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90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG 1997 §26 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des M in F, vertreten durch Dr. Herbert Heigl, Mag. Willibald Berger und Dr. Georg Lehner, Rechtsanwälte in 4614 Marchtrenk, Linzer Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 24. November 2004, Zl. VwSen-520690/2/Kei/Da, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. April 2004 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 23. April 2003 einen nach dem Kennzeichen näher bezeichneten Pkw samt Anhänger auf einer näher angegebenen Straße im Ortsgebiet von E. mit einer Geschwindigkeit von 96 km/h gelenkt und die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 46 km/h überschritten. Er habe dadurch § 20 Abs. 2 StVO 1960 verletzt.
Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) mit Bescheid vom 24. November 2004 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte der UVS nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens aus, er zweifle nach Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des "gegenständlichen Straferkenntnisses" angeführte, als erwiesen angenommene Tat zum Ausdruck gebracht werde. Der obige Tatbestand der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Übertretung sei verwirklicht worden (gegen diesen Strafbescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2005/02/0009 protokollierte Beschwerde).
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid ebenfalls vom 24. November 2004 entzog der UVS dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C1, C, F und G für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides (17. Mai 2004). In der Begründung führte der UVS nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und des Berufungsvorbringens sowie der Wiedergabe der einschlägigen Rechtslage, insbesondere auch des § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG) aus, es werde auf die Ausführungen im oben erwähnten Bescheid vom 24. November 2004, mit dem das Straferkenntnis der Erstbehörde bestätigt wurde, hingewiesen. Eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG liege vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine kursorische Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):
"Verkehrszuverlässigkeit
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
...
4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;
...
Sonderfälle der Entziehung
§ 26.
...
(3) Im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 vorliegt - hat die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.
...
(7) Eine Entziehung gemäß Abs. 3 und 4 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. Bei erstmaligen Entziehungen gemäß Abs. 3 und 4 darf die Behörde keine begleitenden Maßnahmen anordnen, es sei denn, die Übertretung erfolgte durch einen Probeführerscheinbesitzer.
..."
2. Die Beschwerde ist begründet.
Nach der bereits ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt eine Übertretung nach § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG dann nicht mehr die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen ist und der Betreffende in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 24. April 2001, Zl. 2001/11/0056, und Zl. 99/11/0210, mwN).
Nach Ausweis des vorgelegten Verwaltungsaktes gibt es jedoch keinen Hinweis darauf, dass das Entziehungsverfahren hinsichtlich des Vorfalls vom 23. April 2003 schon vor der Anlegung eines Aktenvermerks am 11. Mai 2004 (Aktenseite 1) eingeleitet worden wäre. Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in dieser Zeit im Verkehr nachteilig in Erscheinung getreten wäre, liegen nicht vor. Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 17. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005110016.X00Im RIS seit
20.04.2005