Norm
Arbeitsgerichtsgesetz §26Kopf
SZ 36/91
Spruch
Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kann der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung auch dann geltend gemacht werden, wenn im Berufungsverfahren die rechtliche Beurteilung nicht bekämpft worden ist.
Entscheidung vom 25. Juni 1963, 4 Ob 58/63.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Kläger behauptet, er sei Betriebsleiter der Käserei des Beklagten gewesen. Er hat zunächst 3795 S an rückständigem Gehalt begehrt, dieses Begehren aber im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens auf 34.250 S brutto (Gehaltsnachzahlung, Kündigungsentschädigung, Sonderzahlungen) ausgedehnt und behauptet, er sei am 9. Februar 1962 wegen Nichtbezahlung des vereinbarten Entgeltes ausgetreten. Er verlangt weiters als Ersatz für den betrieblichen Einsatz seines Volkswagens 1741 S 20 g und seines Opels 2194 S 10 g netto. Der Beklagte hat eingewendet, daß der Kläger nicht sein Dienstnehmer, sondern sein Gesellschafter gewesen sei.
Das Erstgericht hat als erwiesen angenommen, daß der Kläger beim Beklagten als Angestellter eingetreten sei, daß zwar der Abschluß eines Gesellschaftsverhältnisses beabsichtigt gewesen sei, daß es aber nie zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages gekommen sei. Es hat daher der Klage voll stattgegeben.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte berufen. Im Zuge des Berufungsverfahrens hat der Kläger sein Bruttobegehren um 834 S eingeschränkt. Das Berufungsgericht hat das Verfahren nach § 25 (1) Z. 3 ArbGerG. neu durchgeführt, das Beweisverfahren ergänzt und zum Teil wiederholt. Auch das Berufungsgericht kam zur Feststellung, daß die Streitteile zunächst einen Dienstvertrag schlossen, nach einiger Zeit einen Gesellschaftsvertrag in Aussicht nahmen, über die Bedingungen eines solchen Vertrages aber kein Einvernehmen erzielen konnten, so daß es zum Abschluß eines solchen Vertrages nie gekommen sei. Das Berufungsgericht bestätigte daher das Ersturteil - jedoch mit Rücksicht auf die erfolgte Einschränkung des Klagebegehrens - mit der Einschränkung, daß dem Kläger nur 33.416 S brutto und 3935 S 10 g netto zugesprochen wurden.
Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz hat der Beklagte Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Soweit der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung auf Entscheidungen verweist, wonach ein Revisionswerber den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht geltend machen kann, wenn er diesen Anfechtungsgrund nicht auch schon in der Berufung geltend gemacht hat, können diese Entscheidungen, die nicht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten ergangen sind, auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist die Rechtssache in zweiter Instanz grundsätzlich neu zu verhandeln. Es können daher nicht nur Neuerungen tatsächlicher Natur gebracht werden, es können auch neue rechtliche Einwendungen erhoben werden und damit auch der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erstmalig im Revisionsverfahren geltend gemacht werden.
Was aber der Beklagte unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bringt, stellt ausschließlich den auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren unzulässigen Versuch dar, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes zu bekämpfen ...
Anmerkung
Z36091Schlagworte
Arbeitsgericht Revision, Rechtliche Beurteilung, unrichtige, im arbeitsgerichtlichen, Revisionsverfahren, Revision im arbeitsgerichtlichen VerfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1963:0040OB00058.63.0625.000Dokumentnummer
JJT_19630625_OGH0002_0040OB00058_6300000_000