TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/30 2003/06/0085

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Veröffentlicht am 30.03.2005
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Index

L37155 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Salzburg;
L82005 Bauordnung Salzburg;
L82305 Abwasser Kanalisation Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BauTG Slbg 1976 §34 Abs3 idF 1994/026;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde

1. des AH, und 2. der KH, beide in A, beide vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 20/III, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 27. März 2003, Zl. 1/02-37.068/7-2003, betreffend Kanalanschlussverpflichtung und Ausnahme von dieser gemäß § 34 BauTG (mitbeteiligte Partei: Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 17. November 1997 (bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangt am 27. November 1997) stellten die Beschwerdeführer für die Objekte W 13 (Bauernhaus) und W 12 (Austragswohnung im Erdgeschoß) ein Ansuchen um Ausnahmegenehmigung von der Einmündungsverpflichtung gemäß § 34 Sbg. Bautechnikgesetz (BauTG). Für die Abwässer des landwirtschaftlichen Betriebes sowie für das Bauernhaus seien derzeit insgesamt 465 m3 Grubenraum vorhanden. Auf Grund des vorhandenen Jauchengrubenraumes sei eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung gewährleistet. In beiden Objekten erfolge keine Vermietung.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. März 1999 wurde die beantragte Ausnahmegenehmigung von der Einmündungsverpflichtung gemäß § 34 BauTG auf Grund der Tatsache, dass teilweise Wohnräume in den beiden bestehenden Objekten vermietet würden, abgelehnt.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Mai 1999 als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben der Beschwerdeführer vom 11. September 2000 (bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangt am 12. September 2000) wurde neuerlich die Ausnahme von der Kanalanschlussverpflichtung für das Bauernhaus (W 13) beantragt. Dieser Antrag wurde insbesondere damit begründet, dass in Zukunft generell auf die Vermietung im Bauernhaus W 13 verzichtet werde. Da die Beschwerdeführer ausreichend Grubenraum für die Familie und den Viehbestand hätten, werde für das Bauernhaus die Ausnahme von der Kanalanschlussverpflichtung nach § 34 Abs. 3 BauTG beantragt. Die Beschwerdeführer verpflichteten sich, das Bauernhaus künftig nicht mehr zu vermieten.

Dazu erging folgendes Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. August 2001an die Beschwerdeführer:

"Betrifft: Kanalanschluss Bauernhaus W 13 und Austraghaus W 12

Sehr geehrter Herr H...,

sehr geehrte Frau H...!

Bezugnehmend auf das Schreiben der Gemeinde A vom 1.9.2000 sowie Ihr neuerliches Ansuchen um Ausnahmegenehmigung aus der Kanalanschlussverpflichtung wurde eine Prüfung der maßgeblichen Angaben durchgeführt.

Dabei wurde festgestellt, dass nach wie vor die Berechtigung für die Privatzimmervermietung besteht (dies ergab eine Nachfrage bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung).

Es wird daher festgestellt, dass sich die für die Ablehnung der Kanalausnahme (Bescheid vom 22.3.1999) nicht verändert haben und Ihr neuerliches Ansuchen daher wegen entschiedener Sache abzuweisen ist.

Die Kanalanschlussgebühr für das Bauernhaus (220,28 m2 Wohnfläche) sowie die Austragwohnung (71,97 m2 Wohnfläche) wird daher in den nächsten Tagen vorgeschrieben.

Hochachtungsvoll

Der Bürgermeister" (es folgt die Unterschrift des Bürgermeisters unter der Anführung seines Namens)

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. September 2001 wurde für beide Objekte auf dem Grundstück 877/1, KG A., bzw. 870/1, KG A., gemäß dem Sbg. Interessentenbeiträgegesetz die Anschlussgebühr im Sinne der Bewertungspunkteverordnung 1978 vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Berufung führen die Beschwerdeführer zum Schreiben vom 30. August 2001 bezüglich der Berechtigung für die Privatzimmervermietung nach der Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung aus, dass die Eintragung bei der Bezirkshauptmannschaft (sie stamme aus dem Jahre 1988) über die Berechtigung für die Privatzimmervermietung unklar und daher irreführend sei. Bei dieser Eintragung (1988) bei der Bezirkshauptmannschaft sei das Objekt, in dem die Privatzimmervermietung damals stattgefunden habe, nämlich W 12, nicht eigens angeführt worden. Die Privatzimmervermietung werde auch jetzt nur im Objekt W Nr. 12 durchgeführt. Dieses Objekt sei bereits an das gemeindeeigene Kanalnetz angeschlossen. Aus der Eintragung der Bezirkshauptmannschaft vom 24. Mai 1988 den Schluss zu ziehen, die Berechtigung für die Privatzimmervermietung bestehe auch für das Objekt W Nr. 13 (Bauernhaus), sei auch deshalb falsch, weil zu dieser Zeit (1988) die baulichen Voraussetzungen für eine Vermietung gar nicht vorhanden gewesen seien. Der Dachbodenausbau sei erst nachweislich 1991 durchgeführt worden. Inzwischen (am 11. September 2001) hätten die Beschwerdeführer die Richtigstellung, nämlich die Berechtigung zur Privatzimmervermietung nur für das Objekt W Nr. 12, bei der Bezirkshauptmannschaft beantragt. Da sie somit die Voraussetzung für die Ausnahme vom Kanalanschluss für das Bauernhaus (W 13) nach § 34 Abs. 3 BauTG erfüllten, ersuchten sie nochmals um Ausnahme vom Kanalanschluss für das Bauernhaus W 13.

Mit Beschluss der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Dezember 2001 wurde das Verfahren betreffend die Vorschreibung von Anschlussgebühren in Bezug auf beide Objekte vorübergehend ausgesetzt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 15. Februar 2002 wurde Folgendes ausgesprochen:

"Auf Grund der Ablehnung der Ausnahmegenehmigung von der Anschlussverpflichtung an die gemeindeeigene Ortskanalisation gem. § 34 Bautechnikgesetz (BTG) für das Bauernhaus W 13,  A, ergeht folgender

Spruch:

Gemäß § 34 Bautechnikgesetz 1967 i.d.g.F. wird den Ehegatten A... und K... H... aufgetragen, das Bauernhaus W 13, A, an die gemeindeeigene Ortskanalisation anzuschließen und die Abwässer über einen zu errichtenden Hausanschlusskanal in den vorhandenen Abwasserkanal einzuleiten.

Als Termin hiefür wird der 30. April 2002 festgelegt.

Auf das Erfordernis einer baubehördlichen Bewilligung für den Hausanschlusskanal wird hingewiesen."

Die Begründung bezieht sich zunächst auf das Verfahren betreffend das im Jahre 1997 gestellte Ansuchen der Beschwerdeführer um Genehmigung der Ausnahme von der Einmündungsverpflichtung gemäß § 34 BauTG. Auf Grund der Ablehnung dieser Ausnahmegenehmigung sei von der Gemeinde der Ortskanal bis zum Objekt W 13 errichtet worden. Mit Schreiben vom 11. September 2000 sei von den Beschwerdeführern ein neuerliches Ansuchen um Ausnahmegenehmigung von der Einmündungsverpflichtung eingebracht worden, welches jedoch wegen entschiedener Sache abgewiesen worden sei. Die für die Entscheidung des gegenständlichen Sachverhaltes maßgebliche Gesetzesstelle des § 34 BauTG laute auszugsweise:

"Wo für die Ableitung der Abwässer eine gemeindeeigene Kanalisationsanlage besteht, sind die Abwässer über Hauskanäle dorthin einzuleiten."

