TE OGH 1960/10/7 1Ob240/60

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.1960
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Zweiten Präsidenten Dr. Fellner als Vorsitzenden und die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gitschthaler, Dr. Stanzl, Dr. Zierer und Dr. Bachofner als Richter in der Handelsregistersache der Firma Joh. A***** mit dem Sitze in K***** infolge Revisionsrekurses der Erben nach Adolf A***** namens Othmar A*****, Erich A*****, vertreten durch Dr. Rudolf M. Schüssler, Wien I., gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 28. Mai 1960, GZ 4 R 180/60-180, womit der Beschluss des Kreisgerichtes Krems a. d. Donau als Handelsgerichtes vom 13. April 1960, GZ HRA 3/193-173, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht hat verfügt, dass zu den zur Klärung und Entscheidung der Frage, ob der Gesellschafter Hans A***** berechtigt ist, die Firma Joh. A***** ohne Liquidation zu übernehmen oder ob durch den Tod des seinerzeitigen Gesellschafters Adolf A***** der Liquidationsfall eingetreten ist, anzuberaumenden Tagsatzungen die Erben nach Conrad A***** sen., Margarethe H*****, Dr. Wilhelm H*****, Dr. Ing. Hans H*****, Dr. Richard H***** und Dr. Vilma A***** nicht zugelassen werden. Es hat aus dem Registerakt HRA 3/193 des Kreisgerichtes Krems festgestellt: Als Gesellschafter der im Handelsregister des Kreisgerichtes Krems eingetragenen offenen Handelsgesellschaft Joh. A***** mit dem Sitz in K*****, scheinen Hans A***** und Adolf A*****, beide kollektivvertretungsbefugt, auf. An der offenen Handelsgesellschaft war als stiller Gesellschafter die Verlassenschaft nach dem am 4. 9. 1933 verstorbenen Conrad A***** sen. beteiligt. Laut Gedenkprotokoll vom 6. 10. 1930, einliegend in ON 6 des Aktes, wurde das stille Gesellschaftsverhältnis auf die Dauer der Firma geschlossen. Auf Grund des Erbteilungsübereinkommens vom 17. 11. 1954 wurde der Nachlass nach Conrad A***** sen. auf 15 Personen mit einem teilweise unterschiedlichen Prozentsatz aufgeteilt. Am 31. 1. 1946 starb der Gesellschafter der Firma Joh. A*****, Adolf A*****, und hinterließ die großjährigen Söhne Othmar und Erich A*****, die zunächst die bedingte Erbserklärung abgaben und nachher in eine unbedingte umwandelten. Das Verlassenschaftsgericht nahm die unbedingten Erbserklärungen am 26. 5. 1949 an. Da die Frage, ob der Gesellschafter Hans A***** berechtigt ist, die Gesellschaft ohne Liquidation zu übernehmen, oder durch den Tod des Adolf A***** der Liquidationsfall eingetreten ist, infolge der gegensätzlichen Standpunkte des überlebenden Gesellschafters einerseits und der Erben nach Adolf A***** andererseits noch nicht geklärt und entschieden werden konnte, ist die Registerordnung in Ansehung des verstorbenen Gesellschafters noch nicht hergestellt. Ein Teil der Erben nach Conrad A***** sen., bestehend aus Margarethe H*****, Dr. Wilhelm H*****, Dr. Ing. Hans H*****, Dr. Richard H***** und Dr. Vilma A*****, beantragt die Zulassung zu den Tagsatzungen, die zur Klärung und Entscheidung der schon erwähnten Frage vom Gerichte anberaumt werden.

Der Antrag sei abzuweisen, meint das Erstgericht, weil die Antragsteller zwar behaupten, als Erben nach Conrad A***** sen. nunmehr offene Gesellschafter der Firma Joh. A***** zu sein, ein solches Gesellschaftsverhältnis jedoch von Hans A***** bestritten werde. Über die Streitfrage sei zu Cg 758/56 beim Kreisgerichtes Krems ein Zivilrechtsstreit anhängig, über den die Entscheidung noch ausstehe.

