Norm
Gehaltsgesetz 1956 §18Kopf
SZ 33/113
Spruch
Zum Anspruch eines Vertragsbediensteten auf Überstundenentgelt im Sinne des § 22 VBG. 1948 und des § 18 GehaltsG. 1956.
Entscheidung vom 25. Oktober 1960, 4 Ob 136/60.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Kläger steht seit 25. März 1957 als Vertragsbediensteter im Dienste der beklagten Republik Österreich. Am 30. April 1957 wurde ein Sonderdienstvertrag gemäß § 36 VBG. 1948 abgeschlossen, wonach er als Jugenderzieher beschäftigt wird und sein Beschäftigungsausmaß achtundvierzig Wochenstunden beträgt. Mit der Behauptung, er habe in der Zeit vom 25. März 1957 bis 25. September 1957 814 Wochentagsüberstunden leisten müssen, ferner in den Jahren 1957 und 1958 an vier Feiertagen acht und an zwölf Feiertagen 13.5 Überstunden, begehrte der Kläger Überstundenentgelt nach § 20 VBG. 1948 im Gesamtbetrag von 12.264 S.
Das Erstgericht wies ab, weil ein Rechtsanspruch des Klägers nicht bestehe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das angefochtene Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache im wesentlichen mit folgender Begründung zurück: Durch den Dienstvertrag seien Mehrleistungsvergütungen nicht ausgeschlossen. Da der Vertrag die hilfsweise Geltung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 vorsehe, gelten gemäß dessen § 22 für Nebengebühren die einschlägigen Bestimmungen für Bundesbeamte sinngemäß. Dies sei § 1 Abs. 1 der Nebengebührenverordnung BGBl. Nr. 173/1948, der durch § 92 GehaltsG. 1956 nicht aufgehoben sei. Nach § 1 Abs. 1 NebengebührenV. bestehe auf die Mehrleistungsentschädigung ein Rechtsanspruch. Aus § 18 GehaltsG. 1956 folge dasselbe. Eine andere Auffassung würde eine Sittenwidrigkeit ergeben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge, hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und verwies die Sache an dieses Gericht zur neuerlichen Entscheidung zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zunächst ist allerdings dem Berufungsgericht insoweit zu folgen, als es meint, durch den vorliegenden Sondervertrag sei ein Anspruch auf Mehrleistungsvergütung nicht ausgeschlossen. Da aber der Vertrag über Mehrleistungen nichts enthält, ist insoweit das Vertragsbedienstetengesetz 1948, und zwar dessen § 22 sinngemäß anzuwenden, und zwar schon deshalb, weil gemäß § 36 VBG. 1948 nur in Ausnahmsfällen im Dienstvertrag Regelungen getroffen werden können, die von den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 abweichen, so daß, soweit solche Bestimmungen nicht getroffen sind, eben dieses Gesetz anzuwenden ist. Daß der Dienstvertrag eine eigene Regelung für Nebengebühren enthält - wie die beklagte Partei in ihrem Rekurs ausführt -, trifft nicht zu.
§ 22 VBG. 1948 verweist auf die einschlägigen Vorschriften für Bundesbeamte. Diese einschlägige Vorschrift ist § 18 GehaltsG. 1956. Die Nebengebührenverordnung ist gemäß § 92 Abs. 1 GehaltsG. 1956 nicht in Geltung geblieben, weil sie mit den §§ 17 bis 19 GehaltsG. 1956 im Widerspruch steht. Daß - wie das Berufungsgericht meint - § 1 Abs. 1 NebengebührenV. neben § 18 GehaltsG. 1956 bestehen könne, weil er auch neben dem mit § 18 GehaltsG. 1956 im wesentlichen inhaltsgleichen § 4 Abs. 2 bestanden habe, trifft nicht zu. Dabei ist außer acht gelassen, daß § 1 Abs. 1 NebengebührenV. im wesentlichen eine Aufzählung enthält, die für sich allein aufrechtzuerhalten wenig sinnvoll ist, und daß überdies das Gehaltsgesetz 1956 in seinen §§ 17 bis 19 ohnedies die in der Nebengebührenverordnung geregelten Gegenstände im gleichen Umfang wie diese Verordnung regelt, so daß ein Weitergelten gerade des § 1 Abs. 1 NebengebührenV. nicht angenommen werden kann.
Sinngemäß anzuwenden ist demnach § 18 GehaltsG. 1956. Davon scheidet Abs. 2 aus, weil der Kläger nicht in einem Betrieb oder in einer Anstalt des Bundes verwendet wird. Nach Abs. 3 und 4 kann Beamten für Mehrleistungen eine Personalzulage vom zuständigen Bundesministerium im Einvernehmen mit anderen Dienststellen zuerkannt werden. Daß dies im Fall des Klägers geschehen wäre, wird nicht behauptet. Dafür, daß ähnlich dem § 23 Abs. 1 AlVG. (VwGH. 24. November 1954, Slg. NF. 8580 (A.)) hier keine Ermessensvorschrift vorläge, fehlen ausreichende Anhaltspunkte im Gehaltsgesetz 1956.
Die bisherigen Ausführungen ergeben, daß sich der Anspruch des Klägers aus dem Gesetz nicht begrunden läßt.
Wenn das Berufungsgericht dann noch den Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit heranzieht, so muß dies an der positiven Gesetzeslage scheitern. Auf das Dienstverhältnis des Klägers ist - soweit nicht Sondervereinbarungen bestehen - das Vertragsbedienstetengesetz 1948 anzuwenden. Das Fehlen eines Anspruchs des Klägers ergibt sich aber aus diesem Gesetz, nämlich aus dessen § 22. Damit scheiden Erwägungen in der Richtung des § 879 Abs. 1 ABGB. aus. Dem Rekurs der beklagten Partei war daher Folge zu geben, die Entscheidung des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Rechtssache an dieses zurückzuverweisen.
Anmerkung
Z33113Schlagworte
Überstundenentgelt, Vertragsbedienstete des Bundes, Vertragsbediensteter, Anspruch auf ÜberstundenentgeltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1960:0040OB00136.6.1025.000Dokumentnummer
JJT_19601025_OGH0002_0040OB00136_6000000_000