Auf Grund der Ablehnung des Ansuchens um Ausnahmegenehmigung aus der Einmündungsverpflichtung sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Die dagegen erhobene Berufung, in der für das Bauernhaus W 13 neuerlich ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von der Kanalanschlussverpflichtung gestellt wurde, wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Februar 2003 als unbegründet abgewiesen.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass auf Antrag der Beschwerdeführer die Privatzimmervermietung nach Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung nicht mehr im Bauernhaus W 13, sondern nur mehr im Objekt W 12 betrieben werde. Es sei jedoch festzustellen, dass die Errichtung des Hausanschlusskanales für das Bauernhaus W 13 (für die Wohnung im Dachgeschoß) seinerzeit im Zuge der Bauarbeiten des Bauabschnittes 05 im Einvernehmen mit den Eigentümern erfolgt sei. Erst nach Errichtung des öffentlichen Kanals bis zur Liegenschaft W 13 durch die Gemeinde sei von den Beschwerdeführern ein Ansuchen um Ausnahmegenehmigung von der Einmündungsverpflichtung eingebracht worden. Über dieses Ausnahmeansuchen sei entschieden worden und die letztlich eingebrachte Vorstellung von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen worden.

Es werde dazu festgestellt, dass sich wohl im Nachhinein die Umstände hinsichtlich der Erteilung der Ausnahmegenehmigung geändert hätten, jedoch zum Zeitpunkt der Beantragung der Ausnahmegenehmigung der Sachverhalt so gegeben gewesen sei, dass die Ausnahmegenehmigung entsprechend den Bestimmungen des BauTG abzulehnen gewesen sei. Die neuerlich beantragte Ausnahmegenehmigung sei daher in der Sitzung der Gemeindevertretung am 14. August 2002 abgelehnt worden, da auf Grund des vorher gegebenen Sachverhaltes durch die Gemeinde der öffentliche Kanal bis zur Liegenschaft W 13 bereits errichtet worden sei.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass mit Schreiben vom 11. September 2000 von den Beschwerdeführern die Absicht bekannt gegeben worden sei, zukünftig auf eine Vermietung des Bauernhauses zu verzichten, da ein Rückgang in der Privatzimmervermietung zu verzeichnen sei. Im Zuge der Ermittlungen durch die mitbeteiligte Gemeinde betreffend die Privatzimmervermietungen der Beschwerdeführer sei festgestellt worden, dass sowohl eine Berechtigung für die Beschwerdeführerin über 6 Schlafstellen als auch eine solche für den Beschwerdeführer über 8 Betten für das Objekt W 13 bzw. W 12 erteilt worden sei. Die letztgenannte Vermietung werde von den Beschwerdeführern derzeit als korrekte Vermietung bezeichnet, eine Bestätigung über die Abmeldung für das Objekt Nr. 13 sei jedoch nicht beigebracht worden.

Des Weiteren sei von den Beschwerdeführern den Anforderungen des § 34 Abs. 3a BauTG in keiner Weise entsprochen worden, da die dort geforderten Unterlagen dem Ansuchen um Gewährung der Ausnahme nicht angeschlossen gewesen seien.

Aus den Bestimmungen des § 34 Abs. 1 bis 3 BauTG ergebe sich, dass grundsätzlich ein Anschlusszwang bestehe und zwar auch dann, wenn die öffentliche Kanalanlage im Nachhinein errichtet werde. Die Ausnahmen der in § 34 Abs. 3 BauTG normierten Verpflichtung zur Einmündung der Hauskanäle in die gemeindeeigene Kanalisationsanlage, hier auf Grund der landwirtschaftlichen Betriebsführung, bedürften jedoch der Einhaltung der Voraussetzungen des Abs. 3a leg. cit. Aus diesem Grunde habe der Vorstellung im Zusammenhalt mit dem Fehlen eines stichhaltigen Nachweises, dass eine Privatzimmervermietung nicht mehr stattfinde, nicht stattgegeben werden können.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

