TE OGH 1962/3/29 5Ob69/62

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Veröffentlicht am 29.03.1962
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Norm

KO §95 (2)

Kopf

SZ 35/39

Spruch

Rekursrecht der Gläubiger gegen einen die Untersagung nach § 95 (2) KO. ablehnenden Beschluß betreffend Anerkennung einer Kostenforderung als Masseforderung.

Entscheidung vom 29. März 1962, 5 Ob 69/62.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

In der Verlassenschaftssache Franz P. wurden die Kosten des Absonderungskurators Dr. Otto B. mit insgesamt 91.891.44 S bestimmt. Diese Kostenforderung machte Dr. Otto B. im Konkurse als Masseforderung geltend. Bei einer am 6. Oktober 1961 abgehaltenen Gläubigerausschußsitzung wurde einstimmig ein Vergleichsvorschlag Dris. B. angenommen, wonach die Hälfte der dem Absonderungskurator zugesprochenen Kosten zuzüglich Barauslagen und Umsatzsteuer als Masseforderung, die andere Hälfte des Honorares mit dem Prozentsatz der auf die dritte Klasse entfallenen Quote zuzüglich der darauf entfallenen Umsatzsteuer berichtigt werden sollte. Die Annahme des Vergleichsvorschlages wurde damit begrundet, daß die Tätigkeit des Dr. B. nicht nur jene eines Absonderungskurators umfaßte, sondern daß er auch mit der Vermögensverwaltung des Nachlasses bis zur Konkurseröffnung beauftragt gewesen sei und daß mit Rücksicht auf eine nicht einheitliche Judikatur das Prozeßkostenrisiko im Falle einer Ablehnung des Vergleiches zu groß erscheine.

Das Erstgericht hat auf Grund des § 95 (2) KO. die Ausführung des Beschlusses des Gläubigerausschusses untersagt, bis die Gläubigerversammlung über den Gegenstand Beschluß gefaßt haben werde. Der Konkurskommissär begrundet diesen Beschluß damit, daß die Kosten des Absonderungskurators nicht als Massekosten angesehen werden könnten.

Das Rekursgericht behob den Beschluß des Konkurskommissärs im wesentlichen mit der Begründung, daß die Frage, ob die Kosten einer früheren Vermögensverwaltung als Massekosten anzusehen seien, eine zweifelhafte Rechtsfrage darstelle, so daß der Abschluß des Vergleiches durchaus gerechtfertigt und auch im wohlverstandenen Interesse der Gläubiger gelegen sei, weil eine sichere Prognose darüber, ob ein allfälliger Masseprozeß mit weniger Lasten für die Konkursmasse verbunden wäre als die Zuhaltung des abgeschlossenen Vergleiches im derzeitigen Stadium nicht möglich sei.

Der Oberste Gerichtshof stellte infolge Revisionsrekurses der Gläubigerin prot. Fa. R.-Ges. m. b. H. den Beschluß der ersten Instanz wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist zunächst die Frage nach der Zulässigkeit des gegen den Beschluß des Rekursgerichtes von der Gläubigerin prot. Firma R.-Ges. m. b. H. erhobenen Revisionsrekurses zu prüfen. Es könnte der Standpunkt vertreten werden, daß der Revisionsrekurs nach § 528 ZPO. in Verbindung mit § 176 (2) KO. aus dem Gründe unzulässig sei, weil es sich bei der Entscheidung des Rekursgerichtes um eine Entscheidung im Kostenpunkte handle (in diesem Sinne Slg. n. F. 7497, ZBl. 1931 Nr. 150 und 259, ÖRZ. 1933 S. 99, SZ. XX 156, SZ. XIII 245, 3 Ob 316/59, 3 Ob 59/61). Es ist aber dem in den Entscheidungen SZ. XIII 16 und NotZ. 1934 S. 137 vertretenen Standpunkt der Vorzug zu geben, daß die Rechtmittelbeschränkung des § 528 ZPO. hier nicht zur Anwendung kommt, weil im Vordergrund doch die grundsätzliche Frage des Befriedigungsranges steht.

Als unzulässig wäre der Revisionsrekurs auch dann anzusehen, wenn man die Rekurslegitimation der rekurrierenden Gläubigerin verneinen wollte. Der Mangel der Rekurslegitimation ließe sich daraus folgern, daß es nach § 124 der Konkursordnung Sache des Masseverwalters ist die Massegläubiger zu befriedigen, daß der Masseverwalter nach § 116 der Konkursordnung der Genehmigung des Gläubigerausschusses zur Anerkennung von Masseforderungen und zum Abschluß eines Vergleiches darüber nur bedarf, wenn es sich um einen Wert von mehr als 200.000 S handelt, und daß hinsichtlich der Masseforderungen den Konkursgläubigern ein Bestreitungsrecht nicht zukommt (Bartsch - Pollak I Anm. 4 zu § 124 KO.). - Daraus ließe sich der Grundsatz ableiten, daß den Gläubigern gegen einen gerichtlichen Beschluß, der ausspricht, daß die Ausführung des eine Masseforderung anerkennenden Beschlusses des Gläubigerausschusses nicht zu untersagen sei, ein Rekursrecht nicht zusteht. Dagegen ist aber zu sagen, daß der Masseverwalter gemäß § 115 KO. auch, ohne daß einer der Fälle des § 116 KO. vorliegt, den Beschluß des Gläubigerausschusses einzuholen hat, wenn eine Maßnahme zu treffen ist, die er als wichtige Vorkehrung ansieht. Hat er aber einmal den Beschluß des Gläubigerausschusses eingeholt, dann unterliegt der Beschluß des Gläubigerausschusses der Entscheidung im Sinne des § 95 (2) KO., gegen welche, wie immer sie auch lautet, gemäß § 176 KO. der Rekurs zulässig ist (Bartsch - Pollak I S. 458). Rekursberechtigt ist auch hier, wie in allen anderen Fällen, jeder Beteiligte (Bartsch - Pollak I S. 696. II S. 26); als Beteiligter ist auch der Gläubiger dritter Klasse anzusehen, der, wenn die Masseforderung, die Gegenstand des Beschlusses des Gläubigerausschusses ist, nicht liquidiert wird, allenfalls zum Zuge kommen könnte.

