TE OGH 1963/1/31 2Ob15/63

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Veröffentlicht am 31.01.1963
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Norm

ABGB §142
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §19

Kopf

SZ 36/16

Spruch

Anfechtbarkeit eines Auftrages unter Androhung einer Ordnungsstrafe im Sinne des § 19 AußStrG., wenn es sich um die strittige Auslegung des von den Eltern des Kindes vergleichsweise geregelten Besuchsrechtes handelt.

Entscheidung vom 31. Jänner 1963, 2 Ob 15/63.

I. Instanz: Bezirksgericht St. Veit an der Glan; II. Instanz:

Landesgericht Klagenfurt.

Text

Die Ehe der Eltern des Kindes ist seit 15. Februar 1962 geschieden. Auf Grund eines pflegschaftsbehördlich genehmigten Übereinkommens zwischen den Eltern blieb das Kind, das jetzt acht Jahre alt ist, in Pflege und Erziehung des Vaters, während der Mutter ein Besuchsrecht grundsätzlich in der Weise eingeräumt wurde, daß das Kind zweimal im Monat womöglich zum Wochenende und die halben Ferienzeiten bei ihr sein sollte. Die Bestimmung der Zeit und des Ortes der Zusammenkunft wurde der Mutter überlassen. Es wurde auch festgehalten, daß durch die Festlegung des Zeitpunktes, des Ortes und der Dauer der Zusammenkünfte der Mutter mit dem Kind die Erfüllung der Schulpflicht und das gesundheitliche Fortkommen des Kindes nicht beeinträchtigt werden dürfe.

Am 30. August 1962 beantragte die Mutter des Kindes eine Neuregelung ihres Besuchsrechtes mit der Begründung, daß sie von Klagenfurt nach Linz übersiedelt sei und ihr Besuchsrecht nicht mehr in der vereinbarten Weise ausüben könne. Sie stellte den Antrag, das Besuchsrecht so zu regeln, daß das Kind während der Schulferien, das seien die Ferien zu Allerheiligen, Weihnachten, Ostern, Pfingsten und im Sommer, bei ihr sein könne.

Der Vater des Kindes sprach sich gegen die begehrte Abänderung des Besuchsrechtes aus und wies in seiner Äußerung darauf hin, daß insbesondere bei Ferien von kurzer Dauer unerträgliche Anstrengungen für das Kind damit verbunden wären, weil es von St. Veit an der Glan nach Linz gebracht werden müßte. Über diesen Antrag der Mutter wurde noch nicht entschieden.

Am 23. Oktober 1962 stellte sie mit Rücksicht auf eine Weigerung des Vaters, ihr das Kind zu Allerheiligen 1962 zu überlassen, den Antrag, diesem gemäß § 19 AußStrG. unter Androhung einer Ordnungsstrafe aufzutragen, ihr das Kind vom 2. bis 4. November 1962 zur Ausübung ihres Besuchsrechtes zu übergeben. Der Vater als Antragsgegner beantragte, diesen Antrag der Mutter abzuweisen, indem er darauf hinwies, daß Allerheiligen keine Ferien im Sinne der Vereinbarung seien, weil es sich dabei in der Regel nur um zwei schulfreie Tage handle. Die Mutter habe daher im Sinne der Vereinbarung keinen Anspruch auf die Ausübung ihres Besuchsrechtes zu diesen Zeiten. Er machte auch geltend, es sei keine Gewähr dafür gegeben, daß die Mutter mit dem Kind in Klagenfurt bleibe, daß aber eine Reise nach Linz für das Kind mit einer Anstrengung verbunden sei, die nicht in seinem Interesse gelegen sei.

Das Erstgericht trug mit seinem Beschluß dem Antragsgegner auf, die reibungslose Durchführung des der Mutter nach dem Vergleich zustehenden Besuchsrechtes in der Dauer der Hälfte der Ferien, also auch der Allerheiligenferien in der Zeit vom 1. bis 4. November 1962, zu gestatten, wobei für den Fall des Zuwiderhandelns eine Geldstrafe von 200 S angedroht wurde.

Das über die vergleichsweise Regelung hinausgehende Begehren der Mutter wurde abgewiesen.

