TE OGH 1960/10/21 1Ob232/60

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Veröffentlicht am 21.10.1960
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Zweiten Präsidenten Dr. Fellner als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schuster, Dr. Gitschthaler, Dr. Zierer und Dr. Bauer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, Gesellschaft m.b.H. in *****, vertreten durch Dr. Josef Halmer-Täuber, Rechtsanwalt in Wien und des Nebenintervenienten Ing. Franz J*****, vertreten durch Dr. Hugo Schally, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1.) Josef K*****, Bergarbeiter *****, 2.) Maria K*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Viktor Mulley, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wegen 31.441 S sA infolge Rekurses des Nebenintervenienten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 4. Mai 1960, GZ 2 R 116/60-20, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 9. März 1960, GZ 3 Cg 1110/59-15, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Laut Kaufantrag vom 13. 3. 1959 kauften die Beklagten von der klagenden Partei einen Musikautomaten, und zwar in der Form, dass die klagende Partei ihn vom Nebenintervenienten gegen Barzahlung kaufte und ihn sodann auf Raten bei Terminsverlust und unter Eigentumsvorbehalt an die Beklagten weiterverkaufte. Zur Deckung des Kaufpreises übergaben die Beklagten der klagenden Partei fünf Blankoakzepte.

Aufgrund dieser Akzepte erwirkte die klagende Partei einen Wechselzahlungsauftrag über den Betrag von 31.603,90 S samt Anhang, gegen den die Beklagten Einwendungen erhoben. Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag hinsichtlich eines Betrages von 31.441 S samt Anhang aufrecht und hob ihn hinsichtlich eines Betrages von 162,90 S samt Anhang auf.

Das Berufungsgericht gab der von den Beklagten gegen den stattgebenden Teil des Ersturteils eingebrachten Berufung Folge (die Teilabweisung blieb unangefochten), hob das Urteil diesbezüglich unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Unter Ablehnung der den oberstgerichtlichen Entscheidungen SZ XXIV 84, XIX 182 und amtl. Slg 1190 zugrunde liegenden Rechtsansicht folgte es der in den oberstgerichtlichen Entscheidungen JBl 1959, S 37, RSpr 1931, Nr 328 ua, vertretenen Meinung, dass dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Wechselinhaber selbst Vertragspartner des Beklagten ist oder wenn er beim Erwerb des Wechsels nachweislich bewusst zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat, § 6 RatenG und nicht § 89 JN anzuwenden sei. Es müsse daher von Amts wegen geklärt werden, ob der Kaufvertrag auf Seite der Beklagten ein Handelsgeschäft ist. Dies träfe zu, wenn sie Gasthauspächter wären oder zumindest das vom Vater der Zweitbeklagten gepachtete Gasthaus für eigene Rechnung führten. In diesem Fall käme das Ratengesetz gemäß seinem § 10 nicht zur Anwendung. Wäre hingegen der Erstbeklagte - wie er sich anlässlich seiner Parteienvernehmung bezeichnet - Bergmann und die Zweitbeklagte nur im Haushalt tätig, der Kaufvertrag somit auf Seiten der Beklagten kein Handelsgeschäft, dann wäre das Verfahren insoweit bei einem unheilbar unzuständigen Gericht durchgeführt worden und daher nichtig.

Dem Rekurs des Nebenintervenienten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Mit Recht ist das Berufungsgericht der zuletzt in der Entscheidung JBl 1959, S 37, vertretenen Rechtsansicht gefolgt. Der Oberste Gerichtshof hat sich darin unter Berücksichtigung der Lehre und der Rechtsprechung eingehend mit dem Verhältnis zwischen § 6 RatenG, § 89 JN sowie Art 17 WechselG befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Schutzbestimmungen des Ratengesetzes nur dann nicht anzuwenden sind, wenn Einwendungen aus dem Grundgeschäft gegen den Wechselinhaber gemäß Art 17 WechselG versagen. Der Ratenkäufer (Wechselschuldner) kann sich demnach auf die Bestimmungen des Ratengesetzes stets dann berufen, wenn der Wechselinhaber sein Vertragspartner ist, sowie dann, wenn er nachweisen kann, dass der Wechselinhaber bewusst zum Nachteil des Wechselschuldners gehandelt hat, sei es auch nur, um ihm die Einrede der Unzuständigkeit zu nehmen. In diesen Fällen ist gemäß § 6 RatenG die Unzuständigkeit von Amts wegen bis zur Vornahme der exekutiven Veräußerung zu berücksichtigen.

Die Rekursausführungen geben keinen Anlass, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Die Abstraktheit der Wechselschuld bleibt unangetastet; sie erfährt lediglich die Einschränkung gemäß Art 17 WechselG, die auch für die Zuständigkeitsfrage gilt. Von einer Umgehung des Neuerungsverbotes oder der im Wechselverfahren geltenden Eventualmaxime kann schon deshalb keine Rede sein, weil gemäß § 6 Abs 2 RatenG die Unzuständigkeit von Amts wegen bis zur Vornahme der exekutiven Veräußerung wahrzunehmen ist. Es bedarf daher auch keiner Bekämpfung der erstrichterlichen Feststellung durch die Beklagten, dass sie das vom Vater der Zweitbeklagten gepachtete Gasthaus führen, abgesehen davon, dass diese Feststellung nicht ausreicht, um mit Sicherheit die Kaufmannsqualität der Beklagten anzunehmen, weil es hiezu zumindest der Feststellung des Führens des Geschäftes für eigene Rechnung bedürfte.

Dem Rekurswerber ist zuzugeben, dass auf die Frage der Anwendbarkeit des Ratengesetzes und damit der Zuständigkeit dann nicht einzugehen wäre, wenn überhaupt keine Anhaltspunkte in dieser Richtung vorhanden wären. Dies trifft aber hier nicht zu, da die Beklagten in ihrer Berufung ausdrücklich vorgebracht haben, dass kein Handelsgeschäft vorliege und dass daher die Bestimmungen des Ratengesetzes anzuwenden seien.

Dem Rekurs war demnach nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E85241 1Ob232.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0010OB00232.6.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19601021_OGH0002_0010OB00232_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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