TE OGH 1961/9/20 5Ob290/61

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Veröffentlicht am 20.09.1961
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Norm

ABGB §1117
ABGB §1435

Kopf

SZ 34/123

Spruch

Recht auf Rückforderung einer Investitionsablöse bei vorzeitiger Aufhebung des Mietvertrages ohne Verschulden des Mieters und ganz kurzer Dauer des Mietverhältnisses.

Entscheidung vom 20. September 1961, 5 Ob 290/61.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes haben die Beklagten der Klägerin nicht nur die Parterreräumlichkeiten des Hauses Wien 19., K.- Straße 237, sondern auch ein Mansardenzimmer dieses Hauses vermietet; das Mietverhältnis begann am 1. April 1960, Anfang Juli 1960 gestatteten die Beklagten der Klägerin die Ausübung ihres Bestandrechtes an diesem Mansardenzimmer nicht mehr, weshalb die Klägerin in der Klage die Aufhebung des Bestandvertrages und die Rückzahlung des bei der Vermietung von ihr den Beklagten gegebenen Betrages von 25.000 S gegen Übergabe der von ihr benützten Räumlichkeiten binnen einem Monat nach Zahlung des Betrages von 25.000 S begehrt.

Das Erstgericht sprach im Punkt 1 seines Urteils aus, daß der zwischen den Streitteilen geschlossene Bestandvertrag aus dem Verschulden der beklagten Parteien aufgehoben werde; im Punkt 2 des Urteils verurteilte es die Beklagten zur Zahlung des Betrages von 25.000 S samt Zinsen, und im Punkt 3 des Urteils erkannte es die klagende Partei schuldig, den beklagten Parteien die Räumlichkeiten binnen einem Monat nach vollständiger Erbringung der im Punkt 2 festgesetzten Leistung von eigenen Fahrnissen geräumt zu übergeben.

Das Urteil des Erstgerichtes wurde von den Beklagten nur insoweit angefochten, als sie zur ungeteilten Hand schuldig erklärt wurden, der klagenden Partei den Betrag von 25.000 S samt Zinsen zu zahlen.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und bestätigte dessen Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Dadurch, daß die Beklagten Punkt 1 des erstgerichtlichen Urteils unangefochten gelassen haben, ist rechtskräftig festgestellt, daß das Begehren der Klägerin auf Aufhebung des Bestandvertrages gerechtfertigt war und dieser Bestandvertrag aufgehoben ist. Es steht ferner fest, daß die Aufhebung nicht wegen Verschuldens der Klägerin, sondern aus dem Verschulden der beklagten Parteien erfolgt ist. Die Frage, ob auch die Lösung der Verschuldensfrage in diesem Sinne daraus zu folgern ist, daß die Beklagten Punkt 1 des erstgerichtlichen Urteils unangefochten ließen, obwohl sie im Text der Berufung ihr Verschulden bestritten, kann auf sich beruhen, weil, auch wenn diese Frage zu verneinen wäre, die Lösung der Verschuldensfrage in diesem Sinne sich schon daraus ergibt, daß das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes übernommen hat, aus denen sich klar das Verschulden der Beklagten ergibt, welche grundlos der Klägerin die Benützung des mitgemieteten Mansardenzimmers entzogen haben.

Steht demnach die von der Bestandnehmerin nicht verschuldete Aufhebung des Bestandvertrages fest, so ist zu untersuchen, nach welchen gesetzlichen Bestimmungen die Rechtsfolgen, die sich an die Aufhebung des Bestandvertrages knüpfen, zu beurteilen sind. Die Anwendung der Bestimmungen der §§ 918 ff. ABGB. auf ein Mietverhältnis kommt, nachdem dieses bereits begonnen hat, grundsätzlich nicht in Frage, weil das Mietverhältnis ein Dauerschuldverhältnis darstellt (Klang 2. Aufl. V 118; Gschnitzer in Klang 2. Aufl. IV 446). Für Bestandverhältnisse, die bereits begonnen haben, gilt die Bestimmung des § 1117 ABGB., welche dem Bestandnehmer unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zur vorzeitigen Vertragsauflösung gibt. Ein Bedürfnis, die Frage zu regeln, was bei einer solchen Aufhebung des Bestandvertrages mit einer anläßlich des Abschlusses des Bestandvertrages vom Mieter geleisteten einmaligen Zahlung zu geschehen habe, bestand für den Gesetzgeber bei Schaffung des ABGB. nicht, weil nach den Bestimmungen des ABGB. der Leistung des Bestandgebers, nämlich der Beistellung des Bestandgegenstandes, als Gegenleistung des Mieters die Zahlung eines Mietzinses gegenüberstand, nicht aber die Zahlung eines einmaligen Betrages bei Abschluß des Mietvertrages, welche erst unter dein Einfluß der Zinsbeschränkungen des MietG. in Übung kam. Unter welchen Voraussetzungen ein solcher einmaliger Betrag vom Mieter auf jeden Fall zurückgefordert werden kann, wird für Mietobjekte, die dem MietG. unterliegen, im § 17 MietG. bestimmt. Daß die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle vorlägen, wurde von der Klägerin nicht behauptet; wohl aber hat sie behauptet, daß ihr nach bürgerlichem Recht ein Anspruch auf Zurückzahlung des gezahlten Betrages zustehe. Dies mit Recht. Ein Anspruch auf Zurückforderung eines gezahlten Betrages besteht dann, wenn der rechtliche Grund, ihn zu behalten, aufgehört hat (§ 1435 ABGB.). Dies ist immer dann der Fall, wenn auf Grund eines Vertrages, der auf Begründung eines Dauerschuldverhältnisse gerichtet ist, schon vor dessen tatsächlichem Beginn etwas geleistet wurde, in der Erwartung, daß das im Vertrag vorgesehene Dauerverhältnis tatsächlich in Kraft treten werde, jedoch dann infolge Vertragsauflösung das Dauerverhältnis überhaupt nicht entsteht (Gschnitzer a. a. O. 448). Gleiches muß aber auch gelten, wenn, wie diesmal, das Dauerverhältnis zwar begonnen hat, aber nur eine so kurze Zeit währte, die zu der Höhe des gegebenen Betrages überhaupt in keinem Verhältnis steht. Wer bei der Miete einer verhältnismäßig kleinen Wohnung gegen einen Mietzins von 500 S monatlich überdies noch einen Betrag von 25.000 S unter dem Titel eines Investitionsbeitrages gibt, tut dies in der Erwartung, durch längere Zeit im Genuß des Bestandobjektes bleiben zu können. Wenn sich nun diese Erwartung nicht erfüllt hat und das Mietverhältnis infolge einer durch den Bestandnehmer nicht verschuldeten vorzeitigen Aufhebung des Mietvertrages nur so kurze Zeit gedauert hat, daß sich der Mieter in seiner neuen Wohnung gerade häuslich einrichten konnte, dann ist der rechtliche Grund für den Bestandgeber, die erhaltene Ablöse (Investitionsbeitrag) zu behalten, weggefallen, weshalb er den Betrag zurückzahlen muß.

Anmerkung

Z34123

Schlagworte

Aufhebung eines Mietvertrages, Rückforderung einer Investitionsablöse, Bestandvertrag, Aufhebung, Rückforderung einer Investitionsablöse, Investitionsablöse, Rückforderung nach Auflösung des Mietvertrages, Mietvertrag, Aufhebung, Rückforderung einer Investitionsablöse, Rückforderung einer Investitionsablöse nach Aufhebung des Mietvertrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0050OB00290.61.0920.000

Dokumentnummer

JJT_19610920_OGH0002_0050OB00290_6100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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