TE OGH 1963/2/7 5Ob38/63

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Veröffentlicht am 07.02.1963
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Norm

ABGB §1375

Kopf

SZ 36/24

Spruch

Rechtswirkung des konstitutiven Anerkenntnisses.

Entscheidung vom 7. Februar 1963, 5 Ob 38/63.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Das Erstgericht gab der auf Zahlung von 10.773 S 92 g s. A. gerichteten Klage mit folgender Begründung statt:

Der Kläger sei mit Walter M., der in Bischofshofen einen Holz- und Furnierhandel betrieben habe, seit mehreren Jahren in Geschäftsverbindung gestanden und habe in einem der Elise H., der Lebensgefährtin des M. gehörigen Haus ein Lager eingerichtet, in dem er Ware aus seinem Furnierwerk eingelagert und mit Tafeln als sein Eigentum gekennzeichnet habe. Zwischen dem Kläger, der V.-Bank als seiner Kreditgeberin und Walter M. sei schriftlich vereinbart worden, der Kläger werde dem Walter M. unter Eigentumsvorbehalt Furnierware liefern, dieser dürfe sie im Rahmen seines eigenen Geschäftes weiterveräußern, doch müßten die Rechnungsbeträge auf ein Konto "Alpenfurniere" bei der V.-Bank eingezahlt werden. Entsprechend dieser Vereinbarung seien Geschäfte abgewickelt worden, doch sei M. seiner Verpflichtung, die Rechnungsbeträge auf das vereinbarte Konto einzuzahlen, nur zum Teil nachgekommen.

Im August 1959 habe M. aus dem Lager des Klägers an seinen Schwager, den Beklagten, der ebenfalls einen Holzhandel betreibe, in dessen Auslieferungslager in Braunau am Inn Furnierware des Klägers geliefert. Diese Ware habe der Beklagte weder dem Walter M., noch dem Kläger in irgendeiner Form bezahlt. M. sei am 8. September 1959 in Untersuchungshaft genommen, über sein Vermögen sei der Konkurs eröffnet worden.

Nach der Verhaftung des M. sei dem Kläger von Elise H. mitgeteilt worden, daß der Beklagte aus dem Lager Bischofshofen Furniere wegführe. Der Kläger habe sich nach Oberösterreich begeben, habe den Beklagten auf der Straße nach Schärding getroffen und ihn darauf aufmerksam gemacht, daß die weggeführten Furniere sein Eigentum seien und daß der Kaufpreis auf das Konto "Alpenfurniere" eingezahlt werden müsse. Der Beklagte habe zuerst bestritten, dann aber zugegeben, daß er die Furniere nach der Verhaftung des M. aus dem Lager geholt habe. Der Behauptung des Klägers, es handle sich um sein Eigentum, habe er nicht widersprochen.

Im Konkurs des M. hat der Notar X. als Ausgleichsverwalter im Ausgleich des Klägers die Aussonderung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Furnierware begehrt; dieses Aussonderungsrecht sei auch anerkannt worden. Nach der Bestätigung des Ausgleichs sei Notar Dr. X. mit dem Kläger als dessen Sachwalter zu einer mit dem Beklagten vereinbarten Zusammenkunft nach Salzburg gefahren, wo es am 9. Oktober 1959 im Kaffeehaus Z. zu einer Aussprache gekommen sei. Der Beklagte habe widerspruchslos zur Kenntnis genommen, daß der Kaufpreis für die von ihm bezogenen Furniere dem Kläger und nicht in die Konkursmasse des M. gehöre, und habe sich verpflichtet, den Kaufpreis binnen acht bis zehn Tagen dem Kläger an die Bank für Kärnten zu überweisen. Er habe auch dem Kläger Einsicht in seine Aufzeichnungen über die bezogenen Furniere gewährt und der Kläger habe auf Grund dieser Einsichtnahme eine mit 18. August 1959 datierte Rechnung ausgestellt.

Einige Tage später habe der Beklagte in Gegenwart des Untersuchungsrichters mit Walter M. und dem Masseverwalter Dr. Y. gesprochen und M. habe erklärt, die Kaufpreisforderung stehe ihm zu und müsse auf sein Konto bei der V.-Bank eingezahlt werden. Daraufhin habe der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 13. Oktober 1959 mitgeteilt, daß er dessen Rechnung nicht anerkenne und daß er den Betrag von 10.773 S 92 g an die V.-Bank einzahlen werde. Dies habe er allerdings bis heute gleichfalls nicht getan.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht wie folgt:

Der Kläger habe gegenüber dem Beklagten seine Kaufpreisforderung ernstlich geltend gemacht und der Beklagte habe sie in Kenntnis dessen, daß er Ware des Klägers bezogen habe, anerkannt. Alle Voraussetzungen für ein konstitutives Anerkenntnis seien erfüllt. Dem Klagebegehren, das auch hierauf gestützt wurde, sei daher aus diesem Gründe stattzugeben. Der Zuspruch der begehrten 10%igen Zinsen sei dadurch gerechtfertigt, daß der Kläger den Kredit, der ihm seit 1955 von der V.bank eingeräumt sei, selbst in dieser Höhe verzinsen müsse.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und fügte in rechtlicher Beziehung noch hinzu, das Anerkenntnis habe auch der materiellrechtlichen Rechtslage entsprochen. Gemäß § 392 HGB. gehöre die noch nicht bezahlte Kaufpreisforderung des Kommissionärs (M.) gegen den Beklagten für die verkaufte Kommissionsware auch ohne Abtretung im Innenverhältnis zwischen Kommittenten (Kläger) und Kommissionär oder dessen Gläubigern dem Kommittenten. Dieser habe im Konkurs des Kommissionärs ein Aussonderungsrecht, daher sei die Auskunft des Notars Dr. X., die Forderung gehöre nicht in die Konkursmasse des M., richtig gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger Folge und stellte das Ersturteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wie schon die Untergerichte zutreffend dargelegt haben, kommt ein konstitutives Anerkenntnis dann zustande, wenn der Gläubiger seinen Anspruch ernstlich behauptet und der Schuldner ihn sodann anerkennt. Dieses Anerkenntnis hat hilfsweise rechtsgestaltende Wirkung, sodaß der Gläubiger auf den ursprünglichen Schuldgrund nicht zurückzugreifen braucht, sondern auf Grund des Anerkenntnisses klagen kann (Ehrenzweig, System[2], I/1, S. 361 f., Unger, System II, S. 167, EvBl. 1960, Nr. 365, SZ. XXIV 162 u. a.).

Dieser Fall ist nach den untergerichtlichen Feststellungen hier gegeben. Denn der Kläger ist, nachdem ihn Elise H. verständigt hatte, daß der Beklagte Furniere wegführe, nach Oberösterreich gefahren und hat den Beklagten darauf aufmerksam gemacht, daß die von ihm abgeholten Furniere sein (des Klägers) Eigentum seien. Soweit der Beklagte dies nach anfänglichem Bestreiten zugegeben hat, läge ein bloßes Tatsachengeständnis vor. Der Kläger hat aber darüber hinaus verlangt, daß der Beklagte ihm den Kaufpreis bezahle, und hiezu hat sich der Beklagte bei der Salzburger Besprechung ausdrücklich und bedingungslos verpflichtet. Er hat sogar dem Kläger zwecks Erstellung der Rechnung an ihn Einsicht in seine Aufzeichnungen gewährt. Dementsprechend hat der Kläger in der Streitverhandlung vom 12. Juni 1961 auch keineswegs bloß eine Anerkennung tatsächlicher Verhältnisse, sondern das Versprechen der Zahlung durch den Beklagten behauptet.

Der Beklagte hat dieses Anerkenntnis und Zahlungsversprechen abgegeben, obwohl er sich der etwas unklaren Rechtslage vollkommen bewußt war, hatte er doch zuerst überhaupt bestritten, Ware des Klägers bezogen zu haben. Nur als Schwager des Walter M. war es ihm auch möglich, zu einer Zeit von Bischofshofen Ware wegzuführen, als Walter M. sich schon in Haft befand. Er gab seine Erklärung auch nicht ab, als ihn der Kläger in Oberösterreich auf der Straße antraf, sondern bei einer vereinbarten Zusammenkunft in Salzburg, vor der er reichlich Zeit hatte, sich genau über die Sach- und Rechtslage zu informieren.

Es handelt sich somit geradezu um ein Schulbeispiel eines konstitutiven Anerkenntnisses, das für sich allein ohne Rücksicht auf den Schuldgrund zur Klagsstattgebung ausreicht.

Anmerkung

Z36024

Schlagworte

Anerkenntnis, konstitutives, Konstitutives Anerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1963:0050OB00038.63.0207.000

Dokumentnummer

JJT_19630207_OGH0002_0050OB00038_6300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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