In der weiteren Äußerung der Beschwerdeführer vom 19. Dezember 2003 wurde ausgeführt, dass der Verwaltungsakt nicht vollständig vorgelegt worden sei, da der von der Wasserrechtsbehörde genehmigte Plan über den Kanalverlauf nicht mit vorgelegt worden sei. Aus diesem gehe hervor, dass das genehmigte Projekt nur bis zum Haus Nr. 12 reiche und eine Weiterführung bis zum Haus Nr. 13 sogar konsenswidrig wäre. Die wasserrechtliche Bewilligung sei die Grundlage für das gesamte Verfahren, weshalb bemerkenswert sei, dass gerade der Plan als wesentlicher integrierender Bestandteil der wasserrechtlichen Genehmigung fehle. Die Gemeinde hätte von Anfang an nicht geplant, das Haus W 13 anzuschließen, weil natürlich bei der Gemeinde aufscheine, dass dort keine Vermietung stattfinde und weil überdies alle Voraussetzungen für eine Ausnahme - wie genügend Gülleraum usw. - vorlägen. Die Beschwerdeführer könnten denklogisch nicht gezwungen werden, für einen Kanal zu bezahlen, der von vorneherein nicht geplant und deshalb auch nicht genehmigt worden sei und an den sie sich auch nicht angeschlossen hätten. Für einen zulässigen Anschluss durch die Beschwerdeführer müsse die mitbeteiligte Gemeinde zunächst den Antrag an die Wasserrechtsbehörde auf Genehmigung eines neuen Projektes oder eines Tekturplanes stellen. Ohne diesen Konsens der Behörde könne die Gemeinde den Beschwerdeführern einen Anschluss nicht vorschreiben. Es werde daher bei sonstigem Vorgehen gemäß § 38 VwGG die Vorlage des vollständigen Aktes aufzutragen und der Beschwerde sodann Folge zu geben sein.

Die belangte Behörde teilte hierauf mit, dass dem Verwaltungsgerichtshof der gesamte Akt übermittelt worden sei. Vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführer werde die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der Ortskanalisation im Gemeindegebiet A als Basis herangezogen. Im Unterschied zur gegenständlichen Angelegenheit handle es sich dabei aber um die allgemeine Bewilligung zur Erweiterung der Ortskanalisation, nicht jedoch um den Hauskanalanschluss, wie im gegenständlichen Fall betreffend das Objekt W 13. Diese generellen Projekte enthielten durchwegs keine Hausanschlüsse, da sich diese im Zuständigkeitsbereich der Baubehörde, also der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz, befänden.

Hinsichtlich der Errichtung von Hauskanalanschlüssen sei es nicht erforderlich, den Antrag an die Wasserrechtsbehörde auf Abänderung des Projektes zu stellen bzw. einen derartigen Beschluss dazu zu fassen. Es werde noch einmal betont, dass seitens der Wasserrechtsbehörde die Basis für die Ortskanalisation geschaffen werde, die Baubehörde im Anschluss daran die kanalmäßige Erfassung der Einzelobjekte vornehme.

Die mitbeteiligte Gemeinde nahm dazu in der Weise Stellung, dass im Wasserrechtsbescheid für die Baubewilligung eines Schmutzwasserkanals mit der näher angeführten Zahl der Endpunkt tatsächlich vor der Liegenschaft W 12 situiert sei. Es sei gängige Praxis, dass geringfügige Projektänderungen im Einvernehmen mit den Anschlusswerbern vorgenommen würden und von der Wasserrechtsbehörde diese Änderungen im Zuge der Kollaudierungsverhandlungen bewilligt würden. Im vorliegenden Fall sei durch die mitbeteiligte Gemeinde auf Antrag und im Einvernehmen mit den Beschwerdeführern der Hausanschluss für das Objekt W 13 vor Ort einvernehmlich festgelegt und durch das Planungsbüro bzw. das Bauunternehmen geplant und ausgeführt worden. Man habe sich letztlich auf die Errichtung eines Hausanschlusskanals an der Westseite der Liegenschaft W 13 geeinigt. Diese Projektänderung sei im Kollaudierungsoperat der Wasserrechtsbehörde zur Bewilligung vorgelegt worden und mit Bescheid vom 3. Juli 1998 wasserrechtlich bewilligt worden. Bezüglich der geringfügigen Änderungen des eingereichten Projektes werde nochmals auf die von der Wasserrechtsbehörde bewilligte Praxis der nachträglichen Bewilligung geringfügiger Änderungen hingewiesen.

