TE OGH 1961/9/6 5Ob255/61

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Veröffentlicht am 06.09.1961
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.Kisser als Vorsitzenden und die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachout, Dr.Bachofner, Dr.Graus und Dr.Greissinger als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Karl I*****, wider den Antragsgegner Friedrich S*****, vertreten durch Dr.Leopold Heindl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Benützungsregelung infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 31.Mai 1961, GZ 43 R 357/61-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 29. April 1961, GZ 2 Nc 108/60-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Haus in Wien *****, gehört zu 32/96-Anteilen dem Antragsteller, zu 55/96-Anteilen dem Antragsgegner und zu 9/96 Anteilen der Verlassenschaft nach Wilhelm S*****.

Der Antragsteller benützt in diesem Haus gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei ehelichen Kindern Günther (21 Jahre), Helga (19 Jahre) und Gerhard (13 Jahre) die im ersten Stock gelegene Wohnung Nr. 6, die aus Zimmer, Kabinett und Küche besteht und rund 47 m2 Wohnfläche umfaßt. Die beiden Söhne schlafen im Kabinett in Stockbetten, im Zimmer schlafen der Antragsteller und seine Frau in Klappbetten, sowie die Tochter auf einer Bettbank. Der Antragsteller übt seinen Beruf als Musiklehrer in der Wohnung aus. Der Antragsgegner bewohnt mit seiner Frau und seiner 32 Jahre alten Tochter Christine, die Kriminalbeamtin ist, die im ersten Stock gelegenen Wohnungen Nr. 5 und 6. Er verfügt über 2 Zimmer, 1 Küche und 1 Vorzimmer im Gesamtausmaß von rund 75 m2. Die Tochter hatte bei der "Gemeinnützigen Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft von Polizeibeamten" im Jahre 1960 für eine im Bau befindliche Wohnung 29.000 S eingezahlt, ist jedoch am 2.11.1960 von ihrer Bewerbung zurückgetreten.

Der Antragsgegner, der die Hausverwaltung führt, hat vom September bis Dezember 1960 und ab Februar 1961 seine 62-jährige, linksseitig an Hand und Fuß gelähmte Schwägerin Maria G***** in seine Wohnung aufgenommen und ihr die durch Ableben des Mieters freigewordene, im ersten Stock gelegene Wohnung Nr. 3, die aus Zimmer und Küche im Gesamtausmaß von etwa 30 m2 besteht, trotz des anhängigen Benützungsregelungsverfahrens vermietet. Er ließ auch sofort Möbel der Maria G***** in die Wohnung einstellen, sowie Installations- und sonstige Adaptierungsarbeiten darin vornehmen. Maria G***** besitzt im 3. Stock des Hauses Wien VI., *****, eine eigene aus Zimmer, Kabinett, Küche und Vorzimmer bestehende schöne Wohnung. Das Erstgericht wies die Wohnung Nr. 3 dem Antragsteller zu und sprach aus, daß der Antragsgegner als Hausverwalter sie ihm binnen 14 Tagen nach Rechtskraft geräumt zu übergeben (richtig ihm zu verschaffen) habe. Die Wohnverhältnisse des Antragstellers seien überaus beschränkt. Der Antragsteller sei sogar an seiner Berufsausübung gehindert, wenn eines der Familienmitglieder erkrankt. Hingegen verfüge der Antragsgegner über genügend Wohnraum. Daß seine Schwägerin Maria G***** in ihrem derzeitigen Gesundheitszustand ihre eigene Wohnung nicht leicht benützen könne, da diese im 3. Stock liege, falle gegenüber den beschränkten Wohnverhältnissen des Antragstellers nicht ins Gewicht. Außerdem könnte die Tochter des Antragsgegners, die durch ihre Bewerbung um eine Genossenschaftswohnung zu erkennen gegeben habe, daß sie aus der elterlichen Wohnung wegstrebe, die Wohnung der Maria G***** benützen und so dieser in der Wohnung ihrer Eltern Platz machen. Die Regelung der Benützung der gemeinsamen Sache sei keine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung, sondern obliege mangels einer Einigung der Miteigentümer dem Außerstreitrichter. Daß der Antragsgegner nach Einleitung dieses Verfahrens die Wohnung an Maria G***** vermietet hat, stehe der Entscheidung des Außerstreitrichters nicht entgegen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist unzulässig. Gem. § 16 AußStrG können bestätigende Entscheidungen des Rekursgerichtes in Außerstreitsachen nur wegen offenbarer Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder wegen Nichtigkeit angefochten werden. Zu dem vom Antragsgegner allein geltend gemachten Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit ist vorweg zu bemerken, daß er nach ständiger Rechtsprechung nicht in jedem Falle einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung vorliegt, sondern nur dann, wenn eine Frage im Gesetz ausdrücklich und so klar geregelt ist, daß kein Zweifel an der Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und wenn trotzdem eine gegenteilige Entscheidung gefällt wurde (SZ XXIV/6, XXIII/10, XXI/10, u. v.a.).

Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. § 833 ABGB, gegen den nach Ansicht des Rekurswerbers die Entscheidungen der Untergerichte offenbar verstoßen sollen, bestimmt einerseits, daß Besitz und Verwaltung der gemeinsamen Sache allen Teilhabern insgesamt zukommt, und andererseits, daß in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung die nach Anteilen zu ermittelnde Stimmenmehrheit entscheidet. Was aber zur ordentlichen Verwaltung gehört und daher von den Mehrheitseigentümern entschieden werden kann, was im Klagewege und was im Außerstreitverfahren zu entscheiden ist, wurde erst von Lehre und Rechtsprechung in zahlreichen Publikationen und Entscheidungen herausgearbeitet.

Nun ist es zwar richtig, daß nach dem derzeitigen Stande der Judikatur (vgl. 6 Ob 43/60, 5 Ob 461/59 u.a.) eine Benützungsregelung durch den Außerstreitrichter voraussetzt, daß die strittige Wohnung im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Erstrichter verfügbar ist. Aber auch wenn man sich dieser Ansicht anschlösse, enthielten die Entscheidungen der Untergerichte nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung, nicht aber eine offenbare Gesetzwidrigkeit, da auch diese Frage im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist. Insbesondere ergeben auch die Bestimmungen des § 835 ABGB, auf die sich der Rekurswerber unter Hinweis auf die Ausführungen Klangs in der 2. Auflage des Kommentars zum ABGB, Band III S. 1116 beruft, keine offenbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E76829 5Ob255.61

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0050OB00255.61.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19610906_OGH0002_0050OB00255_6100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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