In der Begründung dieses Beschlusses wies das Erstgericht unter Zitierung der Rechtsprechung (SZ. XXV 108) darauf hin, daß es sich bei dieser Verfügung lediglich um eine Belehrung bzw. um eine Warnung der Partei vor den im Gesetz (§ 19 AußStrG.) normierten Ungehorsamkeitsfolgen handle und nicht um eine Verfügung des Gerichtes im Sinne des § 9 AußStrG.

Das Rekursgericht wies den von dem ehelichen Vater gegen den erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekurs zurück.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse des ehelichen Vaters Folge, hob den erstgerichtlichen Beschluß auf und trug dem Rekursgericht auf, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund über den Rekurs des ehelichen Vaters sachlich zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich das als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist dieses Rechtsmittel aber nicht im Sinne des § 16 AußStrG. aufzufassen, weil ein solches nur dann anzunehmen wäre, wenn das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes sachlich bestätigt hätte. In diesem Falle aber wies das Rekursgericht den Rekurs des Antragsgegners aus formellen Gründen zurück.

Das vorliegende Rechtsmittel ist daher zulässig.

Der Antragsgegner bekämpft mit Recht die Ansicht des Rekursgerichtes, daß es sich bei dem erstgerichtlichen Beschluß nicht um eine anfechtbare Verfügung im Sinne des § 9 AußStrG. handle. Auch der Oberste Gerichtshof vermag sich dieser Ansicht des Rekursgerichtes nicht anzuschließen. Im erstgerichtlichen Beschluß wird dem Antragsgegner ausdrücklich ein Auftrag erteilt, nämlich das Kind der Mutter zur Ausübung ihres Besuchsrechtes zu Allerheiligen im November 1962 zu übergeben. Der Antragsgegner verweigerte dies mit der Behauptung, daß die schulfreien Tage zu Allerheiligen nicht als Ferien im Sinne des Übereinkommens anzusehen seien und daher die Mutter kein Recht habe, ihr Besuchsrecht zu diesem Zeitpunkt auszuüben. Es geht also hier um die Auslegung des Übereinkommens über das Besuchsrecht. Wenn daher das Erstgericht dem Antragsgegner trotzdem den Auftrag erteilte, der Mutter das Besuchsrecht zu ermöglichen, dann hat es damit eine Auslegung des Übereinkommens vorgenommen und eine Verfügung im Sinne des § 9 AußStrG. getroffen, deren Anfechtung zulässig ist. Da nach der Vereinbarung der Eltern des Kindes die Ausübung des Besuchsrechtes immer nur unter Beobachtung des Wohles des Kindes zu geschehen hat und der Antraggegner behauptete, daß die Ausübung des Besuchsrechtes der Mutter mit Rücksicht auf die wenigen schulfreien Tage mit unzumutbaren Anstrengungen verbunden wäre, hätte sich das Erstgericht wenn es dem Antrage stattgab, auch damit auseinandersetzen müssen, bevor es diesen Auftrag an den Antragsgegner erteilte.

Im Rekurs wird mit Recht darauf hingewiesen, daß der Fall hier anders gelagert sei als in der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (SZ. XXV 108), weil sich hier der Antragsgegner nicht nur gegen die Androhung der Geldstrafe, sondern in erster Linie gegen die Ausübung des Besuchsrechtes der Mutter zur Wehr setzt, das seiner Meinung nach nicht im Sinne des Vergleiches beantragt wurde.

Das Rekursgericht wird daher über den Rekurs des Antragsgegners sachlich zu entscheiden haben, wenn auch der Zeitpunkt für die Ausübung des Besuchsrechtes bereits vorbei ist, weil es sich hiebei um eine grundsätzliche Regelung im Sinne des Vergleiches auch für die Zukunft handelt.

Anmerkung

Z36016

Schlagworte

Anfechtbarkeit eines Auftrages unter Androhung einer Ordnungsstrafe, nach § 19 AußStrG., Besuchsrecht nach § 142 ABGB., Anfechtbarkeit eines Auftrages unter, Androhung einer Ordnungsstrafe nach § 19 AußStrG., Ordnungsstrafe nach § 19 AußStrG., Anfechtbarkeit eines Auftrages unter, Androhung einer -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1963:0020OB00015.63.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19630131_OGH0002_0020OB00015_6300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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