In einer weiteren Äußerung der Beschwerdeführer wird festgestellt, dass nach wie vor der Plan für die behauptete Projektänderung nicht vorgelegt worden sei. Die Äußerung der mitbeteiligten Partei enthalte unwahre Behauptungen. Die Beschwerdeführer hätten weder jemals eine Projektänderung beantragt, noch einvernehmlich einer geringfügigen Projektänderung zugestimmt. Diesbezüglich wurde eine eidesstättige Erklärung vorgelegt.

Mit weiterer Äußerung der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. März 2005 wurde über die tatsächliche Ausführung der öffentlichen Kanalanlage bis zum Objekt W 13 der diesbezügliche Kollaudierungsplan vorgelegt. Zur eidesstattlichen Erklärung des Beschwerdeführers wurde mitgeteilt, dass es richtig sei, dass über die Vereinbarung zur Herstellung des Kanals ein schriftliches Protokoll nicht verfasst worden sei. Es sei jedoch in Absprache mit den Beschwerdeführern die Vereinbarung bezüglich der Situierung des Hausanschlussschachtes erfolgt. Wie wäre es sonst erklärbar, dass der Kanal ohne Einspruch durch die Grundeigentümer im Zuge der Bauarbeiten ausgeführt habe werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 34 Abs. 3 und 3a Sbg. Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 75/1976 in der Fassung LGBl. Nr. 26/1994 (BauTG), lauten wie folgt:

"(3) Wo für die Ableitung der Abwässer eine gemeindeeigene Kanalisationsanlage (§ 1 Abs. 1 Benützungsgebührengesetz, LGBl. Nr. 31/1963) besteht, sind die Abwässer über Hauskanäle dorthin einzuleiten. Dies gilt bei nachträglicher Errichtung einer solchen Kanalisationsanlage auch für bereits bestehende Bauten. Die Grundeigentümer sind verpflichtet, die Hauskanäle auf ihre Kosten herzustellen und zu erhalten und in die Kanalisationsanlage einzumünden. Ausnahmen von der Einmündungsverpflichtung können von der Gemeindevertretung (in der Stadt Salzburg vom Gemeinderat) auf Antrag gewährt werden, wenn aus technischen Gründen übermäßige Aufwendungen notwendig wären, die einem Grundeigentümer nicht zugemutet werden können, oder wenn es für landwirtschaftliche Betriebe vom Standpunkt der landwirtschaftlichen Betriebsführung notwendig ist und keine hygienischen und wasserwirtschaftlichen Bedenken entgegenstehen. Eine solche Ausnahme bedarf der Genehmigung der Landesregierung vom Standpunkt der Wahrung der hygienischen und wasserwirtschaftlichen Belange. Darüber hinaus ist eine Ausnahme von der Einmündungsverpflichtung nicht zulässig. Soweit es für die technisch und hygienisch einwandfreie Beseitigung der Abwässer oder der Niederschlagswässer erforderlich ist, kann die Einleitung der Niederschlagswässer in eine Kanalisation vorgeschrieben werden.

(3a) Der Gewährung einer Ausnahme von der Einmündungsverpflichtung gemäß Abs. 3 für einen landwirtschaftlichen Betrieb stehen hinsichtlich der häuslichen Abwässer dann keine hygienischen und wasserwirtschaftlichen Bedenken entgegen, wenn die in der Anlage zu diesem Gesetz enthaltenen Voraussetzungen erfüllt werden. Dem Ansuchen um Gewährung der Ausnahme sind folgende Unterlagen anzuschließen:

1. ein amtlich beglaubigter Grundbuchsauszug oder eine Amtsbestätigung, aus dem (der) das Eigentum des Antragstellers an den zum Betrieb gehörigen Grundstücken ersehen werden kann und der (die) nicht älter als drei Monate sein darf;

2. eine Beschreibung des Vorhabens mit den Nachweisen über die Erfüllung der festgelegten Voraussetzungen;

3. ein Übersichtslageplan, in dem der betreffende Betrieb und die bewirtschafteten Grundflächen dargestellt sind;

4. die Verträge über eine allfällige langfristige Pachtung von Flächen;

5. Pläne der Gülle- bzw. Jauchegruben, im Fall ihrer bereits erfolgten Errichtung auch der Nachweis ihrer Dichtheit.

Das Vorliegen der Voraussetzungen ist im Abstand von jeweils fünf Jahren, gerechnet ab Erteilung der Ausnahme, von der Baubehörde amtswegig zu überprüfen. Dabei ist die Dichtheit der Gülle- bzw. Jauchegrube vom Eigentümer des Betriebes auf geeignete Weise nachzuweisen. Haben sich die Umstände wesentlich geändert, ist die Ausnahme von der Baubehörde aufzuheben. Die Ergebnisse der Überprüfung und die Aufhebungsbescheide sind der Landesregierung mitzuteilen."

Unter den in der Anlage zu § 34 Abs. 3a BauTG für die Ausnahme von der Einmündungsverpflichtung häuslicher Abwässer aus landwirtschaftlichen Betrieben genannten Voraussetzungen ist in B. Z. 1 (betreffend nach dem 1. Dezember 1993 eingebrachte Ansuchen Folgendes vorgesehen):

"1. Eine Ausnahme kommt jedenfalls nicht in Betracht,

wenn im Betrieb auch Personen im Rahmen der Privatzimmervermietung, Dauervermietung, Vermietung von Ferienwohnungen oder einer gewerblichen Tätigkeit beherbergt oder betriebsfremde Abwässer mitverwendet werden."

Zunächst ist Folgendes festzustellen:

Die Beschwerdeführer haben mit Schriftsatz vom 11. September 2000 (bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangt am 12. September 2000) einen neuerlichen Antrag auf Gewährung der Ausnahme von der Kanalanschlussverpflichtung für das Bauernhaus W 13 gestellt. In diesem Antrag wurde ausgeführt, dass auf Grund des allgemeinen Rückganges der Privatzimmervermietung und der Tatsache, dass die Beschwerdeführer in diesem Jahr keine einzige Nacht in ihrem Bauernhaus vermietet hätten, in Zukunft generell auf die Vermietung im Bauernhaus W 13 verzichtet werde. Sie verpflichteten sich, das Bauernhaus künftig nicht mehr zu vermieten. Sie haben in der Folge - wie dargestellt - derartige Anträge in Rechtsmitteln wiederholt.

Das dazu ergangene, eingangs zitierte Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. August 2001, das u.a. die Feststellung enthält, dass sich die Voraussetzungen "für die Ablehnung der Kanalausnahme (Bescheid vom 22. März 1999) nicht verändert" hätten und das neuerliche Ansuchen der Beschwerdeführer daher wegen entschiedener Sache abzuweisen sei, kann im Sinne der hg. Judikatur (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A) betreffend die Frage der Bescheidqualität von Erledigungen, die nicht als Bescheid bezeichnet sind, nicht als Bescheid qualifiziert werden. Nach dieser Judikatur ist in jedem Fall, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich.

Der Wortlaut und die sprachliche Gestaltung des Schreibens des Bürgermeisters vom 30. August 2001 lassen in diesem Sinne Zweifel über den Bescheidcharakter dieser Erledigung entstehen, weshalb diese Erledigung nicht als Bescheid qualifiziert werden kann.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde ist bei der erstinstanzlichen Entscheidung über die Anschlussverpflichtung des verfahrensgegenständlichen Objektes daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass über das neuerlich gestellte Ansuchen auf Ausnahme von der Anschlussverpflichtung bereits entschieden wurde.

Auch die Berufungsbehörde hat bei ihrer Entscheidung über die Anschlusspflicht gemäß § 34 Abs. 3 BauTG maßgeblich darauf abgestellt, dass über die neuerlich beantragte Ausnahmegenehmigung in der Sitzung der Gemeindevertretung am 14. August 2002 negativ entschieden worden sei. Auch diese Feststellung war unzutreffend, weil über den in der Sitzung der Gemeindevertretung am 14. August 2002 in diesem Sinne zwar gefassten Beschluss kein Bescheid an die Beschwerdeführer ergangen ist.

Die belangte Behörde ist im Gegensatz zu den gemeindebehördlichen Entscheidungen davon ausgegangen, es ginge im vorliegenden Verfahren um die Frage, ob der neuerliche Antrag der Beschwerdeführer auf Gewährung der Ausnahme von der Anschlussverpflichtung zu Recht von den Gemeindebehörden abgewiesen wurde.

In § 34 Abs. 3 erster und zweiter Satz BauTG sind die Voraussetzungen für die Einmündungsverpflichtung grundsätzlich festgelegt. Nach der hg. Judikatur (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1991, Zlen. 88/06/0115, 0116, und vom 14. September 1995, Zl. 92/06/0076, BauSlg. Nr. 173) ergibt sich die Anschlussverpflichtung bereits unmittelbar aus dem Gesetz. Gemäß § 34 Abs. 3 dritter Satz BauTG können auf Antrag unter den näher genannten Voraussetzungen Ausnahmen von der Einmündungsverpflichtung gewährt werden.

Wenn in einem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren betreffend die konkrete Feststellung der Anschlussverpflichtung gemäß § 34 Abs. 3 BauTG in Bezug auf das in Frage stehende Gebäude bei der zuständigen Gemeindevertretung ein Antrag auf Ausnahme von der Einmündungsverpflichtung anhängig ist, über den noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, stellt die Frage, ob eine solche Ausnahme zu gewähren ist, eine Vorfrage im Verfahren über die Feststellung betreffend die Anschlussverpflichtung dar (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1985, Slg. Nr. 5954/F, in dem allerdings nicht besonders auf das Erfordernis eines anhängigen Antrages auf Ausnahmegenehmigung abgestellt wurde). Da im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides vom 4. Februar 2003 eine diesbezügliche Entscheidung der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde noch nicht ergangen ist, hätte die Berufungsbehörde gemäß § 38 AVG das verfahrensgegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieser Vorfrage aussetzen oder über die Vorfrage selbst entscheiden müssen. Indem die Berufungsbehörde aber zu Unrecht vom Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung der Gemeindevertretung über den neuerlich gestellten Ausnahmeantrag ausgegangen ist, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, was von der belangten Behörde aufzugreifen gewesen wäre. In dem die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie ihrerseits ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Abschließend ist zu dem Vorbringen der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, der Verwaltungsakt sei im Hinblick darauf nicht vollständig vorgelegt worden, dass der von der Wasserrechtsbehörde genehmigte Plan über den Kanalverlauf nicht vorgelegt wurde, festzustellen, dass für die vorliegende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes diese wasserrechtliche Genehmigung samt Plänen nicht von Relevanz war. Was aber das Argument der Beschwerdeführer in der Äußerung vom 19. Dezember 2003 betrifft, dass das wasserrechtlich bewilligte Projekt nur bis zum Haus Nr. 12 reiche, die Weiterführung bis zum Haus Nr. 13 sogar konsenswidrig wäre und die Beschwerdeführer nicht gezwungen werden könnten, für einen Kanal zu bezahlen, der von vorneherein nicht geplant und deshalb auch nicht genehmigt worden sei, handelt es sich um ein erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erhobenes Tatsachenvorbringen, das im Hinblick auf das aus § 41 Abs. 1 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof abgeleitete Neuerungsverbot keine Berücksichtigung mehr finden kann. Das Argument aber, dass die Beschwerdeführer ihre Liegenschaft nicht an die Kanalanlage angeschlossen hätten, war für das verfahrensgegenständliche Verfahren betreffend die Feststellung der Anschlussverpflichtung gleichfalls nicht von Bedeutung.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. März 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003060085.X00

Im RIS seit

21.04.2005

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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