TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/17 2004/11/0228

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Veröffentlicht am 17.03.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

AVG §61;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WehrG 2001 §17 Abs2;
WehrG 2001 §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des M S in W, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 9, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 11. Oktober 2004, Zl. W/84/13/01/49-0702, betreffend Eignung zum Wehrdienst, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Oktober 2004 hat die belangte Behörde gemäß § 9 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146, idF BGBl. I Nr. 103/2002, die Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst mit "Tauglich" festgestellt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Wehrgesetz 2001 maßgeblich.

Die einschlägigen Bestimmungen lauten (auszugsweise):

"Aufnahmebedingungen

§ 9. (1) In das Bundesheer dürfen nur österreichische Staatsbürger einberufen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung besitzen.

...

Aufgaben der Stellungskommissionen

§ 17. ...

(2) Die Stellungskommissionen haben die Eignung der Personen nach Abs. 1 zum Wehrdienst auf Grund der zur Feststellung dieser Eignung durchgeführten ärztlichen und psychologischen Untersuchungen mit einem der folgenden Beschlüsse festzustellen:

'Tauglich', 'Vorübergehend Untauglich', 'Untauglich'. Erscheint für diese Feststellung eine fachärztliche Untersuchung erforderlich, so sind die Personen nach Abs. 1 von den Stellungskommissionen einer solchen Untersuchung zuzuführen. Zu den Beschlüssen der Stellungskommission bedarf es der Anwesenheit aller Mitglieder oder der nach § 16 Abs. 2 an ihre Stelle tretenden Ersatzmitglieder und der Mehrheit der Stimmen. Ein auf 'Tauglich' lautender Beschluss bedarf jedoch der Zustimmung des Arztes.

...

(6) Gegen die Beschlüsse der Stellungskommissionen nach Abs. 2 ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Die Stellungskommissionen haben den Personen nach Abs. 1 über diese Beschlüsse eine Bescheinigung auszustellen.

..."

Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, der Bescheid sei "nichtig", weil er keine Rechtsmittelbelehrung aufweise und im Übrigen seien die vorliegenden ärztlichen Befunde, auf Grund deren sich seine Untauglichkeit ergebe, nicht berücksichtigt worden. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass er an chronischem Asthma leide und regelmäßig Kopfschmerzen habe.

Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.

Zunächst ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, dass das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung im Bescheid keinen wesentlichen Mangel des Bescheides darstellt (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, S 765 ff und die dort dargestellte hg. Rechtsprechung zu § 61 AVG), es erübrigt sich daher ein Eingehen auf das Vorbringen der belangten Behörde (in der Gegenschrift), anlässlich der mündlichen Verkündung des Bescheides sei dem Beschwerdeführer ohnehin eine Rechtsmittelbelehrung gegeben worden.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde den Befund der Dr. J., Fachärztin für Atmungs- und Lungenerkrankungen, vom 13. Jänner 2004 vorgelegt, der folgenden Inhalt hat:

"Anamnese:

Klinik:

Pulmo bds. VA, keine path. Nebengeräusche

Durchleuchtung:

10:13; Zwerchfell bds. scharf abgrenzbar, gut atemverschieblich, Sinus erscheint frei, das Cor median stehend, normgroß, ohne sichere pulmonale Stauungszeichen, sicher rezent infiltrative Veränderungen an Lunge oder Pleura kommen nicht zur Darstellung

Lungenfunktion:

leichtgradig kombinierte Ventilationsstörung

DIAGNOSE: Asthma bronchiale seit Kleinkind, z.n. Tb., z.n.

Pect. cavinatum

OP 1997, Atopie, z.n. Asthmaanfall 10.1.2004, Hypertonie Ergebnis:

Bei Herrn S... besteht praktisch seit dem Kleinkindalter ein schweres Asthma-bronchiale, das unter konsequenter entzündungshemmender und bronchospasmolytischer Therapie stand. Am Samstag ist ein akuter Asthmaanfall aufgetreten, der mit einer hochdosierten inhalativen Therapie beherrscht werden konnte. Nach Durchsicht sämtlicher Befunde, wobei Herr Primarius V den Patienten seit Kleinkindalter betreut, kann ich mich nur seiner Meinung anschließen und eine körperliche Belastung, vor allem in kalter Luft, aber sicherlich auch in milbenbelasteter Umgebung (deutlich erhöhtes Gesamt IgE ohne Nachweis einer spezifischen Sensibilisierung) nicht befürworten. Zusätzlich besteht bei Herrn S eine bis dato nicht abgeklärte Hypertonie, sodass das auch eine Kontraindikation für eine schwere körperliche Belastung darstellt. Insgesamt erscheint mir in diesem Fall ein Umstieg in den Zivildienst für gerechtfertigt."

Ferner legte der Beschwerdeführer den Befund des Prim. Dr. V, Facharzt für Lungenkrankheiten, vom 28. September 2004, vor, der wie folgt lautet:

"Unser Patient sucht mich regelmäßig zur Behandlung seines chronischen Asthma auf.

Es handelt sich um ein endogenes Asthma bronchiale, wobei die Lungenfunktionsprüfung eine mäßige obstruktive Ventilationsstörung zeigt.

Asthma-Anfälle treten in größeren Abständen auf, es findet sich jedoch ein deutliches Anstrengungsasthma, das den Patienten limitiert.

Ich habe deshalb vorgeschlagen, eine konsequente Therapie durchzuführen, ich habe Singulair und Symbicort rezeptiert."

Im hg. Erkenntnis vom 8. August 2002, Zl. 2002/11/0096, hat der Verwaltungsgerichtshof auch im Geltungsbereich des Wehrgesetzes 2001 an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten und ausgeführt, dass Personen, die zwar nur in sehr eingeschränkter Weise militärisch ausgebildet werden können, die aber dennoch für bestimmte Dienstverrichtungen im Bundesheer in Betracht kommen, als "Tauglich" im Sinne des § 17 Abs. 2 Wehrgesetz 2001 zu qualifizieren und gemäß § 41 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. im Rahmen ihrer Dienstfähigkeit zu verwenden sind. Der Dienst im Bundesheer umfasst jedenfalls eine militärische Komponente im engeren Sinn, auf die sich auch die Ausbildung der Grundwehrdiener zu erstrecken hat. In diesem Sinne ist § 9 Abs. 1 Wehrgesetz 2001 zu verstehen. Gefordert ist eine körperliche Leistungsfähigkeit, die das Bedienen einer Waffe und die Aufbringung eines Mindestmaßes an Kraftanstrengung und Beweglichkeit erlaubt, um die Grundausbildung zu absolvieren. Ein auf "Tauglich" lautender Beschluss bedarf gemäß § 17 Abs. 2 letzter Satz Wehrgesetz 2001 der Zustimmung des Arztes. Die einem solchen Beschluss zu Grunde liegende Beurteilung muss erkennen lassen, warum der Arzt der Auffassung ist, der Stellungspflichtige besitze die notwendige körperliche und geistige Eignung im oben beschriebenen Sinn.

Derartiges ist aus dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Der Beschwerdefall ist in den wesentlichen Punkten mit jenem vergleichbar, der dem hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2003/11/0257, zu Grunde lag. Es genügt daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis zu verweisen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. März 2005

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004110228.X00

Im RIS seit

31.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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