TE OGH 1963/9/3 8Ob222/63

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Veröffentlicht am 03.09.1963
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lenk als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachout, Dr. Bauer, Dr. Rothe und Dr. Steinböck als Richter in der Rechtssache der beklagten, widerklagenden und gefährdeten Partei Stefanie L*****, vertreten durch Dr. Hans Klein, Rechtsanwalt in Wien, wider die klagende und widerbeklagte bzw den Gegner der gefährdeten Partei Johann L*****, vertreten durch Dr. Maximilian Wallner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung infolge Revisionsrekurses der klagenden und widerbeklagten Partei als Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 19. Juni 1963, GZ 8 R 152/63-34, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. Mai 1963, GZ 13 Cg 387/61-31, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht erließ in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses die von der gefährdeten Partei beantragte einstweilige Verfügung und bewilligte der gefährdeten Partei den abgesonderten Wohnort in der Form, daß es dem Gegner der gefährdeten Partei auftrug, die Ehewohnung in *****, zu verlassen, und ihn verhielt, ab 25. 4. 1963 der gefährdeten Partei einen vorläufigen Unterhaltsbetrag von 20 % seines jeweiligen Nettoeinkommens für ihre eigene Person sowie zu ihren Handen von weiteren je 15 % des jeweiligen Nettoeinkommens zum Unterhalt der ehelichen Kinder Hans Stefan L***** und Karl Ludwig L***** zu entrichten. Es ordnete an, daß diese Verfügung für die Dauer des Rechtsstreites wegen Ehescheidung bis zu dessen rechtskräftiger Entscheidung gelte.

Der Gegner der gefährdeten Partei bekämpft diesen Beschluß mit Revisionsrekurs.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl JBl 1953 S 349, SZ XXIII 73, 8 Ob 134/62, ua) den Standpunkt, daß die für die Sicherungsmittel der EO sonst maßgebenden Begriffe des Anspruches und der Gefährdung, dem Wesen einstweiliger Verfügungen in Ehesachen entsprechend, eine Änderung erfahren. Nach dieser Auffassung fällt der Anspruch in der Regel mit dem Vorliegen eines als Scheidungsgrund zu wertenden ehewidrigen Verhaltens des Ehepartners zusammen und der Antragsteller braucht gewöhnlich nur das Vorliegen eines solchen Scheidungsgrundes glaubhaft zu machen. Gefährdung bedeutet hier nicht eine solche des Anspruches, sondern vielmehr eine solche des Anspruchsberechtigten, die in der Regel schon in dem ehewidrigen, eine körperliche oder psychische Beeinträchtigung des Antragstellers bildenden Verhalten des Antragsgegners ihre Begründung findet und daher für gewöhnlich keiner besonderen Bescheinigung bedarf. Es steht dem mit seiner Gattin in Scheidung stehenden Ehemann nicht zu, die Handtasche seiner Frau zu untersuchen. Wenn der Antragsgegner ein solches Recht für sich in Anspruch nahm, deshalb mit seiner Frau in ein Handgemenge geriet, und hiebei die Ehegattin verletzte, liegt darin ein ehewidriges Verhalten des Antragsgegners, das zu einer körperlichen Beeinträchtigung der gefährdeten Partei führte. Zieht man mit dem Rekursgericht noch in Betracht, daß der Antragsgegner bereits wegen Gattenmißhandlung verurteilt worden ist (Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 22. 2. 1962, 17 U 244/62-2), dann müssen die Voraussetzungen für die Bewilligung des abgesonderten Wohnortes als gegeben angesehen werden. Wenn der Antragsgegner geltend macht, die Verletzung seiner Gattin bei dem Vorfall im April 1962, der zu seiner Verurteilung geführt habe, sei nicht absichtlich erfolgt, übersieht er, daß § 419 StG keineswegs, wie offenbar der Rechtsmittelwerber irrig meint, das Vorhandensein einer Verletzungsabsicht auf Seite des Täters verlangt, sondern für die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes das Handeln in Mißhandlungsabsicht genügen läßt (vgl hiezu Altmann-Jacob, Komm zum Österr. Strafrecht, I. Bd. S 870).

Ist der abgesonderte Wohnort bewilligt, muß der Ehegattin auch die Möglichkeit geboten werden, von der Bewilligung Gebrauch zu machen, was voraussetzt, das ihr vom Zeitpunkt der Bewilligung an der der vorläufige Unterhalt bereitgestellt wird, der sie von der Entrichtung des Unterhaltes in natura unabhängig macht. Daraus ergibt sich, daß im Falle der Bewilligung des abgesonderten Wohnortes keine weitere Gefährdungsbescheinigung zur Bewilligung des einstweiligen Unterhaltes mehr notwendig ist (3 Ob 547/57 = EvBl 1958, Nr 66). Es braucht daher nicht darauf eingegangen zu werden, ob den Antragsgegner an dem Verzug in der Zahlung des Geldunterhaltes ein Verschulden trifft oder ob dieser Verzug auf einen von ihm nicht zu vertretenden Zufall zurückzuführen ist.

Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E77657 8Ob222.63

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1963:0080OB00222.63.0903.000

Dokumentnummer

JJT_19630903_OGH0002_0080OB00222_6300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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