Norm
Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm §7aEinführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm §55Kopf
SZ 36/88
Spruch
Bei Teileinklagung ist für die Besetzung des Gerichtes der Gesamtbetrag der noch unberichtigten Kapitalforderung maßgebend.
Entscheidung vom 18. Juni 1963, 8 Ob 154/63.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Klägerin klagte mit der am 28. September 1962 erhobenen Klage die bereits fällige Rate von 87.500 S samt Anhang, einer im übrigen noch nicht fälligen Kaufpreisforderung von 350.000 S ein.
In der Klagebeantwortung machte die Beklagte unter Bezugnahme auf § 55 zweiter Satz JN. geltend, daß sie der Verhandlung vor dem Einzelrichter nicht zustimme, daß vielmehr der Senat über die Sache zu entscheiden habe.
Das Erstgericht wies die "Einrede der Unzuständigkeit des Einzelrichters" zurück und sprach aus, daß zur Verhandlung und Entscheidung der Einzelrichter "zuständig" sei.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es die Rechtssache dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Erstgerichtes zur Verhandlung und Entscheidung zuwies und aus Anlaß des Rekurses die Tagsatzung vom 15. November 1962, soweit hiebei in der Sache selbst verhandelt wurde, als nichtig aufhob.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Gegen die Zulässigkeit des Rekurses könnte allenfalls die analog anzuwendende Bestimmung des § 45 (1) JN. sprechen. Doch kommt die Rechtsmittelbeschränkung des § 45 (1) JN. nicht zur Anwendung, weil diese Zuständigkeitsbestimmung die Tätigkeitsbereiche verschiedener Gerichte abgrenzt, während Senat und Einzelrichter verschiedene Arten der Gerichtsbarkeit desselben Gerichtes sind und lediglich die Besetzung des Gerichtes verschieden ist (Fasching, Kommentar, I., zu § 7a JN., S. 181). Aus den gleichen Erwägungen hat der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 1 Ob 290/55 und 7 Ob 155/56 die Zulässigkeit des Revisionsrekurses bejaht.
Das Rekursgericht hat mit Recht die Sache dem Senat zur Verhandlung und Entscheidung zugewiesen. Auch der Oberste Gerichtshof lehnt die Ansicht Faschings ab, daß für die Frage, ob der Senat oder der Einzelrichter zur Entscheidung berufen ist, der Streitwert des tatsächlich eingeklagten Betrages maßgebend sei. Mit dieser Ansicht kann die Bestimmung des § 7a (1) JN., die einen ausdrücklichen Hinweis auf die §§ 54 bis 60 JN. enthält, und die Regelung des § 55 zweiter Satz JN., wonach bei Teileinklagung der Gesamtbetrag der noch unberichtigten Kapitalsforderung maßgebend ist, nicht ausnimmt, nicht in Einklang gebracht werden. So vertreten auch Neumann (im Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, I., S. 57) und Sperl (S. 109 und 110) die Meinung, daß für die Frage, ob der Senat oder der Einzelrichter zur Entscheidung berufen ist, die Bewertungsgrundsätze der §§ 54 bis 60 JN., somit auch die Bestimmung des § 55 zweiter Satz JN., maßgebend sind. Wenn die Klägerin in ihrem Revisionsrekurs zur Widerlegung der Ansicht des Rekursgerichtes darauf verweist, daß z. B. nach der Entscheidung SZ. XVIII 100 für die Frage, ob eine Sache im Bagatellverfahren zu verhandeln und zu entscheiden ist, der Grundsatz des § 55 zweiter Satz JN. nicht gilt, ist für ihren Standpunkt nichts gewonnen, weil die Entscheidung diesen Rechtssatz nur damit begrundet, daß § 448 ZPO. ausdrücklich auf die in der Klage geforderte Geldsumme abstellt, daher das Bagatellverfahren anzuwenden ist, wenn diese Geldsumme die Bagatellgrenze nicht übersteigt und das Bezirksgericht zur Entscheidung über den Anspruch sachlich zuständig ist. Auch der Hinweis der Klägerin auf § 502 (3) ZPO. versagt, weil nach dieser Gesetzesstelle nur der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht tatsächlich entschieden hat, also auch bei Teileinklagung nicht der volle Forderungsbetrag, maßgebend ist (SZ. XXVIII 10, EvBl. 1953 Nr. 375 u. a. m.).
Das Rekursgericht hat daher mit Recht die Sache zur Verhandlung und Entscheidung dem Senat zugewiesen und aus Anlaß des Rekurses die Tagsatzung vom 15. November 1962, soweit zur Sache selbst verhandelt wurde, gemäß § 477 (1) Z. 2 ZPO. als nichtig aufgehoben.
Anmerkung
Z36088Schlagworte
Gerichtsbesetzung, Teileinklagung, Teileinklagung, GerichtsbesetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1963:0080OB00154.63.0618.000Dokumentnummer
JJT_19630618_OGH0002_0080OB00154_6300000_000