Norm
Eisenbahnenteignungsgesetz §22Kopf
SZ 36/94
Spruch
Auf Antrag aller Beteiligten kann im Verfahren nach den §§ 22 ff. EisenbahnenteignungsG. auch ein nicht in die Liste des zuständigen Oberlandesgerichtes eingetragener Sachverständiger bestellt werden.
Entscheidung vom 27. Juni 1963, 5 Ob 176/63.
I. Instanz: Bezirksgericht Irdning; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.
Text
Im Zuge des Ausbaues der Ennstal-Bundesstraße wurde ein Teil der den Antragstellern je zur Hälfte gehörigen Grundparzelle Nr. 866 der EZ. 5, Kat.Gem. W., enteignet und die Enteignung der Antragsteller mit 22 S je m2, sohin mit 7700 S für die ganzen 350 m2 festgesetzt.
Auf Grund des innerhalb der Jahresfrist des § 15 (3) BundesstraßenG. (BGBl. 1948, Nr. 59) eingebrachten Antrages der Antragsteller holte das Erstgericht im Zuge seiner Erhebungen gemäß § 15 (5) dieses Gesetzes und § 24 EisenbahnenteignungsG. zunächst Gutachten der in der Liste des Oberlandesgerichtes Graz eingetragenen Sachverständigen Dipl.-Ing. X. und Dr. Y. und sodann auf Antrag beider Parteien ein weiteres Gutachten des in die Sachverständigenliste des Oberlandesgerichtes Linz eingetragenen Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. ein. Sodann setzte es die den Antragstellern gebührende Entschädigung mit 30 S je m2, zuzüglich 700 S für die Abgrenzung des Restgrundes fest. In seiner Entscheidung stützte es sich teilweise auf das Gutachten des Dipl.- Ing. Z.
Dem Rekurs der Antragsteller, in dem diese eine höhere Entschädigung begehren, gab das Rekursgericht dahin teilweise Folge, daß es den angefochtenen Beschluß aufhob und dem Erstgericht unter Abstandnahme von dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug. Hiezu führte es aus, die Vorschrift des § 24 (2) EisenbahnenteignungsG., wonach der Sachverständige einer vom Oberlandesgericht nach Anhörung des Landeshauptmannes jährlich aufzustellenden und kundzumachenden Liste zu entnehmen ist, sei zwingend. Hierunter könne nur die Liste des zuständigen Oberlandesgerichtes verstanden werden, weil nur diese Sachverständigen die besondere Struktur des betreffenden Bundeslandes kennen. Da Dipl.-Ing. Z. wohl in die Linzer, nicht aber in die Grazer Liste eingetragen ist, entspreche er nicht den gesetzlichen Voraussetzungen. Das Erstgericht hätte sich daher trotz des übereinstimmenden Antrages beider Parteien nicht auf dessen Gutachten stützen dürfen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse der Antragsgegnerin Folge und trug dem Rekursgericht eine neue Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Den Ausführungen des Rekursgerichtes, es könne die gemäß § 15 (5) BundesstraßenG. anzuwendende Bestimmung des § 24 (2) EisenbahnenteignungsG. nur dahin verstanden werden, daß die herangezogenen Sachverständigen in die Liste des zuständigen und nicht irgendeines beliebigen Oberlandesgerichtes eingetragen sein müssen, ist zuzustimmen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, der von "vom Oberlandesgericht" und von der Anhörung "des Landeshauptmanns" und nicht etwa von "einem Oberlandesgericht" und von der Anhörung "eines Landeshauptmannes", spricht. Aber auch die Tatsache, daß der Landeshauptmann vor Aufstellung der Liste zu hören ist, zeigt deutlich, daß die Liste aus solchen Sachverständigen gebildet werden soll, die die besonderen Verhältnisse des Bundeslandes kennen.
Richtig ist auch, daß die Bestimmung des § 24 (2) EisenbahnenteignungsG. nach der Rechtsprechung (z. B. EvBl. 1960, Nr. 275) zwingenden Charakter hat. Dies hat jedoch nur zur Folge, daß das Gericht Sachverständige, die nicht in die Liste des zuständigen Oberlandesgerichtes eingetragen sind, gegen den Willen der Beteiligten nicht heranziehen darf. Die Vorschriften der §§ 22 ff. über die Ermittlung der Entschädigung räumen aber den Parteien eine weitgehende Verfügungsbefugnis ein. So hat nach § 22 (1) eine gerichtliche Entscheidung überhaupt nur dann zu ergehen, wenn die Entschädigung nicht durch ein zulässiges Übereinkommen zwischen Enteignungswerber und Enteignetem bestimmt wird. Es wäre aber regelwidrig, den Beteiligten die Möglichkeit einer Vereinbarung in der Sache selbst, nämlich über die Höhe der Entschädigung einzuräumen, einer Vereinbarung über die Person des heranzuziehenden Sachverständigen aber die Anerkennung zu versagen; dies besonders im vorliegenden Fall, wo der Vorschrift des § 24 (1) und (2) EisenbahnenteignungsG. durch Bestellung zweier Sachverständiger aus der Liste des zuständigen Oberlandesgerichtes ohnehin Genüge getan und nur auf Antrag beider Beteiligter ein dritter Sachverständiger bestellt wurde, der in dieser Liste nicht aufscheint.
Hiezu kommt noch, daß hier die Enteigneten auch in ihrem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß gegen die Heranziehung dieses dritten Sachverständigen keinen Einwand erhoben haben.
Anmerkung
Z36094Schlagworte
Enteignungsentschädigung, Sachverständigenbestellung, Sachverständigenbestellung, EnteignungsentschädigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1963:0050OB00176.63.0627.000Dokumentnummer
JJT_19630627_OGH0002_0050OB00176_6300000_000