Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Liedermann, Dr. Machek, Dr. Berger und Dr. Überreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margarethe St*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr. Othmar Aschberger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Franz M*****, Röntgenfacharzt, ***** vertreten durch Dr. Hermann Haslwanter, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 39.600 S s.A. und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19. Mai 1960, GZ R 118/60-87, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Jänner 1960, GZ 3 Cg 335/54-83, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 867,69 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte nahm an der Klägerin am 5. 10. 1951 eine Röntgenbestrahlung vor, um ihr Warzen am Daumenballen der rechten Hand zu entfernen. Hiebei erlitt die Klägerin eine Strahlenschädigung, die mit nachteiligen Folgen verbunden war. Mit Zwischenurteil vom 13. 5. 1958 wurde der Schadenersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach als zu Recht bestehend erklärt. Die Klägerin führt aus, sie sei durch die Verletzung an der Verrichtung der Hausarbeiten gehindert und begehrt nach mehreren Klageausdehnungen vorläufig für die Zeit vom Oktober 1951 bis Ende Dezember 1959, also für 99 Monate einen Betrag von je 400 S zur Bestreitung der Kosten einer Haushaltshilfe, somit insgesamt 39.600 S. Mit Schriftsatz vom 31. 1. 1959, den sie bei der Tagsatzung zur Streitverhandlung am 5. 5. 1959 vortrug, begehrt sie die Feststellung, dass der Beklagte auch für den weiterhin entstehenden Schaden hafte. Der Beklagte wendet dagegen ein, der Klägerin selbst sei kein Schade erwachsen. Den Ersatz eines solchen könne nur ihr früherer Lebensgefährte und jetziger Gatte Dr. St***** begehren, der die Kosten des Haushaltes und auch die der Haushaltshilfe bestreite. Der Feststellungsanspruch sei verjährt. Der Klägerin fehle das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung, weil über den Grund des Anspruches ohnedies durch Zwischenurteil entschieden worden sei. Eine allfällige Verminderung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin sei auf ihr vorgerücktes Alter zurückzuführen.
Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 29.700 S samt Anhang, gab auch dem Feststellungsbegehren statt und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Verletzung beseitigte für die Zeit vom 5. 10. bis 31. 12. 1951 die Arbeitsfähigkeit der Klägerin zur Gänze und setzte sie sodann um 30 % und ab 1. 3. 1952 um 20 bis 25 % herab. Die Klägerin war zur Zeit des Schadenseintrittes die Lebensgefährtin des Universitätsprofessors i.R. Dr. Robert St*****, den sie im Jahre 1958 heiratete. Sie bewohnt mit ihm eine aus drei Zimmern, Küche und Vorraum bestehende Wohnung. Durch die Strahlenschädigung hat die Hand der Klägerin ihre Fähigkeit als Greiforgan und Haltezange zu dienen, in beträchtlichem Maße verloren. Da eine Schädigung der Haut besteht, muss die verletzte Stelle nach Möglichkeit von weiteren Reizen bewahrt werden, weshalb die Klägerin eine Reihe von Arbeiten, wie Abspülen, Waschen, namentlich mit Zusatz von Waschmitteln, Bügeln, Schrubben und dergleichen nicht mehr besorgen kann. Zur Vornahme dieser Verrichtungen ist eine Haushaltshilfe für die Dauer von zwei Stunden täglich notwendig, was bei einem Stundenlohn von 5 S 300 S monatlich erfordert. Die Klägerin wäre trotz ihres vorgeschrittenen Alters (sie gab bei der Parteienvernehmung an, 60 Jahre alt zu sein) in der Lage, die gewöhnlichen Haushaltsverrichtungen selbst zu besorgen, wenn sie sich auch schon vor der Verletzung für schwerere Arbeiten eine Hilfe hielt. Die Klägerin konnte erst durch die nach Erlassung des Zwischenurteils abgegebenen Gutachten der Sachverständigen erkennen, dass sie keine bloß vorübergehende Schädigung erlitten habe, sondern mit Dauerfolgen rechnen müsse. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Gegen das Urteil der zweiten Instanz richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, es dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde, oder es aufzuheben und die Sache an eines der Untergerichte zurückzuverweisen. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht begründet.
Der Beklagte macht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Er führt aus, dass der Haushalt, dem die Klägerin angehört, durch die Pension ihres früheren Lebensgefährten und jetzigen Gatten finanziert werde. Insbesondere könne sie für die Zeit bis zu ihrer Eheschließung nichts verlangen. Sie hätte ja jederzeit ihre Tätigkeit als Lebensgefährtin einstellen können, da sie keinerlei Beistandspflicht getroffen habe. Aber auch als Ehefrau habe die Klägerin keinen eigenen Verdienst gehabt, so dass nicht sie, sondern nur ihr Gatte geschädigt worden sei.
Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, dass gerade während des Bestandes der Lebensgemeinschaft ein mittelbarer Schadenersatzanspruch des nunmehrigen Gatten der Klägerin nicht vorlag. Denn im Gegensatz zum Ehemann hatte er ja kein Recht auf die Leistungen der Klägerin. Die Rechtsprechung lehnt solche Ansprüche eines Dritten, denen auf Grund des Gesetzes kein Recht auf Leistungen gegenüber dem Verletzten zusteht, ab (SZ. XXII/188, XXIII/311 u.a.). Die Klägerin hatte allerdings als Lebensgefährtin keine Verpflichtung zur Haushaltsführung wie eine Gattin und konnte die Beziehungen jederzeit lösen. Da sie dies aber nicht getan hat und sie dadurch die Vorteile, die ihr die Gemeinschaft bot, verloren hätte, schließt dieser Umstand die Annahme eines Schadens nicht aus. Da also dem damaligen Lebensgefährten der Klägerin kein Schadenersatzanspruch zustand, hätte die Rechtsansicht des Beklagten zur Folge, dass niemand für den zweifellos entstandenen Schaden Ersatz verlangen könnte. Die Klägerin bestritt durch Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft ihren Unterhalt, sie war, solange er ihr gewährt wurde, gezwungen, die Haushaltsarbeiten zu verrichten, woran sie durch das Verhalten des Beklagten gehindert wurde. Zunächst wurde sie in ihrer Erwerbstätigkeit beeinträchtigt. Dass ihr nunmehriger Mann die daraus entstandenen Kosten vorerst bestritten hat, vermag den Schädiger nicht zu befreien. Der Oberste Gerichtshof hat auch keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen, nach welcher der Ehefrau selbst ein Schadenersatzanspruch zusteht, wenn ihre Verletzung die Aufnahme einer Haushaltshilfe notwendig macht (SZ. XXII/77, EvBl. 1959 Nr. 186, 2 Ob 251/60 u.a., ebenso Wolff bei Klang
VI. S. 141).
Zu den Ausführungen der Revision zur Frage, ob der Ehemann oder die verletzte Ehefrau den Ersatz für den Schaden, der durch die Verminderung ihrer Fähigkeit der Hausfrauenpflicht nachzukommen, entstanden ist, geltend machen kann, sei noch bemerkt: Die Ehefrau erbringt ihre Tätigkeit im Haushalt in Erfüllung ihrer Beistandspflicht. Durch die Verletzung wird sie daran gehindert, diesen Obliegenheiten gehörig nachzukommen. Dadurch erleidet zunächst sie selbst einen Schaden, da sie die Arbeiten, die beiden Gatten nützlich sind, nicht verrichten kann. Der Umstand, dass der Ehemann, offenbar ohne die Absicht den Schädiger zu befreien, für den Nachteil aufkommen muss, der daraus entsteht, nimmt ihr nicht den Ersatzanspruch. Mit derselben Begründung könnte man ihr die Befugnis aberkennen, den Ersatz der Heilungskosten zu verlangen, wenn diese zunächst von ihrem Ehemann bestritten wurden. Der Beklagte war der Klägerin gegenüber persönlich zur gehörigen Vorsicht bei Durchführung der Behandlung verpflichtet, so dass sie aus der Vernachlässigung dieser Verbindlichkeit für den Schaden Ersatz verlangen kann, der sich in ihrer Person ereignet hat. Dass ihr Gatte verpflichtet ist, dafür einzuspringen, ist nur eine mittelbare Folge dieses Nachteiles. Mit Recht sagt Boehmer (FamR. Z. 1960 S. 177), dass die Auffassung, nur der Ehemann der Verletzten sei berechtigt, Ersatz für die Verminderung der Arbeitsfähigkeit der Frau zu verlangen, eine Zerreißung des Schadenersatzanspruches darstelle.
