TE OGH 1962/1/31 3Ob465/61

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Veröffentlicht am 31.01.1962
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Norm

ABGB §1063
ABGB §1358
ABGB §1422

Kopf

SZ 35/18

Spruch

Bei den Einlösungsfällen der §§ 1358 und 1422 ABGB. bedarf es keiner besonderen Übertragung. Bei der Einlösung geht auch der Eigentumsvorbehalt über.

Entscheidung vom 31. Jänner 1962, 3 Ob 465/61.

I. Instanz: Exekutionsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Walter K. hatte von Franz K. zwei Maschinen unter Eigentumsvorbehalt gekauft und schloß aus diesem Gründe mit der W.-Kredit einen Kreditvertrag, auf Grund dessen diese den Restkaufpreis von 30.000 S kreditierte, wofür sie sich die Kaufpreisforderung und den Eigentumsvorbehalt zedieren ließ.

Der Kreditvertrag wurde von Walter K. und von dem Kläger als Solidarschuldner abgeschlossen. Da Walter K. nicht bezahlte, führte die W.-Kredit gegen Walter K. und den Kläger Klage; beide wurden zur Bezahlung eines Betrages von 36.702 S verurteilt. Diesen Betrag erlegte der Kläger am 7. September 1960 bei der W.-Kredit zunächst zu treuen Handen, um Walter K. zur Zahlung zu, bewegen, was ihm jedoch nicht gelang. Zur Sicherung der geleisteten Zahlung schloß der Kläger mit Walter K. einen Vertrag, wonach sich letzterer damit einverstanden erklärte, daß der an den beiden Maschinen zugunsten des Kreditgebers bestehende Eigentumsvorbehalt auf den Kläger übergehe. Sie waren sich einig, daß nach dem Erlöschen des Eigentums der W.-Kredit der Kläger Eigentümer der Maschinen werden und es solange bleiben sollte, bis er den ausgelegten Betrag zurückerhalten habe. Am 10. Oktober 1960 verständigte die W.-Kredit den Kläger, daß sie seinen Erlag zur Tilgung ihrer Forderung verwendet habe. Eine Zession der Kaufpreisforderung und des Eigentumsvorbehalts erfolgt seitens der W.-Kredit nicht. Am 2. Jänner 1961 wurden die Maschinen zugunsten der beklagten Parteien gepfändet. Übergabshandlungen an den Kläger fanden zunächst nicht statt. Später hat der Kläger eine der beiden Maschinen, und zwar die Schleifmaschine - allerdings erst nach der Pfändung -, an sich genommen.

Der Kläger begehrt den Anspruch der Unzulässigkeit der Exekution. Er bringt vor, den Kredit, den Walter K. zur Anschaffung der Maschinen erhalten hatte, für diesen bezahlt und hiefür Sicherungseigentum an den Maschinen erlangt zu haben. Er beruft sich außerdem auf eine Zession des Eigentumsvorbehaltes durch den Kreditgeber.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, daß eine Zession des Eigentumsvorbehaltes nicht festgestellt werden konnte und ein Sicherungseigentum mangels rechtlicher Erwerbsart nicht begrundet worden sei. Das geltend gemachte Besitzkonstitut reiche nicht aus.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt, der Kläger habe unbestrittenermaßen eine materiell fremde Schuld, für die er formell durch Abschluß des Kreditvertrages als Mitschuldner persönlich haftete, bezahlt. Nach § 1358 ABGB. gehe durch die Zahlung die Forderung auf den Bürgen bzw. Zahler im selben Umfang und mit denselben rechtlichen Eigenschaften, Vorrechten und Nebenrechten über, wie sie beim Gläubiger bestanden haben. Dies gelte auch für die zur Sicherung der verbürgten Schuld bestellten Sicherheiten, wozu auch der Eigentumsvorbehalt gehöre. Auch der Eigentumsvorbehalt diene, wenn auch nicht unmittelbar der Sicherung des Eingangs der Kaufpreisforderung, so doch jener der wirtschaftlichen Position des Inhabers der Forderung und erscheine insoferne als ein Nebenrecht der Forderung, welches auf die zahlenden Mitschuldner übergehe. Der Übergang des Eigentumsvorbehaltes bedürfe auch keiner Traditionshandlung. Ebenso wie ein Pfandrecht gehe der Eigentumsvorbehalt ipso iure mit der Einlösung der Forderung über. Der für die W.-Kredit bestandene Eigentumsvorbehalt sei daher auf den Kläger infolge seiner Zahlung übergegangen. Der Kläger habe somit ein Recht an den Pfandgegenständen erworben, das die auf diese Gegenstände geführten Exekutionen unzulässig macht. Das Berufungsgericht vertrat noch den Standpunkt, daß auf diesen Übergang des Eigentumsvorbehaltes Bedacht genommen werden mußte, obwohl der Kläger in der Klage sich nur auf ein Sicherungseigentum berufen hat bzw. darauf, daß ihm der Eigentumsvorbehalt zediert worden sei. Der Kläger habe ausgeführt, daß er die Kaufpreisforderung der W.-Kredit zur Gänze ausbezahlt habe, woraus sich im Zusammenhalt mit dem gesamten Vorbringen der Rechtsgrund des ipso iure Überganges des Eigentumsvorbehaltes nach § 1358 ABGB. ableiten lasse. Außerdem habe er sich auf eine Zession berufen, es mache keinen Unterschied, ob es sich um eine vertragliche oder eine Legalzession handelt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerber halten sich nicht an den festgestellten Tatbestand. Sie führen an, daß sich aus den Beilagen C und D ergebe, das Schicksal der beiden Maschinen sei ein verschiedenes gewesen. Der Kläger sollte hinsichtlich der Schleifmaschine Eigentümer und hinsichtlich der Rührmaschine nur Sicherungseigentümer werden. Da die Vereinbarung hierüber am 27. September 1960 erfolgt sei, habe der Kläger am 10. Oktober 1960, an welchem Tage von ihm der Kredit durch Umbuchung bezahlt worden war, bereits eine materiell eigene Schuld bezahlt. Hinsichtlich dieser Maschine sei daher § 1358 ABGB. nicht anwendbar. Außerdem ergebe sich aus den Beilagen C und D, daß der Kläger eine Sicherung gemäß § 1358 ABGB. gar nicht wollte. Man könne aber niemand zwingen, ein Recht zu erwerben, wenn er zu erkennen gibt, daß er diesen Rechtserwerb gar nicht anstrebt. Der Kläger habe es anscheinend vorgezogen, seine Forderung gegen Walter K. mittels Sicherungseigentums sicherzustellen.

