TE OGH 1963/1/23 7Ob4/63

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Veröffentlicht am 23.01.1963
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zierer, Dr. Machek, Dr. Berger und Dr. Schopf als Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder 1.) Helmut M*****, 2.) Johann M*****, 3.) Wilfried M*****, infolge Revisionsrekurses der ehelichen Mutter Katharina M*****, vertreten durch Dr. Jörg Iro, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 14. November 1962, GZ 13 R 644/62-39, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mauthausen vom 5. Oktober 1962, GZ P 101/61-34, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die ehelichen Kindeseltern leben getrennt.

Das Erstgericht hat die beiden jüngsten Kinder, die mj. Johann und Wilfried M***** in Pflege und Erziehung ihres Vaters überwiesen, der eine kleine Landwirtschaft in A*****, Oberösterreich, betreibt. Es kam auf Grund der Erhebungen zur Überzeugung, daß es für die Weiterentwicklung dieser beiden Kinder, insbesonders in geistiger und seelischer Hinsicht nicht vorteilhaft sei, wenn sie das Schicksal der Mutter teilen, die ihren Arbeitsplatz und damit ihren Wohnsitz habe wiederholt wechseln müssen, wodurch der Schulbesuch der Kinder nachteilig beeinflußt worden sei. Ein ständiger Aufenthalt beim Vater im Elternhaus sei bedeutend vorteilhafter, umsomehr, als eines dieser Kinder einmal die Landwirtschaft übernehmen soll. Der mj. Helmut, der sich bereits in einer Lehre befindet, wurde dagegen der Mutter überwiesen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird von der ehelichen Mutter wegen Nullität und offenbarer Gesetzwidrigkeit angefochten.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig. Worin eine Nichtigkeit gelegen sein soll, führt die Rechtsmittelwerberin nicht aus. Aus dem Akt ist eine Nichtigkeit auch nicht ersichtlich. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit sieht die Kindesmutter darin, daß ihre Weigerung, zu ihrem Gatten zurückzukehren, im Interesse der Kinder gelegen sei, weil es zwischen ihr und ihrem Gatten Streitigkeiten und Beschimpfungen gegeben habe, er jähzornig und unbeherrscht sei und weil die Kinder zu schwächlich seien, um die Landwirtschaft der Eltern einmal zu übernehmen. Diese Ausführungen sind nicht stichhältig. Die Begriffe offenbare Gesetzwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung sind auseinanderzuhalten. Nur wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, nicht aber wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung ist ein außerordentlicher Revsionsrekurs im außerstreitigen Verfahren gemäß § 16 AußStrG zulässig. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (JBl 1955 S 205, 209, 498, SZ XXIV 6, SZ XXIII 10 ua). Die sinngemäße Anwendung des § 142 ABGB bei faktischer Trennung der Kindeseltern entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ XXVII 83, JBl 1959, S 632 ua). Darnach hat das Gericht unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Falles mit Bedacht auf die Interessen der Kinder ...... zu entscheiden, welche Kinder dem Vater oder der Mutter zu überlassen sind. Wenn die Untergerichte der Meinung sind, daß die Unterbringung der beiden genannten Kinder beim Vater in deren Interesse gelegen sei, so liegt darin eine rechtliche Beurteilung des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes, die keineswegs mit gesetzlichen Bestimmungen in Widerspruch steht. Der Hinweis der Rechtsmittelwerberin auf Streitigkeiten und Beschimpfungen zwischen den Kindeseltern geht schon deshalb ins Leere, weil die Kindesmutter nicht zu ihrem Gatten zurückkehren will und daher keine Gefahr besteht, daß sich solche Streitigkeiten wiederholen werden. Jähzorn oder Unbeherrschtheit des Vaters hat sich nach den Feststellungen des Erstgerichtes nicht gegen die Kinder, etwa in ungerechtfertigter Bestrafung, ausgewirkt. Wenn die Rechtsmittelwerberin schließlich auf die schwächliche Konstitution der Kinder verweist, handelt es sich um eine unbeachtliche Neuerung. Da die beiden Kinder erst 9 und 7 Jahre alt sind, kann derzeit auch noch gar nicht gesagt werden, ob sie seinerzeit zum Betrieb der Landwirtschaft körperlich ungeeignet sein werden. Im übrigen betreffen diese Ausführungen ebenfalls nur die rechtliche Beurteilung, die Beweiswürdigung oder allenfalls Mängel des Verfahrens, sie können aber nicht eine offenbare Gesetzwidrigkeit darlegen.

Da also keiner der im § 16 AußStrG angeführten Gründe vorliegt, war der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E77648 7Ob4.63

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1963:0070OB00004.63.0123.000

Dokumentnummer

JJT_19630123_OGH0002_0070OB00004_6300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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