TE OGH 1963/1/30 3Ob10/63

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Veröffentlicht am 30.01.1963
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Norm

EO §105 (1)
Mietengesetz §42 (4)

Kopf

SZ 36/13

Spruch

Die Bestimmungen des § 105 EO. über die Entziehung der dem Verpflichteten belassenen Wohnräume sind trotz § 42 (4) MietG. als äußerste Mittel anwendbar.

Entscheidung vom 30. Jänner 1963, 3 Ob 10/63.

I. Instanz: Exekutionsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Wegen einer Unterhalts- und Kostenforderung bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei die Zwangsverwaltung der dem Verpflichteten zustehenden Mietrechte an der Wohnung Nr. 4 im Hause Wien, II., P.-Straße 53. Es sollten zwei Zimmer samt Mitbenützung der Nebenräumlichkeiten untervermietet werden. Ein Zimmer wurde dem Verpflichteten als unentbehrlicher Wohnraum belassen. Der Zwangsverwalter berichtete, daß eine Untervermietung nicht möglich sei, weil der Verpflichtete ihm den Zutritt zur Wohnung und die Herausgabe der Schlüssel verweigere. Er beantragte daher gemeinsam mit der betreibenden Partei, dem Verpflichteten auch die ihm überlassenen Räume zu entziehen und ihn zur gänzlichen Räumung der Wohnung zu veranlassen.

Das Erstgericht gab diesem Antrag Folge.

Das Rekursgericht hob den Beschluß unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es führte aus, die Zwangsmaßnahmen des letzten Satzes des § 105 (1) EO. seien zwar trotz der Bestimmungen des § 42 (4) MietG. anwendbar, aber erst dann, wenn es mit keinen verfügbaren gesetzlichen Mitteln gelingen sollte, den Verpflichteten zur Gestattung des Zutrittes und zur Räumung der zu verwertenden Wohnräume zu verhalten. Das könne erst nach einer Vernehmung des Verpflichteten gesagt werden. Dieser sei zur Tagsatzung über den Entziehungsantrag nicht ordnungsgemäß geladen worden, weil die Ladung nur ihm, nicht aber seinem bevollmächtigten Vertreter zugestellt worden sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der betreibenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wie das Rekursgericht zutreffend und unangefochten ausgeführt hat, sind die Bestimmungen der Exekutionsordnung über die Entziehung der dem Verpflichteten belassenen Wohnräume bei Gefährdung der Zwangsverwaltung trotz der Bestimmung des § 42 (4) MietG. anwendbar. Es handelt sich hiebei um eine Beugemaßnahme im Zuge des Exekutionsverfahrens, die sich gegen den Verpflichteten persönlich richtet, auf seine Mietrechte aber keinen Einfluß hat. Allerdings soll diese Maßnahme als äußerstes Mittel nur dann ergriffen werden, wenn tatsächlich durch das Verhalten des Verpflichteten die Zwangsverwaltung gefährdet wird. Zutreffend weist das Rekursgericht darauf hin, daß verschiedene andere Maßnahmen die zwangsweise Untervermietung der Räumlichkeiten ermöglichen könnten und daß vor allem erst durch die Vernehmung des Verpflichteten, die bisher unterblieben ist, geklärt werden kann, ob durch sein Verhalten tatsächlich der Zutritt zur Wohnung und die Räumung der unterzuvermietenden Zimmer unmöglich ist. Die Anwendung von Brachialgewalt durch die betreibende Partei oder den Zwangsverwalter ist hiezu keineswegs erforderlich, sondern es sind vom Exekutionsgericht die Mittel anzuwenden, auf die das Rekursgericht hingewiesen hat. Zutreffend hat es aber auch unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 93 (1) ZPO. ausgeführt, daß eine ordnungsgemäße Ladung des Verpflichteten zur Tagsatzung über den Entziehungsantrag der betreibenden Partei unterblieben ist. Ob diese Unterlassung der betreibenden Partei oder dem Exekutionsgericht zur Last zu legen ist, ist für die Frage der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ohne Bedeutung.

Das Rekursgericht hat daher mit Recht das erstgerichtliche Verfahren als mangelhaft bezeichnet und die von ihm aufgezeigten Erhebungen für notwendig befunden. Dem Rekurs der betreibenden Partei war daher nicht Folge zu geben.

Anmerkung

Z36013

Schlagworte

Wohnräume des Verpflichteten, Entziehung gemäß § 105 EO., Zwangsverwaltung von Mietrechten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1963:0030OB00010.63.0130.000

Dokumentnummer

JJT_19630130_OGH0002_0030OB00010_6300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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