Bei der Prüfung der Frage, ob der Konkurskommissär mit Recht eine Maßnahme nach § 95 (2) KO. getroffen hat, ist davon auszugehen, daß nach dieser Gesetzesstelle die Beschlüsse des Gläubigerausschusses sowohl auf ihre Gesetzmäßigkeit als auch auf ihre Zweckmäßigkeit und insbesondere dahin zu prüfen sind, ob sie den gemeinsamen Interessen der Konkursgläubiger entsprechen (Bartsch - Pollak I Anm. 7 zu § 95 KO.). Die Prüfung des Beschlusses des Gläubigerausschusses auf seine Gesetzmäßigkeit müßte allerdings nicht zu seiner Sistierung führen. Zwar hat eine Reihe von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes ausgesprochen, daß die Kosten eines Kurators im Verlassenschaftsverfahren keine Massekosten sind (Slg. 6660, 13.831) und auch Bartsch - Pollak (Anm. 15 zu § 47 KO. und Anm. 14 zu § 23 AO.) vertritt diesen Standpunkt. Aber es wurde auch in einer Reihe von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes hinsichtlich der Inventurkosten im Verlassenschaftsverfahren die Rechtsansicht vertreten, daß diese Kosten als Massekosten anzusehen seien, weil sie zur Feststellung des Konkursvermögens aufgewendet wurden und durch die Vermögenszusammentellung als vorbereitenden Schritt für das Konkursverfahren verursacht wurden (SZ. XIII 16. AnwZ. 1934 S. 214, EvBl. 617/36). Es ließe sich daher die Meinung vertreten, daß die Kosten für diejenige Tätigkeit des Separationskurators, die zur Feststellung des Konkursvermögens entfaltet wurde, als Massekosten anzusehen seien. Wenn daher der Gläubigerausschuß, dieser zweifelhaften Rechtslage Rechnung tragend, eine Vergleich dahingehend abschloß, daß er einen Teil der vom Separationskurator geltend gemachten Kosten als Masseforderungen anerkannte, bestehen dagegen vom Standpunkte der Prüfung des Beschlusses des Gläubigerausschusses auf seine Gesetzmäßigkeit keine Bedenken.

Fraglich kann nur sein, ob der Beschluß des Gläubigerausschusses, der im wesentlichen nur den Zweck verfolgt, ein Prozeßrisiko zu vermeiden, den gemeinsamen Interessen der Konkursgläubiger entspricht. Der Konkurskommissär, der hier im Rahmen seines ihm nach § 95 (2) zustehenden Prüfungsrechtes zu beschließen hat, trifft dabei eine Entscheidung darüber, ob eine Forderung als Masseforderung im außerstreitigen Verfahren zu liquidieren ist, ähnlich der Entscheidung, die er nach § 124 (3) KO. zu treffen hat, wenn er von einem Massegläubiger wegen Verweigerung einer Leistung durch den Masseverwalter angegangen wird. Bei der letztgenannten Entscheidung hat der Konkurskommissär den Massegläubiger bei einer ungeklärten Sach- oder Rechtslage auf das Erkenntnisverfahren des Zivilprozesses zu verweisen, weil er in einer solchen Situation dem Masseverwalter die Bezahlung der erhobenen Masseforderung nicht auftragen soll (Bartsch - Pollak I Anm. 7 zu § 124 KO.). Von dem Fall des § 124 (3) unterscheidet sich der Fall des § 95 KO., wenn es sich um die Überprüfung eines eine Masseforderung anerkennenden Beschlusses des Gläubigerausschusses handelt, dadurch, daß für die Genehmigung der Liquidierung der Masseforderung hier der Beschluß des Gläubigerausschusses spricht. Wenn aber die Sach- und Rechtslage zweifelhaft ist, wird es im Sinne einer gewissenhaften Amtsführung des Konkurskommissärs liegen, die Einholung der Zustimmung auch der Gläubigerversammlung zur Anerkennung der zweifelhaften Masseforderung zu veranlassen. Ein solcher Fall liegt hier vor, weil es zweifelhaft ist, ob überhaupt ein Teil der Forderung des Absonderungskurators im Verlassenschaftsverfahren, und wenn ja, welcher Teil dieser Forderung als Masseforderung angesehen und befriedigt werden kann.

Es entsprach daher dem Gesetz, daß der Konkurskommissär die Ausführung des Beschlusses des Gläubigerausschusses, nach welchem die Hälfte der Kosten des Absonderungskurators als Masseforderung zu berichtigen wäre, vorläufig untersagt hat, bis die Gläubigerversammlung über diesen Gegenstand Beschluß gefaßt haben werde.

Aus diesen Gründen war in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Beschluß des Konkurskommissärs wiederherzustellen.

Anmerkung

Z35039

Schlagworte

Absonderungskurator, Kosten als Masseforderung, Gläubigerausschuß, Untersagung der Ausführung eines Beschlusses durch, Konkurskommissar, Rekursrecht, Masseforderung, Kosten des Absonderungskurators, Rekursrecht im Falle des § 95 (2) KO., Separationskurator, Kosten als Masseforderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1962:0050OB00069.62.0329.000

Dokumentnummer

JJT_19620329_OGH0002_0050OB00069_6200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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