Infolge Rekurses der schon genannten Erbengruppe nach dem verstorbenen Conrad A***** sen. änderte das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichtes dahin ab, dass die Antragsteller in der vom Gericht zu klärenden Frage, ob der Gesellschafter Hans A***** berechtigt ist, die Firma Joh. A***** ohne Liquidation zu übernehmen oder ob durch den Tod des seinerzeitigen Gesellschafters Adolf A***** der Liquidationsfall eingetreten ist, als Beteiligte angesehen und daher auch bei den über diesen Verhandlungsgegenstand anzuberaumenden Tagsatzungen zugelassen werden. Die Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses begründet das Rekursgericht mit folgenden Erwägungen: Für Rechtsmittel in Handelsregistersachen stünden die Vorschriften der §§ 9 ff AußStrG in Geltung. Danach könne derjenige eine „Verfügung" des Registergerichtes mit Rekurs bekämpfen, dessen rechtlich geschützte Interessen dadurch beeinträchtigt werden. Ob der Beschluss des Erstgerichtes sich als prozessleitende Verfügung darstelle oder nicht, brauche nicht untersucht zu werden, weil im Außerstreitverfahren auch prozessleitende Verfügungen grundsätzlich anfechtbar seien, soferne nicht eine besondere gesetzliche Ausnahme vorliege oder besondere Anfechtungsbeschränkungen gelten würden. Solche Anfechtungsbeschränkungen seien hier nicht gegeben, der sohin zulässige Rekurs sei im Ergebnis auch begründet. Der Hinweis des Erstgerichtes auf den Standpunkt der Antragsteller Margarethe H***** und Gen., offene Gesellschafter des Unternehmens geworden zu sein, worüber in einem anhängigen Prozess noch zu entscheiden sei, könne nicht als ausreichende und stichhältige Begründung dafür angesehen werden, den Antragstellern die Eigenschaft als Beteiligte in der gegenständlichen Frage abzusprechen und sie von weiteren Verhandlungen darüber auszuschließen. Aus der Aktenlage ergebe sich jedenfalls, dass Margarethe H***** und Gen. zumindest in irgendeinem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis zum Unternehmen oder zu einem Gesellschafter desselben stehen. Das stille Gesellschaftsverhältnis mit Conrad A***** sen. sei auf die Dauer des Unternehmens Joh. A***** geschlossen worden. Als Rechtsnachfolge des Conrad A***** sen. könnten die Antragsteller Margarethe H***** und Gen. in dieses stille Gesellschaftsverhältnis eintreten. Die Frage, ob die offene Handelsgesellschaft Joh. A***** aufgelöst oder von einem Gesellschafter ohne Liquidation übernommen worden ist, berühre auch den Bestand der stillen Gesellschaft; die stillen Gesellschafter müssten daher als Beteiligte angesehen werden. Die Antragsteller hätten wiederholt den Standpunkt vertreten, auf Grund des im Jahre 1944 abhandlungsbehördlich genehmigten Erbübereinkommens vom 22. 3. 1940 offene Gesellschafter des Unternehmens geworden zu sein, welchen Standpunkt sie auch im Prozesswege durchzusetzen suchten. Der Gesellschafter Hans A***** habe dieses Erbenübereinkommen vergeblich zu bestreiten versucht. Ob die Antragsteller Margarethe H***** und Gen. nun offene Gesellschafter des Unternehmens geworden oder nur intern am Geschäftsanteil des Gesellschafters Hans A***** beteiligt seien, in jedem Falle berühre sie die noch zu klärende Frage des Bestandes oder der Auflösung der Firma Joh. A*****. Wie immer die Rechtsbeziehungen der Antragsteller Margarethe H***** und Gen. zum Unternehmen oder zu einem Gesellschafter desselben rechtlich beurteilt würden, immer ergebe sich eine Abhängigkeit ihrer Rechte von der noch ausstehenden Entscheidung über den weiteren Bestand des Unternehmens oder dessen Auflösung. Ihr Ausschluss von einem ihrer Rechtssphäre berührenden Verhandlungsgegenstand sei daher nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen den Beschluss des Rekursgerichtes erhobenen Revisionsrekurs der Erben des verstorbenen Firmengesellschafters Adolf A*****, womit in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die „Bestätigung" des Beschlusses des Erstgerichtes vom 13. 4. 1960, HRA 3/193-173, angestrebt wird, kommt keine Berechtigung zu.