Der Beklagte erblickt einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 405 ZPO. darin, dass die Klägerin ihrer Behauptung nach die Arbeitsfähigkeit zur Gänze verloren habe und dafür 400 S verlange, das Erstgericht ihr aber für eine 20 bis 25 %ige Verminderung ihrer Leistungsfähigkeit 300 S monatlich zugesprochen habe. Diese Auffassung ist verfehlt. Die Untergerichte haben der Klägerin nicht mehr, sondern weniger zugesprochen, als sie verlangt hat. Es stand der Klägerin frei, auch bei vollkommener Arbeitsunfähigkeit weniger zu verlangen, als ihr gebührte. Ihre Behauptung geht dahin, dass durch die Verletzung ein Aufwand von 400 S monatlich notwendig geworden sei. Das Erstgericht hatte zu untersuchen, ob dies richtig ist und hat festgestellt, dass bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ein Aufwand von rund 1.300 S monatlich erforderlich gewesen wäre (S. 373).
Ebensowenig kann dem Beklagten insoweit Recht gegeben werden, als er hinsichtlich des Feststellungsbegehrens die Ablehnung der Einwendung der Verjährung bekämpft. Das Berufungsgericht hat zu diesem Punkt darauf verwiesen, dass die Klägerin erst aus den bei der Tagsatzung vom 24. 11. 1956 erstatteten Gutachten ersehen konnte, dass es sich bei der erlittenen Strahlenschädigung um einen Endzustand handle und daher eine Besserung nicht mehr zu erwarten sei. Sie konnte also erst zu diesem Zeitpunkt erkennen, dass mit weiteren Schäden zu rechnen sei. Demgegenüber führt der Beklagte aus, dass zur Zeit, als das Zwischenurteil erfloss, die Sachverständigen bereits alle jene Feststellungen getroffen hätten, wonach die Schädigungen als Dauerfolgen zu qualifizieren waren. Diese Darlegungen sind unverständlich, weil das Feststellungsbegehren sowohl vor Ablauf von drei Jahren seit Erstattung des ersten Gutachtens, das sich mit den Verletzungsfolgen befasst, als auch seit Erlassung des Zwischenurteils gestellt worden ist.
Schließlich bekämpft der Beklagte das Urteil des Berufungsgerichtes noch insoweit, als dieses die Ansicht vertritt, dass das Zwischenurteil dem Feststellungsbegehren nicht im Wege stehe. Zunächst sei bemerkt, dass die diesbezüglichen Darlegungen des Beklagten mit seinem Rechtsstandpunkt in Widerspruch stehen, dass die über das erweiterte Klagebegehren hinausgehenden zukünftigen Forderungen der Klägerin verjährt seien. Denn wenn man, wie der Beklagte es tut, dem Zwischenurteil die Bedeutung eines Feststellungsurteiles beimisst, das auch für alle künftigen Ansprüche gilt, so können diese nicht verjährt sein.
Es ist also zu untersuchen, ob dem Zwischenurteil nach § 393 Abs. 1 ZPO. ebenso wie dem nach dem zweiten Absatz dieser Gesetzesstelle die Wirkung zukommt, dass damit über alle noch nicht geltend gemachten Ansprüche aus demselben Rechtsgrund, zumeist aus demselben schädigenden Ereignis, bindend entschieden ist und ob dieses Zwischenurteil bewirkt, dass kürzere Verjährungsfristen im Sinne der JMV. RGBl. Nr. 105/1958 auf dreissig oder vierzig Jahre verlängert werden. Bejaht man diese Frage, so wäre damit ein weiteres Feststellungsbegehren ausgeschlossen, weil ein darüber ergangenes Urteil keine andere Bedeutung hätte als das Zwischenurteil über den Grund des Anspruches. Es würde dem Begehren, selbst wenn man nicht entschiedene Streitsache annehmen wollte, zumindest das rechtliche Interesse an der nochmaligen Feststellung fehlen.
Die österreichische Lehre zu dieser Frage schwankt. Klein (Vorlesungen S. 209 ff.) misst dem Zwischenurteil nach § 393 Abs 1 ZPO. offenbar eine über den Rahmen des Prozesses hinausgehende Bedeutung bei. Er meint, dass ein Zwischenurteil, der Klageanspruch bestehe dem Grunde nach nicht zu Recht, auch für die Zukunft die Geltendmachung weiterer Forderungen aus demselben Rechtsgrund ausschließe. Die heutige Lehre und Rechtsprechung lässt aber in einem solchen Falle nur ein Endurteil zu und gestattet die Fällung eines Zwischenurteiles bloß, wenn das Bestehen des Klageanspruches bejaht wird (Sperl, Lehrbuch S. 504, Entsch. JBl. 1956 S. 240, JBl. 1957 S. 363 u.a.). Neumann II, S. 1124 f und Sperl, Lehrbuch S. 503 erklären den Ausspruch, dass der Klageanspruch dem Grunde nach zu Recht bestehe, sowohl für den Fall der Klageerweiterung als auch für den der Geltendmachung weiterer Ansprüche aus demselben Rechtsgrund mittels einer neuerlichen Klage für bindend, da sich dies aus den allgemeinen Grundsätzen der Rechtskraft ergäbe. Diese Auffassung wird von Fasching ÖJZ. 1958 S. 264 bekämpft. Ebenso erklären Ehrenzweig7 I, 1, S. 314 und Klang2 VI, S. 609, dass zwar Feststellungsurteile kürzere Verjährungsfristen in längere umwandelten, nicht aber bloße Zwischenurteile im Sinne des § 393 Abs. 1 ZPO.
