Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Machek als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zierer, Dr. Berger, Dr. Schopf und Dr. Steinböck als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Mathilde M*****, 2.) Gertrude V*****, 3.) Stefan V*****, alle vertreten durch Dr. Günther Rintelen, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien Josef und Marie P*****, vertreten durch Dr. Kurt G. Rösch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 3.000 S) infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 25. Februar 1963, GZ 42 R 86/63-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 23. November 1962, GZ 5 C 278/62-14, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Beklagten die mit 654,24 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit der Behauptung, daß die Beklagten einen überhöhten Mietzins vorgeschrieben haben, begehren die Kläger die Feststellung, daß der vereinbarte Mietzins monatlich 75 S (Erst- und Zweitkläger) bezw. 100 S (Drittkläger) betrage, wozu die anteilsmäßigen Betriebskosten gemäß Punkt III des zwischen den Streitteilen geschlossenen Mietvertrages kämen. In der Tagsatzung am 23. 11. 1962 "präzisierten" die Kläger ihr Urteilsbegehren dahin, daß es sich auf den gegenwärtigen Hauptmietzins beziehe. Das Erstgericht wies das Begehren, den monatlichen Mietzins mit 75 S bezw. 100 S festzustellen ab und stellte fest, auf Grund des Mietvertrages betrage der monatliche Hauptmietzins den Erst- und Zweitkläger zu zahlen haben, 85,41 S, der des Drittklägers 113,99 S zuzüglich der anteilsmäßigen Betriebskosten. Es ging bei seiner Entscheidung von folgenden Tatsachenfeststellungen aus: Das Haus, in dem sich die Mieträume befinden, sei nach gänzlicher Zerstörung im Kriege ohne Hilfe des Wiederaufbaufonds aufgebaut worden, es unterliege daher hinsichtlich der Zinsbildung nicht den Bestimmungen des Mietengesetzes. Zwischen den Hauseigentümern und den Klägern seien Mietverträge abgeschlossen worden, wonach der monatliche Zins des Erst- und Zweitklägers 50 S, der des Drittklägers 100 S, wertgesichert durch eine Brotpreisklausel, betrage. Außerdem seien die Betriebskosten anteilsmäßig zu zahlen. Auf Grund der Wertsicherungsklausel errechnete das Erstgericht den derzeitigen Hauptmietzins mit dem oben genannten Betrag. Es wies daher das Klagebegehren, soweit es die Feststellung eines niedrigeren Hauptmietzinses begehrte, ab. Zur urteilsmäßigen Feststellung des errechneten höheren Hauptmietzinses erachtete es sich berechtigt, weil es sich hiebei um ein Minus gegenüber dem Klagebegehren handle.
Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung der Beklagten das Urteil dahin ab, daß es dessen zweiten Absatz, worin die Hauptmietzinse im oben dargestellten Ausmaß festgestellt werden, aus dem Urteil aliminierte. Es führte aus, die Feststellung eines höheren Mietzins als von den Klägern begehrt wurde, widerspreche den Bestimmungen des § 405 ZPO.
Die Kläger bekämpfen das Berufungsurteil, soweit es das Ersturteil abändert, mit Revision wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Sie beantragen, das Urteil des Erstgerichtes wieder herzustellen oder das Berufungsurteil aufzuheben, und die Rechtssache an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen.
Die Beklagten bekämpfen die Revision, und beantragen, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht begründet.
Eine Aktenwidrigkeit sehen die Kläger in den Ausführungen des angefochtenen Urteils, sie hätten die Feststellung begehrt, der monatliche Mietzins betrage vereinbarungsgemäß 75 S bezw. 100 S samt anteilsmäßigen Betriebskosten. Tatsächlich habe ihr Klagebegehren bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz aber gelautet, die Mietzinse betragen 75 S bezw. 100 S samt anteilsmäßigen Betriebskosten gemäß Punkt 3.) der Mietverträge, berechnet auf den gegenwärtigen Hauptmietzins. Damit hätten sie die Feststellung der Höhe des Zinses im Zeitpunkte des Schlusses der mündlichen Verhandlung auf der Basis 75 S bezw. 100 S gemäß Punkt III.) der Mietverträge also nach der Brotpreisklausel, begehrt. Das Erstgericht habe diesem Begehren entsprechend entschieden und daher nicht gegen die Bestimmung des § 405 ZPO verstoßen. Die gegenteilige Meinung des Berufungsgerichtes sei rechtsirrig.
Aus dem Klagebegehren der klagenden Parteien geht eindeutig hervor, daß sie die Feststellung des monatlichen Hauptmietzinses mit 75 S bezw. 100 S begehren. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes sind daher nicht aktenwidrig. Wenn das Berufungsgericht die Erklärung der Kläger in der mündlichen Streitverhandlung ihr Urteilsbegehren beziehe sich auf den gegenwärtigen Hauptmietzins, dahin wertete, daß dadurch das Klagebegehren nicht geändert wurde, hatte es die Prozeßhandlung rechtlich beurteilt, nicht aber eine Aktenwidrigkeit begangen.
Gemäß § 226 ZPO hat die Klage ein bestimmtes Begehren zu enthalten. Auch in Feststellungsklagen muß das festzustellende Rechtsverhältnis oder Recht inhaltlich und umfänglich genau und zweifelsfrei bezeichnet sein, da das Urteil, wenn es dem Klagebegehren stattgibt, sich wortgetreu an das Klagebegehren anlehnt (Neumann, 4. Auflage, S. 868). Es genügt daher nicht, ein Begehren, den derzeitigen Mietzins auf Grund einer Wertsicherungsklausel festzustellen, wie die Kläger ihr Begehren nun gewertet wissen wollen, sondern es muß ziffernmäßig angegeben werden, in welcher Höhe die Feststellung begehrt wird, wenn gerade diese Höhe strittig ist. Das haben die Kläger in ihren ursprünglichen Klagen auch getan. Das Erstgericht und auch das Berufungsgericht konnten, zumal die Kläger anwaltlich vertreten waren, die "Präzisierung" ihres Klagebegehrens daher nicht dahin verstehen, daß damit nunmehr ein unzulässiges Begehren gestellt werde, sondern dahin, daß das ursprüngliche Begehren ziffernmäßig aufrecht erhalten werde.
Daraus ergibt sich aber, wie bereits das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 6 Ob 192/58 = MietSlg. 6808, zutreffend ausgeführt hat, daß das Erstgericht gegen die Bestimmung des § 405 ZPO verstoßen hat, weil es den Mietzins mit einem höheren Betrag festgestellt hat, als die Kläger begehrt haben. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes kann in dieser Feststellung nicht ein Minus gegenüber dem Klagebegehren erblickt werden, sondern die Feststellung eines anderen als des beantragten Zinses. Die Rechtsrüge ist daher ebenfalls nicht begründet, weshalb der Revision nicht Folge zu geben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E77644 7Ob263.63European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1963:0070OB00263.63.1009.000Dokumentnummer
JJT_19631009_OGH0002_0070OB00263_6300000_000