Norm
JN §1Kopf
SZ 35/2
Spruch
Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes für die Klage auf Feststellung des Anspruches auf Entlohnung nach einer bestimmten Entlohnungsgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Entlohnungsgruppe während des dem gegenwärtigen öffentlich rechtlichen Dienstverhältnisse vorausgegangenen Vertragsbedienstetenverhältnisses für Zwecke der Vordienstzeitenanrechnung.
Entscheidung vom 18. Jänner 1962, 4 Ob 165/61.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten.
Text
Die Klägerin, die im Jahre 1948 die Reifeprüfung abgelegt und von 1950 bis 1952 die Fürsorgeschule besucht hatte, trat am 24. November 1952 den Dienst als Fürsorgerin im Vertragsbedienstetenverhältnis an. Sie war ursprünglich im Schema I, Entlohnungsgruppe d, eingestuft. Mit 1. Mai 1956 wurde sie in die Entlohnungsgruppe b überstellt und am 1. März 1957 pragmatisiert. Sie wurde bei gleicher Verwendung auf einen Dienstposten des gehobenen Fachdienstes ernannt. Sie ist seit ihrem Dienstantritt immer als Fürsorgerin verwendet worden.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß sie während ihrer Dienstzeit als Vertragsbedienstete vom 24. November 1952 bis 30. April 1956 stets in einer Verwendung des gehobenen Dienstes gestanden ist, dies mit der Begründung, diese Zeit sei ihr auf ihr Ansuchen um Anrechnung ihrer Vordienstzeit für die Vorrückung in höhere Bezüge nur als d-wertig angerechnet worden. Sie sei daher unrichtig eingestuft worden. Sie habe ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, daß sie während der genannten Zeit stets Arbeiten des gehobenen Fachdienstes geleistet habe, weil sie auf Grund eines solchen Urteils das Anrechnungsverfahren wiederaufnehmen und ihr Recht durchsetzen könne.
Dem Klagebegehren wurde in allen drei Instanzen stattgegeben-
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen des Obersten Gerichtshofes.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 8. März 1960, 4 Ob 2/60, JBl. 1960, 455, dargelegt, daß ein Feststellungsbegehren, das dazu diene, höhere Entlohnungsanspruche im gegenwartigen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis hervorzubringen, jedenfalls in die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes falle, weil es eine Zeit betreffe, in welcher der Kläger noch Vertragsbediensteter gewesen sei. Die positive Feststellung sei geeignet, ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis zu beeinflussen, und dies genüge als Voraussetzung der Feststellungsklage. Richtig sei, daß gemäß § 4 (1) lit. a VordienstzeitenVO., BGBl. Nr. 228/1957, Vordienstzeiten eines pragmatischen Bundesbeamten nur dann im vollen Ausmaß angerechnet werden, wem die Vordienstzeit als Vertragsbediensteter der nunmehrigen Verwendung des pragmatischen Beamten mindestens gleichwertig sei. Die Wertigkeit einer solchen Vordienstzeit sei wiederum darnach zu beurteilen, auf welche Entlohnung der Vertragsbedienstete Anspruch gehabt habe. Im gleichen Sinn sind die Entscheidungen vom 5. April 1960, 4 Ob 35/60, Soz. I D, S. 237, und vom 6. September 1960, 4 Ob 57/60, ergangen. Von dieser Auffassung abzugehen, bieten die Ausführungen in der Revision keinen Anlaß. Im einzelnen ist zu ihnen folgendes zu bemerken:
Wenn in den Fällen der soeben bezogenen Vorentscheidungen die Feststellung verlangt wurde, daß ein Recht auf Entlohnung gemäß einer bestimmten Einstufung bestanden habe, während hier unmittelbar die Feststellung der Einstufung begehrt wird, so liegt darin kein sachlicher Unterschied. Daß im vorliegenden Fall zwischen den Parteien ein Vertragsbedienstetenverhältnis bestand und daß die Klägerin bei richtiger Einstufung zur Entlohnungsgruppe b (gehobener Fachdienst) des Schemas I gehörte, ist gar nicht bestritten. Die wichtigste Folge der Zugehörigkeit zu einer Entlohnungsgruppe ist der Anspruch auf eine Entlohnung bestimmter Höhe. Es ist unbedenklich und bloß eine Formulierungsfrage, wenn nicht die Feststellung des Anspruchs auf Entlohnung nach einer bestimmten Entlohnungsgruppe, sondern die Zugehörigkeit zu einer Entlohnungsgruppe, oder - hier wieder anders gewendet - die Feststellung der Einordnung einer Verwendung in den gehobenen Fachdienst verlangt wird. Daß die Einordnung in den gehobenen Fachdienst gemäß dem Vertragsbedienstetengesetz 1948 begehrt wurde, ist nach der Rechtslage, wie sie während des Bestandes des Dienstverhältnisses gegeben war, völlig klar. Unzutreffend ist der Schluß, daß "sich daraus klar und deutlich ergibt, daß die begehrte Feststellung auch nur einzig und allein für den Bereich des Vertragsbedienstetengesetzes und nicht auch, wie unrichtig angenommen wird, für den Bereich des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses irgendwelche Auswirkungen haben kam". Die Einordnung in eine Entlohnungsgruppe bestimmt sicher in erster Linie die Ansprüche des Vertragsbediensteten aus diesem Dienstverhältnis, vor allem seinen Entlohnungsanspruch. Durch die Vorschrift des § 4
(1) lit. a Vordienstzeitenverordnung 1947 ist aber vorgesehen, daß die Anrechnung von Vordienstzeiten davon abhängt, ob sie gleichwertig gewesen sind. Damit wird - wie der Oberste Gerichtshof bereits in den obenangeführten Entscheidungen erkannt hat - die Einordnung des Vertragsbediensteten für das dann folgende öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis als privatrechtliche Vorfrage bedeutsam. Mit einer sinngemäßen Anwendung der Dienstzweigverordnung für Vertragsbedienstete hat dies nichts zu tun.