Auch die Rechtsprechung ist in dieser Frage zu verschiedenen Ergebnissen gekommen. Die bindende Wirkung des "Grundurteiles" über das zur Zeit seiner Erlassung anhängige Begehren hinaus verneinen die Entscheidungen ZBl. 1936 Nr. 401, EvBl. 1942 Nr. 226, in neuerer Zeit aber namentlich die Entsch. EvBl. 1959 Nr. 157. Hingegen erklären die Entsch. EvBl. 1955 Nr. 26, JBl. 1960 S. 21, JBl. 1960 S. 78 und ZVR. 1960 Nr. 175 S. 118 das Zwischenurteil dem Grunde nach auch für jenen Teil des Klageanspruches für bindend, um den das ursprüngliche Begehren nach Erlassung des Zwischenurteiles erweitert wurde. Die Entsch. JBl. 1960 S. 78 vertritt die Ansicht, dass das Zwischenurteil, das den Grund des Klageanspruches bejaht, die Einrede der Verjährung für die im gleichen Rechtsstreit und aus demselben Rechtsgrund später geltend gemachten Ansprüche ausschließe. Die deutsche Lehre und Rechtsprechung lehnt sowohl in der prozessualen Frage der bindenden Wirkung als auch in der privatrechtlichen der Verlängerung der Verjährungsfrist jede Gleichstellung des Zwischenurteiles über den Grund des Anspruches mit dem Feststellungsurteil ab (Baumbach-Lauterbach25 S. 572, 602, Stein-Jonas18 bei § 304 III, 3, Wieczorek, II, 1, S. 526, Geigel9 S. 613, Staudinger11 I S. 1165, Soergel9 I S. 743 u.a.). Im gleichen Sinne ist in zahlreichen Entscheidungen die einhellige Rechtsprechung des deutschen Reichsgerichtes gehalten, wie etwa RGZ. 103, 220, RGZ. 117, 425. Bemerkt sei, dass die bezügliche Bestimmunng des § 304 DZPO. der des § 393 Abs. 1 ÖZPO. inhaltlich vollkommen gleicht. Ebenso besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen den Bestimmungen des § 411 Abs. 1 ÖZPO. und des § 322 Abs. 1 DZPO. über den Umfang der Rechtskraft.
Mit Recht verweist Fasching (a.a.O.) darauf, dass gemäß § 411 Abs. 1 ZPO. ein Urteil nur insoweit materiell rechtskräftig wird, als über einen durch Klage oder Widerklage geltend gemachten Anspruch oder über einen Zwischenfeststellungsantrag entschieden wurde. Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich unzweifelhaft, dass einer materiellen Rechtskraft nur ein Urteil über einen geltendgemachten Anspruch, sei es auf Leistung sei es auf Feststellung teilhaft werden kann. Auf Ansprüche, die nicht den Gegenstand des Begehrens bilden, kann sich daher die Rechtskraft nicht erstrecken. Eine andere Auffassung würde das Zwischenurteil, das den Grund des Anspruches bejaht, einem solchen auf Grund einer Feststellungsklage oder eines Zwischenantrages auf Feststellung im Sinne des § 393 Abs. 2 gleichsetzen, wie Neumann es (a.a.O.) tut. Dies würde wieder bedeuten, dass der Richter, der in der Frage, ob er ein Zwischenurteil fällen soll oder nicht, ebenfalls nur von prozessökonomischen Erwägungen ausgeht, es hiebei in der Hand hätte, seinem Urteil eine über das Klagebegehren hinausgehende Bedeutung zu geben, ihm nämlich dieselbe Wirkung zu erteilen, als ob ein Feststellungsbegehren, sei es gemäß § 228, sei es gemäß § 236 ZPO. gestellt worden wäre. Damit käme man aber in Widerspruch zu § 405 ZPO.: Denn dem Kläger würde etwas von Amts wegen zugesprochen, was er nicht begehrt hat, nämlich soviel wie die Feststellung etwaiger weiterer Ansprüche aus demselben Rechtsgrund.
Gemäß § 236 ZPO. kann im Allgemeinen im bezirksgerichtlichen Verfahren kein Zwischenantrag auf Feststellung eingebracht werden, dessen Streitwert 8.000 S übersteigt. Eine solche, den Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit widersprechende Entscheidung würde aber vorliegen, wenn dem Grundurteil eines Bezirksgerichtes bindende Feststellungswirkung für weitere, den Betrag von 8.000 S übersteigende Forderungen zukäme. Der Beklagte könnte sich gegen die Fällung eines solchen Grundurteiles gar nicht wehren.
§ 393 Abs. 1 ZPO. gestattet dem Richter über den Grund des Anspruches "vorab" zu entscheiden. Das heißt, dass er die Entscheidung über den Grund und die Höhe in zwei Teile zerlegen und über den ersten Teil, nämlich über den Grund ein Urteil fällen darf. Insoweit gleicht dieses Zwischenurteil einem Teilurteil, weil auch dieses nicht den ganzen Klageanspruch erledigt. Die Entscheidung über einen Teil des Klageanspruches kann keine größere Wirkung haben als die über den ganzen.
Erklärt man im Gegensatz zu der von Klein (a.a.O.) geäußerten Ansicht mit der herrschenden Rechtsprechung, dass es kein Zwischenurteil gibt, durch das der Klageanspruch als nicht zu Recht bestehend erklärt wird, so würde die erweiterte Rechtskraftwirkung des Zwischenurteiles gemäß § 393 Abs. 1 ZPO. eine Ungleichheit der Parteien mit sich bringen. Denn es könnte auch ohne Einbringung eines Zwischenantrages auf Feststellung dessen Wirkung zugunsten des Klägers, nicht aber zugunsten des Beklagten eintreten. Auch praktische Erwägungen sprechen nur gegen die Annahme einer erweiterten Rechtskraftwirkung des Grundurteiles. Der Kläger, der damit rechnet, seine bisherigen Forderungen zu erhöhen oder neue aus demselben Rechtsgrund geltend zu machen, kann jederzeit ein Feststellungsbegehren nach § 228 ZPO. stellen oder einen Zwischenantrag auf Feststellung einbringen. Der Beklagte, der nur wegen eines geringen Betrages in Anspruch genommen wird, wird keine besonders kostspieligen Beweise anbieten. Er müsste dies aber immer tun, wenn er damit rechnen müsste, dass ein etwaiges Zwischenurteil über den Grund des Anspruches für eine neue Klage auf viel höhere Beträge bindend wäre. Es wäre auch denkbar, dass in einer Bagatellsache ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruches gefällt wird, wenn dies auch nicht leicht vorkommen dürfte. Hiebei wird das Feststellungsinteresse, anders als beim Zwischenurteil nach § 393 Abs. 2 ZPO. nicht bewertet. Die Entscheidung würde daher einer meritorischen Anfechtung entzogen und trotzdem im Falle der Einbringung einer neuen Klage aus demselben Sachverhalt bindend sein, wenn die Auffassung von der erweiterten Rechtskraft des Grundurteiles richtig wäre. Ebenso könnte der Oberste Gerichtshof dadurch ausgeschaltet werden, dass der Kläger zunächst nicht mehr als 10.000 S verlangt und er nach Rechtskraft des Zwischenurteiles über den Grund des Anspruches eine weitere Klage einbringt.
Der Oberste Gerichtshof ist von seiner in den JBl. 1960 S. 21 zuerst zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht insoferne abgegangen, als in der bisher noch nicht veröffentlichten Entscheidung 2 Ob 430/60 die bindende Wirkung des Zwischenurteiles ausdrücklich auf den laufenden Prozess beschränkt und ausgesprochen wird, dass sie nicht für eine neuerliche Klage aus demselben Rechtsgrund gilt. Ob das Grundurteil auch für ein erweitertes Klagebegehren gilt, ist für die Beurteilung der vorliegenden Rechtssache ohne Bedeutung. Zur Vermeidung eines neuerlichen Streites über den Grund des Anspruches und des Ablaufes der kurzen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB. bedurfte es der Feststellung der weiteren Haftung des Beklagten für etwa später eintretende Schäden. Das rechtliche Interesse der Klägerin daran ist also gegeben.
Der unbegründeten Revision war demnach ein Erfolg zu versagen. Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E76652 3Ob403.60European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1961:0030OB00403.6.0215.000Dokumentnummer
JJT_19610215_OGH0002_0030OB00403_6000000_000