TE OGH 1962/4/10 4Ob41/62

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Veröffentlicht am 10.04.1962
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Norm

Heimarbeitsgesetz 1960 §24
KO §6 (3)
ZPO §7 (1)

Kopf

SZ 35/43

Spruch

Ansprüche auf Urlaubsentgelt und Abfindung nach dem Heimarbeitsgesetz 1960, BGBl. Nr. 105/1961, gehören nicht in die Konkursmasse des Heimarbeiters (Zwischenmeisters).

Entscheidung vom 10. April 1962, 4 Ob 41/62.

I. Instanz: Arbeitsgericht Ried i. I.; II. Instanz: Kreisgericht Ried i. I.

Text

Mit der am 11. Juli 1956 beim Arbeitsgericht Ried i. I. eingebrachten Klage hat Johanna Gabriele R., die unbestritten vom März 1953 bis März 1956 Zwischenmeisterin im Sinne des Heimarbeitsgesetzes war, von der beklagten Partei die Bezahlung von 161.010.95 S samt Anhang begehrt. Dieser Betrag umfaßt auch Ansprüche auf Bezahlung von Urlaubsentgelt und Abfindung nach dem Heimarbeitsgesetz in einer der Klage nicht mit Sicherheit zu entnehmenden Höhe. Die beklagte Partei hat unter anderem Gegenforderungen von 130.728.78 S samt Anhang eingewendet.

Am 3. Dezember 1957 wurde über das Vermögen der Johanna Gabriele R. der Konkurs eröffnet und Dr. G. zum Masseverwalter bestellt. In einem Aktenvermerk vom 10. Dezember 1957 hat das Erstgericht festgehalten, daß seiner Meinung nach das Verfahren gemäß § 7 (1) KO. unterbrochen sei.

Am 10. April 1958 hat der Masseverwalter Dr. G. den Antrag gestellt, "das Verfahren beim Konkursgericht fortzusetzen". Am 24. April 1959 haben die Parteien dem Gericht Ruhen des Verfahrens angezeigt. Am 10. Mai 1960 hat der Masseverwalter einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt, der in der Folge zur Anordnung von mündlichen Streitverhandlungen führte. In der mündlichen Streitverhandlung vom 30. März 1961 hat der Masseverwalter mit Zwischenantrag auf Feststellung begehrt, festzustellen, daß die aufrechnungsweise geltend gemachten Gegenforderungen der beklagten Partei von 130.728.78 S gegen das eingeklagte Urlaubsentgelt nicht aufgerechnet werden können.

Mit Zwischenurteil vom 16. Oktober 1961 hat das Erstgericht den Zwischenantrag der klagenden Partei auf Feststellung, die aufrechnungsweise geltend gemachten Gegenforderungen von zusammen 130.728.78 S könnten auf das Urlaubs- und Feiertagsentgelt nicht angerechnet werden, abgewiesen und die Kostenentscheidung dem Endurteil vorbehalten. Das Erstgericht hat weder über den Bestand der eingeklagten Forderungen noch über den Bestand der eingewendeten Gegenforderungen abgesprochen und hat die Meinung vertreten, daß das Feiertagsentgelt der Heimarbeiter (hinsichtlich dessen gar kein Zwischenantrag auf Feststellung gestellt worden war), nicht der Exekution entzogen sei, daß das Urlaubsentgelt hingegen zwar der Exekution entzogen sei, doch sei im vorliegenden Fall gemäß § 293

(3) EO. eine Aufrechnung zulässig, weil die Gegenforderungen mit den eingeklagten Forderungen im rechtlichen Zusammenhang stunden.

Aus Anlaß der Berufung des Masseverwalters gegen dieses Zwischenurteil hat das Berufungsgericht das Zwischenurteil behoben und den Zwischenantrag auf Feststellung zurückgewiesen. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes bezwecke der Masseverwalter mit seinem Zwischenantrag auf Feststellung nur die Lösung einer Rechtsfrage, was aber nach § 236 ZPO. nicht zulässig sei.

Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß des Rekurses des Masseverwalters das nach dem 3. Dezember 1957 durchgeführte Verfahren, soweit es sich auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Urlaubsentgelt und Abfindung nach dem Heimarbeitsgesetz bezieht und soweit es den Zwischenantrag auf Feststellung des Masseverwalters betrifft, als nichtig auf und wies den Zwischenantrag auf Feststellung zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 24 Heimarbeitsgesetz 1960, wiederverlautbart mit BGBl. Nr. 105/1961, ist das Urlaubsentgelt und die Abfindung nur zugunsten von Unterhaltsansprüchen pfändbar; es handelt sich also um Ansprüche, die der Exekution, außer zur Hereinbringung von Unterhaltsforderungen, entzogen sind. Diese Ansprüche gehören somit nicht in die Konkursmasse. Für die Frage der Zugehörigkeit zur Konkursmasse ist nämlich ohne Bedeutung, daß die Forderung nur zugunsten von Unterhaltsansprüchen gepfändet werden kann. Diese Ausscheidung aus der Konkursmasse ist sachlich auch gerechtfertigt, weil nach § 1 (3) KO. aus dem Gesetz gebührende Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Konkurses nur geltend gemacht werden können, soweit der Gemeinschuldner als Erbe des Unterhaltspflichtigen haftet (vgl. Bartsch - Pollak, Konkursordnung[3], 1, Anm. 23). Die Rechtslage hinsichtlich des Urlaubsentgeltes und der Abfindung ist daher die gleiche wie bei Renten nach dem Opferfürsorgegesetz, hinsichtlich welcher der Oberste Gerichtshof in den Konkursverfahren Johanna Gabriele R. und Josef R. zu 5 Ob 177/58 bereits entschieden hat, daß solche Rentenansprüche nicht zur Konkursmasse gehören, weil sie nur zugunsten der im § 6 Lohnpfändungsgesetz angeführten Unterhaltsansprüche gepfändet werden können. Die in der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Urlaubsentgelt und Abfindung nach dem Heimarbeitsgesetz gehören daher nicht in die Konkursmasse, sondern zum konkursfreien Vermögen der Johanna Gabriele R.

Nach § 6 (3) KO. können Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, auch während des Konkurses gegen den Gemeinschuldner und von ihm anhängig gemacht und fortgesetzt werden. Zu diesen Gemeinschuldnerprozessen gehören Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur, wenn der Streitgegenstand weder einen Aktiv- noch einen Passivbestandteil der Konkursmasse bildet. Auf Gemeinschuldnerprozesse hat demnach die Konkurseröffnung überhaupt keine Wirkung, sie werden durch die Konkurseröffnung nicht unterbrochen und es findet keine Vertretung des Gemeinschuldners durch den Masseverwalter statt (vgl. Bartsch - Pollak, a. a. O., § 6, Anm.14 II).

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß das Verfahren bezüglich der geltendgemachten Ansprüche auf Urlaubsentgelt und Abfindung durch die Konkurseröffnung nicht unterbrochen wurde und daß der Masseverwalter bezüglich dieser Ansprüche nicht berechtigt war, das Verfahren als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners oder der Masse fortzusetzen und einen Zwischenantrag auf Feststellung zu stellen, der sich auf diese Ansprüche bezieht; diese Ansprüche können daher nur von Johanna Gabriele R. selbst geltend gemacht und das diesbezügliche Verfahren kann nur von ihr fortgesetzt werden.

Da somit dem Masseverwalter hinsichtlich der Ansprüche auf Urlaubsentgelt und Abfindung und hinsichtlich des erwähnten Zwischenantrages auf Feststellung die gesetzliche Vertretungsmacht fehlt und da dieser Mangel im Sinne des § 6 (2) ZPO. nicht zu beseitigen ist, ja keiner Beseitigung bedarf, war gemäß § 7 (1) ZPO. die Nichtigkeit des Verfahrens auszusprechen, soweit es diese Ansprüche betrifft und nach dem 3. Dezember 1957 durchgeführt wurde. Der vom Masseverwalter gestellte Zwischenantrag auf Feststellung muß aus denselben Gründen zurückgewiesen werden.

Anmerkung

Z35043

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1962:0040OB00041.62.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19620410_OGH0002_0040OB00041_6200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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