Abweichend von diesen Ausführungen gehen aber die Feststellungen der Untergerichte nur dahin, daß der Kläger mit Walter K. hinsichtlich beider Maschinen eine Vereinbarung traf, der zufolge sich K. damit einverstanden erklärt, daß der an den Bäckereimaschinen zugunsten der W.-Kredit bestehende Eigentumsvorbehalt auf den Kläger übergeht und so lange aufrecht bleibt, bis K. dem Kläger den ausgelegten Betrag zurückbezahlt hat. Eine Einschränkung auf die Rührmaschine erfolgte erst in der Vereinbarung Beilage C; eine Feststellung darüber, daß durch diese Vereinbarung (Beilagen C und D) der Kläger bereits die Schleifmaschine endgültig in das unbeschränkte Eigentum übernehmen sollte, wurde nicht getroffen. Im Gegenteil stellte das Erstgericht ausdrücklich fest, daß sich beide darüber einig waren, daß nach dem Erlöschen des Eigentums der W.-Kredit der Kläger, um für den ausgelegten Betrag gesichert zu sein, Eigentümer der Maschinen werden und es so lange bleiben sollte, bis er den ausgelegten Betrag zurückerhalten hat. Von dieser vom Berufungsgericht übernommenen Feststellung ist auszugehen. Es ergibt sich daraus jedenfalls - im Gegensatz zur Ansicht in der Revision - daß nach dem Wortlaut der Beilagen C und D der der W.-Kredit zustehende Eigentumsvorbehalt auf den Kläger übergehen sollte. Damit ist aber gerade jene Rechtsfolge zwischen den Vertragschließenden auch vereinbart worden, die ohnehin nach § 1358 ABGB. von Gesetzes wegen bei Bezahlung einer formell eigenen, materiell fremden Schuld eingetreten ist. Es ist daher der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes zu folgen, daß durch die Zahlung der Schuld durch den Kläger der Eigentumsvorbehalt der W.-Kredit auf ihn übergegangen ist. Der Oberste Gerichtshof vertritt in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß es einer Traditionshandlung bei den Einlösungsfällen der §§ 1358 und 1422 ABGB. nicht bedarf (vgl. EvBl. 1956 Nr. 7, 3 Ob 225/61).

Die Revision ist auch nicht begrundet, wenn die Beklagten die Meinung vertreten, daß der Kläger sich des Rechtsgrundes des Überganges des Eigentumsvorbehaltes nach § 1358 ABGB. nicht bedient habe, weil er als Klagsgrund nur Erwerb eines Sicherungseigentums und eine vertragliche Zession des Eigentumsvorbehalts durch die W.- Kredit behauptet habe. Unter Klagsgrund sind das tatsächliche Vorbringen, nicht aber die rechtliche Beurteilung des Vorbringens und seine Unterstellung unter eine bestimmte gesetzliche Vorschrift zu verstehen. Der Kläger hat die Behauptung aufgestellt, Vorbehaltseigentümer zu sein. Er hat die für diese Behauptung erforderlichen Beweismittel angeboten, die in richtiger rechtlicher Qualifikation auch sein Vorbehaltseigentum ergeben haben. Wenn der Kläger in der rechtlichen Beurteilung dabei insofern irrte, als er die Meinung vertrat, daß sich sein Vorbehaltseigentum auf die Vereinbarung mit Walter K. grunde, so kann ihm dies nicht schaden, wenn sich aus dem Vorbringen ergibt, daß der Eigentumsvorbehalt durch die Einlösung der materiell fremden Schuld von Gesetzes wegen übergegangen ist. Das Gericht ist an die rechtliche Qualifikation der Parteien nicht gebunden. Der Klagegrund für die Exszindierungsklage ist nach wie vor das behauptete Eigentum des Klägers an den gepfändeten Gegenständen. Daß ein solches Eigentum in Form des Vorbehaltseigentums vom Kläger erworben wurde, hat das Beweisverfahren ergeben. Dem Klagebegehren war daher stattzugeben.

Anmerkung

Z35018

Schlagworte

Eigentumsvorbehalt, Einlösung nach §§ 1358, 1422 ABGB., Einlösung nach §§ 1358, 1422 ABGB., Übergang des Eigentumsvorbehalts

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1962:0030OB00465.61.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19620131_OGH0002_0030OB00465_6100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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