TE OGH 1963/7/10 3Ob102/63

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.1963
beobachten
merken

Norm

ABGB §613
EO §65
EO §97
EO §119
EO §129 (2)

Kopf

SZ 36/98

Spruch

Wegen des Vorhandenseins von abgesonderten Früchten allein kann die Zwangsverwaltung der Liegenschaft nicht geführt werden. Der Nacherbe ist in einem zu Lebzeiten des Vorerben bewilligten Zwangsverwaltungsverfahren Beteiligter.

Entscheidung vom 10. Juli 1963, 3 Ob 102/63.

I. Instanz: Bezirksgericht Kirchbach; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Am 24. Dezember 1962 beantragte der betreibende Gläubiger die Bewilligung der Exekution durch Zwangsverwaltung der Liegenschaft EZ. 18 KG. M. samt den in U. gelegenen Überlandgrundstücken. Vor Erledigung dieses Antrages durch das Erstgericht, und zwar am 25. Dezember 1962, verstarb die Verpflichtete, deren Eigentumsrecht an der Liegenschaft EZ. 18 der KG. M. mit der Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution zugunsten der röm. kath. Pfarrkirche W. einverleibt ist. Mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS. Graz als Rekursgerichtes vom 8. Februar 1963 wurde die Exekution bewilligt. Der Beschluß wurde auch der Nacherbin zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Die Nacherbin beantragt die Einstellung der Zwangsverwaltung mit der Begründung, daß ihr mit Eintritt des Nacherbfalles (Ableben der Verpflichteten) alle Früchte gebühren und somit Erträgnisse nicht zu erzielen seien, auf die der Gläubiger der Vorerbin greifen könnte.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Infolge Rekurses der Nacherbin stellte das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß die Exekution gemäß § 129 (2) EO. ein. Es führte im wesentlichen aus:

Die Nacherbin sei durch die Wirkung der Zwangsvollstreckung unmittelbar betroffen, demnach Beteiligte am Verfahren und zur Antragstellung legitimiert. Das Substitutionsvermögen falle nicht in den Nachlaß der Vorerbin. Der Zuwachs und die noch stehenden Früchte gebühren dem Nacherben. Zweck der Zwangsverwaltung sei es, in Zukunft Ertragsüberschüsse zu erzielen. Dieser Zweck könne nicht erreicht werden, wenn mit dem schon einen Tag nach der Anmerkung der Zwangsverwaltung eingetretenen Ableben der Verpflichteten alle Erträgnisse der Nacherbin gebühren. Auf diese seit dem 25. Dezember 1962 erzielten Einkünfte könne der betreibende Gläubiger nicht greifen. In der Zeit vom 24. auf 25. Dezember 1962 seien Erträgnisse aber nicht zu erzielen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rechtsmittelwerber bekämpft zunächst die Legitimation der Nacherbin sowohl zur Antragstellung, als auch zur Erhebung eines Rechtsmittels mit der Begründung, daß in ihre Eigentumsrechte nicht eingegriffen werde. Da nämlich die Zwangsverwaltung noch zu Lebzeiten der Verpflichteten bewilligt und damit begonnen wurde, müsse die Nacherbin das Substitutionsvermögen mit der bestehenden Zwangsverwaltung übernehmen.

Diese Ausführungen sind nicht richtig. Wie das Rekursgericht in Übereinstimmung mit der Lehre (Weiss in Klangs Komm.[2], III. S. 420) und Rechtsprechung (3 Ob 379/60) ausführte, gebühren dem Nacherben vom Zeitpunkt des Nacherbfalles, das ist mit dem Ableben des Vorerben die stehenden Früchte. Dieses Recht kann durch die vor dem Ableben des Vorerben gegen diesen beantragte Exekution nicht berührt werden. In dieses Recht der Nacherbin könnte durch die Fortführung der Zwangsverwaltung eingegriffen werden. Sie hat daher die Stellung einer Beteiligten. Belanglos ist der Umstand, daß die Nacherbin gegen die Exekutionsbewilligung ein Rechtsmittel nicht ergriffen hat. Vielmehr setzt die Einstellung der Zwangsverwaltung nach § 129 (2) EO. die Bewilligung der Exekution voraus (Neumann - Lichtblau, zu § 129 EO., Entscheidung RZ. 1935 S. 99).

Der Rechtsmittelwerber macht ferner geltend, daß in den Wintermonaten November und Dezember 1962 und auch in den folgenden Monaten 1963 durch Wind- und Schneebruch Bäume entwurzelt und gebrochen seien und daß diese Früchte keinesfalls der Nacherbin zufallen, sondern durch den Zwangsverwalter aufzuarbeiten und zu verwerten sind.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Wohl gehören gemäß § 119 (2) EO. zu den Erträgnissen der Zwangsverwaltung alle dem Verpflichteten gebührenden Nutzungen der Liegenschaft, und zwar auch die zur Zeit der Übergabe der Liegenschaft an den Verwalter schon abgesonderten und auf der Liegenschaft befindlichen Früchte. Das besagt aber nicht, daß dann, wenn künftige Erträgnisse nicht mehr zu erwarten sind, wegen des Vorhandenseins von abgesonderten Früchten allein die Zwangsverwaltung der Liegenschaft durchgeführt werden kann. Denn dies würde dem Wesen und Zweck der Zwangsverwaltung widersprechen, die auf Erzielung und Verwertung künftiger Erträgnisse gerichtet ist. Bereits im Zeitpunkt der Übergabe an den Zwangsverwalter abgesonderte Früchte könnten nur im Wege der Fahrnisexekution erfaßt werden. Selbst bei Richtigkeit der Ausführungen des Rechtsmittelwerbers stunde dies der Einstellung der Zwangsverwaltung nach § 129 (2) EO. nicht im Wege.

Anmerkung

Z36098

Schlagworte

Früchte, abgesonderte, Zwangsverwaltung, Nacherbe, Beteiligter im Zwangsverwaltungsverfahren gegen Vorerben, Zwangsverwaltung, abgesonderte Früchte, Beteiligtenstellung des, Nacherben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1963:0030OB00102.63.0710.000

Dokumentnummer

JJT_19630710_OGH0002_0030OB00102_6300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten