TE OGH 1961/9/20 6Ob240/61

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Veröffentlicht am 20.09.1961
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Norm

Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §41

Kopf

SZ 34/125

Spruch

Gemäß § 41 GesmbHG. kann unter den dort angeführten Voraussetzungen auch ein Beschluß angefochten werden, der mit einem in einer früheren Generalversammlung gefaßten Beschluß inhaltlich ganz oder teilweise übereinstimmt.

Entscheidung vom 20. September 1961, 6 Ob 240/61.

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Die beklagte Gesellschaft m. b. H. wurde mit dem in Form eines Notariatsaktes errichteten Gesellschaftsvertrag vom 9. Juni 1945 gegrundet.

Punkt XVI dieses Vertrages bestimmt, soweit er für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebend ist, folgendes:

"Nachdem die Gesellschaft vornehmlich das Streckengeschäft in Kohlen in Vorarlberg abwickeln wird, verpflichten sich die Gesellschafter, das gesamte Streckengeschäft in Vorarlberg nur durch diese neugegrundete Gesellschaft durchführen zu lassen und ihr in Vorarlberg auf keine wie immer geartete Weise Konkurrenz zu machen."

Bei der außerordentlichen Generalversammlung der Gesellschaft am 26. Juli 1954 wurde Punkt XVI des Gesellschaftsvertrages vom 9. Juni 1948 durch den Zusatz ergänzt und erweitert, daß sich die Gesellschafter für die Dauer der Zugehörigkeit zur Gesellschaft auch der selbständigen Ausübung eines Streckengeschäftes und außerdem jeder wie immer gearteten Konkurrenz in Vorarlberg und Tirol begehen. Diese Abänderung wurde mit Stimmenmehrheit gegen die Stimme der nunmehr klagenden Gesellschafterin beschlossen. Die Klägerin begehrte mit ihrer ersten, am 30. August 1954 beim Landesgericht Feldkirch gegen die auch nunmehr beklagte Gesellschaft erhobenen Klage gemäß § 42 GesmbHG. die Nichtigerklärung des in Rede stehenden Beschlusses. Die Beklagte erstattete innerhalb der ihr aufgetragenen Frist keine Klagebeantwortung, worauf auf Grund des Antrages der klagenden Partei vom 14. September 1959 am 15. September 1959 ein Versäumungsurteil gemäß § 398 ZPO. im Sinne des Klagebegehrens gefällt wurde, das in Rechtskraft erwuchs.

Bei der zehnten ordentlichen Generalversammlung der beklagten Gesellschaft am 9. Jänner 1959 wurde der vom Gesellschafter Franz A. gestellte Antrag, im Hinblick auf das beschlußwidrige Verhalten der nunmehr klagenden Partei durch Ausübung des Streckengeschäftes in Tirol bei der nächsten Generalversammlung von dem der genannten Firma zukommenden Syndikatsgewinn vorläufig einen Betrag von 10.000 S zurückzubehalten und diesen, falls die genannte Firma nicht, binnen sechs Monaten eine Klage einbringe, nach Ablauf dieser Frist, sonst nach rechtskräftiger Erledigung des Rechtsstreites, an ihn auszuzahlen, mit Stimmenmehrheit, und zwar ebenfalls gegen die Stimme der klagenden Partei und mit den Stimmen der übrigen Gesellschafter, zum Beschluß erhoben.

In der bei der am 24. November 1959 abgehaltenen elften ordentlichen Generalversammlung der beklagten Gesellschaft aufgenommenen Verhandlungsschrift finden sich zu Punkt 7 der Tagesordnung ("freie Anträge und Allfälliges") folgende Beurkundungen:

"Zu Punkt 7 der Tagesordnung stellt der Gesellschafter Franz A. den Antrag:

Der Beschluß der Generalversammlung vom 9. Jänner 1959, Seite 7 des

Protokolles, wird mit der Änderung, .... falls er binnen drei

Monaten keine Klage erhebt ..... gegen die Stimme der Firma L.

(Klägerin) angenommen. Diese verlangt, daß ihr Widerspruch zu protokollieren sei."

Mit der vorliegenden, am 8. Februar 1960 bei Gericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Nichtigerklärung "des Beschlusses der elften ordentlichen Generalversammlung der beklagten Gesellschaft m. b. H. vom 24. November 1959 zu Punkt 7 der Tagesordnung". Sie führte dazu aus, daß dieser Beschluß, der am 22. Jänner 1960 in das Protokollbuch der beklagten Partei eingetragen worden sei, nach dem GesmbHG. als nicht zustandegekommen anzusehen sei, denn sie (klagende Partei) habe zu ihm, der eine einschneidende Verkürzung der ihr im Vertrag eingeräumten Rechte bedeute, nicht ihre Zustimmung gegeben (§ 50 Abs. 4 GesmbHG.); der Gesellschafter Franz A. habe an dieser Beschlußfassung teilgenommen, obwohl ihm kein Stimmrecht zugekommen sei, weil ihm hiedurch Vorteile zugewendet worden seien (§ 39 Abs. 4 GesmbHG.). Der Beschluß verstoße schließlich seinem Inhalt nach gegen zwingende gesetzliche Vorschriften; er stehe auch, ohne daß bei der Beschlußfassung die Vorschriften über die Änderung des Gesellschaftsvertrages eingehalten worden seien, zu diesem im Widerspruch (§ 41 Z. 2 GesmbHG.).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren deshalb ab, weil mit dem angefochtenen Beschluß der Generalversammlung vom 24. November 1959 der Beschluß der Generalversammlung vom 9. Jänner 1959 lediglich hinsichtlich der Frist zur Klageeinbringung - 3 Monate statt 6 Monate -, somit nur in unbedeutender Weise, abgeändert worden sei; da die klagende Partei den ersten Beschluß vom 9. Jänner 1959 aber nicht mit einer Klage nach § 41 GesmbHG. fristgerecht angefochten habe, so könne sie nunmehr nicht den Beschluß vom 24. November 1959 - der den Beschluß vom 9. Jänner 1959 nur in unbedeutender Weise abgeändert habe - mit einer solchen Klage bekämpfen. Wollte man einen anderen Standpunkt einnehmen, so würde dies bedeuten, daß die Klägerin, nachdem sie es versäumt hatte, den Beschluß der 10. ordentlichen Generalversammlung vom 9. Jänner 1959 anzufechten, diese Versäumnis unter Umgehung der im § 41 GesmbHG. normierten Ausschlußfrist von einem Monat nachholen könnte, auch wenn der Beschluß vom 9. Jänner 1959 in der Folge nur in unbedeutender Weise abgeändert worden sei.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß der Beschluß der 11. ordentlichen Generalversammlung der beklagten Partei vom 24. November 1959 zu Punkt 7 der Tagesordnung nichtig sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Schwerpunkt der Revision liegt in der Rechtsrüge.

Sie bekämpft zunächst die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der mit der vorliegenden Klage angefochtene Beschluß der 11. Generalversammlung vom 24. November 1959 keineswegs nur als eine unbedeutende Abänderung des seinerzeitigen Beschlusses der 10. Generalversammlung vom 9. Jänner 1959 anzusehen sei, sondern ein neuerlicher Beschluß sei, der auch im Sinne des § 41 GesmbHG. neuerlich angefochten werden könne. Dieser Ansicht des zweiten Gerichtes ist jedoch beizustimmen; dadurch, daß der Beschluß der 10. Generalversammlung vom 9. Jänner 1959 in der 11. Generalversammlung vom 24. November 1959 neuerlich gefaßt wurde, ist er bereits zu einem Beschluß der 11. Generalversammlung vom 24. November 1959 geworden. Dies wäre selbst dann zu bejahen, wenn er in unveränderter Form wiederholt worden wäre, umso mehr aber deshalb, weil der Klägerin hiemit eine neuerliche Klagefrist gesetzt wurde. Gemäß § 41 GesmbHG. kann grundsätzlich jeder Beschluß unter den dort angeführten Voraussetzungen angefochten werden. Es würde dem Wortlaut und dem Sinn des Gesetzes widersprechen - übrigens auch zu einer Rechtsunsicherheit führen -, wenn Beschlüsse unter Umständen deshalb für nicht anfechtbar erklärt würden, weil sie mit Beschlüssen, die in früheren Generalversammlungen gefaßt wurden, inhaltlich gleich oder ähnlich sind. Wenn die Gesellschafter einen Beschluß fassen, so ist er nach den Bestimmungen des § 41 GesmbHG. jedenfalls anfechtbar, wobei es für die Frage der Anfechtbarkeit ohne Bedeutung ist, ob der neuerlich gefaßte Beschluß seinem Inhalt nach mit einem in einer früheren Generalversammlung gefaßten Beschluß ganz oder teilweise übereinstimmt. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der klagsgegenständliche Beschluß vom 24. November 1959 von der klagenden Partei im Rahmen des § 41 GesmbHG. angefochten werden könne, ist somit nicht rechtsirrig. Aber auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der angefochtene Beschluß gemäß § 41 Abs. 1 Z. 2 GesmbHG. mit dem Gesellschaftsvertrag im Widerspruch stehe und deshalb nichtig sei, weil bei der Beschlußfassung die Vorschriften über eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages vom 9. Juni 1948 nicht eingehalten worden seien, ist entgegen der in der Revision vorgetragenen Ansicht frei von Rechtsirrtum.

Gemäß Punkt XVI des Gesellschaftsvertrages vom 9. Juni 1948 haben sich die Gesellschafter der beklagten Partei auf die Dauer ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft einem Konkurrenzverbot hinsichtlich des Streckengeschäftes nur für Vorarlberg unterworfen. Der Versuch der beklagten Gesellschaft, das Konkurrenzverbot auch für Tirol in den Punkt XVI des Gesellschaftsvertrages vom 9. Juni 1948 einzubauen, ist gescheitert, weil der bezügliche Beschluß der Generalversammlung vom 26. Juli 1954 mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 15. September 1959 rechtskräftig für nichtig erklärt wurde. Nach der im Zeitpunkt der 11. Generalversammlung vom 24.

November 1959 - bei welcher der mit der vorliegenden Klage

angefochtene Beschluß gefaßt wurde - bestandenen Rechtslage hat

demnach der Gesellschaftsvertrag und insbesondere dessen Punkt XVI

in seiner ursprünglichen Fassung gegolten. Eine Abänderung dieses Gesellschaftsvertrages wurde weder bei der Generalversammlung vom 24. November 1959 noch auch sonst jemals beschlossen. Der angefochtene Beschluß ist daher als mit dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages im Widerspruch stehend gemäß § 41 Abs. 1 Z. 2 GesmbHG. nichtig, weil er sich auf ein gemäß dem Gesellschaftsvertrag für Tirol nicht bestehendes Konkurrenzverbot grundet.

Anmerkung

Z34125

Schlagworte

Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen nach § 41 GesmbHG., Generalversammlung einer GesmbH., Klage nach § 41 GesmbHG., Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Anfechtung von, Generalversammlungsbeschlüssen, Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen nach § 41 GesmbHG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0060OB00240.61.0920.000

Dokumentnummer

JJT_19610920_OGH0002_0060OB00240_6100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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