Unrichtig in dieser Allgemeinheit ist die Meinung, es könne "nur die Feststellung eines bestehenden, also gegenwärtigen Rechtes, nicht aber die Feststellung eines in der Vergangenheit bestandenen, bereits nicht mehr existierenden Rechtsverhältnisses oder Rechtes begehrt werden (vgl. OHG. 30. Dezember 1898, GlU. NF. 438; 3. Dezember 1958, 2 Ob 424, 425/58, JBl. 1959, S. 184)". Die beiden bezogenen Entscheidungen betreffen andersgelagerte Fälle. Richtig ist bloß, daß dann, wem aus einem Rechtsverhältnis bereits alle Leistungsansprüche übersehen und geltend gemacht werden können und wenn eine darüber hinausgehende Bedeutung dieses Rechtsverhältnisses für die Rechtssphäre einer Person nicht zu erkennen ist, eine Feststellung nicht mehr verlangt werden kann. Im vorliegenden Fall ist aber das bestandene privatrechtliche Dienstverhältnis gerade wegen der zuvor angeführten Anrechnungsvorschrift für die Rechtssphäre der Klägerin von sehr erheblicher Bedeutung. Daraus folgt das Feststellungsinteresse.
Damit ist bereits die Meinung abgelehnt, daß die begehrte Feststellung nicht geeignet sei, ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis zu beeinflussen. Nach dem klaren Wortlaut des § 4 (1) lit. a Vordienstzeitenverordnung 1957 kommt es auf die Wertigkeit des vorangegangenen privatrechtlichen Dienstverhältnisses, also auf die Eingruppierung im Rahmen des Vertragsbedienstetengesetzes, an. Damit ist das rechtliche Interesse der Klägerin an der Feststellung dieser Eingruppierung dargetan. Eine ganz andere, vom Obersten Gerichtshof nicht zu entscheidende Frage ist es, welche Meinung die Verwaltungsbehörden in dieser Beziehung überhaupt vertreten und insbesondere welche Schlüsse sie aus der Feststellung des vorangegangenen privatrechtlichen Dienstverhältnisses für das nun bestehende öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis ziehen werden. Davon, daß die Vordienstzeitenverordnung den Verwaltungsbehörden die Entscheidungsbefugnis über privatrechtliche Dienstverhältnisse, hier über das Vertragsbedienstetenverhältnis, übertragen hätte, kann keine Rede sein. Wegen des Hinweises in der Revision auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 19. Jänner 1961, Zl. 2141/60, ist nochmals zu wiederholen, daß die Entscheidung über die Gestaltung des Vertragsbedienstetenverhältnisses, insbesondere über die Einstufung, Sache der Gerichte ist und daß die weitere Frage, ob und in welcher Weise diese Entscheidung im Verwaltungsverfahren bedeutsam ist, den Verwaltungsbehörden obliegt. Daß die gerichtliche Feststellung der Eingruppierung der Einstufung einen Einfluß auf das folgende Verwaltungsverfahren hat, stellt für die Gerichte eine Vorfrage bei der Beurteilung dar, ob ein Feststellungsinteresse bestehe. Diese Vorfrage ist aber eben nur als Vorfrage bejaht worden, wodurch in keiner Weise in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden eingegriffen wurde.
Aus den bisherigen Ausführungen folgt bereits, daß von einer Nichtigkeit gemäß § 477 (1) Z. 6 ZPO. keine Rede sein kam. Die Gerichte haben über ein privatrechtliches Dienstverhältnis entschieden, wobei sie das rechtliche Interesse an der Feststellung einer bestimmten Eingruppierung deswegen bejaht haben, weil diese Feststellung für das anschließende öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis von rechtlicher Bedeutung ist. Damit ist - um es immer wieder zu betonen - eine öffentlich-rechtliche Vorfrage (§ 19O ZPO.) ohne jede Bindung für die Verwaltungsbehörden beantwortet worden. Die Beantwortung einer Vorfrage ändert aber nichts daran, daß über eine auf den Rechtsweg gehörige Sache, nämlich hier über das privatrechtliche Dienstverhältnis, entschieden wurde, so daß eine Nichtigkeit gemäß § 477 (1) Z. 6 ZPO. nicht in Betracht kommt. Die Fragen der Gewaltentrennung, der unzulässigen Verquickung der beiden Vollzugsbereiche und der Kontrolle der Verwaltung durch ein Gericht haben damit nichts zu tun. Was dazu in der Revision im einzelnen ausgeführt wird, geht so weit am oben aufgezeigten wesentlichen Kern der Sache vorüber, daß dazu im einzelnen nicht Stellung zu nehmen ist.
Anmerkung
Z35002Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1962:0040OB00165.61.0118.000Dokumentnummer
JJT_19620118_OGH0002_0040OB00165_6100000_000