TE OGH 1960/12/14 1Ob444/60

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Veröffentlicht am 14.12.1960
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Norm

ZPO §261 Abs6

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SZ 33/138

Spruch

Unzulässigkeit der Überweisung nach § 261 Abs. 6 ZPO. auf Grund eines erst nach Rechtskraft des Klagezurückweisungsbeschlusses gestellten Antrages.

Entscheidung vom 14. Dezember 1960, 1 Ob 444/60.

I. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin brachte beim Erstgericht eine Klage ein, mit der sie die Zahlung des Betrages von 16.210 S verlangte. Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück. Der Klage liege ein Bestandvertrag zugrunde. Das auf Zahlung des Bestandzinses gerichtete Begehren übersteige nicht 8000 S, die übrigen Ansprüche seien solche, für die gemäß § 49 Abs. 2 Z. 5 JN. die ausschließliche Zuständigkeit des Bezirksgerichtes begrundet sei.

Auf Rekurs der Klägerin bestätigte das Rekursgericht diesen Beschluß. Nach Zustellung der Rekursentscheidung stellte die Klägerin den Antrag auf Überweisung der Rechtssache an das Bezirksgericht Neunkirchen. Mit Beschluß vom 30. März 1960 überwies das Kreisgericht Wiener Neustadt die Klage an dieses Gericht. Das Bezirksgericht Neunkirchen bestellte für den Beklagten, dessen Aufenthalt unbekannt war, einen Abwesenheitskurator, stellte diesem die Klage zu und beraumte eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung auf den 2. Juni 1960 an. Bei dieser stellte der Beklagte den Antrag, ihm eine Ausfertigung des Beschlusses des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 30. März 1960 betreffend die Überweisung der Klage an das Bezirksgericht Neunkirchen zuzustellen.

Nach Zustellung des Beschlusses erhob er gegen diesen Rekurs, den das Kreisgericht Wiener Neustadt als unzulässig zurückwies. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten Folge und trug dem Erstgericht die Vorlage des Rekurses auf. Es gab sodann mit dem angefochtenen Beschluß auch dem Rekurs gegen den Beschluß vom 30. März 1960 (Überweisung der Klage an das Bezirksgericht Neunkirchen) Folge, hob diesen auf und wies den Überweisungsantrag zurück.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Auffassung des Rekursgerichtes, daß der Beschluß des Erstgerichtes vom 30. März 1960, mit dem die Klage an das Bezirksgericht Neunkirchen überwiesen wurde, in der vom Erstgericht herangezogenen Bestimmung des § 261 Abs. 6 ZPO. keine Deckung finde, ist zutreffend. Die Überweisung wurde erst beantragt und verfügt, als die Zurückweisung der Klage infolge Erfolglosigkeit des dagegen erhobenen Rekurses bereits rechtskräftig war. In einem solchen Fall findet die Bestimmung des § 261 Abs. 6 ZPO. tatsächlich nicht Anwendung. Dies folgt aus dem Wortlaut und Zweck dieser Bestimmung, die unfruchtbaren Zuständigkeitsstreitigkeiten vorbeugen soll. Wie in dem schon vom Rekursgericht herangezogenen Durchführungserlaß des Justizministeriums vom 2. Juni 1914, JMVBl. Nr. 43 S. 343 ff., zum Ausdruck gebracht wird, soll diese Bestimmung dem Kläger ermöglichen, für den Fall, als er sich der Entscheidung des Gerichtes über die Unzuständigkeitseinrede unterwirft, die Überweisung der Klage an ein anderes Gericht ohne Unterbrechung der Streitsanhängigkeit zu erwirken; dieses vereinfachte Verfahren soll ihm dagegen nicht zu Gebot stehen, wenn er sich mit der Entscheidung des Gerichtes über die Unzuständigkeit zufrieden gibt. So hat auch der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung EvBl. 1958 Nr. 278, mit der ein nur für den Fall der Rechtskraft des Zurückweisungsbeschlusses gestellter Antrag auf Überweisung der Klage an ein anderes Gericht als unzulässig erklärt wurde, ausgesprochen, daß es im Fall der Erfolglosigkeit des Rekurses gegen den Zurückweisungsbeschluß bei der Zurückweisung der Klage zu verbleiben habe. Der Oberste Gerichtshof sieht sich durch die Ausführungen der Klägerin nicht veranlaßt, von dieser Rechtsauffassung abzugehen. Daß hinsichtlich eines Beschlusses, der sich nicht auf die Bestimmung des § 261 Abs. 6 ZPO. stützen kann, auch nicht der in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Ausschluß eines Rechtsmittels Anwendung findet, bedarf keiner näheren Begründung (vgl. auch SZ. XXXI 62).

Soweit die Klägerin darzutun versucht, daß dann, wenn der Beschluß auf Überweisung der Klage an das Bezirksgericht Neunkirchen nicht der Bestimmung des § 261 Abs. 6 ZPO. entsprochen habe, sowohl dieser Beschluß als auch die weiteren in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen wegen Verstoßes gegen Art. 18 BV-G. nichtig seien und daß daher das Verfahren (offenbar beim Kreisgericht Wiener Neustadt) fortzusetzen sei, sind ihre Ausführungen nicht ganz verständlich. Ist der Beschluß auf Überweisung der Rechtssache an das Bezirksgericht Neunkirchen durch die Bestimmung des § 261 Abs. 6 ZPO. nicht gedeckt, dann konnte er im Instanzenzug behoben werden. Von einer Nichtigkeit der in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen wegen Verstoßes gegen die von der Klägerin herangezogene Bestimmung des Bundes-Verfassungsgesetzes kann keine Rede sein.

Anmerkung

Z33138

Schlagworte

Prozeßüberweisung nach § 261 Abs. 6 ZPO., Voraussetzungen, Überweisung nach § 261 Abs. 6 ZPO., Voraussetzungen, Unzuständigkeit Überweisung nach § 261 Abs. 6 ZPO.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0010OB00444.6.1214.000

Dokumentnummer

JJT_19601214_OGH0002_0010OB00444_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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