebliebenen Feststellungen im Prüfbericht des Finanzamtes wurde die im Jahre 1989 in der Rechtsform einer Ges.m.b.H. & Co KG geführte Weinbar als Liebhabereibetrieb eingestuft. Ab dem 1. November 1993 führte der Beschwerdeführer die Weinbar, die zu einem Jugendtreff mit Clubbings geändert wurde, selbst. Ab dem Prüfungszeitraum 1. Jänner 1997 war nach den Feststellungen des prüfenden Finanzamtes wegen Änderung der Bewirtschaftung (geänderte Betriebsführung, Gästefrequenz und bauliche Maßnahmen) keine Liebhaberei mehr anzunehmen.
Es besteht kein Rechtsanspruch darauf, eine einmal als Liebhaberei qualifizierte Tätigkeit auch zukünftig immer als Liebhaberei zu qualifizieren, da der Liebhabereibetrachtung jeweils nur Zeiträume gleicher Wirtschaftsführung zugrunde gelegt werden können. Tritt eine Änderung der Bewirtschaftungsart ein, so ist anhand der geänderten Verhältnisse neuerlich zu beurteilen, ob für den neuen Zeitraum Liebhaberei vorliegt. Mit einer Änderung der Wirtschaftsführung würde ein neuer Beurteilungszeitraum zu laufen beginnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 89/14/0088).
Im Beschwerdefall trat seit der letzten Beurteilung der Betriebsführung im Jahr 1989 eine Änderung der Bewirtschaftungsart ein, der eine neuerliche Beurteilung des Betriebes erforderlich gemacht hätte. Eine Weinbar unterscheidet sich grundlegend von einem Jugendtreff mit Clubbings. Unbestritten blieb auch, dass sich die Gästefrequenz erhöht hat und bauliche Maßnahmen vorgenommen wurden.
Gemäß § 93 WAO haben die Abgabepflichtigen der Abgabenbehörde alle Umstände anzuzeigen, die ihre Abgabepflicht begründen, ändern oder beendigen. Sie haben auch den Wegfall von Voraussetzungen für eine Befreiung von einer Abgabe anzuzeigen.
Hinsichtlich der Umsatzsteuer umfasst die Anzeigepflicht des § 120 Abs. 1 erster Satz BAO die Begründung und die Beendigung der Unternehmereigenschaft (Stoll, BAO-Kommentar, 1369).
Hängt die Getränkesteuerpflicht an der Unternehmereigenschaft und tritt insofern eine Änderung ein, dann besteht nach § 93 WAO eine Anzeigepflicht über diese geänderten Verhältnisse. Der zum Unternehmer gewordene Abgabepflichtige hat die Änderung seiner nunmehr unternehmerischen Betriebsführung anzuzeigen.
Eine solche Anzeige ist nicht erfolgt. Bei der bereits angeführten Änderung der Bewirtschaftungsart kann sich der Beschwerdeführer - entgegen seiner Ansicht - nicht auf die in der Vergangenheit erfolgte Einstufung seines Betriebes als Liebhaberei verlassen, weil damals der Betrieb auf andere Art geführt wurde.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, hat die belangte Behörde durch Übernahme des Inhalts des Betriebsprüfungsberichtes des Finanzamtes im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass (jedenfalls) ab 1.1.1997 eine Änderung der Unternehmensführung gegenüber 1989 vorlag und seit diesem Zeitpunkt der Betrieb nicht mehr als Liebhaberei eingestuft werden könne.
Im Abgabenverfahren dürfen auch Beweismittel verwendet werden, die andere Behörden erhoben haben. Eine unmittelbare Beweisaufnahme ist im Abgabenverfahren nicht erforderlich (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 1 zu § 183, mit angeführter Rechtsprechung und Literatur).
Die belangte Behörde konnte daher wegen Vorliegens eines getränkesteuerpflichtigen Unternehmens jedenfalls seit dem 1. Jänner 1997 die Getränkesteuer für Zeiträume ab dem 1. Jänner 1997 vorschreiben.
Nach Punkt 3. des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 9. März 2000, Rs C-437/97, kann sich niemand auf Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12/EWG berufen, um Ansprüche betreffend Abgaben wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass dieses Urteils entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt.
Punkt 3. dieses Urteils begünstigt nur die Fälle, in denen Rechtsbehelfe vor dem 9. März 2000 eingelegt waren, nicht aber die Fälle, in denen ein Rechtsbehelf nach Erlass des Urteils eingelegt wird. Es wäre unsachlich, die redlichen Abgabepflichtigen, die vor dem 9. März 2000 keinen Rechtsbehelf eingelegt haben und nach dem 9. März 2000 nicht mehr wirksam einlegen können, gegenüber den unredlichen Abgabepflichtigen zu benachteiligen, die vor dem 9. März 2000 fällig gewordene Abgaben verkürzt und gegen die Vorschreibung der Getränkesteuer erst nach dem 9. März 2000 einen Rechtsbehelf eingelegt haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2002/16/0255).
Der Beschwerdeführer hat vor dem 9. März 2000 keinen Rechtsbehelf eingelegt. Aus diesem Grunde kann er sich nicht auf das genannte Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 9. März 2000, Rs C-437/97, berufen. Im Übrigen ist zu bemerken, dass es Sache des Beschwerdeführers gewesen wäre, seiner Anzeigepflicht nach § 93 WAO nachzukommen, wodurch er die Möglichkeit gehabt hätte, im Falle Bestreitung der Getränkesteuerpflicht auch entsprechende Rechtsbehelfe noch vor dem genannten Datum einzubringen.
Der Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer ist nicht Gegenstand des Abgabenverfahrens gewesen, sodass die diesbezüglichen Beschwerdevorbringen ins Leere gehen.
Da der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Mit der Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 17. März 2005
Gerichtsentscheidung
EuGH 61997J0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004160252.X00Im RIS seit
18.04.2005Zuletzt aktualisiert am
11.11.2011