Die Registerordnung, so behaupten die Rechtsmittelwerber, sei nur eine Angelegenheit zwischen dem als offenen Gesellschafter eingetragenen Hans A***** und den Rechtsnachfolgern des verstorbenen Gesellschafters Adolf A*****. An dieser Ordnung hätten die Erben nach Conrad A***** sen. nur mittelbares Interesse. Dasselbe treffe bei Entscheidung der Frage zu, ob Firmenliquidierung oder Fortführung des Unternehmens durch Hans A***** oder eine Interimslösung stattfinden solle. Es stehe im Ermessen des Außerstreitrichters, ob er Tagsatzungen anberaumen wolle oder nicht, ebenso wen er zu solchen Tagsatzungen laden wolle. Niemand habe Anspruch auf Änderung prozessleitender Verfügungen. Jeder Interessent sei in der Lage, ins öffentliche Handelsregister und die dazu gehörigen Akten Einblick zu nehmen, wenn er sein berechtigtes Interesse nachweise. Er könne auch im Klagewege oder auf sonst einem gesetzlichen Wege versuchen, sein vermeintliches Recht durchzusetzen. Wer als zeichnungsberechtigt im Handelsregister eingetragen wird, hätten lediglich die Gesellschafter der Firma und deren Rechtsnachfolge zu bestimmen, niemals jedoch ein stiller Gesellschafter oder eine Erbengemeinschaft. Es sei übrigens seinerzeit vereinbart worden, dass nur die Erbengemeinschaft den gemeinsamen Vertreter stellen könne. Es werde Sache der einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft sein, entweder im Wege der Vereinbarung oder im Prozesswege durchzusetzen, wer im Sinne der seinerzeitigen Verträge zum Einschreiten für die Erbengemeinschaft berechtigt sei. Solange das Erstgericht seine Verfügung nicht selbst aufhebe, seien die Rekurswerber nicht nur zu den Verhandlungen nicht zu laden, sondern auch nicht als Beteiligte anzusehen. Die Ausführungen der Rechtsmittelwerber sind nicht geeignet, die im Wesentlichen zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses zu widerlegen. Die Frage, ob der Gesellschafter Hans A***** berechtigt ist, die Firma Joh. A***** ohne Liquidation zu übernehmen, oder ob durch den Tod des seinerzeitigen Gesellschafters Adolf A***** der Liquidationsfall eingetreten ist, berührt gewiss auch die Rechte der Rechtsnachfolger des stillen Gesellschafters Conrad A***** sen. Bedarf doch beispielsweise jeder Wechsel in der Person der Gesellschafter oder die Übertragung der Gesellschaftsrechte der Zustimmung aller Gesellschafter, auch des stillen (Baumbach, Kurzkommentar zum HGB S. 384). Ist eine Handelsgesellschaft Inhaber eines Geschäftes, an dem Dritte als stille Gesellschafter beteiligt sind, so kann die Auflösung der Handelsgesellschaft auch jene der stillen Gesellschaft nach sich ziehen (Baumbach, S. 389). Im Außerstreitverfahren obliegt dem Gerichte im weitesten Umfang eine Ermittlungspflicht. Es gilt amtswegige Feststellungen des Sachverhalts unter Beihilfepflicht der Beteiligten zu dessen Aufklärung (Ott, Rechtsfürsorgeverfahren, S. 146). Behufs möglichst wirksamer Entfaltung produktiven Rechtsschutzes hat das Gericht, mag es nun von Amts wegen oder auf Ansuchen eines Beteiligten vorgehen, die Verhandlung derart zu leiten, dass der die gerichtliche Verfügung bedingende Sachverhalt auf das verlässlichste und vollständigste erhoben wird (Ott aaO S. 152 f). Gewiss liegt die formelle Leitung des Verlaufs einer Verhandlung in Sachen freiwilliger Gerichtsbarkeit ausschließlich in der Hand des Richters, ohne dass den Beteiligten eine an sich wirksame Einflussnahme auf dessen Gang und Gestaltung vorbehalten wäre. Es ist auch nicht gleichzeitiges Verhandeln mit allen Beteiligten geboten, daher auch aufeinanderfolgende Einvernahmen der einzelnen Interessenten in Abwesenheit der anderen zulässig (Ott aaO S. 161). Das hat jedoch nichts mit der Frage zu tun, ob jemand als Beteiligter in einem bestimmten Verfahren anzusehen ist oder nicht, ob er auf Beiziehung und Anhörung bei oder in Verhandlungen über den Gegenstand der gerade anhängigen Außerstreitsache Anspruch hat. Eine Besonderheit bei der Gestaltung des Beschwerderechtes ist es, dass Abhilfe auch gegen das Verfahren leitende Beschlüsse der ersten Instanz sogleich bei dem nächsten übergeordneten Gerichte angestrebt werden kann (SZ XXVIII/262; Ott aaO S. 237). Warum hier nur eine Gruppe der Erben nach Conrad A***** sen. als Antragsteller auftritt und ob dieser Gruppe zum Unterschied von der Erbengemeinschaft überhaupt eine Legitimation zum Einschreiten zukommt, wird im Laufe des weiteren Verfahrens zu klären sein, von vornherein lässt sich auch hier nicht ohne weiteres jede Legitimation der Antragsteller ausschließen. Richtig ist, dass über die Zeichnungsberechtigung und ihre Eintragung im Handelsregister in der Regel nur die offenen Gesellschafter der Firma oder deren Rechtsnachfolger zu bestimmen haben, ebenso richtig aber auch, dass, wie schon erwähnt, die Frage der Auflösung oder des Fortbestandes des Unternehmens auch von Einfluss auf die Rechte der Antragsteller ist. Es ergibt sich demnach, dass die Zuerkennung der Beteiligten-Eigenschaft an die Antragsteller durch die angefochtene Entscheidung keinem Bedenken begegnet. Dies hat zur Folge, dass dem Revisionsrekurs der Erben nach Adolf A***** ein Erfolg nicht beschieden sein konnte.

Anmerkung

E84898 1Ob240.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0010OB00240.6.1007.000

Dokumentnummer

JJT_19601007_OGH0002_0010OB00240_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten