Norm
ABGB §484Kopf
SZ 35/3
Spruch
Aktivlegitimation des Inhabers einer auf fremder Liegenschaft errichteten Garage zur Klage auf Feststellung, daß dem in Ansehung dieser Liegenschaft als dienstbaren Grundstückes Wasserleitungsberechtigten kein den Garagenbetrieb betreffendes Untersagungsrecht zusteht.
Entscheidung vom 16. Jänner 1962, 8 Ob 12/62.
I. Instanz: Bezirksgericht St. Veit a. d. Glan; II. Instanz:
Landesgericht Klagenfurt.
Text
Die Beklagte ist Eigentümerin der Liegenschaft in X., L.-Gasse Nr. 4, EZ. 243, Katastralgemeinde X. Ihr steht auf Grund des Dienstbarkeitsvertrages vom 19. Juni 1907 die Dienstbarkeit der Wasserleitung über die Grundstücke Nr. 210 und 232 Katastralgemeinde X. der EZ. 242 desselben Grundbuches zu. Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 242 ist Maria B. Der Kläger ist der Lebensgefährte der Maria B. Mit ihrer Zustimmung errichtete er eine Garage mit zwei Boxen auf ihrer Liegenschaft und vermietete diese Boxen. Die Erträgnisse aus der Vermietung kommen ihm zu. Der Kläger suchte mit Zustimmung der Maria B. bei der Stadtgemeinde X. um die Bewilligung der Errichtung der Garage an. Mit Bescheid vom 24. August 1959 wurde das Ansuchen bewilligt, die Einwendungen der Beklagten wurden zurückgewiesen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X. vom 5. Jänner 1960 wurde der Berufung der Beklagten insofern Folge gegeben, als die unbehobenen privatrechtlichen Einwendungen über das Servitutsrecht der Wasserleitung auf den Rechtsweg verwiesen wurden. Mit Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 26. April 1960 wurde die beantragte Bauführung in öffentlicher Beziehung als zulässig erklärt, und die Streitteile wurden hinsichtlich der unbehobenen privatrechtlichen Einwendungen der Mathilde B. (der Beklagten), "der Servitutsvertrag vom 19. Juni 1907 werde im Zusammenhang mit diesem Garagenbau empfindlichst eingeschränkt, und zwar sowohl durch die Umstellung der gegenständlichen Gartenparzelle auf eine Bauparzelle als auch durch den zufolge der Garagenzu- und - abfahrt bedingten Verkehr auf diesem Grundstück" auf den Rechtsweg verwiesen. Die Bewilligung der Benützung der Garage wird nicht eher erteilt, als über die im Verwaltungsverfahren erhobenen privatrechtlichen Einwendungen der Beklagten nicht rechtskräftig entschieden ist. Die Wasserleitung der Beklagten führt in einer Erdtiefe von 1.20 bis 1.30 m etwa 5 m vor der Garageneinfahrt vorbei. Die Wasserleitung ist eine 1/2-Zoll-Stahlrohrleitung mit einem Rohrdurchmesser von zirka 20 mm. Der Wasserdruck beträgt durchschnittlich 3.5 bis 4 atü. Die Zufahrt der Garage wird von einer festgefahrenen Hoffläche gebildet. Eine Beschädigung der Wasserleitung durch darüberfahrende Kraftfahrzeuge bis zu 3 Tonnen ist ausgeschlossen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Feststellung, daß der Servitutsvertrag vom 19. Juni 1907 im Zusammenhang mit dem vom Kläger durchgeführten Garagenbau nicht empfindlichst eingeschränkt werde, und zwar weder durch die Umstellung der Gartenparzelle auf eine Bauparzelle noch durch den zufolge der Garagenzu- und -abfahrt bedingten Verkehr auf diesem Grundstück, Folge. Es bejahte die Aktivlegitimation und das rechtliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung und beurteilte den Sachverhalt dahin, daß der Servitutsvertrag bzw. die Dienstbarkeit der Wasserleitung durch die Umstellung des Gartengrundstückes auf ein Baugrundstück nicht beeinträchtigt werde.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es übernahm sämtliche Feststellungen des Ersturteiles und führte in rechtlicher Hinsicht aus: Da das Leistungsbegehren auf Duldung der errichteten Garage und ihrer bestimmungsgemäßen Benützung zur Verwahrung der dort einfahrenden Kraftfahrzeuge möglich sei, mangle das Interesse an der alsbaldigen Feststellung. Das Klagebegehren sei jedoch inhaltlich ein Leistungsbegehren. Hiefür mangle jedoch dem Kläger die aktive Klagslegitimation, weil zur Erhebung der auf das Eigentum gegrundeten Klage nur der Eigentümer legitimiert sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und änderte das zweitinstanzliche Urteil dahin ab, daß das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe wiederhergestellt werde, daß es zu lauten habe: "Es wird der Beklagten gegenüber festgestellt, daß ihr aus ihrem Wasserleitungsrecht auf Grund des Servitutsvertrages vom 19. Juni 1907 im Zusammenhang mit dem vom Kläger durchgeführten Garagenbau auf der Parzelle Nr. 232 Garten der EZ. 242 Katastralgemeinde X. nicht das Recht zusteht, die Umstellung dieser Gartenparzelle auf eine Bauparzelle und den zufolge der Garagenzu- und -abfahrt bedingten Verkehr auf diesem Grundstück zu untersagen."
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um ein in die Form des Feststellungsbegehrens gekleidetes Leistungsbegehren, sondern um ein Feststellungsbegehren. Dies ergibt sich sowohl aus der Formulierung des Begehrens als auch aus dem Zweck der Klage, der nicht darin gelegen ist, die Klägerin zu einer Duldung zu veranlassen, sondern darin besteht, durch die rechtskräftige Feststellung das Hindernis gegen die Erlangung der Benützungsbewilligung zu beseitigen. Das Berufungsgericht widerspricht sich insofern, als es einerseits das Feststellungsinteresse des Klägers verneint, weil diesem die Möglichkeit der Leistungsklage offenstehe, ihm aber für diese andererseits die aktive Klagslegitimation abspricht.
Die aktive Klagslegitimation zur Feststellungsklage ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Der Kläger hat mit Maria B. eine Vereinbarung getroffen, wonach ihm das Recht eingeräumt wurde, im eigenen Namen eine Garage zu errichten und zu betreiben. Dieses Recht könnte durch das gegenüber der Liegenschaftseigentümerin Maria B. der Beklagten zustehende Servitutsrecht eine Beschränkung erfahren. Der Kläger wäre bezüglich einer von der Beklagten gegen ihn wegen Störung ihres Servitutsrechtes erhobenen Klage passiv legitimiert (vgl. Ehrenzweig, Sachenrecht[2], § 260, Anm. 9, S. 359; Klang[2] zu § 523 ABGB., S. 601, bei Anm. 13). Es muß ihm daher jedenfalls auch das Recht zugebilligt werden, einer solchen Klage durch die Feststellungsklage, daß eine Störung und daher ein Untersagungsrecht nicht vorliege, zuvorzukommen, wenn die Servitutsberechtigte, wie dies geschehen ist, hartnäckig behauptet, durch die Ausübung der Rechte des Klägers in ihrem Servitutsrecht gestört zu sein (vgl. GlUNF. Nr. 6510). Eine Leistungsklage ist mangels einer tatsächlichen Behinderung ausgeschlossen (Ehrenzweig, a. a. O., S. 358, bei Anm. 1; Klang, a. a. O., Anm. 2, S. 600).
Das rechtliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung ergibt sich auch aus der Tatsache, daß die Erteilung der Benützungsbewilligung von der Klärung des streitigen Privatrechtlichen Verhältnisses abhängig gemacht wurde.
Der Abweisungsgrund des angefochtenen Urteils trifft daher nicht zu. Da das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes übernommen hat, konnte der Oberste Gerichtshof in der Sache selbst entscheiden. Der Oberste Gerichtshof pflichtet der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei, daß die von der Beklagten gegen die Errichtung und den Betrieb der Garage im Verfahren erster Instanz erhobenen Einwendungen nicht begrundet sind.
Was die Frage anlangt, ob durch das Ausschütten von Treibstoff eine Verunreinigung der Wasserleitung verursacht werden kam, hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, daß die Beklagte eine derartige Einwendung im Verfahren erster Instanz nicht erhoben hat, so daß sich die Prüfung dieser Frage erübrigte.
Die weiteren Ausführungen in der Revisionsbeantwortung sind zur Gänze Neuerungen, auf die im Revisionsverfahren kein Bedacht zu nehmen war.
Aus diesen Erwägungen war das Ersturteil wieder herzustellen, jedoch mit der Maßgabe, daß die Formulierung des Spruches mit der Bestimmung des § 228 ZPO. in Einklang zu bringen war. Darnach ist Gegenstand der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes. Das Klagebegehren ist aber im Sinne der ihm hiemit gegebenen deutlichen Formulierung zu verstehe gewesen, zumal das darin verwendete Wort "empfindlichst" nur als auf die Bestimmung des § 484 ABGB. verweisend anzusehen ist (vgl. Klang, a. a. O., zu dieser Gesetzesstelle, S. 565, bei Anm. 23).
Anmerkung
Z35003Schlagworte
Dienstbarkeit der Wasserleitung, Klagerecht des Inhabers einer auf dem, dienenden Grundstück errichteten Garage, Servitut der Wasserleitung, Wasserleitung, DienstbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1962:0080OB00012.62.0116.000Dokumentnummer
JJT_19620116_OGH0002_0080OB00012_6200000_000